Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zur Eröffnung des Biodiversitätskongresses der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 9. April 2008 in Berlin

„Verantwortung übernehmen – Schöpfung bewahren“

Sehr geehrter Herr Präsident Marc Ravalomanana,
sehr geehrter Herr Vizepräsident Calderón,
lieber Volker Kauder, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Bundestagsfraktion,
liebe Gäste, ganz besonders Herr Suckow,

ich möchte mich bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bei Herrn Christian Ruck und vielen anderen ganz herzlich dafür bedanken, dass heute dieser Kongress der Bundestagsfraktion im Vorfeld der Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität stattfindet, dass wir uns einem Thema widmen, das emotional unglaublich ansprechend ist, das aber in der medialen Welt, die für ein Problem meistens nur 30 Sekunden zur Verfügung hat, gar nicht so einfach zu vermitteln ist.

Klimaschutz hat immerhin einen Vorteil. Wenn man über Reduktion spricht, dann fragen alle Journalisten, ob man sich hierüber geeinigt oder nicht geeinigt hat, ob das Ziel eingehalten oder nicht eingehalten wird, und dann ist das Ergebnis gewissermaßen greifbar. Aber das Thema Biodiversität ist schwieriger zu fassen. Allerdings ist Biodiversität natürlich auch etwas, bei dem einem – mir jedenfalls und vielen anderen – das Herz aufgeht, wenn man in der Natur ist, wenn man weiß, wie die Gesundheit von uns Menschen, unsere Robustheit, unser Leben davon abhängen, dass wir von einer Vielzahl von Arten umgeben sind.

Die Klimaherausforderungen sind groß, aber unsere Biodiversität ist eben auch bedroht. Im Übrigen hängen beide Dinge wesentlich zusammen. Wir können heute sagen, dass der Mensch als Akteur bei der Beschädigung sowohl der klimatischen Grundlagen als auch der Biodiversität eine große Rolle spielt.

Ich habe neulich von einem achtjährigen Jungen Post bekommen. Das hat mich gerührt, weil sich dieser Junge zur Bürgersprechstunde eines Kollegen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgemacht hatte, um dort seinen Brief an mich zu übergeben und seine Sorge vorzubringen – über das, was er vom Aussterben von so vielen bedrohten Tierarten sieht und hört. Ich habe ihm dann auch geantwortet, weil mich die Sache deshalb bewegt hat, weil er nicht einfach nur resignativ in ein allgemeines Lamentieren ausgebrochen ist, sondern in seinem jungen Alter bereits überlegt hat, was man tun könnte.

Dass der Präsident von Madagaskar heute hier ist, dass der Vizepräsident aus Kolumbien heute hier ist, das sind natürlich Signale dafür, dass Biodiversität wie auch Klimaschutz Fragen sind, die wir niemals alleine bewältigen können. Wir finden unsere Natur zu Hause, jeder seine, natürlich sehr schön. Aber wir wissen natürlich auch, dass gerade Madagaskar ein Symbol für Artenvielfalt ist. Wir haben uns eben kurz darüber ausgetauscht. Sie, Herr Präsident, das will ich an dieser Stelle sagen, machen eine sehr mutige Politik, um den Reichtum von Madagaskar zu schützen, um das, was Ihr Land kennzeichnet, weiterzuentwickeln. Ihr Madagaskar-Action-Plan und vieles andere findet unsere Unterstützung. Danke, dass Sie hierher gekommen sind.

Wir werden im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit unseren Beitrag zur Wahrung der Artenvielfalt leisten. Wo immer Sie auf der Welt sind, wissen Sie, dass wir heute eine Weltordnung haben, in der nicht mehr danach getrennt wird, dass es die einen gibt, die entwickelt sind, und die anderen, die um etwas bitten müssen. Wir haben eine Welt der Gleichberechtigung, eine Welt, in der jeder seinen Beitrag leistet, eine Welt, die unglaublich zusammengewachsen ist und in der der eine ohne den anderen nicht leben kann. Der Gipfel der Europäischen Union und der Afrikanischen Union war ein solches Beispiel der gleichberechtigten Zusammenarbeit zu unserem jeweiligen Wohl.

Und deshalb wollen wir, dass Sie Ihre biologische Vielfalt erhalten – nicht nur für die Menschen in Ihrem Land, sondern auch für uns hier in Europa. Und das, was ich eben freundlich zu Madagaskar gesagt habe, das gilt natürlich auch für Kolumbien. Ich will hier niemanden ausschließen. Das ist selbstverständlich. Ich werde Ihr Land noch in diesem Jahr besuchen können. Das wird mir ein ganz besonderes Vergnügen sein.

