10 Fakten über die Geltungsdauer des Grundgesetzes – Artikel 146 Grundgesetz

  1. Artikel 146 Grundgesetz lautet
    Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
  2. Bis zur Vollendung der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 lautete Artikel 146:
    Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
  3. Die alte Fassung war insoweit wichtig, als dass sie auch eine Wiedervereinigung auf Augenhöhe ermöglichen sollte, also nicht – wie dann letztlich geschehen – nur den Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik.
  4. Artikel 146 macht zunächst die wichtigen Aussagen, dass die Einheit und Freiheit Deutschlands nunmehr vollendet sind und dass es zeitlich unbefristet bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung gilt. Spätestens damit hat es seinen anfangs provisorischen Charakter, den es 1990 ohnehin schon nicht mehr hatte, abgeschüttelt und stellt klar, dass es sich um eine Verfassung handelt. Siehe dazu auch: Ist das Grundgesetz eine Verfassung?
  5. Umstritten ist, in welchem Verhältnis Art. 79 III und Art. 146 heute stehen, was durchaus Bedeutung für die Frage hat, ob Deutschland Teil eines Europäischen Bundesstaates werden kann. Legt man die Ewigkeitsgarantie umfassend aus, wäre dies möglicherweise sogar ausgeschlossen, da nach verbreiteter Ansicht Art. 79 III einer Aufgabe der Eigenstaatlichkeit der Bundesrepublik entgegensteht.
  6. Nach hier vertretener Ansicht macht Art. 146 keinerlei Vorgaben für die dem Grundgesetz nachfolgende Verfassung, bis auf die, dass sie „vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“
    Es steht einem schließlich grundsätzlich frei, sich auch für die Unfreiheit zu entscheiden. Dass die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 III für die nachfolgende Verfassung eben nicht gilt, wird zudem allein schon dadurch deutlich, dass in Art. 79 III „dieses Grundgesetz“ gemeint ist, Art. 146 „dieses Grundgesetz“ aufgreift und dann von einer neuen ablösenden Verfassung spricht.
    Des weiteren hätte der verfassungsändernde Gesetzgeber konsequenterweise Art. 146 nach Vollendung der Wiedervereinigung oder zumindest nach einer angemessenen Zeit danach streichen müssen, wollte er nicht den Weg zu einer gänzlich anderen Verfassung offen lassen. Denn auch Art. 79 III steht einer Totalrevision des Grundgesetzes nicht entgegen, solange „die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung [und] die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze“ gewahrt bleiben. Dass er Art. 146 erhalten hat und eine zukünftige Verfassung eben auch semantisch von diesem Grundgesetz unterscheidet, macht er klar, dass die Ewigkeitsgarantie für eine neue mögliche neue Verfassung nicht zwingend gelten muss.
    Art. 146 steht also der Einführung einer absoluten Monarchie, einem Gottesstaat, einer auf sozialen Kontrolle basierenden Diktatur, einem stalinistischen Regime, der totalen Herrschaft einer singulären Künstlichen Intelligenz oder dem Aufgehen Deutschlands in einem europäischen Bundesstaat nicht entgegen. Ganz im Gegenteil – nach hier vertretener Ansicht ist eine umfassende europäische Einigung mit Teilnahme Deutschlands ohne eine neue Verfassung über die Schranken des Art. 79 III GG hinaus nicht möglich.
  7. Fraglich ist auch, wie diese neue Verfassung zustande kommen soll. Anders als von vielen behauptet, zwingt der Wortlaut jedenfalls nicht zu einer Volksabstimmung. Auch andere Wege sind möglich, so z.B. die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung. Nicht ausreichend sein dürfte, dass die bestehende Legislative eine gänzlich andere Verfassung auf Grundlage von Art. 146 schafft, insbesondere nicht eine solche, die sich über die Grenzen von Art. 79 Abs III hinwegsetzt. Es könnte sogar eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich werden, um einen Weg zu einer neuen Verfassung nach Art. 146 zu ebnen, z.B. um eine verfassungsgebende Versammlung zu ermöglichen. Nach hier vertretener Auffassung ist Art. 146 aber zumindest hinreichende verfassungsrechtliche Voraussetzung, um direkt eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung zu ermöglichen.
  8. Klar ist aus dem Wortlaut, dass sich an dem Verfassungsprozess nur Deutsche Staatsbürger („von dem deutschen Volke“) entscheidend beteiligen dürfen. Sollte dies politisch anders gewünscht sein, müsste tatsächlich zunächst eine Grundgesetzänderung erfolgen.
  9. Ein Individualrecht ergibt sich aus Art. 146 nicht, insbesondere kein solches, dass weitreichende Verfassungsänderungen auf diesem Wege erfolgen müssen.
  10. Die Regelung steht sicher nicht im Fokus der Öffentlichkeit, sehr wohl aber in der der Staats- und Europarechtler. Die Diskussion um Artikel 146 wird wieder aufflammen, wenn Schritte über eine weitergehende Integration der Europäischen Union anstehen.

Dokumentiert: Die Paulskirchenverfassung

Die deutsche verfassunggebende Nationalversammlung hat beschlossen, und verkündigt als Reichsverfassung:

Verfassung des deutschen Reiches

vom 28. März 1849

Abschnitt I. Das Reich

Artikel I.

§ 1. Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiete des bisherigen deutschen Bundes.

Die Festsetzung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig bleibt vorbehalten.

§ 2. Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so soll das deutsche Land eine von dem nichtdeutschen Lande getrennte eigene Verfassung, Regierung und Verwaltung haben. In die Regierung und Verwaltung des deutschen Landes dürfen nur deutsche Staatsbürger berufen werden.

Die Reichsverfassung und Reichsgesetzgebung hat in einem solchen deutschen Lande dieselbe verbindliche Kraft, wie in den übrigen deutschen Ländern.

§ 3. Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so muß dieses entweder in seinem deutschen Lande residiren, oder es muß auf verfassungsmäßigem Wege in demselben eine Regentschaft niedergesetzt werden, zu welcher nur Deutsche berufen werden dürfen.

§ 4. Abgesehen von den bereits bestehenden Verbindungen deutscher und nichtdeutscher Länder soll kein Staatsoberhaupt eines nichtdeutschen Landes zugleich zur Regierung eines deutschen Landes gelangen noch darf ein in Deutschland regierender Fürst, ohne seine deutsche Regierung abzutreten, eine fremde Krone annehmen.

§ 5. Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind.

Abschnitt II. Die Reichsgewalt
Artikel I.

§ 6. Die Reichsgewalt ausschließlich übt dem Auslande gegenüber die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten aus.

Die Reichsgewalt stellt die Reichsgesandten und die Consuln an. Sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, namentlich auch die Handels- und Schifffahrtsverträge, so wie die Auslieferungsverträge ab. Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maaßregeln an.

§ 7. Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten.

Auch dürfen dieselben keine besonderen Consuln halten. Die Consuln fremder Staaten erhalten ihr Exequatur von der Reichsgewalt.

Die Absendung von Bevollmächtigten an das Reichsoberhaupt ist den einzelnen Regierungen unbenommen.

§ 8. Die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, Verträge mit anderen deutschen Regierungen abzuschließen.

Ihre Befugniß zu Verträgen mit nichtdeutschen Regierungen beschränkt sich auf Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei.

§ 9. Alle Verträge nicht rein privatrechtlichen Inhalts, welche eine deutsche Regierung mit einer andern deutschen oder nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme und, insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.

Artikel II.
§ 10. Der Reichsgewalt ausschließlich steht das Recht des Krieges und Friedens zu.

Artikel III.
§ 11. Der Reichsgewalt steht die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands zur Verfügung.

§ 12. Das Reichsheer besteht aus der gesammten zum Zwecke des Kriegs bestimmten Landmacht der einzelnen deutschen Staaten. Die Stärke und Beschaffenheit des Reichsheeres wird durch das Gesetz über die Wehrverfassung bestimmt.

Diejenigen Staaten, welche weniger als 500.000 Einwohner haben, sind durch die Reichsgewalt zu größeren militärischen Ganzen, welche dann unter der unmittelbaren Leitung der Reichsgewalt stehen, zu vereinigen, oder einem angrenzenden größeren Staate anzuschließen.

Die näheren Bedingungen einer solchen Vereinigung sind in beiden Fällen durch Vereinbarung der betheiligten Staaten unter Vermittelung und Genehmigung der Reichsgewalt festzustellen.

§ 13. Die Reichsgewalt ausschließlich hat in Betreff des Heerwesens die Gesetzgebung und die Organisation; sie überwacht deren Durchführung in den einzelnen Staaten durch fortdauernde Controle.

Den einzelnen Staaten steht die Ausbildung ihres Kriegswesens auf Grund der Reichsgesetze und der Anordnungen der Reichsgewalt und beziehungsweise in den Grenzen der nach § 12 getroffenen Vereinbarungen zu. Sie haben die Verfügung über ihre bewaffnete Macht, soweit dieselbe nicht für den Dienst des Reiches in Anspruch genommen wird.

§ 14. In den Fahneneid ist die Verpflichtung zur Treue gegen das Reichsoberhaupt und die Reichsverfassung an erster Stelle aufzunehmen.

§ 15. Alle durch Verwendung von Truppen zu Reichszwecken entstehenden Kosten, welche den durch das Reich festgesetzten Friedensstand übersteigen, fallen dem Reiche zur Last.

§ 16. Über eine allgemeine für ganz Deutschland gleiche Wehrverfassung ergeht ein besonderes Reichsgesetz.

§ 17. Den Regierungen der einzelnen Staaten bleibt die Ernennung der Befehlshaber und Offiziere ihrer Truppen, soweit deren Stärke sie erheischt, überlassen.

Für die größeren militärischen Ganzen, zu denen Truppen mehrerer Staaten vereinigt sind, ernennt die Reichsgewalt die gemeinschaftlichen Befehlshaber.

Für den Krieg ernennt die Reichsgewalt die commandirenden Generale der selbstständigen Corps, sowie das Personale der Hauptquartiere.

§ 18. Der Reichsgewalt steht die Befugniß zu, Reichsfestungen und Küstenvertheidigungswerke anzulegen und, insoweit die Sicherheit des Reiches es erfordert, vorhandene Festungen gegen billige Ausgleichung, namentlich für das überlieferte Kriegsmaterial, zu Reichsfestungen zu erklären.

Die Reichsfestungen und Küstenvertheidigungswerke des Reiches werden auf Reichskosten unterhalten.

§ 19. Die Seemacht ist ausschließlich Sache des Reiches. Es ist keinem Einzelstaate gestattet, Kriegsschiffe für sich zuhalten oder Kaperbriefe auszugeben.

Die Bemannung der Kriegsflotte bildet einen Theil der deutschen Wehrmacht. Sie ist unabhängig von der Landmacht.

