Meinung: Warum ich mich richtig über Micky Beisenherz ärgere – oder über den Respekt vor Religionen

Micky Beisenherz kennen Sie vielleicht nicht namentlich – auch wen  er in sozialen Netzen ziemlich aktiv ist oder Kolumnen schreibt – aber einen von ihm getexteten Spruch haben Sie sicher schon mal gehört, z.B. im Dschungelcamp beim RTL.

Ich schätze ihn an sich sehr für seine oft provokante, aber meist sehr differenzierte Meinung, habe mich aber nun einmal wirklich sehr über ihn geärgert.

Anlass ist ein Facebook Posting von ihm, in dem er schildert, dass er zusammen mit seiner dreijährigen Tochter einen Gottesdienst zur Erstkommunion besucht hat:

Nachdem der Pfarrer seinen Stand Up beendet hat, stellen sich alle in die Schlange, um sich treu eine Hostie abzuholen … Tochter (3) beobachtet die Szenerie, … möchte sich also auch anstellen… auch so einen Jesus-Oreo zu bekommen. Als sie vor dem Pfarrer steht und brav eine Kuhle mit ihren Händchen bildet, blickt dieser sie gütig lächelnd an und erklärt ihr, dass sie leider noch zu klein sei. Heute nur für Stammgäste. Und Tüss. Mittelschwere Verstörung. Im selben Moment bekomme ich, hinter, über ihr als Member natürlich eine dieser Oblaten, nehme sie-und reiche sie direkt an meine Kleine weiter… Jetzt ist wiederum der Pastor verstört . .. Mit einem lapidaren „ja, komm, is gut“ wimmle ich ihn zornig blickend ab, animiere meine Tochter zum Verzehr der Hostie und gehe mit ihr Richtung Bank, lasse den Filialleiter Gottes konsterniert stehen.

Soweit der Kern der Geschichte in Zitaten.

Kritik an Glauben und Religion muss möglich sein und ist auch richtig. Und so ärgert mich auch der flapsige Ton – „Jesus Oreo“ – nicht. Doch gerade, wenn ich einer religiösen Zeremonie beiwohne, verhalte ich mich respektvoll und akzeptiere die Regeln und Gebräuche. Ganz gleich, ob dies in einer katholischen Kirche, einem evangelischen Gotteshaus, einer Synagoge, einer Moschee, einem germanischen Buchenhain, einem buddhistischen Tempel oder einer Verehrungsstätte des Fliegenden Spaghettimonsters ist. Und dies nicht nur aus Respekt gegenüber der Zeremonie an sich, sondern gerade aus Respekt gegenüber den gläubigen Menschen, die dieser Zeremonie beiwohnen.

Versagt hat hier jedenfalls nicht der Priester, sondern Micky Beisenherz, der seinem Kind ein respektloses Verhalten gegenüber einer religiösen Zeremonie vorlebt.

Und das ärgert mich sehr.

Eine Antwort auf „Meinung: Warum ich mich richtig über Micky Beisenherz ärgere – oder über den Respekt vor Religionen“

  1. Gegenrede:
    Wenn man den Post unter dem Gesichtspunkt von Erziehung zu Fairness und Respekt, Moral und Anstand betrachtet, hast Du vermutlich Recht, Severin. Hier wurde eher ein Statement zugunsten der Rebellion gegen die Regeln der Katholischen Kirche als für Respekt davor gesetzt.
    Es fällt mir allerdings schwer, den Vorgang außerhalb des Kontexts zu sehen, dass Beisenherz beim Dschungelcamp, dem „Menschenwürde-Vernichtungslager für Voyeuristen“ par excellence in Fernsehformat arbeitet.
    Zudem scheint es mir, dass Institutionen wie die Kirche zwar einen Respekt für ihre selbstvergebenen Spielregeln erbitten können, ihnen dieses jedoch nicht gesetzlich zusteht, abgesehen vom Hausrecht, Gläubige auch aus ihren Reihen ausschließen zu können. Respekt muss man sich verdienen und das hat die katholische Kirche in den letzten Jahren gründlich verbockt. Im Gegenteil!

    Religionsfreiheit bedeutet doch in erster Linie, dass der einzelne Gläubige frei ist, seinen persönlichen Glauben so zu leben, wie er will und nicht dass eine Kirche das Recht hat, diese Freiheitsrechte einzuschränken. Wenn also jemand seinem Kind seine Hostie aus seinem persönlich abweichenden oder nicht Katechismus-kompatiblen Glaubensverständnis weitergibt, ist das seine persönliche Sache und von seiner Religionsausübungsfreiheit gedeckt.
    Ob er dann das nächste Mal nochmal eine Hostie in der selben Kirche bekommt, ist eine andere Frage. Das eine ist die Religionsfreiheit, das andere ist Kirchenrecht und ich sehe das eine deutlich als Verfassungsrecht über dem anderen.
    Ich sehe daher die Religionsfreiheit viel mehr aus der Seite der einzelnen Person als auf der Seite der Kirche. Das mag zwar mit der Sichtweise der katholischen Kirche kollidieren aber genau diese Kollision darzustellen, fand in ich dem launigen Bericht von Beisenherz durchaus erfrischend und letztlich auch treffend in einen Reframe verpackt.

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