Wie sieht die Realität aus? Jeden Tag sterben weltweit 150 Tier- und Pflanzenarten aus. In Deutschland sind prominente Beispiele dafür die Alpenfledermaus und der Elch. Nun kann man oft hören – ähnlich wie beim Klimawandel: Das hat es ja schon immer gegeben; und wenn wir uns die Dinosaurier anschauen, dann ist das ja auch so. Es ist zwar richtig, dass es Klimawandel, Artensterben und Evolution schon immer gegeben hat. Aber das Ausmaß, in dem das heute stattfindet, hat es bisher eben nicht gegeben. Einer Schätzung zufolge ist die weltweite Aussterberate hundert- bis tausendmal höher als der natürliche evolutionäre Artenverlust. Der Klimawandel ist auch um Größenordnungen schneller als der natürliche Klimawandel, den es natürlich auch immer gegeben hat.

Pikant und markant ist, dass Artenverlust unwiederbringlich ist und dass die Welt noch nie von so vielen Menschen bevölkert war. Das heißt, das, was Menschen bewirken, hat wiederum viel stärkere Rückwirkungen auf Menschen, weil Menschen heute fast alle Gebiete besiedelt haben, weil deshalb auch die Schäden viel größer sind und die Anpassungsfähigkeit viel mehr gefordert ist. Das heißt also, wir müssen alles daransetzen, dass wir Artenvielfalt erhalten.

Ein Beispiel will ich noch nennen. Es gibt zwei kultivierte Reisarten. Von der einen der beiden sind rund 100.000 verschiedene Sorten von Reis bekannt. Davon wird aber nur ein Bruchteil angebaut. In den 1970er Jahren hat ein Virus zahlreiche Ernten vernichtet und man war dann sehr froh darüber, dass die Vielfalt der Sorten noch existierte. Denn unter den Tausenden von untersuchten Reissorten wurde schließlich eine gefunden, die gegen dieses Virus resistent war. Diese Sorte konnte weitergezüchtet werden und damit waren Ernte und Ernährung wieder gesichert. Das ist eben etwas, was uns erst bewusst wird, wenn eine Schädigung eintritt, wenn eine Art nicht mehr weiter existiert. Deshalb ist Biodiversität nicht nur eine Frage des Herzens, des Gemüts, der Vielfalt, der Schönheit, ein Gut für sich, sondern Biodiversität ist eine echte ökonomische Größe, ein echter ökonomischer Faktor.

Wir haben ja in unseren entwickelten Industrieländern sehr viel mit Allergien zu tun. So wie die Anpassungsfähigkeit und die Robustheit der menschlichen Gesundheit leiden, wenn wir nicht von einer ausreichenden Artenvielfalt umgeben sind, so hat das auch für jeden persönlich ganz besondere Auswirkungen.

Fachleute gehen davon aus, dass es insgesamt etwa 15 Millionen Arten auf der Welt gibt. Es sind aber nur 1,8 Millionen Spezies beschrieben. Auch das ist interessant. Manchmal denkt man ja, es ist alles auf dieser Erde erkundet. Aber das ist nicht wahr. Und deshalb kennen wir die meisten Arten überhaupt noch nicht. Aber wir merken mit unseren Erforschungen nach und nach, welche Chancen uns die Artenvielfalt bietet und welche Impulse sich daraus auch für technologische Entwicklungen und die Medizin ergeben können.

Ich denke dabei etwa an das Fachgebiet der Bionik. Die Stabilität eines Schilfrohres auf künstlichem Wege zu erzeugen und nachzubauen, ist unendlich schwierig, obwohl das Schilfrohr mit Sicherheit nicht das komplizierteste biologische Gebilde ist. Da merken Sie erst, welche Hochachtung, welche Demut man eigentlich vor den Fähigkeiten der Natur haben muss, die sich evolutionär so wunderbar entwickelt hat.

Den Ameisen verdanken wir effiziente Methoden, nach denen Roboter zum Beispiel Hafenflächen nach Containern absuchen. Der Feuerkäfer zeigt uns, wie sich ein Brandherd auch noch auf eine Entfernung von über zehn Kilometern orten lässt. Die Pazifische Eibe hat uns das Bauschema für ein Mittel gegen Krebs gelehrt.

