Meinung: Ein paar schnelle Gedanken zum (bedingungslosen) Grundeinkommen

Immer wieder ist es im Gespräch – das bedingungslose Grundeinkommen. Ein 2020 geplantes Experiment dazu sorgt gerade für zusätzliche Aufmerksamkeit, 2022 die Diskussion ums Bürgergeld. Hier an dieser Stelle möchte ich meine spontanen Gedanken dazu festhalten und werde diese ggf. später vertiefen.

Der Grundgedanke

Der Grundgedanke ist, dass jeder Mensch pro Monat einen bestimmten Betrag ausgezahlt bekommt, unabhängig davon, ob und was er macht. Eben ein bedingungsloses Grundeinkommen. In Deutschland sind hier meist Beträge zwischen 800 und 1.200 Euro je Person im Gespräch, für Kinder meist weniger.

Die Alternative: bedingtes Grundeinkommen und Grundsicherung

Zunächst: Ich halte ein bedingungsloses Grundeinkommen für falsch. Denn wer Geld von der Gesellschaft bezieht, soll im Gegenzug auch etwas dafür leisten.

Daher würde ich das Grundeinkommen an Bedingungen knüpfen, bin also Verfechter eines bedingten Grundeinkommens. In voller Höhe soll dies zunächst nur erhalten, wer:

  • berufstätig ist
  • sich in einer Ausbildung, Studium, Fortbildung befindet
  • Kinder erzieht
  • das Rentenalter erreicht hat
  • unter 18 Jahre alt ist
  • aufgrund Krankheit voll oder teilweise arbeitsunfähig ist.

Wer diese Kriterien nicht erfüllt, muss entsprechend seiner Fähigkeiten einen anderen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Dies kann z.B. in Unterstützung von sozialen Einrichtungen liegen (Mitarbeit in Kindergärten, Hausaufgabenhilfe, Unterstützung von Senioren), Mitarbeit in Umweltprojekten (Aufforstung, Müll einsammeln, Insekten zählen), Leistungssport oder auch kreativen Tätigkeiten (Autoren, Künstler) liegen. Die Maßstäbe sind hier eher weit anzulegen, denn seien wir ehrlich: Wer jetzt auch nichts tun will, tut auch jetzt nichts und findet seine Lücke.

Wer nicht unter die oberen Kategorien fällt – z.B. gerade in Haft befindlich – und nicht bereit ist, einen der vorgenannten gesellschaftlichen Beiträge zu leisten, erhält eine niedrig angesetzte Grundsicherung, die regelmäßig weitgehend in Form von Sachleistungen abgegolten wird.

Anspruch auf das Grundeinkommen haben deutsche Staatsbürger, die hier ihren regelmäßigen Aufenthalt haben, in anderen Fällen greift ggf. die Grundsicherung. (Hier müsste man noch prüfen, inwieweit das mit EU-Recht vereinbar ist, das wird ggf. noch nachgereicht).

Ein Verzicht auf das bedingte Grundeinkommen ist dazu jederzeit möglich.

Warum ein bedingtes Grundeinkommen?

Ich bin davon überzeugt, dass es bald nicht mehr genug Arbeit für alle geben wird. Autonom fahrende Züge, LKW und Taxen. Expertensysteme, die viele auch viele Akademiker überflüssig machen, Chatbots, die auf einen Schlag 1.000e Callcenter Mitarbeiter ersetzen – unsere Arbeitswelt wird sich radikal ändern. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Als ich diesen Artikel 2020 schrieb, hätte ich mir z.B. nicht vorstellen können, dass ich inzwischen – zwei Jahre später – fast alle neuen Illustrationen hier im Blog von einer frei zugänglichen KI erstellen lasse, die Übersicht dazu finden Sie hier.

Ein bedingtes Grundeinkommen wäre eine faire und einfache Lösung, jedem in der Gesellschaft ein Leben in Würde zu ermöglichen und würde zudem ein unglaubliches soziales und kreatives Potential entfesseln, das die gesamte Gesellschaft deutlich weiterbringt.

Wie finanzieren?

Bleibt die Frage nach der Finanzierung.

Das bedingte Grundeinkommen und die Grundsicherung ersetzen alle anderen sozial begründeten Zahlungen, insbesondere Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II, Kindergeld, Krankengelder sowie staatliche Renten und Pensionen. Wobei hier teilweise Übergangsregelungen zu treffen sind, insbesondere, was die Altersvorsorge angeht. Privat finanzierte weitergehende Vorsorgen bleiben natürlich möglich.

Die bisherigen Beitragszahlungen für diese diversen Sozialleistungen fallen alle an den Finanzierungsfond für das bedingte Grundeinkommen.

Darüber hinaus ist eine Automatisierungssteuer – KI- bzw. „Roboterabgabe“ – zu leisten. Ersetzt eine Software in der Cloud Arbeitsplätze, fallen auch hierauf Abgaben an.

Zuletzt ergeben sich nicht unerhebliche Einsparpotentiale in der nunmehr deutlich reduzierten öffentlichen Verwaltung.

Natürlich bleiben viele Fragen – wie wird sich die Inflation entwickeln, was passiert mit Anwartschaften bei Renten und Pensionen, werden noch genug Menschen arbeiten, wie hoch sollte es genau sein, welche Staffelungen beim Alter?

Doch all dies kann geklärt werden und letztlich glaube ich, dass bei einem entsprechenden radikalen Umbau der gesamten Sozial- und Abgabensysteme ein Grundeinkommen finanzierbar ist.

Updates

November 2022

  • Bürgergeld in der Einleitung ergänzt.
  • Personen in Haft sollen kein bedingtes Grundeinkommen, sondern die Grundsicherung erhalten.
  • Beispiel der KI als Illustrator ergänzt.

 

Bild: Georges Seurat; Bauer bei der Arbeit

 

2 Antworten auf „Meinung: Ein paar schnelle Gedanken zum (bedingungslosen) Grundeinkommen“

  1. Vor Hartz IV hatte man als Arbeiter Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, die individuell nach den bisherigen Gehalt berechnet wurde, und damit indirekt mit der Höhe der gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (& Steuern) in Zusammenhang stand.
    Mit der Einführung von Hartz IV gab es dann ein Grundsicherung die für alle gleich niedrig gewesen ist. Egal ob man vorher jahrelang als Spitzenverdiener gut Steuern & Sozialversicherungsbeiträge gezahlt hat, man wurde mit Menschen gleich gestellt die noch nie einen Cent eingezahlt haben.

    Mit dem Grundeinkommen soll dieses Prinzip dann auf Renten & Arbeitslosengeld I angewendet werden:
    Warum soll ich mich als besserverdienender Facharbeiter auf sowas einlassen?
    Wer die Selbstfahrenden LKWs & Züge baut und wartet und die Expertensystem programmiert muss das nicht umbedingt in Deutschland tun.
    Auch wird die Maschinensteuer wie jede andere Kostenart am Ende auf den Preis der Dienstleistung oder Waren aufgeschlagen.

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