Tagesgedicht: Monster der Neuzeit

Monster der Neuzeit

Die Monster sind erwacht,

ganz still und heimlich in der Nacht,

am Morgen fressen uns die Sorgen,

denn hinter uns‘rem Rücken,

fast komplett verborgen,

und ohne sich zu bücken,

erschlichen sie sich ihre Macht.

 

Liste: Zugelassene Parteien bei der Landtagswahl 2019 in Thüringen

Folgende Parteien sind bei der Landtagswahl 2019 in Thüringen zugelassen:

  • CDU
  • DIE LINKE
  • SPD
  • AfD
  • GRÜNE
  • NPD
  • FDP
  • PIRATEN
  • Die PARTEI
  • KPD
  • TIERSCHUTZ hier!
  • BGE
  • DIE DIREKTE!
  • Blaue #TeamPetry Thüringen
  • Graue Panther
  • MLPD
  • ÖDP / Familie
  • Gesundheitsforschung
  • FREIE WÄHLER
  • MENSCHLICHE WELT

Sowie in einzelnen Wahlkreisen Einzelbewerber.

Meinung: Was mich an der Politik 2019 stört – und was sich ändern sollte

Politik für die einfachen Leute – und die Zersplitterung des deutschen Parteiensystems

Ich darf Sie vorwarnen. Wenn Sie hier eine tiefschürfende Analyse erwarten, hören Sie auf zu lesen. Hier schreibe ich nur spontan, was mich an der Politik in Deutschland Stand 2019 am meisten stört.

Auslöser für diesen Beitrag ist eine von der F.A.Z. dokumentierte Rede Erwin Teufels, die zwar von 2011 ist, in der ich aber eine Aussage in Hinblick auf die CDU interessant und nach wie vor zutreffend finde:

Dahin müssen wir auf Bundesebene und Landesebene wieder kommen: dass wir in den Augen der Bürger wieder die Partei der einfachen Leute, die große Volkspartei der Mitte, sind. Die einfachen Leute sind immer in der Mehrheit.

Und je länger ich über diese Aussage nachdenke, um so mehr zeigt sie das Grundproblem der heutigen Politik: Es gibt keine Partei mehr, die diese einfachen Leute im Blick hat.

In meiner Jugend – in den frühen 1980ern – war es einfach. Die CDU kümmert sich um die bürgerlichen einfachen und nicht so einfachen Angestellten, die SPD um die einfachen Arbeiter, die FDP um die Angehörigen der freien Berufe, die Grünen um die Umweltbewussten. Und neben diesen vier großen Parteien gab es – bezogen auf die Bundestagswahl 1983 – 0,4%, die sich auf acht sonstige Parteien verteilten. Bei der Bundestagswahl 2017 hingegen sind das linke und rechte Lager durch „Die Linke“ und die „AfD“ zersplittert und mehr als 30 sonstige Parteien holen 5% der Stimmen.

Nach den meisten aktuellen Umfragen im Frühjahr 2019 würde es zu einer großen Koalition aus CDU und SPD nicht einmal mehr reichen. Die große Bindungskraft der beiden ehemaligen großen Volksparteien ist weg.

Erwin Teufel dürfte damit richtig liegen, dass die CDU – insbesondere aber auch die CDU – die einfachen Leute aus dem Auge verloren hat.

Doch gibt es die einfachen Leute angesichts eines immer stärker ausgeprägten Individualismus noch?

Ich glaube ja. Die „einfachen Leute“ wollen ihren sicheren Job, ein oder zwei mal im Jahr in den Urlaub, eine funktionierende Infrastruktur, soziale Absicherung, Sicherheit nach Innen und Außen und ansonsten in Ruhe gelassen werden. Und während die einen in ihrer Freizeit zum Schützenverein gehen oder im Kirchenchor singen, praktizieren die anderen lieber Yoga oder suchen den Kick beim Bungee-Jumping. Ansonsten wollen sie ihr Leben ohne übermäßige Bevormundung leben.

Die Veroberlehrerung, Vertwitterung und Berlinisierung der Politik

Schauen wir auf die Parteienlandschaft in der Bundesrepublik Deutschland, so war diese die ersten 30 Jahre verblüffend stabil. In den frühen 1980ern stießen die Grünen in eine Lücke, die von den Volksparteien so nicht abgedeckt wurde. Zu einer Zersplitterung der beiden großen Lager kam es dann erst durch „Die Linke“ und die „AfD“. Während „Die Linke“ für die SPD aufgrund der Wiedervereinigung in gewisser Weise eine „Naturgewalt“ und nur zum Teil – Streit zwischen Schröder und Lafontaine – selbst verschuldet war, ist die AfD ein von der CDU selbst verursachtes Problem.