Die Natur ist also ein sagenhafter Lehrmeister. Aber sie stellt uns auch immer wieder Fragen. Kann der Mensch aus der Bauweise von Termitenhaufen auch Schlüsse für die Klimatisierung von Gebäuden ziehen? Welche der 240.000 Gefäßpflanzenarten sind noch medizinisch nutzbar? Wir nutzen heute nur 90 davon für die Medizin. Oder wie können Pflanzen Kohlendioxid mit Hilfe von Sonnenlicht in Sauerstoff verwandeln? Photosynthese ist im Übrigen wohl eine der spannendsten Vorgänge.

Man steht immer wieder verwundert davor, dass die Natur vieles locker meistert, womit sich der Mensch bis heute ziemlich schwer tut. Nun wollen wir zum Beispiel CO2 unter der Erde verwahren, aber irgendwie vermutet man, dass es trotzdem intelligentere Lösungen geben könnte, wenn man an die Photosynthese denkt. Als Naturwissenschaftlerin sage ich: Daran muss man noch weiter arbeiten. CO2 nur abzuspeichern, kann nicht die endgültige Lösung sein, auch wenn ich das als einen Zwischenschritt nicht in Frage stellen will, sonst heißt es gleich wieder, Merkel habe sich gegen CCS-Technologie ausgesprochen. Das möchte ich auf keinen Fall. Aber dieser Schritt ist nicht der Endpunkt menschlicher Intelligenz.

In der Natur steckt also Erfahrungswissen, das sich teils in Millionen von Jahren bewährt hat. Wir sind heute auf dieses Wissen angewiesen, und zwar deshalb, weil es Antworten auf die Frage bieten kann, ob wir eine menschliche Welt haben werden – eine Welt, in der die Weltbevölkerung ernährt werden kann, in der wir mit unserer Ressourcenknappheit so umgehen, dass wir uns nachhaltig entwickeln. Diese Frage hängt sowohl von unserem Umgang mit der Natur als auch vom Lernen von der Natur ab.

Die Natur lehrt uns, in Kreisläufen zu denken. Manche deutsche Gesetzgebung hat sich diesem Umstand gewidmet. Ich will nicht verhehlen, dass manches ganz schön kompliziert ausgefallen ist. Aber man kann ja auch noch Vereinfachungen vornehmen. Ich sehe hier Menschen sitzen, die sich sicherlich auch schon viele Stunden in ihrem Leben mit Verpackungsverordnung und Wirtschaftsgesetzen beschäftigt haben. Wir haben die nachhaltige Nutzung und die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft erlernt und wir wissen, wie wir durch vernünftige Bewirtschaftung letztendlich auch die Artenvielfalt erhalten können.

Wir haben in Deutschland natürlich das Problem der Knappheit an Fläche und der Besiedlung von Fläche. Wir haben mit der Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch vieles geschafft. Das, was wir bis jetzt nicht geschafft haben, ist eine Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Flächenverbrauch. Wenn wir Jahrzehnte vorausdenken, dann werden wir das als eines der größten Probleme für Deutschland erkennen. Wir müssen heute damit anfangen, das Problem anzugehen.

Wir wissen, dass sich die Frage des Überlebens, die Frage des Umgangs mit unseren natürlichen Ressourcen besonders in den so genannten Entwicklungsländern stellt. Dort befinden sich rund 80 Prozent des weltweiten Vorkommens der genetischen und biologischen Ressourcen. Wer weiß, mit welcher Härte zum Teil Wirtschaftsinteressen vertreten werden, in Ländern, die um ihren Reichtum überhaupt noch nicht ausreichend wissen, der weiß auch, warum wir verbindliche Abmachungen dringend brauchen, um den Ressourcenreichtum auch den Ländern zukommen zu lassen, von denen er stammt. Es ist selbstverständlich, dass man heute nicht einfach Erdöl wegschleppt, ohne zu bezahlen. Aber es ist etwa für manche pharmazeutische Firmen nicht selbstverständlich, Gen-Eigentum aus einem Land nicht wegzuschleppen und nicht zu versuchen, es ohne jede Kontrolle für sich zu nutzen.