Die Mannschaft, welche aus einem einzelnen Staate für die Kriegsflotte gestellt wird, ist von der Zahl der von demselben zu haltenden Landtruppen abzurechnen. Das Nähere hierüber, so wie über die Kostenausgleichung zwischen dem Reiche und den Einzelstaaten, bestimmt ein Reichsgesetz.

Die Ernennung der Offiziere und Beamten der Seemacht geht allein vom Reiche aus.

Der Reichsgewalt liegt die Sorge für die Ausrüstung, Ausbildung und Unterhaltung der Kriegsflotte und die Anlegung, Ausrüstung und Unterhaltung von Kriegshäfen und See-Arsenälen ob.

Über die zur Errichtung von Kriegshäfen und Marine-Etablissements nöthigen Enteignungen, sowie über die Befugnisse der dabei anzustellenden Reichsbehörden, bestimmen die zu erlassenden Reichsgesetze.

Artikel IV.
§ 20. Die Schifffahrtsanstalten am Meere und in den Mündungen der deutschen Flüsse (Häfen, Seetonnen, Leuchtschiffe, das Lootsenwesen, das Fahrwasser u. s. w.) bleiben der Fürsorge der einzelnen Uferstaaten überlassen. Die Uferstaaten unterhalten dieselben aus eigenen Mitteln.

Ein Reichsgesetz wird bestimmen, wie weit die Mündungen der einzelnen Flüsse zu rechnen sind.

§ 21. Die Reichsgewalt hat die Oberaufsicht über diese Anstalten und Einrichtungen.

Es steht ihr zu, die betreffenden Staaten zu gehöriger Unterhaltung derselben anzuhalten, auch dieselben aus den Mitteln des Reiches zu vermehren und zu erweitern.

§ 22. Die Abgaben, welche in den Seeuferstaaten von den Schiffen und deren Ladungen für die Benutzung der Schifffahrtsanstalten erhoben werden, dürfen die zur Unterhaltung dieser Anstalten nothwendigen Kosten nicht übersteigen. Sie unterliegen der Genehmigung der Reichsgewalt.

§ 23. In Betreff dieser Abgaben sind alle deutschen Schiffe und deren Ladungen gleichzustellen.

Eine höhere Belegung fremder Schiffahrt kann nur von der Reichsgewalt ausgehen.

Die Mehrabgabe von fremder Schiffahrt fließt in die Reichskasse.

Artikel V.
§ 24. Die Reichsgewalt hat das Recht der Gesetzgebung und die Oberaufsicht über die in ihrem schiffbaren Lauf mehrere Staaten durchströmenden oder begrenzenden Flüsse und Seen und über die Mündungen der in dieselben fallenden Nebenflüsse, sowie über den Schifffahrtsbetrieb und die Flößerei auf denselben.

Auf welche Weise die Schiffbarkeit dieser Flüsse erhalten oder verbessert werden soll, bestimmt ein Reichsgesetz.

Die übrigen Wasserstraßen bleiben der Fürsorge der Einzelstaaten überlassen. Doch steht es der Reichsgewalt zu, wenn sie es im Interesse des allgemeinen Verkehrs für nothwendig erachtet, allgemeine Bestimmungen über den Schifffahrtsbetrieb und die Flößerei auf denselben zu erlassen, so wie einzelne Flüsse unter derselben Voraussetzung den oben erwähnten gemeinsamen Flüssen gleich zu stellen.

Die Reichsgewalt ist befugt, die Einzelstaaten zu gehöriger Erhaltung der Schiffbarkeit dieser Wasserstraßen anzuhalten.

§ 25. Alle deutschen Flüsse sollen für deutsche Schifffahrt von Flußzöllen frei seyn. Auch die Flößerei soll auf schiffbaren Flußstrecken solchen Abgaben nicht unterliegen. Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.

Bei den mehrere Staaten durchströmenden oder begrenzenden Flüssen tritt für die Aufhebung dieser Flußzölle eine billige Ausgleichung ein.

§ 26. Die Hafen-, Krahn-, Waag-, Lager-, Schleusen- und dergleichen Gebühren, welche an den gemeinschaftlichen Flüssen und den Mündungen der in dieselben sich ergießenden Nebenflüsse erhoben werden, dürfen die zur Unterhaltung derartiger Anstalten nöthigen Kosten nicht übersteigen. Sie unterliegen der Genehmigung der Reichsgewalt.

Es darf in Betreff dieser Gebühren keinerlei Begünstigung der Angehörigen eines deutschen Staates vor denen anderer deutschen Staaten stattfinden.

§ 27. Flußzölle und Flußschifffahrtsabgaben dürfen auf fremde Schiffe und deren Ladungen nur durch die Reichsgewalt gelegt werden.

Artikel VI.
§ 28. Die Reichsgewalt hat über die Eisenbahnen und deren Betrieb, soweit es der Schutz des Reiches oder das Interesse des allgemeinen Verkehrs erheischt, die Oberaufsicht und das Recht der Gesetzgebung. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, welche Gegenstände dahin zu rechnen sind.

§ 29. Die Reichsgewalt hat das Recht, soweit sie es zum Schutze des Reiches oder im Interesse des allgemeinen Verkehrs für nothwendig erachtet, die Anlage von Eisenbahnen zu bewilligen so wie selbst Eisenbahnen anzulegen, wenn der Einzelstaat, m dessen Gebiet die Anlage erfolgen soll, deren Ausführung ablehnt. Die Benutzung der Eisenbahnen für Reichszwecke steht der Reichsgewalt jederzeit gegen Entschädigung frei.

§ 30. Bei der Anlage oder Bewilligung von Eisenbahnen durch die einzelnen Staaten ist die Reichsgewalt befugt, den Schutz des Reichs und das Interesse des allgemeinen Verkehrs wahrzunehmen.

§ 31. Die Reichsgewalt hat über die Landstraßen die Oberaufsicht und das Recht der Gesetzgebung, soweit es der Schutz des Reiches oder das Interesse des allgemeinen Verkehrs erheischt. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, welche Gegenstände dahin zu rechnen sind.

§ 32. Die Reichsgewalt hat das Recht, soweit sie es zum Schutze des Reiches oder im Interesse des allgemeinen Verkehrs für nothwendig erachtet, zu verfügen, daß Landstraßen und Kanäle angelegt, Flüsse schiffbar gemacht oder deren Schiffbarkeit erweitert werde.

Die Anordnung der dazu erforderlichen baulichen Werke erfolgt nach vorgängigem Benehmen mit den betheiligten Einzelstaaten durch die Reichsgewalt.

Die Ausführung und Unterhaltung der neuen Anlagen geschieht von Reichswegen und auf Reichskosten, wenn eine Verständigung mit den Einzelstaaten nicht erzielt wird.

Artikel VII.
§ 33. Das deutsche Reich soll ein Zoll- und Handelsgebiet bilden, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze, mit Wegfall aller Binnengrenzzölle.

Die Aussonderung einzelner Orte und Gebietstheile aus der Zolllinie bleibt der Reichsgewalt vorbehalten.

Der Reichsgewalt bleibt es ferner vorbehalten, auch nicht zum Reiche gehörige Länder und Landestheile mittelst besonderer Verträge dem deutschen Zollgebiete anzuschließen.

§ 34. Die Reichsgewalt ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, so wie über gemeinschaftliche Produktions- und Verbrauchs-Steuern. Welche Produktions- und Verbrauchs-Steuern gemeinschaftlich seyn sollen, bestimmt die Reichsgesetzgebung.

§ 35. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle, so wie der gemeinschaftlichen Productions- und Verbrauchs-Steuern, geschieht nach Anordnung und unter Oberauffsicht der Reichsgewalt.

Aus dem Ertrage wird ein bestimmter Theil nach Maaßgabe des ordentlichen Budgets für die Ausgaben des Reiches vorweggenommen, das Übrige wird an die einzelnen Staaten vertheilt.

Ein besonderes Reichsgesetz wird hierüber das Nähere feststellen.

§ 36. Auf welche Gegenstände die einzelnen Staaten Produktions- oder Verbrauchssteuern für Rechnung des Staates oder einzelner Gemeinden legen dürfen und welche Bedingungen und Beschränkungen dabei eintreten sollen, wird durch die Reichsgesetzgebung bestimmt.

§ 37. Die einzelnen deutschen Staaten sind nicht befugt, auf Güter, welche über die Reichsgränze ein- oder ausgehen, Zölle zu legen.

§ 38. Die Reichsgewalt hat das Recht der Gesetzgebung über den Handel und die Schifffahrt, und überwacht die Ausführung der darüber erlassenen Reichsgesetze.

§ 39. Der Reichsgewalt steht es zu, über das Gewerbewesen Reichsgesetze zu erlassen und die Ausführung derselben zu überwachen.

§ 40. Erfindungs-Patente werden ausschließlich von Reichswegen auf Grundlage eines Reichsgesetzes ertheilt; auch steht der Reichsgewalt ausschließlich die Gesetzgebung gegen den Nachdruck von Büchern, jedes unbefugte Nachahmen von Kunstwerken, Fabrikzeichen, Mustern und Formen und gegen andere Beeinträchtigungen des geistigen Eigenthums zu.

Artikel VIII.
§ 41. Die Reichsgewalt hat das Recht der Gesetzgebung und die Oberaufsicht über das Postwesen, namentlich über Organisation, Tarife, Transit, Portotheilung und die Verhältnisse zwischen den einzelnen Postverwaltungen.

Dieselbe sorgt für gleichmäßige Anwendung der Gesetze durch Vollzugsverordnungen, und überwacht deren Durchführung in den einzelnen Staaten durch fortdauernde Controle.

Der Reichsgewalt steht es zu, die innerhalb mehrerer Postgebiete sich bewegenden Course im Interesse des allgemeinen Verkehrs zu ordnen.

§ 42. Postverträge mit ausländischen Postverwaltungen dürfen nur von der Reichsgewalt oder mit deren Genehmigung geschlossen werden.

§ 43. Die Reichsgewalt hat die Befugniß, insofern es ihr nöthig scheint, das deutsche Postwesen für Rechnung des Reiches in Gemäßheit eines Reichsgesetzes zu übernehmen, vorbehaltlich billiger Entschädigung der Berechtigten.

§ 44. Die Reichsgewalt ist befugt, Telegraphenlinien anzulegen, und die vorhandenen gegen Entschädigung zu benutzen, oder auf dem Wege der Enteignung zu erwerben.

Weitere Bestimmungen hierüber, so wie über Benutzung von Telegraphen für den Privatverkehr, sind einem Reichsgesetz vorbehalten.

Artikel IX.
§ 45. Die Reichsgewalt ausschließlich hat die Gesetzgebung und die Oberaufsicht über das Münzwesen. Es liegt ihr ob, für ganz Deutschland dasselbe Münzsystem einzuführen.

Sie hat das Recht, Reichsmünzen zu prägen.