Das Thema der AfD war anfangs die Europolitik der Regierung, die von dieser als alternativlos dargestellt wurde. Bedenkenträger wurden als Spinner abgetan, es wurde gleichsam diktiert, was richtig und was falsch sei. Die Politik als Oberlehrer der Bevölkerung ist eine Entwicklung, die sich seitdem fortgesetzt und auf viele andere Bereiche ausgeweitet hat, Stichwort Klima oder Migration. Wer in diesen Bereichen von der „offiziellen“ Linie abweicht, wird schnell in eine extreme Ecke gerückt und ist in Diskussionen schnell ein Paria. Dadurch hat sich die politische Diskussionskultur aus der breiten Mitte verabschiedet und rückt in die radikalen Ränder. Mitursächlich für diese bedenkliche Entwickelung ist im übrigen das, was ich die Methode Merkel nenne, die nicht nur auf die Politik abfärbt sondern ebenfalls schon auf viele Medien, die am liebsten vorschreiben wollen, welche Positionen richtig und welche falsch sind.

Getrieben wird diese Entwicklung auch durch twitter. Das soziale Netzwerk ist besonders bei Politikern, Aktivisten und Journalisten besonders beliebt und ist sicherlich auch ein Seismograph dafür, welche Themen in diesen Kreisen gerade wichtig sind. Doch der Einfluss von twitter ist zu groß, viele Politiker richten ihre Positionierung nach dem dortigen Stimmungsbild aus, übersehen aber, dass die meisten „einfachen Leute“ twitter nicht einmal kennen, geschweige denn nutzen. twitter ist progressiver, radikaler – sowohl links wie rechts – und differenzierte moderate Positionen haben dort kaum eine Chance. twitter jedenfalls ist alles andere als ein Abbild der bundesrepublikanischen Gesellschaft.

Ebenso, wie auch Berlin nicht Deutschland abbildet. Ich hielt es für einen Fehler, die Hauptstadt von Bonn nach Berlin zu verlegen, da Berlin das Denken zu sehr prägt. Vielmehr halte ich sogar das Modell einer Hauptstadt für nicht mehr zeitgemäß und plädierte schon 2011 unter der Überschrift „Schafft die Hauptstadt ab„, die bundesstaatlichen Institutionen – noch stärker als es ohnehin schon der Fall ist – über ganz Deutschland zu verteilen. Ich bin davon überzeugt, dass die Entscheidung für Berlin als Regierungssitz und die damit einhergehend zunehmende, der föderalen Struktur und Tradition Deutschlands widersprechende, Zentralisierung dazu führen, dass die „einfachen Leute“ mehr und mehr aus dem Blick der Politik geraten.

Was sollte sich ändern?

Ob die einfachen Leute immer richtig liegen, weiß ich nicht. Aber Erwin Teufel hat auch Recht mit seiner Einschätzung, dass die einfachen Leute die Mehrheit in Deutschland stellen.

Eine Mehrheit, die derzeit von der Politik nicht repräsentiert wird, vielmehr sogar ignoriert, nicht ernstgenommen und teilweise sogar verachtet wird.

Dabei ist eigentlich alles ganz einfach:

  • Hört Euch gegenseitig.
  • Redet miteinander.
  • Diskutiert ergebnisoffen.
  • Akzeptiert andere Meinungen.

Und besonders: Nehmt die einfachen Leute wieder ernst.

Neues Format auf twitter – das #severinpolitquiz

Rund um meine Recherchen zum Unwort des Jahres bin ich darauf gestoßen, dass es 2009 um ein Haar „Flüchtlingsbekämpfung“ geworden wäre. Und da ich so überrascht war, wer das damals gesagt hat, habe ich dazu eine kleine Umfrage auf twitter erstellt…

Einige User fanden die Idee gut und haben angeregt, ich solle doch regelmäßig politische Quizfragen stellen. Und das werde ich nun tun. Unter dem Hashtag #severinpolitquiz werde ich jetzt mehr oder weniger regelmäßig eine politische Quizfrage stellen und diese dann später mit einem kleinen Artikel hier auflösen.

Wer auch sonst mehr von mir auf twitter mitkriegen will, folgt einfach @stagerbn.

 

Rechts ist nicht gleich rechts: Es läuft was falsch in Deutschland

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Mein Name Lucas Kulczycki, 18 Jahre alt, interessiert an Wirtschaft und Politik. Politische Einstellung: Linke Mitte. Und das ziemlich eindeutig.

