Meinung: Ein paar schnelle Gedanken zum Ausgang der #btw21 – und wie es weitergeht

Es war der vielleicht anstrengendste und schmutzigste Wahlkampf in der Geschichte der Bundesrepublik – doch am Ende war der Wahlausgang ziemlich unspektakulär und fast, wie in den letzten Umfragen erwartet.

Die Wahl aus der Sicht der Parteien

Die Laschet Union hat zwar verloren und fühlt sich mit ihren 24,1% und 8,8 Prozentpunkten weniger als bei der Bundestagswahl 2017 dennoch noch ein bisschen wie ein Sieger, lag sie zwischenzeitlich in Umfragen doch unter 20%. Die Partei muss aufpassen, dass sie daraus nicht die falschen Schlüsse zieht und auf ein „Weiter So“ setzt, sonst ist der weitere Niedergang nicht aufzuhalten.

Die SPD hingegen kann sich im Moment wie der große Sieger fühlen, auch wenn sie weniger Prozentpunkte dazugewonnen als die Grünen. Was haben wir doch alle gespottet, dass sie überhaupt einen Kanzlerkandidaten aufgestellt hat – und jetzt ist sie die stärkste Kraft. Doch wirklich stark ist die Partei nicht, zu groß sind die ideologischen Differenzen zwischen Scholz und dem linken Flügel. Wird der Spagat gelingen? Ob das Siegesgefühl von Dauer ist, ist daher jedenfalls fraglich.

Auch wenn die Grünen der nominell große Wahlsieger sind, können sie nicht zufrieden sein, sah es doch zwischenzeitlich so aus, als würde es die erste grüne Bundeskanzlerin geben. Doch diese Schuhe wären Baerbock nicht nur eine Nummer zu groß, sondern viele – das haben die Wähler gemerkt. Wäre man nicht einer eigentlich rückständigen Ideologie gefolgt, würde der nächste Kanzler wohl Robert Habeck heißen.

Die FDP kann mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf den Wahlausgang schauen. Sie ist vierte Kraft, zweistellig und hat Stimmen dazu gewonnen. Es wäre aber mehr drin gewesen, hätte man sich nicht so sehr auf Lindner konzentriert und den Mut gehabt, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen, am besten Linda Teuteberg.

Auch aus der Sicht AfD ist die Lage durchwachsen: Die Partei hat Stimmen verloren, bleibt aber stabil zweistellig. Besonders im Osten zeigt sich, dass sie gekommen ist, um zu bleiben. Dass sie jetzt aber radikaler werden wird, ist wahrscheinlich.

Die Linke liegt unter 5 Prozent, ist aber dank Direktmandaten im Osten im Bundestag vertreten. Die ostdeutsche Regionalpartei ist sie aber nicht mehr, diese Rolle hat sie an die AfD abgetreten. Und abschreiben darf man sie noch nicht, zu stark sind einzelne Hochburgen auch im Westen.

Ein kleiner Gewinner geht ansonsten unter, der SSW ist mit einem Mandat im Bundestag vertreten. An dieser Stelle daher ein Herzlichen Glückwunsch an die Dänische Minderheit.

Groß dürfte der Ärger bei den Freien Wählern sein. Zwar sind sie die größten unter den Sonstigen, aber es hätte mehr Potential gegeben. Aber der irrlichternde Hubert Aiwanger hat ein besseres Ergebnis verhindert.

Und was kommt?

Viele Koalitions-Konstellationen sind nun rechnerisch möglich. Am wahrscheinlichsten sind aber die Ampel und Jamaika. Letzteres könnte ein in mehrfacher Hinsicht interessanter Neubeginn sein, wenn sie ohne Laschet käme, der zu sehr für die Vergangenheit steht. Und es wäre auch ein Signal, wenn erstmals keiner der Kanzlerkandidaten Kanzler wird – überhaupt sollte das Kanzlerkandidaten Konzept in dieser Form überdacht werden, aber das ist ein anderes Thema.

Würde Laschet Kanzler, würde dies jedenfalls der dringend notwendigen Erneuerung der CDU im Wege stehen und sie weiter aufreiben. Die Frage ist, ob die CDU Funktionäre diese Weitsicht haben oder wie bisher in alten verkrusteten Strukturen denken. Aber auch wenn Laschet eine wichtige Rolle in der Opposition spielen sollte, könnte dies einer Erneuerung der Partei im Wege stehen. Eine bundesweite Ausdehnung der CSU, ein Erstarken der AfD oder die Gründung neuer konservativer Parteien könnten die Folge sein. Aus Sicht der CDU wäre die Ampel unter diesen Aspekten also vorzuziehen.

Eines ist aber sicher: Nach 16 Jahren Merkel kommt ein neuer Kanzler. Und das macht die Zukunft spannend genug.

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