§ 46. Der Reichsgewalt liegt es ob, in ganz Deutschland dasselbe System für Maaß und Gewicht, sowie für den Feingehalt der Gold- und Silberwaaren zu begründen.

§ 47. Die Reichsgewalt hat das Recht, das Bankwesen und das Ausgeben von Papiergeld durch die Reichsgesetzgebung zu regeln. Sie überwacht die Ausführung der darüber erlassenen Reichsgesetze.

Artikel X.
§ 48. Die Ausgaben für alle Maaßregeln und Einrichtungen, welche von Reichswegen ausgeführt werden, sind von der Reichsgewalt aus den Mitteln des Reiches zu bestreiten.

§ 49. Zur Bestreitung seiner Ausgaben ist das Reich zunächst auf seinen Antheil an den Einkünften aus den Zöllen und den gemeinsamen Produktions- und Verbrauchs-Steuern angewiesen.

§ 50. Die Reichsgewalt hat das Recht, insoweit die sonstigen Einkünfte nicht ausreichen, Matrikularbeiträge aufzunehmen.

§ 51. Die Reichsgewalt ist befugt, in außerordentlichen Fällen Reichssteuern aufzulegen und zu erheben oder erheben zulassen, sowie Anleihen zu machen oder sonstige Schulden zu contrahiren.

Artikel XI.
§ 52. Den Umfang der Gerichtsbarkeit des Reiches bestimmt der Abschnitt vom Reichsgericht.

Artikel XII.
§ 53. Der Reichsgewalt liegt es ob, die kraft der Reichsverfassung allen Deutschen verbürgten Rechte oberaufsehend zu wahren.

§ 54. Der Reichsgewalt liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob.

Sie hat die für die Aufrechterhaltung der innern Sicherheit und Ordnung erforderlichen Maaßregeln zu treffen:
1. wenn ein deutscher Staat von einem andern deutschen Staate in seinem Frieden gestört oder gefährdet wird;
2. wenn in einem deutschen Staate die Sicherheit und Ordnung durch Einheimische oder Fremde gestört oder gefährdet wird. Doch soll in diesem Falle von der Reichsgewalt nur dann eingeschritten werden, wenn die betreffende Regierung sie selbst dazu auffordert, es sey denn, daß dieselbe dazu notorisch außer Stande ist oder der gemeine Reichsfrieden bedroht erscheint;
3. wenn die Verfassung eines deutschen Staates gewaltsam oder einseitig aufgehoben oder verändert wird, und durch das Anrufen des Reichsgerichtes unverzügliche Hülfe nicht zu erwirken ist.

§ 55. Die Maaßregeln, welche von der Reichsgewalt zur Wahrung des Reichsfriedens ergriffen werden können, sind: 1. Erlasse, 2. Absendung von Commissarien, 3. Anwendung von bewaffneter Macht.

Ein Reichsgesetz wird die Grundsätze bestimmen, nach welchen die durch solche Maaßregeln veranlaßten Kosten zu tragen sind.

§ 56. Der Reichsgewalt liegt es ob, die Fälle und Formen, in welchen die bewaffnete Macht gegen Störungen der öffentlichen Ordnung angewendet werden soll, durch ein Reichsgesetz zu bestimmen.

§ 57. Der Reichsgewalt liegt es ob, die gesetzlichen Normen über Erwerb und Verlust des Reichs- und Staatsbürgerrechts festzusetzen.

§ 58. Der Reichsgewalt steht es zu, über das Heimathsrecht Reichsgesetze zu erlassen und die Ausführung derselben zu überwachen.

§ 59. Der Reichsgewalt steht es zu, unbeschadet des durch die Grundrechte gewährleisteten Rechts der freien Vereinigung und Versammlung, Reichsgesetze über das Associationswesen zu erlassen.

§ 60. Die Reichsgesetzgebung hat für die Aufnahme öffentlicher Urkunden diejenigen Erfordernisse festzustellen, welche die Anerkennung ihrer Ächtheit in ganz Deutschland bedingen.

§ 61. Die Reichsgewalt ist befugt, im Interesse des Gesammtwohls allgemeine Maaßregeln für die Gesundheitspflege zu treffen.

Artikel XIII.
§ 62. Die Reichsgewalt hat die Gesetzgebung, soweit es zur Ausführung der ihr verfassungsmäßig übertragenen Befugnisse und zum Schutze der ihr überlassenen Anstalten erforderlich ist.

§ 63. Die Reichsgewalt ist befugt, wenn sie im Gesammtinteresse Deutschlands gemeinsame Einrichtungen und Maaßregeln nothwendig findet, die zur Begründung derselben erforderlichen Gesetze in den für die Veränderung der Verfassung vorgeschriebenen Formen zu erlassen.

§ 64. Der Reichsgewalt liegt es ob, durch die Erlassung allgemeiner Gesetzbücher über bürgerliches Recht, Handels- und Wechselrecht, Strafrecht und gerichtliches Verfahren die Rechtseinheit im deutschen Volke zu begründen.

§ 65. Alle Gesetze und Verordnungen der Reichsgewalt erhalten verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Reichswegen.

§ 66. Reichsgesetze gehen den Gesetzen der Einzelstaaten vor, insofern ihnen nicht ausdrücklich eine nur subsidiäre Geltung beigelegt ist.

Artikel XIV.
§ 67. Die Anstellung der Reichsbeamten geht vom Reiche aus.

Die Dienstpragmatik des Reiches wird ein Reichsgesetz feststellen.

Abschnitt III. Das Reichsoberhaupt
Artikel I.

§ 68. Die Würde des Reichsoberhauptes wird einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen.

§ 69. Diese Würde ist erblich im Hause des Fürsten, dem sie übertragen worden. Sie vererbt im Mannsstamme nach dem Rechte der Erstgeburt.

§ 70. Das Reichsoberhaupt führt den Titel: Kaiser der Deutschen.

§ 71. Die Residenz des Kaisers ist am Sitze der Reichsregierung. Wenigstens während der Dauer des Reichstags wird der Kaiser dort bleibend residiren.

So oft sich der Kaiser nicht am Sitze der Reichsregierung befindet, muß einer der Reichsminister in seiner unmittelbaren Umgebung seyn.

Die Bestimmungen über den Sitz der Reichsregierung bleiben einem Reichsgesetz vorbehalten.

§ 72. Der Kaiser bezieht eine Civilliste, welche der Reichstag fest setzt.

Artikel II.
§ 73. Die Person des Kaisers ist unverletzlich.

Der Kaiser übt die ihm übertragene Gewalt durch verantwortliche von ihm ernannte Minister aus.

§ 74. Alle Regierungshandlungen des Kaisers bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung von wenigstens einem der Reichsminister, welcher dadurch die Verantwortung übernimmt.

Artikel III.
§ 75. Der Kaiser übt die völkerrechtliche Vertretung des deutschen Reiches und der einzelnen deutschen Staaten aus. Er stellt die Reichsgesandten und die Consuln an und führt den diplomatischen Verkehr.

§ 76. Der Kaiser erklärt Krieg und schließt Frieden.

§ 77. Der Kaiser schließt die Bündnisse und Verträge mit den auswärtigen Mächten ab, und zwar unter Mitwirkung des Reichstages, insoweit diese in der Verfassung vorbehalten ist.

§ 78. Alle Verträge nicht rein privatrechtlichen Inhalts, welche deutsche Regierungen unter sich oder mit auswärtigen Regierungen abschließen, sind dem Kaiser zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.

§ 79. Der Kaiser beruft und schließt den Reichstag; er hat das Recht das Volkshaus aufzulösen.

§ 80. Der Kaiser hat das Recht des Gesetzvorschlages. Er übt die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Reichstage unter den verfassungsmäßigen Beschränkungen aus. Er verkündigt die Reichsgesetze und erläßt die zur Vollziehung derselben nöthigen Verordnungen.

§ 81. In Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören, hat der Kaiser das Recht der Begnadigung und Strafmilderung. Das Verbot der Einleitung oder Fortsetzung von Untersuchungen kann der Kaiser nur mit Zustimmung des Reichstages erlassen.

Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten Reichsministers kann der Kaiser das Recht der Begnadigung und Strafmilderung nur dann ausüben, wenn dasjenige Haus, von welchem die Anklage ausgegangen ist, darauf anträgt. Zu Gunsten von Landesministern steht ihm ein solches Recht nicht zu.

§ 82. Dem Kaiser liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob.

§ 83. Der Kaiser hat die Verfügung über die bewaffnete Macht.

§ 84. Überhaupt hat der Kaiser die Regierungsgewalt in allen Angelegenheiten des Reiches nach Maaßgabe der Reichsverfassung. Ihm als Träger dieser Gewalt stehen diejenigen Rechte und Befugnisse zu, welche in der Reichsverfassung der Reichsgewalt beigelegt und dem Reichstage nicht zugewiesen sind.

Abschnitt IV. Der Reichstag
Artikel I.

§ 85. Der Reichstag besteht aus zwei Häusern, dem Staatenhaus und dem Volkshaus.

Artikel II.
§ 86. Das Staatenhaus wird gebildet aus den Vertretern der deutschen Staaten.

§ 87. Die Zahl der Mitglieder vertheilt sich nach folgendem Verhältniß:

Preußen 40 Mitglieder.
Österreich 38
Bayern 18
Sachsen 10
Hannover 10
Würtemberg 10
Baden 9
Kurhessen 6
Großherzogthum Hessen 6
Holstein (-Schleswig, s. Reich §. 1) 6
Mecklenburg-Schwerin 4
Luxemburg-Limburg 3
Nassau 3
Braunschweig 2
Oldenburg 2
Sachsen-Weimar 2
Sachsen-Coburg-Gotha 1
Sachsen-Meiningen-Hildburghausen 1
Sachsen-Altenburg 1
Mecklenburg-Strelitz 1
Anhalt-Dessau 1
Anhalt-Bernburg 1
Anhalt-Köthen 1
Schwarzburg-Sondershausen 1
Schwarzburg-Rudolstadt 1
Hohenzollern-Hechingen 1
Liechtenstein 1
Hohenzollern-Sigmaringen 1
Waldeck 1
Reuß ältere Linie 1
Reuß jüngere Linie 1
Schaumburg-Lippe 1
Lippe-Detmold 1
Hessen-Homburg 1
Lauenburg 1
Lübeck 1
Frankfurt 1
Bremen 1
Hamburg 1
gesamt 192 Mitglieder.

So lange die deutsch-österreichischen Lande an dem Bundesstaate nicht Theil nehmen, erhalten nachfolgende Staaten eine größere Anzahl von Stimmen im Staatenhause; nämlich:
Bayern 20
Sachsen 12
Hannover 12
Würtemberg 12
Baden 10
Großherzogthum Hessen 8
Kurhessen 7
Nassau 4
Hamburg 2

§ 88. Die Mitglieder des Staatenhauses werden zur Hälfte durch die Regierung und zur Hälfte durch die Volksvertretung der betreffenden Staaten ernannt.