Doch auch ich kritisiere die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel. Nicht etwa, weil ich dagegen bin, dass wir Flüchtlinge aus dem Nahen Osten aufnehmen, sondern, weil es meiner Meinung nach an der Umsetzung hapert. Aber auch ich würde in einer Umfrage, in der die Frage aufkommt, ob ich mit der Flüchtlingspolitik von Frau Merkel zufrieden sei, „nein“ ankreuzen.

Und damit würde ich ziemlich sicher schon als „rechts“ abgestempelt werden. Denn in diesem Land läuft grade etwas ganz gehörig falsch, aber so richtig.

Dieses ganze „die Medien berichten einseitig!“ „Lügenpresse“ und „alles vom Staat so gelenkt“ empfinde ich als Unfug. Wir in Deutschland können uns über eine sehr breite Medienlandschaft freuen, die es in kaum einem anderen Land gibt. Unsere Pressefreiheit ist echt und wird genutzt. Die AfD wird genau so kritisiert wie die Bundesregierung.

Das Problem ist aber die Gesellschaft. Schon klar, die dummen Minderheiten schreien am lautesten (auf beiden Seiten des Politspektrums), aber es könnte auch langsam an der Zeit sein, dass die differenzierende Mehrheit der Bürger die anderen übertönt.

Ausschlaggebend für mich das zu sagen, war ein Tweet der Tagesschau. Diese veröffentlichte einen kleinen Teil einer großen Studie über Rechtsextremismus in Deutschland und nannte drei Aussagen, denen scheinbar sehr viele Deutsche zustimmen. Diese Aussagen nannte sie im Tweet „rechts“ bzw. im angehangenen Bild sogar „rechtsextrem“.

Und genau das ist der Punkt. Ich habe die Studie nicht gelesen, aber das brauche ich nicht, denn der wirkliche Kontext ist für den Punkt, den ich machen will, irrelevant. Die Sache ist nämlich, dass auch die Tagesschau die Studie in ein paar Minuten nicht vollständig erklären kann. Und genau deswegen ist es falsch, sowas direkt als „rechtsextrem“ abzustempeln.

Es kann gut sein, dass man, wenn man die Studie wirklich vollständig liest, mit dem Begriff des Rechtsextremismus einverstanden sein wird. Möglich. Aber wenn man so eine Studie in den Nachrichten sieht, hat man eben nicht die ganze Studie gelesen. In Falle dieses Tweets sogar noch weniger: Man bekommt drei Aussagen an den Kopf geschmissen und dazu gesagt, diese seien rechtsextrem. Und genau das ist falsch.

Mal ein Beispiel – dafür meine persönliche Meinung.

Aussage 1: „Sinti und Roma neigen zu Kriminalität“

Meine Meinung: Weiß ich nicht, habe ich mich nicht mit beschäftigt, habe also keine Meinung zu und kann und will dazu nichts sagen.

Aussage 2: „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden.“

Meine Meinung: Dies ist eine rassistische und xenophobe Aussage, der ich nicht zustimme.

Aussage 3: „Es ist ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen.

Meine Meinung: Ich persönlich muss es nicht sehen, wie zwei homosexuelle Männer sich küssen.

Und wer bis hier hin gelesen hat, sollte jetzt einmal bitte weiter lesen.

Denn jetzt mal der Punkt: von diesen drei Aussagen ist nur eine eindeutig rechtsextrem, nämlich Aussage 2. Über Aussage 1 kann man sich streiten; wenn, dann ist sie aber „rechts“ und nicht „rechtsextrem“. Aussage 3 hingegen hat weder mit rechter Politik noch mit Rechtsextremismus etwas zu tun – es ist lediglich ein persönliches Empfinden.

Stünde dort „Homosexuellen sollten nicht die gleichen Rechte gewährt werden wie Heterosexuellen“ sähe das ganze wieder anders aus. Aber das steht da nicht. Ich bin Befürworter der sog. „Homo-Ehe“. Ich bin für die komplette Gleichstellung von homosexuellen Paaren mit heterosexuellen Paaren. Ich bin gegen jegliche Einschränkungen für Homosexuelle, nur, weil sie homosexuell sind. Wer mir auf Twitter folgt, weiß das. Ich finde zwei sich küssende Männer nur nicht schön. Ich würde sie dafür aber nie abwertend behandeln, beschimpfen oder ähnliches. Es ist nur ein persönliches Empfinden. Wenn sich ein Hetero-Paar auf der Straße fast aufisst, finde ich das ebenfalls nicht sonderlich toll. Aber wer bin ich, dass ich darüber entscheiden darf, was andere Menschen machen dürfen?

Ich finde Beatrix von Storch und Frauke Petry auch alles andere als wohltuend für meine Augen. Würde ich sie deshalb von dieser Erde auslöschen wollen? Keines Falls.
Es gibt viele Sachen die einem nicht gefallen. Aber so ist das in einer Demokratie. Nicht alles passt einem, aber man muss trotzdem mit allem klarkommen. Das ist der Grundstein einer modernen Zivilisation.

