Meinung: Die Sportpalast Rede von Herbert Grönemeyer

Herbert Grönemeyer hat anlässlich seines Konzerts in Wien im September 2019 auch ein politisches Statement abgegeben, das gerade kontrovers diskutiert wird. Wer es noch nicht kennt – oben findet sich das entsprechende Video.

Hört man sich diese an, fühlt man sich in mehrfacher Weise an Reden aus der Zeit des Nationalsozialismus erinnert, insbesondere an Goebbels Sportpalastrede. Dies sowohl hinsichtlich verwendeten Stils als auch der Reaktion des Publikums. Goebbels schrieb übrigens nach ’seiner‘ Sportpalast-Rede „Die Stimmung gleicht der einer wilden Raserei des Volkes… ich bringe die Versammlung in einen Zustand, der einer totalen geistigen Mobilmachung gleicht. Der Schluss der Versammlung geht in einem Tohuwabohu von rasender Stimmung unter.“ 76 Jahre später bei Grönemeyer ist die Reaktion des Publikums nicht anders.

Kritik am Stil von Grönemeyers Worten festzumachen greift aber zu kurz. Sofern die Botschaft stimmt, könnte man über diesen ja noch hinwegsehen.

Grönemeyers Worte sind aber in mehrfacher Hinsicht problematisch.

Am meisten stört mich dabei die Aussage „Wenn Politiker schwächeln … liegt es an uns, zu diktieren, wie eine Gesellschaft auszusehen hat.

Anders als in den Zeiten der Weimarer Republik und der Nazi-Diktatur haben wir eine sehr gefestigte Demokratie, die sich in ihrer Breite durchaus eindeutig und massiv gegen Rechtsextremismus stellt. Die Situation in der heutigen Bundesrepublik des Grundgesetzes mit Weimar und dem Dritten Reich zu vergleichen, ist eine Missachtung ihrer Institutionen, die tatsächlich zur Schwächung dieser führt. Und den Anspruch „zu diktieren, wie eine Gesellschaft auszusehen hat“ haben Diktaturen und Gruppierungen, die die Demokratie und Meinungsfreiheit verachten.

Und in Zeiten, in denen von weiten Teilen der Medien denjenigen, die wie Christian Lindner die Einhaltung von geltendem Recht fordern, vorgeworfen wird, „rechts“ zu sein, halte ich eine generelle Aussage wie „kein Milimeter nach Rechts“ einfach problematisch. Wie ich überhaupt pauschale vereinfachende Aussagen ablehne.

Während nun die eine Seite Grönemeyer haltungsbesoffen unkritisch zujubelt, geht ihn die andere Seite mit teile drastischen Worten pauschal an und unterstellt ihm Dinge, die er nicht gesagt hat – z.B. dass er eine Diktatur errichten wolle.. Zwischentöne gehen wie üblich unter und die politische Mitte bleibt ratlos zurück.

Mit seinem einseitigen Auftritt treibt Grönemeyer das voran, was wir dringend vermeiden sollten: Eine Radikalisierung der politischen und gesellschaftlichen Diskussion, die die Spaltung der Gesellschaft verstärkt.

Levitsky und Ziblatt schreiben in ihrem Buch „Wie Demokratien sterben“:

Wenn die Zusammenbrüche von Demokratien … uns eines lehren, dann, dass extreme Polarisierung für Demokratien tödlich sein kann.

Eine Weimarisierung ist vielleicht doch nicht so fern.

Dieser Beitrag ist auf twitter auch kritisiert worden. Ich hätte übersehen, dass Grönemeyer doch eine offene und humanistische Gesellschaft verteidigen wolle. Dass er das gerade nicht macht – und mE auch nicht will – ist hier nachzulesen, in Teil 2 meiner Grönemeyer-Kritik.

2 Antworten auf „Meinung: Die Sportpalast Rede von Herbert Grönemeyer“

  1. Es gibt mittlerweile keine vernünftige Debatte mehr über gewisse Themen in Deutschland. Kann man gerne am Beispiel Lindner´s sehen. Es ist so, als wäre ein Teil des demokratischen Organs abgestorben.

    Es wundert mich sehr, das trotz vielerlei Beispiele darüber wie Linksradikal die Gesellschaftliche, politische und mediale Realität geworden ist, ständig zur Aufrechterhaltung dieser Zeitgeist, die bösen (Phantom)Nazis benötigt werden, wie eine Art von Treibstoff.

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