In denjenigen deutschen Staaten, welche aus mehreren Provinzen oder Ländern mit abgesonderter Verfassung oder Verwaltung bestehen, sind die durch die Volksvertretung dieses Staates zu ernennenden Mitglieder des Staatenhauses nicht von der allgemeinen Landesvertretung, sondern von den Vertretungen der einzelnen Länder oder Provinzen (Provinzialständen) zu ernennen.

Das Verhältniß, nach welchem die Zahl der diesen Staaten zukommenden Mitglieder unter die einzelnen Länder oder Provinzen zu vertheilen ist, bleibt der Landesgesetzgebung vorbehalten.

Wo zwei Kammern bestehen und eine Vertretung nach Provinzen nicht stattfindet, wählen beide Kammern in gemeinsamer Sitzung nach absoluter Stimmenmehrheit.

§ 89. In denjenigen Staaten, welche nur ein Mitglied in das Staatenhaus senden, schlägt die Regierung drei Candidaten vor, aus denen die Volksvertretung mit absoluter Stimmenmehrheit wählt.

Auf dieselbe Weise ist in denjenigen Staaten, welche eine ungerade Zahl von Mitgliedern senden, in Betreff des letzten derselben zu verfahren.

§ 90. Wenn mehrere deutsche Staaten zu einem Ganzen verbunden werden, so entscheidet ein Reichsgesetz über die dadurch etwa nothwendig werdende Abänderung in der Zusammensetzung des Staatenhauses.

§ 91. Mitglied des Staatenhauses kann nur seyn, wer
1. Staatsbürger des Staates ist, welcher ihn sendet,
2. das 30ste Lebensjahr zurückgelegt hat,
3. sich in vollem Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte befindet.

§ 92. Die Mitglieder des Staatenhauses werden auf sechs Jahre gewählt. Sie werden alle drei Jahre zur Hälfte erneuert.

Auf welche Weise nach den ersten drei Jahren das Ausscheiden der einen Hälfte stattfinden soll, wird durch ein Reichsgesetz bestimmt. Die Ausscheidenden sind stets wieder wählbar.

Wird nach Ablauf dieser drei Jahre und vor Vollendung der neuen Wahlen für das Staatenhaus ein ausserordentlicher Reichstag berufen, so treten, so weit die neuen Wahlen noch nicht stattgefunden haben, die früheren Mitglieder ein.

Artikel III.
§ 93. Das Volkshaus besteht aus den Abgeordneten des deutschen Volkes.

§ 94. Die Mitglieder des Volkshauses werden für das erste Mal auf vier Jahre demnächst immer auf drei Jahre gewählt.

Die Wahl geschieht nach den in dem Reichswahlgesetze enthaltenen Vorschriften.

Artikel IV.
§ 95. Die Mitglieder des Reichstages beziehen aus der Reichskasse ein gleichmäßiges Tagegeld und Entschädigung für ihre Reisekosten. Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.

§ 96. Die Mitglieder beider Häuser können durch Instruktionen nicht gebunden werden.

§ 97. Niemand kann gleichzeitig Mitglied von beiden Häusern seyn.

Artikel V.
§ 98. Zu einem Beschluß eines jeden Hauses des Reichstages ist die Theilnahme von wenigstens der Hälfte der gesetzlichen Anzahl seiner Mitglieder und die einfache Stimmenmehrheit erforderlich.

Im Falle der Stimmengleichheit wird ein Antrag als abgelehnt betrachtet.

§ 99. Das Recht des Gesetzvorschlages, der Beschwerde, der Adresse und der Erhebung von Thatsachen, so wie der Anklage der Minister, steht jedem Hause zu.

§ 100. Ein Reichstagsbeschluß kann nur durch die Übereinstimmung beider Häuser gültig zu Stande kommen.

§ 101. Ein Reichstagsbeschluß, welcher die Zustimmung der Reichsregierung nicht erlangt hat, darf in derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden.

Ist von dem Reichstage in drei sich unmittelbar folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Beschluß unverändert gefaßt worden, so wird derselbe, auch wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des dritten Reichstages zum Gesetz. Eine ordentliche Sitzungsperiode welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt.

§ 102. Ein Reichstagsbeschluß ist in folgenden Fällen erforderlich:
1. Wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung oder Auslegung von Reichsgesetzen handelt.
2. Wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen contrahirt werden, wenn das Reich eine im Budget nicht vorgesehene Ausgabe übernimmt, oder Matrikularbeiträge oder Steuern erhebt.
3. Wenn fremde See- und Flußschiffahrt mit höheren Abgaben belegt werden soll.
4. Wenn Landesfestungen zu Reichsfestungen erklärt werden sollen.
5. Wenn Handels-, Schifffahrts- und Auslieferungsverträge mit dem Auslande geschlossen werden, so wie überhaupt völkerrechtliche Verträge, insofern sie das Reich belasten.
6. Wenn nicht zum Reich gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen Zollgebiete angeschlossen, oder einzelne Orte oder Gebietstheile von der Zolllinie ausgeschlossen werden sollen.
7. Wenn deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden werden sollen.

§ 103. Bei Feststellung des Reichshaushaltes treten folgende Bestimmungen ein:
1. Alle die Finanzen betreffenden Vorlagen der Reichsregierung gelangen zunächst an das Volkshaus.
2. Bewilligungen von Ausgaben dürfen nur auf Antrag der Reichsregierung und bis zum Belauf dieses Antrages erfolgen. Jede Bewilligung gilt nur für den besonderen Zweck, für welchen sie bestimmt worden. Die Verwendung darf nur innerhalb der Grenze der Bewilligung erfolgen.
3. Die Dauer der Finanzperiode und Budgetbewilligung ist ein Jahr.
4. Das Budget über die regelmäßigen Ausgaben des Reiches und über den Reservefond, sowie über die für beides erforderlichen Deckungsmittel, wird auf dem ersten Reichstage durch Reichstagsbeschlüsse festgestellt. Eine Erhöhung dieses Budgets auf späteren Reichstagen erfordert gleichfalls einen Reichstagsbeschluß.
5. Dieses ordentliche Budget wird auf jedem Reichstage zuerst dem Volkshause vorgelegt, von diesem in seinen einzelnen Ansätzen nach den Erläuterungen und Belegen, welche die Reichsregierung vorzulegen hat, geprüft und ganz oder theilweise bewilligt oder verworfen.
6. Nach erfolgter Prüfung und Bewilligung durch das Volkshaus wird das Budget an das Staatenhaus abgegeben. Diesem steht, innerhalb des Gesammtbetrages des ordentlichen Budgets, so wie derselbe auf dem ersten Reichstage oder durch spätere Reichstagsbeschlüsse festgestellt ist, nur das Recht zu, Erinnerungen und Ausstellungen zu machen, über welche das Volkshaus endgültig beschließt.
7. Alle außerordentlichen Ausgaben und deren Deckungsmittel bedürfen, gleich der Erhöhung des ordentlichen Budgets, eines Reichstagsbeschlusses.
8. Die Nachweisung über die Verwendung der Reichsgelder wird dem Reichstage, und zwar zuerst dem Volkshause, zur Prüfung und zum Abschluß vorgelegt.

Artikel VI.
§ 104. Der Reichstag versammelt sich jedes Jahr am Sitze der Reichsregierung. Die Zeit der Zusammenkunft wird vom Reichsoberhaupt bei der Einberufung angegeben, insofern nicht ein Reichsgesetz dieselbe festsetzt.

Außerdem kann der Reichstag zu außerordentlichen Sitzungen jederzeit vom Reichsoberhaupt einberufen werden.

§ 105. Die ordentlichen Sitzungsperioden der Landtage in den Einzelstaaten sollen mit denen des Reichstages in der Regel nicht zusammenfallen. Das Nähere bleibt einem Reichsgesetz vorbehalten.

§ 106. Das Volkshaus kann durch das Reichsoberhaupt aufgelöst werden. In dem Falle der Auflösung ist der Reichstag binnen drei Monaten wieder zu versammeln.

§ 107. Die Auflösung des Volkshauses hat die gleichzeitige Vertagung des Staatenhauses bis zur Wiederberufung des Reichstages zur Folge.

Die Sitzungsperioden beider Häuser sind dieselben.

§ 108. Das Ende der Sitzungsperiode des Reichstages wird vom Reichsoberhaupt bestimmt.

§ 109. Eine Vertagung des Reichstages oder eines der beiden Häuser durch das Reichsoberhaupt bedarf, wenn sie nach Eröffnung der Sitzung auf länger als vierzehn Tage ausgesprochen werden soll, der Zustimmung des Reichstages oder des betreffenden Hauses.

Auch der Reichstag selbst so wie jedes der beiden Häuser kann sich auf vierzehn Tage vertagen.

Artikel VII.
§ 110. Jedes der beiden Häuser wählt seinen Präsidenten, seine Vicepräsidenten und seine Schriftführer.

§ 111. Die Sitzungen beider Häuser sind öffentlich. Die Geschäftsordnung eines jeden Hauses bestimmt, unter welchen Bedingungen vertrauliche Sitzungen stattfinden können.

§ 112. Jedes Haus prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und entscheidet über die Zulassung derselben.

§ 113. Jedes Mitglied leistet bei seinem Eintritt den Eid: „Ich schwöre, die deutsche Reichsverfassung getreulich zu beobachten und aufrecht zu erhalten, so wahr mir Gott helfe“.

§ 114. Jedes Haus hat das Recht, seine Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens im Hause zu bestrafen und äußersten Falls auszuschließen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung jedes Hauses.

Eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür entscheidet.

§ 115. Weder Überbringer von Bittschriften noch überhaupt Deputationen sollen in den Häusern zugelassen werden.

§ 116. Jedes Haus hat das Recht, sich seine Geschäftsordnung selbst zu geben. Die geschäftlichen Beziehungen zwischen beiden Häusern werden durch Übereinkunft beider Häuser geordnet.

Artikel VIII.
§ 117. Ein Mitglied des Reichstages darf während der Dauer der Sitzungsperiode ohne Zustimmung des Hauses, zu welchem es gehört, wegen strafrechtlicher Anschuldigungen weder verhaftet, noch in Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.

§ 118. In diesem letzteren Falle ist dem betreffenden Hause von der angeordneten Maaßregel sofort Kenntniß zu geben. Es steht demselben zu, die Aufhebung der Haft oder Untersuchung bis zum Schlusse der Sitzungsperiode zu verfügen.

§ 119. Dieselbe Befugniß steht jedem Hause in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über ein Mitglied desselben zur Zeit seiner Wahl verhängt gewesen, oder nach dieser bis zu Eröffnung der Sitzungen verhängt worden ist.

§ 120. Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Äußerungen gerichtlich oder disciplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.