Genau das ist hier aber das Problem. Ich bin politisch eher links und werde mit dem Zustimmen einer Aussage direkt in ein Schema von Rechtsextremen gestellt. Und das geht einfach nicht.

1. „Rechts“ ist nicht gleich „rechtsextrem“. Wenn etwas rechts ist, ist das tatsächlich sogar völlig in Ordnung, denn einfach nur „rechts“ ist eine völlig normale politische Ausrichtung, die auf demokratischem Boden steht. Deswegen müssen wir aufhören, aus etwas ein riesen Thema zu machen, nur, weil es „rechts“ ist.

2. Nur, weil jemand eine gewisse Aussage trifft, oder gewisse Ängste hat, ist er nicht gleich rechts oder gar rechtsextrem. Jemand der sich neben einer Asylunterkunft unwohl fühlt, ist nicht sofort ein Nazi. Viel mehr muss man diese Ängste wahrnehmen und ggf. entkräften. Diese Ansicht ist nun auch in der Politik angekommen – lieber spät als nie.

Aber ein Grund, warum die AfD (eine nicht bloß rechte sondern in Teilen auch rechtsextreme Partei!) so stark geworden ist, ist, dass eben solche Ängste nicht bloß ignoriert, sondern auch als lächerlich abgestempelt wurden. Die Menschen fühlten sich dann eben von den etablierten Parteien nicht ernst genommen und wählten AfD. Und die Gesellschaft darf den Fehler, den die Politik viel zu lange gemacht hat, nicht auch noch länger weitermachen. Das hilft niemandem außer der AfD, spaltet das Land und führt dazu, dass keine politische Mitte mehr existiert. Und wann war das das letzte mal so? 1933.

Klar, Parallelen zum Scheitern der Weimarer Republik zu ziehen geht aktuell noch zu weit. Wir sind bei weitem nicht an einem Punkt angelangt, an dem wir fürchten müssen, dass es einen zweiten Hitler geben wird. Förderlich ist die aktuelle Entwicklung aber trotzdem nicht.

Und auch wenn meine Kritik grade ziemlich direkt an die Tagesschau geht, ist sie auch an unsere Gesellschaft gerichtet. Nur, weil etwas eine kontroverse Aussage ist, sie nicht ganz der Norm ent- oder gar der Mehrheitsmeinung widerspricht, ist eine Aussage nicht gleich rechts oder gar rechtsextrem. Solange es nicht um Aussagen wie „zündet Asylunterkünfte an“ oder „vergast alle Schwulen“ geht, können und sollten Ängste und Unsicherheiten ernst genommen werden.

Nur, weil jemand sich unwohl neben einer Asylunterkunft fühlt, ist er nicht gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und schon gar nicht für das Anzünden von Asylbewerberheimen.

Nur, weil jemand zwei schwule Männer nicht schön findet, will er nicht gleich ihre Rechte einschränken.

Nur, weil jemand schon mal einen kriminellen Ausländer zu tun gehabt hat, will er nicht ein sofortiges Einreiseverbot für alle Muslime.

Und wenn wir daran denken und diese Leute in der Gesellschaft und in den Parteien zu Wort kommen lassen, müssen sie nicht mehr AfD wählen und die Partei wird nicht länger das Problem sein, das sie jetzt ist.

Warum ich den Biedermeier mache – eine Antwort auf Markus Feldenkirchen

biedermeier

Lieber Markus Feldenkirchen,

ich möchte Ihnen auf Ihren Artikel „Fremdenhass in Deutschland: Nie wieder“ antworten. Sie schreiben darin:

Wir können es uns nicht länger leisten, keine Haltung zu haben. Wer jetzt Biedermeier bleibt, also unbeteiligt und rein mit sich selbst beschäftigt, darf sich nicht beklagen, wenn das Land, in dem er lebt, irgendwann nicht mehr sein Land ist.

Ich bin eigentlich ein sehr politisch denkender Mensch. Jemand, der nicht in die klassischen Raster der Parteipolitik passt. Jemand, der versucht, sich differenzierte Gedanken zu machen und diese auch mehr oder weniger gelungen niederschreibt und öffentlich machte.

Denn vor einigen Tagen schrieb ich auf facebook:

Ich werde mich über Facebook und andere „sozialen“ Netzwerke nicht mehr politisch äußern. Egal ob rechts oder links: Die meisten pauschalisieren eh nur (meist ohne jegliche Sachkenntnis).

Weimar 2.0?

Mir ab heute egal. Ich mach erst mal den Biedermeier.