Die Versorgung mit Trinkwasser, Nahrung, Medizin und Energie und die Erhaltung fruchtbarer Böden als Einkommensquelle hängen von der Frage des Umgangs mit den sich entwickelnden Ländern ab. Wir wissen, was Monokulturen und unnachhaltige Bewirtschaftung an Schäden verursachen. Und deshalb müssen wir auch bei all unseren Biostrategien immer aufpassen, dass diese nicht wieder eine neue einseitige Nutzung von Böden hervorrufen. Dieses Thema haben wir ja auch ganz besonders im Zusammenhang mit Biosprit zu diskutieren. Denn wenn wir auf der einen Seite glauben, etwas für die Umwelt zu tun, und auf der anderen Seite dabei die Biodiversität ruinieren, dann ist das natürlich keine besonders erfreuliche Tat. Aber mit Augenmaß können wir auch verschiedene Dinge zusammenbekommen.

Was können wir tun, um Artenvielfalt möglichst zu erhalten oder zumindest ihre Reduzierung einzudämmen? Was tun wir tatsächlich? Wir müssen über unsere Landesgrenzen hinausblicken. Das ist für Deutschland vollkommen klar. Deutschland verfügt im Bereich der Fauna nur etwas mehr als vier Prozent der weltweiten Artenvielfalt. Bezogen darauf sind wir also richtig arm. Schätzungen zufolge beherbergt allein der größte tropische Regenwald der Erde im Amazonasgebiet ein Fünftel des gesamten Artenbestandes. Da sieht man also, wie ungleich das auf der Welt verteilt ist. Es war gut, dass die Völkergemeinschaft in den 1990er Jahren erkannt hat, dass Artenschutz nur auf Basis internationaler Vereinbarungen funktionieren kann.

1992 wurde in Rio de Janeiro neben der Klimaschutzrahmenkonvention auch die Konvention über biologische Vielfalt verabschiedet – sicherlich ein Meilenstein in der Kooperation. Deutschland hat das sehr vorangetrieben. Bundeskanzler Helmut Kohl und unser damaliger Umweltminister Klaus Töpfer haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Schlussverhandlungen in Rio erfolgreich waren. Manchmal denke ich mir, dass wir von dieser Sternstunde der Verbindlichkeit auch heute noch zehren. Wenn ich sehe, wie schwierig es ist, ein Nach-Kyoto-Abkommen zu entwickeln, und fast noch schwieriger, im Bereich der Biodiversität wirklich mit nachprüfbaren Schritten voranzukommen, dann war das schon eine ziemlich gute Sache.

Auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im Jahr 2002 haben die Staats- und Regierungschefs vereinbart, bis zum Jahr 2010 die gegenwärtige Verlustrate an biologischer Vielfalt signifikant zu reduzieren. Sie haben sich sicherheitshalber nicht auf eine Zahl festgelegt. Das Jahr 2008 ist nun schon da und ich vermute, angesichts der Zahlen zum Artensterben könnten wir uns zwar noch über die Auslegung des Begriffs „signifikant“ streiten. Aber es lohnt sich, sich anzustrengen, um ambitionierten Zielen wirklich näher zu kommen.

Wir haben in unserem Land eine Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt beschlossen. Diese Strategie enthält auch den deutschen Beitrag für die Erhaltung der biologischen Vielfalt weltweit. Wir haben unsere Initiativen langfristig ausgerichtet. Wir müssen das tun – sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Biodiversität. Aber man darf trotzdem keine Zeit verlieren. Wenn unsere Nationale Strategie auf das Jahr 2015 ausgerichtet ist, dann heißt das nicht, dass wir 2008 noch zwei Jahre lang die Hände in den Schoß legen können.

Diese Strategie umfasst 330 Ziele und 430 Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. Ich denke, dass wir auch einige sehr interessante, spannende Pilotprogramme außerhalb unserer Landesgrenzen haben, zum Beispiel zur Bewahrung des tropischen Regenwalds in Brasilien. Deutschland hat zum sehr hohen Finanzvolumen von bisher 400 Millionen US-Dollar mehr als 50 Prozent aufgebracht. Das sind ganz konkrete Beiträge. Und ich denke, das Thema Wald wird auch im Blick auf die jetzt in Deutschland stattfindende Konferenz eine zentrale Rolle spielen.

Auch insgesamt betrachtet müssen wir lernen, breite Allianzen zu schmieden – zwischen Landesregierungen, Partnern der Entwicklungshilfe, Regierungsorganisationen, Wissenschaft, Unternehmen, Banken und der jeweiligen betreffenden Bevölkerung vor Ort. Wir haben ja auch in Deutschland zum Teil erlebt, wie Naturschutz gegen die Menschen nur sehr schwer oder gar nicht durchgesetzt werden kann.

Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit stehen die Ausweisung von Naturschutzgebieten, eine nachhaltige Nutzung von Naturwäldern und, was den tropischen Regenwald anbelangt, natürlich auch der Schutz von Gebieten mit indigener Bevölkerung. Seit Bestehen des erwähnten Pilotprogramms hat die brasilianische Regierung aktiv daran mitgearbeitet. Das zeigt sich an der Ausweisung von 90 Wald- und Indianerschutzgebieten, die jetzt immerhin 12 Prozent des Amazonasgebietes abdecken. Die Bereitschaft zur nachhaltigen Nutzung des Regenwaldes ist stark gewachsen. Die Holzproduktion erfolgt immer häufiger im Rahmen der ökologischen Zertifizierung. Es gibt also ein paar Fortschritte.

Ich will an dieser Stelle auch das Projekt „Biota“ in Afrika erwähnen. Davon habe ich mir im letzten Jahr in Südafrika selber ein Bild machen können. Wenn man dort sieht, wie heute schon Klimawandel und Artenauslöschung Hand in Hand gehen, dann ist das unglaublich beeindruckend, aber auch deprimierend. „Biota“ ist ein Projekt, das afrikanische und deutsche Wissenschaftler gemeinsam ins Leben gerufen haben. Das ist eine Art von Kooperation, die wir brauchen. Da wird nicht von einer Seite vorgeschrieben, was zu tun ist, sondern es geht um eine kameradschaftliche Kooperation auf gleicher Augenhöhe. Natürlich sollte es gelingen, dass die Bevölkerung nach solchen Projekten ihr eigenes nachhaltiges Management ihrer Ressourcen praktizieren kann.

Nun freuen wir uns, im Monat Mai die 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in Bonn stattfinden lassen zu können. Wir sind froh darüber, dass wir seit 1990 Bonn zu einem UN-Zentrum entwickelt haben, in dem Umweltschutz, Ressourcenschutz und Entwicklungshilfe eine zentrale Rolle spielen. Wir werden natürlich versuchen, diese Biodiversitätskonferenz auch zu nutzen, um ambitionierte Ziele nach vorne zu bringen. Ich habe heute Vormittag mit dem Bundesumweltminister darüber gesprochen, ihm Unterstützung im Rahmen der Möglichkeiten zugesagt und ihn auf den Verhandlungsweg mit dem Finanzminister geschickt, um gerade die Frage des Waldschutzes noch einmal in besonderer Weise zu thematisieren.

Wir brauchen als Deutschland nicht in Sack und Asche zu gehen, was unserer Rolle im internationalen Bereich anbelangt. Wir tun vieles. Man könnte immer noch mehr tun, aber das, was wir tun, tun wir im Übrigen auch ausgesprochen gerne. Ich glaube, dass wir uns anstrengen müssen. So, wie wir voriges Jahr unter dem Eindruck des G8-Gipfels sehr viel für die Milleniums-Entwicklungsziele, im Bereich der Gesundheit und der Bekämpfung von Krankheiten tun konnten, so hoffe ich, dass wir auch bei der Vertragsstaatenkonferenz ein paar ambitionierte Programme hinbekommen werden, die wir brauchen, um die ärmsten Länder der Welt zu unterstützen und auch um wichtige Forschungsarbeit zu leisten.

Die internationale Staatengemeinschaft hat das Ziel genannt, bis 2010 die Verlustrate an biologischer Vielfalt signifikant zu reduzieren. Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Deshalb muss von Bonn ein Signal des Aufbruchs ausgehen. Und deshalb bitte ich Sie alle, die sie hier in diesem Saal sind, in der Ihnen eigenen Art höflich, aber bestimmt darauf aufmerksam zu machen, dass unsere Natur Unterstützung braucht.

Auch wenn es etwas pathetisch klingt, kann ich, wie etwa auch Helmut Kohl auf der Klimaschutzkonferenz in Berlin, nur immer wieder sagen, dass es unsere Mutter Erde nur einmal für uns alle gibt. Wenn wir mit ihr nicht sorgfältig und ehrenvoll umgehen, dann wird das auf uns zurückschlagen. Und in diesem Bewusstsein sollten wir unsere Arbeit in und mit der Natur und für die Natur tun.

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