Artikel IX.
§ 121. Die Reichsminister haben das Recht, den Verhandlungen beider Häuser des Reichstages beizuwohnen und jederzeit von denselben gehört zu werden.

§ 122. Die Reichsminister haben die Verpflichtung, auf Verlangen jedes der Häuser des Reichstages in demselben zu erscheinen und Auskunft zu ertheilen, oder den Grund anzugeben, weshalb dieselbe nicht ertheilt werden könne.

§ 123. Die Reichsminister können nicht Mitglieder des Staatenhauses seyn.

§ 124. Wenn ein Mitglied des Volkshauses im Reichsdienst ein Amt oder eine Beförderung annimmt, so muß es sich einer neuen Wahl unterwerfen; es behält seinen Sitz im Hause, bis die neue Wahl stattgefunden hat.

Abschnitt V. Das Reichsgericht
Artikel I.

§ 125. Die dem Reiche zustehende Gerichtsbarkeit wird durch ein Reichsgericht ausgeübt.

§ 126. Zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören:
a) Klagen eines Einzelstaates gegen die Reichsgewalt wegen Verletzung der Reichsverfassung durch Erlassung von Reichsgesetzen und durch Maaßregeln der Reichsregierung, so wie Klagen der Reichsgewalt gegen einen Einzelstaat wegen Verletzung der Reichsverfassung.
b) Streitigkeiten zwischen dem Staatenhause und dem Volkshause unter sich und zwischen jedem von ihnen und der Reichsregierung, welche die Auslegung der Reichsverfassung betreffen, wenn die streitenden Theile sich vereinigen, die Entscheidung des Reichsgerichts einzuholen.
c) Politische und privatrechtliche Streitigkeiten aller Art zwischen den einzelnen deutschen Staaten.
d) Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfähigkeit und Regentschaft in den Einzelstaaten.
e) Streitigkeiten zwischen der Regierung eines Einzelstaates und dessen Volksvertretung über die Gültigkeit oder Auslegung der Landesverfassung.
f) Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung desselben, wegen Aufhebung oder verfassungswidriger Veränderung der Landesverfassung.
Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung wegen Verletzung der Landesverfassung können bei dem Reichsgericht nur angebracht werden, wenn die in der Landesverfassung gegebenen Mittel der Abhülfe nicht zur Anwendung gebracht werden können.
g) Klagen deutscher Staatsbürger wegen Verletzung der durch die Reichsverfassung ihnen gewährten Rechte. Die näheren Bestimmungen über den Umfang dieses Klagerechts und die Art und Weise dasselbe geltend zu machen, bleiben der Reichsgesetzgebung vorbehalten.
h) Beschwerden wegen verweigerter oder gehemmter Rechtspflege, wenn die landesgesetzlichen Mittel der Abhülfe erschöpft sind.
i) Strafgerichtsbarkeit über die Anklagen gegen die Reichsminister, insofern sie deren ministerielle Verantwortlichkeit betreffen.
k) Strafgerichtsbarkeit über die Anklagen gegen die Minister der Einzelstaaten, insofern sie deren ministerielle Verantwortlichkeit betreffen.
l) Strafgerichtsbarkeit in den Fällen des Hoch- und Landesverraths gegen das Reich.
Ob noch andere Verbrechen gegen das Reich der Strafgerichtsbarkeit des Reichsgerichts zu überweisen sind, wird späteren Reichsgesetzen vorbehalten.
m) Klagen gegen den Reichsfiscus.
n) Klagen gegen deutsche Staaten, wenn die Verpflichtung, dem Anspruche Genüge zu leisten, zwischen mehreren Staaten zweifelhaft oder bestritten ist, so wie wenn die gemeinschaftliche Verpflichtung gegen mehrere Staaten in einer Klage geltend gemacht wird.

§ 127. Über die Frage, ob ein Fall zur Entscheidung des Reichsgerichts geeignet sey, erkennt einzig und allein das Reichsgericht selbst.

§ 128. Über die Einsetzung und Organisation des Reichsgerichts, über das Verfahren und die Vollziehung der reichsgerichtlichen Entscheidungen und Verfügungen wird ein besonderes Gesetz ergehen.

Diesem Gesetze wird auch die Bestimmung, ob und in welchen Fällen bei dem Reichsgericht die Urtheilsfällung durch Geschworene erfolgen soll, vorbehalten.

Ebenso bleibt vorbehalten: ob und wie weit dieses Gesetz als organisches Verfassungsgesetz zu betrachten ist.

§ 129. Der Reichsgesetzgebung bleibt es vorbehalten, Admiralitits- und Seegerichte zu errichten, sowie Bestimmungen über die Gerichtsbarkeit der Gesandten und Consuln des Reiches zu treffen.

Abschnitt VI. Die Grundrechte des deutschen Volkes
§ 130. Dem deutschen Volke sollen die nachstehenden Grundrechte gewährleistet seyn. Sie sollen den Verfassungen der deutschen Einzelstaaten zur Norm dienen, und keine Verfassung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaates soll dieselben je aufheben oder beschränken können.

Artikel I.
§ 131. Das deutsche Volk besteht aus den Angehörigen der Staaten, welche das deutsche Reich bilden.

§ 132. Jeder Deutsche hat das deutsche Reichsbürgerrecht. Die ihm kraft dessen zustehenden Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben. Über das Recht, zur deutschen Reichsversammlung zu wählen, verfügt das Reichswahlgesetz.

§ 133. Jeder Deutsche hat das Recht, an jedem Orte des Reichsgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, Liegenschaften jeder Art zu erwerben und darüber zu verfügen, jeden Nahrungszweig zu betreiben, das Gemeindebürgerrecht zu gewinnen.

Die Bedingungen für den Aufenthalt und Wohnsitz werden durch ein Heimathsgesetz, jene für den Gewerbebetrieb durch eine Gewerbeordnung für ganz Deutschland von der Reichsgewalt festgesetzt.

§ 134. Kein deutscher Staat darf zwischen seinen Angehörigen und andern Deutschen einen Unterschied im bürgerlichen, peinlichen und Prozeß-Rechte machen, welcher die letzteren als Ausländer zurücksetzt.

§ 135. Die Strafe des bürgerlichen Todes soll nicht stattfinden, und da, wo sie bereits ausgesprochen ist, in ihren Wirkungen aufhören, soweit nicht hierdurch erworbene Privatrechte verletzt werden.

§ 136. Die Auswanderungsfreiheit ist von Staatswegen nicht beschränkt; Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden.

Die Auswanderungsangelegenheit steht unter dem Schutze und der Fürsorge des Reiches.

Artikel II.
§ 137. Vor dem Gesetze gilt kein Unterschied der Stände. Der Adel als Stand ist aufgehoben.

Alle Standesvorrechte sind abgeschafft.

Die Deutschen sind vor dem Gesetze gleich.

Alle Titel, insoweit sie nicht mit einem Amte verbunden sind, sind aufgehoben und dürfen nie wieder eingeführt werden.

Kein Staatsangehöriger darf von einem auswärtigen Staate einen Orden annehmen.

Die öffentlichen Ämter sind für alle Befähigten gleich zugänglich.

Die Wehrpflicht ist für alle gleich; Stellvertretung bei derselben findet nicht statt.

Artikel III.
§ 138. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.

Die Verhaftung einer Person soll, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblicke der Verhaftung oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Verhafteten zugestellt werden.

Die Polizeibehörde muß jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder freilassen oder der richterlichen Behörde übergeben.

Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen.

Im Falle einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft ist der Schuldige und nöthigenfalls der Staat dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet.

Die für das Heer- und Seewesen erforderlichen Modifikationen dieser Bestimmungen werden besonderen Gesetzen vorbehalten.

§ 139. Die Todesstrafe, ausgenommen wo das Kriegsrecht sie vorschreibt, oder das Seerecht im Fall von Meutereien sie zuläßt, so wie die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und der körperlichen Züchtigung, sind abgeschafft.

§ 140. Die Wohnung ist unverletzlich.

Eine Haussuchung ist nur zulässig:
1. an Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll,
2. im Falle der Verfolgung auf frischer That, durch den gesetzlich berechtigten Beamten,
3. in den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz ausnahmsweise bestimmten Beamten auch ohne richterlichen Befehl dieselbe gestattet.

Die Haussuchung muß, wenn thunlich, mit Zuziehung von Hausgenossen erfolgen.

Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hindemniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten.

§ 141. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf, außer bei einer Verhaftung oder Haussuchung, nur in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls vorgenommen werden, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll.

§ 142. Das Briefgeheimniß ist gewährleistet.

Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen.

Artikel IV.
§ 143. Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern.

Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maaßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen. Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden.

Über Preßvergehen, welche von Amts wegen verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt.

Ein Preßgesetz wird vom Reiche erlassen werden.

Artikel V.
§ 144. Jeder Deutsche hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit.

Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.

§ 145. Jeder Deutsche ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Übung seiner Religion.

Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen.

§ 146. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch thun.

§ 147. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.

Keine Religionsgesellschaft genießt vor andern Vorrechte durch den Staat; es besteht fernerhin keine Staatskirche.

Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden; einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht.

§ 148. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden.

§ 149. Die Formel des Eides soll künftig lauten: „So wahr mir Gott helfe“.

§ 150. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Civilactes abhängig; die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung des Civilactes stattfinden.

Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß.

§ 151. Die Standesbücher werden von den bürgerlichen Behörden geführt.

Artikel VI.
§ 152. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.

§ 153. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staates, und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.

§ 154. Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Deutschen frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat.

Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung.

§ 155. Für die Bildung der deutschen Jugend soll durch öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden.

Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist.

§ 156. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener.

Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden aus der Zahl der Geprüften die Lehrer der Volksschulen an.

§ 157. Für den Unterricht in Volksschulen und niederen Gewerbeschulen wird kein Schulgeld bezahlt.

Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewahrt werden.

§ 158. Es steht einem jeden frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will.

Artikel VII.
§ 159. Jeder Deutsche hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich an die Behörden, an die Volksvertretungen und an den Reichstag zu wenden.

Dieses Recht kann sowohl von Einzelnen als von Corporationen und von Mehreren im Vereine ausgeübt werden; beim Heer und der Kriegsflotte jedoch nur in der Weise, wie es die Disciplinarvorschriften bestimmen.

§ 160. Eine vorgängige Genehmigung der Behörden ist nicht nothwendig, um öffentliche Beamte wegen ihrer amtlichen Handlungen gerichtlich zu verfolgen.

Artikel VIII.
§ 161. Die Deutschen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besonderen Erlaubniß dazu bedarf es nicht.

Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden.

§ 162. Die Deutschen haben das Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maaßregel beschränkt werden.

§ 163. Die in den §§ 161 und 162 enthaltenen Bestimmungen finden auf das Heer und die Kriegsflotte Anwendung, insoweit die militärischen Disciplinarvorschriften nicht entgegenstehen.