Joachim Stamp, seines Zeichens stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag von NRW kann das sogar nachvollziehen und bringt meinen wichtigsten Beweggrund, mich nicht mehr zu äußern, auf den Punkt:

Die grundsätzliche Kritik von Severin ist berechtigt. Gilt nicht nur für Social Media. Mit differenzierter Position bin ich in letzter Zeit entweder als „linksversiffter Gutmensch“ oder als „Rechtspopulist“ geschmäht worden. Mich besorgt der verrohte Umgang sehr und es ist schade, dass sich so keine ernsthaften Diskurse um vernünftige Antworten auf die großen Herausforderungen führen lassen. Allerdings gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass jeder sachliche Beitrag sinnvoll für das Gesamtklima ist.

Stimmt. Warum soll ich mir das antun? Wenn ich damit wenigstens etwas bewegen würde, wären mir Beschimpfungen aus den extremen Lagern ja egal. Doch in diesem Punkt widerspreche ich Joachim allerdings. Inzwischen glaube ich nicht mehr, dass man mit differenzierten Beiträgen etwas bewegt.

Odder glauben Sie, jemand ändert durch Ihren Artikel seine Meinung? Die einen werden ihnen zustimmen, den anderen gehen sie nicht weit genug, wieder andere werden Sie für einen Gutmenschen von der Lügenpresse halten. Und die, die ihre Meinung Ihrer Meinung nach ändern sollten, werden es eh nicht lesen.

Die gesamte politische Diskussion ist auf einem Tiefpunkt angekommen. Wer auf die Vorfälle in Clausnitz einfach mit #refugeeswelcome reagiert (wie es auch einige Politiker getan haben), hat genau so wenig verstanden wie die, die sich dem Bus entgegenstellten und „Wir sind das Volk“ brüllten. Mehr will ich dazu gar nicht schreiben, sonst würde es wieder zu politisch und ich würde gegen meinen Vorsatz verstossen…

Ob an dieser Diskussionsunkultur die alternativlose Kanzlerin, die CSU, Pegida, AfD, die SZ, RT-Deutschland, die taz oder Stefan Kuzmany schuld sind, ist da letztlich egal.

Gedanken machen werde ich mir weiterhin, nur nicht mehr in dem Maße öffentlich. Ich werde auch bei der nächsten Bundestagswahl wählen gehen, im Zweifel die „Die PARTEI“. So, genug politisiert.

Jetzt freue ich mich aber auf das Wochenende mit Sonntagsbraten und Spaziergang.

Nichts für ungut,

Ihr Severin Tatarczyk

Bild: Carl Spitzweg, der Sonntagsspaziergang
(Quelle: The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH., Gemeinfrei)

10 Tipps, was man selbst für mehr Demokratie tun kann

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Am 15. September ist der internationale Tag der Demokratie. Dieser Aktionstag wurde 2007 von der UN Vollversammlung eingeführt und hat das Ziel, die Entwicklung vom Demokratien zu fördern und die Grundsätze der Demokratie zu verteidigen.

Ein guter Anlass, sich einige Gedanken über die Lage der Demokratie in Deutschland zu machen. Mit dem Grundgesetz haben wir wahrscheinlich eine der besten Verfassungen der Welt, wie sich in den letzten Jahrzehnten bewiesen hat. Dennoch resignieren viele Bürger und nutzen ihre demokratischen Rechte nicht. Bei der Oberbürgermeisterwahl 2015 in Bonn sind nur rund 45% der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen. Statt nur gegen „die da oben“ zu wettern, sollte man aber selber aktiv Demokratie leben.

Und daher sind hier 10 Dinge, über die man nachdenken sollte – nicht nur heute!

  1. Informieren Sie sich! Urteilen und entscheiden kann nur, wer informiert ist. Lesen Sie nicht nur Zeitungen und Zeitschriften, sondern informieren Sie sich möglichst auch über Primärquellen. Hinterfragen Sie alle Einordnungen kritisch. Melden Sie sich bei twitter an, abonnieren Sie interessante Youtube Channels Lesen Sie komplizierte Sachverhalte nach. Wie wollen Sie sonst über Klimawandel, Migration, Corona, Ukraine, Euro, Gleichberechtigung, Energiewende, Bildungspolitik oder städtische Bauvorhaben mitreden und darüber abstimmen können?
  2. Kennen Sie die Standpunkte! Sie haben schon immer die CDU / SPD / FDP / Grüne… gewählt, selbst wenn diese einen Kartoffelsack aufgestellt haben? Lösen Sie sich von ideologischen Mustern und verkrusteten Strukturen. Lesen Sie nach, wofür „Ihre“ Abgeordneten wirklich stehen. Oder überprüfen Sie mit dem Wahl-O-Mat, mit welche Partei Sie inhaltlich wirklich übereinstimmen.
  3. Reden Sie mit ihrem Abgeordneten! Ihr Abgeordneter – egal ob im Rat, Land oder Bund – hat wahrscheinlich ein Problem. Er lebt in einer Filterblase und bekommt viele Probleme, Sorgen und auch positive Dinge gar nicht mit. Sagen Sie ihm also, was sie umtreibt und was Sie gut finden. Ob bei Bürgersprechstunden oder wenn Sie ihn auf der Straße treffen. Oder schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail. Übrigens können Sie sich bei der Gelegenheit auch ruhig für sein Engagement bedanken.
  4. Informieren Sie andere! Sie haben einen interessanten Artikel gefunden? Teilen Sie ihn in ihren sozialen Netzen. Und damit sind nicht nur twitter oder facebook gemeint – sie können anderen auch davon erzählen, einen Link per WhatsApp oder E-Mail weiterleiten oder die Zeitungsseite kopieren und weitergeben. Oder Sie fangen an, selbst zu bloggen oder bei einem Blog mitzuschreiben – hier sind Gastautoren übrigens willkommen.
  5. Gehen Sie wählen! Das Argument, meine Stimme zählt doch eh nicht. In Bonn haben 2015 nur 60 Stimmen darüber entschieden, wer Oberbürgermeister wird. Und wenn Ihnen keine der großen Parteien und keine der Protestparteien zusagt, machen Sie Ihren Stimmzettel ungültig. So zeigen Sie wenigstens, dass Ihnen die Demokratie so wichtig ist, dass Sie zum Wahllokal gehen.
  6. Treten Sie einer Partei bei! Sie schimpfen über die verkrusteten Strukturen in den Parteien? Dann ändern Sie das! Indem Sie Mitglied in einer Partei werden und frischen Wind in den Ortsverband bringen. Sie müssen ja nicht direkt eine Funktion übernehmen.
  7. Treten Sie an! Ja, richtig gelesen. Treten Sie zu Wahlen an. Ob kommunal, landespolitisch oder zum Bundestag… Ob im Rahmen einer Partei oder als unabhängiger Kandidat. Selbst wenn Sie als letzterer vielleicht keine Chance haben: Sie bringen Ihre Gedanken und Ideen in die öffentliche Diskussion ein.
  8. Wirken Sie mit! Politik findet nicht nur in den Parteien, Ratssitzungen und Parlamenten statt. Es gibt viele andere Bereiche, in denen Sie demokratisch mitwirken können. Sei es in der Schulpflegschaft, in der Kirchengemeinde, Bürgerinitiativen, Vereinen, Verbänden und wo gerade Not am Mann ist. Eine interessante Möglichkeit ist zudem, als Wahlhelfer aktiv zu sein.
  9. Bleiben Sie fair! Zur Demokratie gehört auch, dass man sich mit dem eigenen Standpunkt nicht immer durchsetzt und es Kompromisse und Niederlagen gibt. Kämpfen Sie für Ihre Ideen und Überzeugungen, aber nicht unter der Gürtellinie. Akzeptieren Sie, wenn sich die Mehrheit endgültig durchgesetzt hat. Akzeptieren Sie andere Meinungen!
  10. Motivieren Sie andere! Ein einzelner kann schon viel bewirken. Viele können noch viel mehr bewirken. Motivieren Sie andere, sich zu informieren und zu engagieren! Am besten jetzt sofort.

Mehr Listen mit 10 Tipps.

10 Gedanken zur Edathy Affäre

Über die gesamte Edathy Affäre könnte man so viel schreiben, dass man den ganzen Tag für nichts anderes mehr Zeit hätte… daher hier nur 10 schnelle Gedanken…

1. Wo bleibt der Aufschrei?

Ein tweet von @derwachsame bringt es auf den Punkt:

Schlimm ist, dass alle über Edathy, Oppermann und die verletzten Gefühlen der CSU diskutieren, aber keiner über die Opfer: die Kinder.

— Der Wachsame (@DerWachsame) 18. Februar 2014

Genau das ist die Frage – insbesondere diejenigen, die in der Debatte rund um eine anzügliche Bemerkung von FDP Mann Rainer Brüderle aufgeschrien haben, sind verdächtig ruhig oder nehmen Edathy gar in Schutz. Und wenn es nun in manchen Blogbeiträgen so dargestellt wird, als sei Edathy nichts vorzuwerfen, er habe sich schließlich nicht an Kindern vergangen, so ist dem zu entgegnen, dass es ohne Käufer solcher Bilder zumindest weniger kommerzialisierten Missbrauch geben würde.