Artikel IX.
§ 164. Das Eigenthum ist unverletzlich.

Eine Enteignung kann nur aus Rücksichten des gemeinen Besten, nur auf Grund eines Gesetzes und gegen gerechte Entschädigung vorgenommen werden.

Das geistige Eigenthum soll durch die Reichsgesetzgebung geschützt werden.

§ 165. Jeder Grundeigenthümer kann seinen Grundbesitz unter Lebenden und von Todes wegen ganz oder theilweise veräußern. Den Einzelstaaten bleibt überlassen, die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Übergangsgesetze zu vermitteln.

Für die todte Hand sind Beschränkungen des Rechts, Liegenschaften zu erwerben und über sie zu verfügen, im Wege der Gesetzgebung aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig.

§ 166. Jeder Unterthänigkeits- und Hörigkeitsverband hört für immer auf.

§ 167. Ohne Entschädigung sind aufgehoben:
1. Die Patrimonialgerichtsbarkeit und die grundherrliche Polizei, sammt den aus diesen Rechten fließenden Befugnissen, Exemtionen und Abgaben.
2. Die aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande fließenden persönlichen Abgaben und Leistungen.

Mit diesen Rechten fallen auch die Gegenleistungen und Lasten weg, welche dem bisher Berechtigten dafür oblagen.

§ 168. Alle auf Grund und Boden haftenden Abgaben und Leistungen, insbesondere die Zehnten, sind ablösbar: ob nur auf Antrag des Belasteten oder auch des Berechtigten, und in welcher Weise, bleibt der Gesetzgebung der einzelnen Staaten überlassen.

Es soll fortan kein Grundstück mit einer unablösbaren Abgabe oder Leistung belastet werden.

§ 169. Im Grundeigenthum liegt die Berechtigung zur Jagd auf eignem Grund und Boden.

Die Jagdgerechtigkeit auf fremden Grund und Boden, Jagddienste, Jagdfrohnden und andere Leistungen für Jagdzwecke sind ohne Entschädigung aufgehoben.

Nur ablösbar jedoch ist die Jagdgerechtigkeit, welche erweislich durch einen lästigen mit dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks abgeschlossenen Vertrag erworben ist; über die Art und Weise der Ablösung haben die Landesgesetzgebungen das Weitere zu bestimmen.

Die Ausübung des Jagdrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls zu ordnen, bleibt der Landesgesetzgebung vorbehalten.

Die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden darf in Zukunft nicht wieder als Grundgerechtigkeit bestellt werden.

§ 170. Die Familienfideicommisse sind aufzuheben. Die Art und Bedingungen der Aufhebung bestimmt die Gesetzgebung der einzelnen Staaten.

Über die Familienfideicommisse der regierenden fürstlichen Häuser bleiben die Bestimmungen den Landesgesetzgebungen vorbehalten.

§ 171. Aller Lehensverband ist aufzuheben. Das Nähere über die Art und Weise der Ausführung haben die Gesetzgebungen der Einzelstaaten anzuordnen.

§ 172. Die Strafe der Vermögenseinziehung soll nicht stattfinden.

§ 173. Die Besteuerung soll so geordnet werden, daß die Bevorzugung einzelner Stände und Güter in Staat und Gemeinde aufhört.

Artikel X.
§ 174. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen.

§ 175. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Cabinets und Ministerialjustiz ist unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden.

§ 176. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben. Die Militärgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militär-Disciplinarvergehen beschränkt, vorbehaltlich der Bestimmungen für den Kriegsstand.

§ 177. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amt entfernt, oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden.

Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen.

Kein Richter darf wider seinen Willen, ausser durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden.

§ 178. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein. Ausnahmen von der Öffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz.

§ 179. In Strafsachen gilt der Anklageprozeß.

Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen.

§ 180. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.

§ 181. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig seyn.

Über Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof.

§ 182. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte.

Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.

§ 183. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar.

Ein Reichsgesetz wird das Nähere bestimmen.

Artikel XI.
§ 184. Jede Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung:
a) die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter;
b) die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei, unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staates;
c) die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes;
d) Öffentlichkeit der Verhandlungen als Regel.

§ 185. Jedes Grundstück soll einem Gemeindeverbande angehören. Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien bleiben der Landesgesetzgebung vorbehalten.

Artikel XII.
§ 186. Jeder deutsche Staat soll eine Verfassung mit Volksvertretung haben. Die Minister sind der Volksvertretung verantwortlich.

§ 187. Die Volksvertretung hat eine entscheidende Stimme bei der Gesetzgebung, bei der Besteuerung, bei der Ordnung des Staatshaushaltes; auch hat sie -wo zwei Kammern vorhanden sind, jede Kammer für sich – das Recht des Gesetzvorschlags, der Beschwerde, der Adresse, so wie der Anklage der Minister.

Die Sitzungen der Landtage sind in der Regel öffentlich.

Artikel XIII.
§ 188. Den nicht deutsch redenden Volksstämmen Deutschlands ist ihre volksthümliche Entwickelung gewährleistet, namentlich die Gleichberechtigung ihrer Sprachen, soweit deren Gebiete reichen, in dem Kirchenwesen, dem Unterrichte, der inneren Verwaltung und der Rechtspflege.

Artikel XIV.
§ 189. Jeder deutsche Staatsbürger in der Fremde steht unter dem Schutze des Reichs.

Abschnitt VII. Die Gewähr der Verfassung
Artikel I.

§ 190. Bei jedem Regierungswechsel tritt der Reichstag, falls er nicht schon sammelt ist, ohne Berufung zusammen, in der Art, wie er das letzte Mal zusammengesetzt war. Der Kaiser, welcher die Regierung antritt, leistet vor den zu einer Sitzung vereinigten beiden Häusern des Reichstages einen Eid auf die Reichsverfassung.

Der Eid lautet: „Ich schwöre, das Reich und die Rechte des deutschen Volkes zu schirmen, die Reichsverfassung aufrecht zu erhalten und sie gewissenhaft zu vollziehen. So wahr mir Gott helfe“.

Erst nach geleistetem Eide ist der Kaiser berechtigt, Regierungshandlungen vorzunehmen.

§ 191. Die Reichsbeamten haben beim Antritt ihres Amtes einen Eid auf die Reichsverfassung zu leisten. Das Nähere bestimmt die Dienstpragmatik des Reiches.

§ 192. Über die Verantwortlichkeit der Reichsminister soll ein Reichsgesetz erlassen werden.

§ 193. Die Verpflichtung auf die Reichsverfassung wird in den Einzelstaaten mit der Verpflichtung auf die Landesverfassung verbunden und dieser vorangesetzt.

Artikel II.
§ 194. Keine Bestimmung in der Verfassung oder in den Gesetzen eines Einzelstaates darf mit der Reichsverfassung in Widerspruch stehen.

§ 195. Eine Änderung der Regierungsform in einem Einzelstaate kann nur mit Zustimmung der Reichsgewalt erfolgen. Diese Zustimmung muß in den für Änderungen der Reichsverfassung vorgeschriebenen Formen gegeben werden.

Artikel III.
§ 196. Abänderungen in der Reichsverfassung können nur durch einen Beschluß beider Häuser und mit Zustimmung des Reichsoberhauptes erfolgen.

Zu einem solchen Beschluß bedarf es in jedem der beiden Häuser:
1. der Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der Mitglieder;
2. zweier Abstimmungen, zwischen welchen ein Zeitraum von wenigstens acht Tagen liegen muß;
3. einer Stimmenmehrheit von wenigstens zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder bei jeder der beiden Abstimmungen.

Der Zustimmung des Reichsoberhaupts bedarf es nicht, wenn in drei sich unmittelbar folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Reichstagsbeschluß unverändert gefaßt worden. Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt.

Artikel IV.
§ 197. Im Falle des Kriegs oder Aufruhrs können die Bestimmungen der Grundrechte über Verhaftung, Haussuchung und Versammlungsrecht von der Reichsregierung oder der Regierung eines Einzelstaates für einzelne Bezirke zeitweise ausser Kraft gesetzt werden; jedoch nur unter folgenden Bedingungen:
1. die Verfügung muß in jedem einzelnen Falle von dem Gesammtministerium des Reiches oder Einzelstaates ausgehen:
2. das Ministerium des Reiches hat die Zustimmung des Reichstages, das Ministerium des Einzelstaates die des Landtages, wenn dieselben zur Zeit versammelt sind, sofort einzuholen. Wenn dieselben nicht versammelt sind, so darf die Verfügung nicht länger als 14 Tage dauern, ohne daß dieselben zusammenberufen und die getroffenen Maaßregeln zu ihrer Genehmigung vorgelegt werden.

Weitere Bestimmungen bleiben einem Reichsgesetz vorbehalten.

Für die Verkündigung des Belagerungszustandes in Festungen bleiben die bestehenden gesetzlichen Vorschriften in Kraft.

Zur Beurkundung:

Frankfurt a. M., den 28. März 1849.

Martin Eduard Simson von Königsberg in Preußen, d. Z. Präsident der verfassunggebenden Reichsversammlung.
Carl Kirchgeßner aus Würzburg, d. Z. II. Stellvertreter des Vorsitzenden, Abgeordneter des Wahlbezirkes Weiler in Bayern.
Friedrich Siegm. Jucho aus Frankfurt a. M., I. Schriftführer.
Carl August Fetzer aus Stuttgart, Schriftführer.
Dr. Anton Riehl aus Wien, Abgeordneter für Zwettl, Schriftführer.
Carl Biedermann aus Leipzig. Abgeordneter für den XI. sächsischen Wahlbezirk,  Schriftführer.
Gustav Robert v. Maltzahn aus Cüstrin, Abgeordneter für den Wahlkreis Königsberg i. d. N., Schriftführer.
Max Neumayr aus München, Abgeordneter für den X. oberbayerischen Wahlbezirk, Schriftführer.