2. Bitte keine falsche Solidarität

Was mich in vorigem Zusammenhang ärgert – hätte Rainer Brüderle solche Bilder gekauft, wäre der #Aufschrei da – und was für einer. Nur weil Edathy dieser Gruppe wegen NSU Untersuchungsausschuss oder seines Standpunktes zur NSA Affäre „sympathisch“ ist,  wird er in Schutz genommen oder eben zumindest nicht thematisiert. Das ist falsche Solidarität.

3. Aber bitte auch kein billiger Populismus

Genau so falsch finde ich es aber, wenn jetzt einfach nur gegen Edathy gekeilt wird, weil einem seine politischen Positionen nicht gefallen. Dazu gehören nicht nur die üblichen „Schwanz ab“ oder „Todesstrafe für Kinderschänder“ Schreie aus einer bestimmten Ecke sondern auch Schlagzeilen wie diese:

streicht-edathy-geld

4. Edathy sollte sich erklären

Mehr oder weniger unstrittig ist, dass Edathy sich Material mit nackten minderjährigen Jungs besorgt hat. Statt sich nun nur als Opfer einer Hexenjagd zu sehen und gegen die Staatsanwaltschaft zu schießen sollte er zumindest Mitgefühl für die Opfer zeigen. Und das sind die abgebildeten Kinder.

5. Gesetzesänderung notwendig

Anscheinend ist eine Änderung des Sexualstrafrechts vonnöten. Bitte überlegt und ohne Aufregung. Lesenswert dazu „Prävention im Kinderschutz stärken“ von Katja Dörner und Konstantin von Notz.

6. Wie man’s macht, man macht es falsch… oder das „Friedrich Dilemma“

Nein, ich bin kein großer Freund von Hans-Peter Friedrich. Leider war er im Dilemma: Gibt er seine Erkenntnisse über die Edathy Ermittlungen in irgendeiner Form an die SPD Spitze weiter und verhindert damit, dass die Bombe hochgeht, wenn Edaty möglicherweise im Kabinett sitzt? Oder schweigt er? Vielleicht hätte er Gabriel nur stecken sollen: „Ich kann Dir leider nicht sagen warum, aber Edathy in herausgehobener Position geht gar nicht. Du wirst vielleicht noch sehen, warum….“. Auch schwierig.

Ich befürchte: In dem Moment, in dem Friedrich von den Edathy Ermittlungen erfahren hat, war das Ende seiner Karriere als Bundesminister in dieser großen Koalition eigentlich schon besiegelt. Er war eben das naheliegende Bauernministeropfer.

7. Die SPD Spitze hat Edathy nichts gesteckt

In einem bin ich mir ziemlich sicher – von Gabriel, Steinmeier, Oppermann und Christine Lamprecht hat Edathy nichts von den Ermittlungen gegen ihn gewusst. Denn diesen musste klar sein: Sollte die ganze Angelegenheit öffentlich werden, wäre ein Rücktritt Edathys unvermeidlich und die SPD müsste sich von ihm abgrenzen. Und der oft impulsiv handelnde Edathy würde dann durchstechen, dass die SPD seit geraumer Zeit über die Vorwürfe informiert war und ihn warnte. Das wäre es dann auch für die SPD Führungsriege gewesen…

8. Geht wer in der SPD?

CDU/CSU haben ihren politischen Teil zur Bereinigung der Affäre mit dem Friedrich Rücktritt schon geleistet. Und ohne das Verhalten Oppermanns wäre es erstmal nicht dazu gekommen – er hätte von Friedrichs Information gar nichts öffentlich sagen müssen, denn spätestens wenn bekanntgeworden wäre, dass Oppermann beim BKA angerufen hat… somit ist er eigentlich derjenige, der bei der SPD die politische Verantwortung übernehmen müsste. Ärgerlich nur – er ist zu wichtig für die große Koalition und das weiß auch Merkel. Wenn also jemand in der SPD geht, wird es am naheliegendsten Christine Lamprecht sei, die im frühen Stadium der Affäre sagte:

Die genannten Gründe, Besitz von Kinderpornografie, sind sehr schwerwiegend. … Ich beziehe mich nur auf die genannten Gründe, die in Medien bekannt wurden. Ich persönlich habe keine Kenntnis darüber, was der Grund für das Ermittlungsverfahren ist.

Und diese Aussage war nach derzeitigem Kenntnisstand falsch. Wird also um des lieben Koalitionsfriedens willen ein Rücktritt der ersten parlamentarischen Geschäftsführerin sein.