Es folgen die weiteren Namen aller Abgeordneten der Versammlung

10 Fakten zum 26. Oktober

  1. Österreich feiert heute seinen Nationalfeiertag. Anlass ist der 1955 erfolgte Beschluss des Bundesgesetzes über die immerwährende Neutralität.
    Nauru feiert heute den Angam Day: Die Bevölkerung des kleinen Inselstaats sollte nie unter 1.500 fallen, was jedoch zwei mal passierte. Das Kind, das dann als 1.500. geboren wird, wird als Angam-Baby (Freude, Jubel) gefeiert. Der heutige Tag soll an diese beiden Ereignisse erinnern.
    Dimitri hat heute Namenstag.
  2. 1861 führt Philipp Reis das von ihm entwickelte „Telephon“ vor zahlreichen Mitgliedern des Physikalischen Vereins in Frankfurt erstmals öffentlich vor. Er spricht den berühmten Satz: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“.
  3. Im Jahr 1881 kommt es in Tombstone (Arizona) zur wohl berühmtesten Schießerei in der Geschichte des Wilden Westens. Auf der einen Seite stehen Virgil, Morgan, Wyatt Earp sowie Doc Holliday und auf der einen Seite die Clanton/McLaury-Familie.
  4. In München wird 1946 die Verfassung des Freistaats Bayern mit 136:14 Stimmen durch die Landesversammlung angenommen und unterzeichnet.
  5. Theodor Blank wird 1950 zum „Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“ ernannt. Aus dem „Amt Blank“, auch „Behörde Blank“ genannt, entsteht später das Verteidigungsministerium.
  6. Die „Spiegel Affäre“ beginnt 1962 mit der Durchsuchung der Redaktionsräume des Nachrichtenmagazins wegen des Verdachts des Landesverrats, nachdem am 10. Oktober ein Artikel über die Bundeswehr erschienen war.
  7. In den USA kommt 1984 Terminator von James Cameron in die Kinos. Der mit recht kleinem Budget gedrehte B-Movie mit Arnold Schwarzenegger und Linda Hamilton in den Hauptrollen ist heute Kult.
  8. Russische Elitetruppen beenden 2002 die am 23. Oktober durch tschetschenische Terroristen begonnene Geiselnahme im Dubrowka Theater. Neben den Geiselnehmern sterben 119 Geiseln.
  9. Mohammad Reza Pahlavi kommt 1919 auf die Welt.
  10. Hillary Rodham Clinton wird 1947 geboren.

Hier sind weitere Infos rund um den 26. Oktober.

10 Fakten zum 8. Oktober

  1. Kroatien feiert heute seinen Unabhängigkeitstag. Die Unabhängigkeit vom Rest Jugoslawiens wurde 1991 vom kroatischen Parlament einseitig erklärt.
    Demetria und Annuschka haben heute Namenstag.
  2. Im Jahre bekommt 1600 San Marino an diesem Tag seine erste Verfassung, die bis heute nahezu unverändert gilt. San Marino wird dadurch eine der ersten und noch bestehenden ältesten Republiken der Welt.
  3. Ein weiteres Highlight der Demokratiegeschichte auf diesem Planeten: 1814 wählen die Norweger ihr erstes Parlament, das Storting.
  4. Otto von Bismarck wird 1861 preußischer Außenminister.
  5. In Trabzon (Osmanisches Reich) wird 1895 von der dort ansässigen muslimischen Bevölkerung ein Massaker an den Armeniern verübt, das mehrere hundert Tote fordert.
  6. In Stockholm verpflanzt der Arzt Åke Senning 1958 den ersten Herzschrittmacher (Bild) der Medizingeschichte.
  7. Ernesto Che Guevara wird 1967 nach einer Schießerei bei La Higuera von der bolivianischen Armee festgenommen.
  8. Im Jahr 2000 wird Michael Schumacher Formel 1 Weltmeister. Es ist der erste Weltmeister im Ferrari seit 21 Jahren.
  9. Der amerikanische Bürgerrechtler Jesse Jackson kommt 1941 auf die Welt.
  10. Der österreichische Künstler Gottfried Helnwein wird 1948 geboren.

Bild: Von Professor Marko Turina, University Hospital, Zurich – Professor Marko Turina, University Hospital, Zurich, CC BY 3.0, Link

10 Fakten zum 7. Oktober

  1. Die katholische Kirche feiert heute das Rosenkranzfest (Gedenktag der allerseligsten Jungfrau Maria vom Rosenkranz), das an den heutigen Sieg der Heiligen Liga über die osmanische Mittelmeerflotte bei der Seeschlacht von Lepanto im Jahr 1571 erinnert. Ursprünglich hieß der Festtag „Unserer Lieben Frau vom Sieg“.
    Der internationale Gewerkschaftsbund hat den heutigen Tag zum „Tag für menschenwürdige Arbeit“ ausgerufen. Außerdem ist Tag des Morgenmuffels, zu dem wir hier 10 Tipps haben.
    Justine und Markus feiern heute Namenstag.
  2. Die Markusflut 1756 fordert im Mündungsbereich der Elbe mindestens 600 Tote.
  3. Nach dem traditionelle Rosenkranzfest (s.o.) im Wiener Stephansdom protestieren 1938 mehrere tausend Jugendliche gegen den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland. Die -Demonstration wird von Polizei und Gestapo aufgelöst und viele Teilnehmer kommen in Haft.
  4. Im Jahre 1949 wird die „DDR“ durch die Verabschiedung ihrer provisorischen Verfassung gegründet. Bis 1989 wird der heutige 7. Oktober dort daher als „Tag der Republik“ gefeiert. Außerdem erlässt die „DDR“ an diesem Datum mehrmals umfangreiche Änderungen ihrer Verfassung, z.B. die Aufgabe des Ziels der Wiedervereinigung (1974) und die Einführung einer föderalen Struktur (1977).
  5. Im Jahr 1959 fertigt die sowjetische Lunik 3 Sonde erstmals Fotos von der Mondrückseite an.
  6. Die ersten „Grünen“ ziehen 1979 in ein Landesparlament ein: sie sind mit vier Abgeordneten in der Bremischen Bürgerschaft vertreten.
  7. Aus Anlass des 40. Jahrestages der DDR (s.o.) findet 1989 eine Ehrenparade der NVA und der Grenztruppen der DDR statt. Gleichzeitig kommt es an mehreren Plätzen in Berlin zu Protesten, während derer rund 1.200 Teilnehmer verhaftet werden. Auch in anderen Städten der DDR finden Demonstrationen statt, die teilweise gewaltsam aufgelöst werden. So findet in Plauen die erste Sonnabenddemonstration mit ca. 20.000 Teilnehmern statt – es ist die erste große Protestveranstaltung in der DDR seit 1953, die nicht von den Sicherheitskräften aufgelöst werden kann. Und in Schwante (Kreis Oranienburg) wird an diesem Tag im evangelischen Gemeindehaus die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP) gegründet.
  8. Im Jahre 2001 beginnt die Operation „Enduring Freedom“ der USA und ihrer Verbündeter mit dem Kampf gegen die Taliban in Afghanistan. Sie ist Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001, die von Afghanistan aus geplant wurden.
  9. Niels Bohr kommt 1885 auf die Welt.
  10. Heinrich Himmler wird 1900 geboren.

10 Fakten zum 17. September

  1. Angola feiert heute seinen Staatsfeiertag, den Tag der Nationalhelden. Sofia (Bulgarien) begeht heute seinen Stadtfeiertag und in Deutschland ist Tag der Patientensicherheit.
    Ariane, Hildegard, Lambert und Robert haben heute Namenstag.
  2. Die Verfassung der USA wird 1787 von der Philadelphia Convention verabschiedet.
  3. Beim Absturz des zweisitzigen Flugzeugs Flyer A mit dem Piloten Orville Wright kommt 1908 der Passagier Thomas E. Selfridge ums Leben. Selfridge ist damit das erste Todesopfer bei einem Flugzeugunglück.
  4. Das erste Radioteleskop Deutschlands, der „Astropeiler Stockert“ bei Bad Münstereifel in der Eifel,  wird 1956 eingeweiht.
  5. 1966 wird im Deutschen Fernsehen die erste Folge von Raumschiff Orion ausgestrahlt.
  6. Die NASA stellt die Raumfähre Enterprise 1976 der Öffentlichkeit vor. Eigentlich sollte sie anlässlich des heutigen Verfassungstags Constitution heißen, doch haben vorher 10.000e Star Trek Fans für den Namen Enterprise plädiert. Bei der Vorstellung ist dann auch Star-Trek Erfinder Gene Roddenberry dabei und es wird die Titelmusik von StarTrek gespielt. Dieses Modell des Space Shuttle wird nie ins All fliegen sondern dient nur Testzwecken für den Flug innerhalb der Erdatmosphäre.
  7. Die SPD/FDP Koalition endet 1982 wegen Streitigkeiten über den Bundeshaushalt, die FDP Minister verlassen das Kabinett; unter ihnen ist Hans-Dietrich Genscher. Es gibt zunächst eine Minderheitsregierung der SPD.
  8. Linus Torvalds veröffentlicht 1991 die erste Version von Linux (0.01) auf einem öffentlichen FTP Server.
  9. Robert Emil Weichselbaum, später bekannt als Robert Lembke, wird 1913 geboren.
  10. Ein guter Tag für Astronauten: Im Jahr 1930 kommen Tom Stafford und Edgar Mitchell auf die Welt. Beide werden Astronauten der NASA. Mitchell wird der sechste Mensch auf der Mondoberfläche. Und Pamela Melroy kommt 1961 auf die Welt. Sie wird Astronautin und Pilotin und Kommandantin von Space Shuttle Missionen.

10 Fakten zum 30. Mai

  1. Ferdinand, Jennifer und Johanna haben heute Namenstag.
  2. Jeanne d’Arc wird 1431 auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
  3. Das Hambacher Fest endet 1832 auf dem Hambacher Schloss.
  4. 1949 nimmt der „Deutsche Volkskongress“ die „Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik“ an, die aber erst zum 7. Oktober 1949 in Kraft tritt.
  5. Die Notstandsgesetze werden 1968 verabschiedet, die maßgebliche Änderungen des Grundgesetzes umfassen. Sie führen den gemeinsamen Ausschuss aus Bundestag und Bundesrat im Verteidigungsfall ein, ermöglichen unter bestimmten Voraussetzungen die weitergehende Einschränkung von Postgeheimnis, Fernmeldegeheimnis und Freizügigkeit und erlauben den Einsatz der Bundeswehr im Inland bei Katastrophen und massiven Unruhen. Auf der anderen Seite wird die Verfassungsbeschwerde, die vorher nur einfachrechtlich normiert war, ins Grundgesetz aufgenommen und ein Widerstandrecht gegen einen „Staatsstreich von Oben“ verfassungsrechtlich verankert – Art. 20 Abs. 4 GG. Sie wurden – siehe Bild – vorher stark bekämpft.
  6. 1975 wird die ESA, die Europäische Weltraumorganisation, gegründet.
  7. Die Allianz-Arena, das Münchener Fußball-Stadion, wird 2005 offiziell eröffnet.
  8. Ebenfalls 2005 benennt die CDU Angela Merkel als Kanzlerkandidatin, hier die entsprechende Karikatur aus unserer Merkel-Serie.
  9. Karl Wilhelm Feuerbach kommt 1800 auf die Welt.
  10. Carl Peter Fabergé wird 1846 geboren. Seine Eier sind noch heute berühmt.

Mehr rund um den 30. Mai finden Sie hier.

10 Fakten zum 27. Februar

  1. Die Dominikanische Republik feiert heute ihren Unabhängigkeitstag.
    Und die Demokratische Arabische Republik Westsahara feiert heute ihre Ausrufung im Jahr 1976. Der Staat wird allerdings nur von wenigen Ländern anerkannt, große Teile des Staatsgebietes werden von Marokko beansprucht.
    Leander und Marko haben heute Namenstag.
  2. 11 Fußballspieler trennen sich im Jahre 1900 im Streit vom MTV München 1879 und gründen im Restaurant „Gisela“ in Schwabing den FC Bayern München.
  3. Am 27. Februar 1925 wird im Münchner Bürgerbräukeller die NSDAP neu gegründet und Adolf Hitler hat seinen ersten öffentlichen Auftritt nach der Festungshaft, zu der er wegen des Putschversuchs 1923 verurteilt wurde.
  4. Das Reichstagsgebäude in Berlin brennt 1933 nieder. Die Hintergründe des Brandes sind bis heute ungeklärt. Den Anlass und die anschließende Hysterie nutzen die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler, um gegen politische Gegner, insbesondere Kommunisten, vorzugehen und ihre Macht zu konsolidieren.
  5. Die letzten offen lebenden Berliner Juden werden 1943 verhaftet und deportiert, über 7.000 davon kommen direkt in das KZ Auschwitz-Birkenau.
  6. 1951 tritt in den USA tritt der 22. Zusatzartikel zur Verfassung in Kraft. Die Amtszeit des Präsidenten wird darin auf höchstens zwei Amtsperioden begrenzt.
  7. Schah Mohammad Reza Pahlavi führt 1963 im Rahmen der „Weißen Revolution“ das Wahlrecht für Frauen im Iran ein.
  8. Drei Tage vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus entführt am heutigen Tag im Jahr 1975 ein Kommando der „Bewegung 2. Juni“ den Spitzenkandidaten der CDU, Peter Lorenz.
  9. Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, wird 1861 geboren.
  10. Alfred Hrdlicka kommt 1928 auf die Welt.

Hier sind mehr Infos rund um den 27. Februar.

10 Tipps, was man selbst für mehr Demokratie tun kann

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Am 15. September ist der internationale Tag der Demokratie. Dieser Aktionstag wurde 2007 von der UN Vollversammlung eingeführt und hat das Ziel, die Entwicklung vom Demokratien zu fördern und die Grundsätze der Demokratie zu verteidigen.

Ein guter Anlass, sich einige Gedanken über die Lage der Demokratie in Deutschland zu machen. Mit dem Grundgesetz haben wir wahrscheinlich eine der besten Verfassungen der Welt, wie sich in den letzten Jahrzehnten bewiesen hat. Dennoch resignieren viele Bürger und nutzen ihre demokratischen Rechte nicht. Bei der Oberbürgermeisterwahl 2015 in Bonn sind nur rund 45% der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen. Statt nur gegen „die da oben“ zu wettern, sollte man aber selber aktiv Demokratie leben.

Und daher sind hier 10 Dinge, über die man nachdenken sollte – nicht nur heute!

  1. Informieren Sie sich! Urteilen und entscheiden kann nur, wer informiert ist. Lesen Sie nicht nur Zeitungen und Zeitschriften, sondern informieren Sie sich möglichst auch über Primärquellen. Hinterfragen Sie alle Einordnungen kritisch. Melden Sie sich bei twitter an, abonnieren Sie interessante Youtube Channels Lesen Sie komplizierte Sachverhalte nach. Wie wollen Sie sonst über Klimawandel, Migration, Corona, Ukraine, Euro, Gleichberechtigung, Energiewende, Bildungspolitik oder städtische Bauvorhaben mitreden und darüber abstimmen können?
  2. Kennen Sie die Standpunkte! Sie haben schon immer die CDU / SPD / FDP / Grüne… gewählt, selbst wenn diese einen Kartoffelsack aufgestellt haben? Lösen Sie sich von ideologischen Mustern und verkrusteten Strukturen. Lesen Sie nach, wofür „Ihre“ Abgeordneten wirklich stehen. Oder überprüfen Sie mit dem Wahl-O-Mat, mit welche Partei Sie inhaltlich wirklich übereinstimmen.
  3. Reden Sie mit ihrem Abgeordneten! Ihr Abgeordneter – egal ob im Rat, Land oder Bund – hat wahrscheinlich ein Problem. Er lebt in einer Filterblase und bekommt viele Probleme, Sorgen und auch positive Dinge gar nicht mit. Sagen Sie ihm also, was sie umtreibt und was Sie gut finden. Ob bei Bürgersprechstunden oder wenn Sie ihn auf der Straße treffen. Oder schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail. Übrigens können Sie sich bei der Gelegenheit auch ruhig für sein Engagement bedanken.
  4. Informieren Sie andere! Sie haben einen interessanten Artikel gefunden? Teilen Sie ihn in ihren sozialen Netzen. Und damit sind nicht nur twitter oder facebook gemeint – sie können anderen auch davon erzählen, einen Link per WhatsApp oder E-Mail weiterleiten oder die Zeitungsseite kopieren und weitergeben. Oder Sie fangen an, selbst zu bloggen oder bei einem Blog mitzuschreiben – hier sind Gastautoren übrigens willkommen.
  5. Gehen Sie wählen! Das Argument, meine Stimme zählt doch eh nicht. In Bonn haben 2015 nur 60 Stimmen darüber entschieden, wer Oberbürgermeister wird. Und wenn Ihnen keine der großen Parteien und keine der Protestparteien zusagt, machen Sie Ihren Stimmzettel ungültig. So zeigen Sie wenigstens, dass Ihnen die Demokratie so wichtig ist, dass Sie zum Wahllokal gehen.
  6. Treten Sie einer Partei bei! Sie schimpfen über die verkrusteten Strukturen in den Parteien? Dann ändern Sie das! Indem Sie Mitglied in einer Partei werden und frischen Wind in den Ortsverband bringen. Sie müssen ja nicht direkt eine Funktion übernehmen.
  7. Treten Sie an! Ja, richtig gelesen. Treten Sie zu Wahlen an. Ob kommunal, landespolitisch oder zum Bundestag… Ob im Rahmen einer Partei oder als unabhängiger Kandidat. Selbst wenn Sie als letzterer vielleicht keine Chance haben: Sie bringen Ihre Gedanken und Ideen in die öffentliche Diskussion ein.
  8. Wirken Sie mit! Politik findet nicht nur in den Parteien, Ratssitzungen und Parlamenten statt. Es gibt viele andere Bereiche, in denen Sie demokratisch mitwirken können. Sei es in der Schulpflegschaft, in der Kirchengemeinde, Bürgerinitiativen, Vereinen, Verbänden und wo gerade Not am Mann ist. Eine interessante Möglichkeit ist zudem, als Wahlhelfer aktiv zu sein.
  9. Bleiben Sie fair! Zur Demokratie gehört auch, dass man sich mit dem eigenen Standpunkt nicht immer durchsetzt und es Kompromisse und Niederlagen gibt. Kämpfen Sie für Ihre Ideen und Überzeugungen, aber nicht unter der Gürtellinie. Akzeptieren Sie, wenn sich die Mehrheit endgültig durchgesetzt hat. Akzeptieren Sie andere Meinungen!
  10. Motivieren Sie andere! Ein einzelner kann schon viel bewirken. Viele können noch viel mehr bewirken. Motivieren Sie andere, sich zu informieren und zu engagieren! Am besten jetzt sofort.

Mehr Listen mit 10 Tipps.

Ist das Grundgesetz eine Verfassung?

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Immer wieder wird aus den Kreisen der Reichsbürger behauptet, dass das Grundgesetz keine Verfassung sei, so z.B. auch von den Anhängern des Königreichs Deutschland.

Begründet wird dies mit verschiedenen Argumenten:

  • allein schon der Name Grundgesetz solle deutlich machen, dass es eben keine Verfassung sei
  • über eine Verfassung habe immer eine Volksabstimmung, ein Referendum aller Bürger etc. stattzufinden, was beim Grundgesetz nicht der Fall gewesen sei

Zum letztgenannten Punkt kann schnell erwidert werden, dass eine Volksabstimmung keine Voraussetzung für eine Verfassung ist und auch nicht der deutschen Verfassungstradition entspricht. So sind schon die Paulskirchenverfassung und die Weimarer Reichsverfassung durch Nationalversammlungen erarbeitet und verabschiedet worden – ohne Volksabstimmung. In dieser Tradition steht auch das Grundgesetz, das durch den Parlamentarischen Rat verabschiedet wurde, der sich aus gewählten Abgeordneten der westdeutschen Landesparlamente rekrutierte und im Bonner Museum König tagte. Auch wenn das Grundgesetz ursprünglich nicht von allen als Verfassung bezeichnet und gesehen werden sollte und wollte, hat es die Funktion einer Verfassung – das zentrale Rechtsdokument eines Staates zu sein – von Anfang an erfüllt.

Im Laufe der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich das Grundgesetz auch in der politischen,  juristischen und öffentlichen Sicht mehr und mehr weg vom Provisorium, das es ursprünglich – so wie Bonn als Hauptstadt – sein sollte

Spätestens seit der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 dürfte ausweislich der neuen Präambel und des neu gefassten Artikel 146 GG kein Zweifel mehr bestehen, dass das Grundgesetz die deutsche Verfassung ist – „das Deutsche Volk“ hat sich „kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“.

Zwar wurde in den Anfängen der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung des Grundgesetzes als Verfassung vermieden. Dadurch sollte in erster Linie nur der provisorische Charakter betont werden, da dieses Gesetz eben nicht für das gesamte deutsche Volk galt. Aber schon in der ursprünglichen Fassung der Präambel war von der „verfassungsgebenden Gewalt“ die Rede.

Übrigens kommt der Begriff Verfassung im Grundgesetz aktuell 67 mal vor, was weiter unterstreicht, dass sich das Grundgesetz an sich schon von Anfang an als Verfassung im engeren Sinne verstanden hat und verstanden wurde: „verfassungebenden Gewalt“ (s.o.), „verfassungsmäßige Ordnung“, „Verfassung“, „Bundesverfassungsgericht“, „verfassungswidrig“, „Verfassungsschutz“, „Verfassungsbeschwerde“, „Verfassungsstreitigkeiten“…

Weiter ist anzumerken, dass eine Verfassung nicht zwingend Verfassung genannt werden muss. So heißt z.B. die dänische Verfassung „Danmarks Riges Grundlov“ (Grundgesetz des Reichs Dänemark“), die ungarische Verfassung wird „Alaptörvénye“ (Grundgesetz) genannt und Teile des österreichischen Verfassungsrechts heißen auch Grundgesetz (Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger – StGG). Historische Bezeichnungen für Verfassungen sind u.a. Patent, Diplom, Konstitution oder auch Akte. Auch aus dem Namen allein lassen sich also keine Rückschlüsse auf den verfassungsrechtlichen Status ziehen.

Festzuhalten bleibt also, dass das Grundgesetz die gültige Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist.

Sie haben noch kein Grundgesetz im Schrank stehen? Gibt es hier bei Amazon.