9. Die eigentlichen Vorwürfe gegen Edathy werden sich wohl nie aufklären lassen

Sicher auch – Edathy ließ über seinen Anwalt im Herbst 2013 beim LKA Niedersachsen anfragen, wie der Ermittlungsstand in seiner Sache sei. Er hatte also mehr als genug Zeit, möglicherweise Material verschwinden zu lassen oder sagen wir mal Laptops zu verlieren. Wenn nicht aus anderer Quelle handfeste Beweise kommen, wird man Edathy nichts weiteres nachweisen und ihn nicht verurteilen können. Zu Recht. Die moralische Frage ist freilich eine ganz andere.

10. Bismarck hatte Recht

Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie!
(Otto von Bismarck)

Ein geschwätziger Innenminister, der zurücktreten muss. Ein SPD Fraktionsgeschäftsführer, der den BKA Präsidenten anruft. Ein BKA Präsident, der dem SPD Fraktionsgeschäftsführer widerspricht. Eine Provinzzeitung, die rechtzeitig über eine Razzia informiert ist. Presserechtlich fragwürdige Bilder. Ein geöffneter Brief der Staatsanwaltschaft Hannover an den Bundestagspräsidenten. Büros, die zu durchsuchen vergessen wird. Ein mysteriöser Rücktritt eines SPD Abgeordneten, der dann im Ausland untertaucht. Ein Laptop, der unter eigenartigen Umständen verschwindet. Bilder von nackten Knaben im rechtlichen Graubereich…

In der Tat – würde ich all das nicht wissen, würde ich wohl besser schlafen.

Nachtrag

Der ursprünglich als Beispiel unter Punkt 1 verlinkte (lesenswerte) Blogbeitrag sieht den Sachverhalt differenzierter, was ich beim ersten Lesen so nicht gesehen habe. Inzwischen gibt es dort auch eine Klarstellung. Ich habe die entsprechende Verlinkung entfernt, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.

Warum der Telekom-Drossselungs-Shitstorm reichlich übertrieben ist – eine Lanze für die Telekom

The Surrender of Breda, 1625, Detail of Soldiers with Lances, circa 1635Wie inzwischen wohl jeder mitbekommen hat, plant die Telekom ab 2016 die Geschwindigkeit von High-Speed Internetzugängen zu drosseln, wenn bestimmte monatliche Transfervolumen überschritten werden. Nachlesen kann man das im Telekom- Blog selbst. Seitdem ist über die Telekom ein riesiger Shitstorm hereingebrochen und auch die Politik meint, sich anbiedern zu müssen und postuliert schon fast ein Grundrecht auf die Flatrate.

Was bei der Diskussion untergeht: einige Anbieter haben schon entsprechende Beschränkungen. Zudem es ist noch gar nicht so lange her, da waren zeit- oder volumen-getaktete Tarifmodelle an der Tagesordnung. Und vor 23 Jahren musste ich mich von Bonn aus über den Münchener Compuserve Knoten ins Internet einwählen, um Gopher, Mail und Newsgroups nutzen zu können. Das „Web“ gab es damals noch gar nicht.

Natürlich, die Zeiten sind andere. Dass der Bandbreitenbedarf heute ein ganz anderer ist, wird niemand bestreiten. Und auch nicht, dass dieser in den nächsten Jahren weiter wachsen wird.

Dann darf man aber auch nicht verkennen, dass Glasfaserkabel, Peering-Points und LTE Basisstationen Geld kosten. Und dass natürlich die Telekommunikationsanbieter, die diese Technik bereitstellen Geld verdienen wollen und auch müssen.

Für die meisten Verbraucher dürften die Volumengrenzen ausreichend sein. Zuhause brauche ich ca. 40GB im Monat. Selbst mit meiner 100MBit Leitung kratze ich damit nicht einmal an der 70GB Grenze, die die Telekom für 16MBit Anschlüsse vorgesehen hat.  Mobil habe ich dann nochmals bis zu 10GB – und ist dort mein Highspeed-Volumen verbraucht, stocke ich es für 4,95 EUR wieder auf. Eine vergleichbare Möglichkeit wird es dann später bei den Festnetzanschlüssen geben.

Gut, bei den 40GB ist der Traffic, den das Digitalfernsehen (Unitymedia) verursacht, nicht eingerechnet. Und auch bei der Telekom wird das nicht Fall sein, soweit es Entertain und andere hauseigene Mediendienste betrifft.

Und hier ist der einzige Punkt, bei dem man kritisch nachhaken darf – Entertain-Traffic wird nicht angerechnet, Maxdome Traffic schon. Hierin könnte ein Verstoß gegen die Netzneutralität liegen, wobei seitens der Telekom argumentiert wird, dass die Kunden des hauseigenen Digitalfernsehens ja schon für den Dienst an sich bezahlen. Selbst wenn man dieser Argumentation nicht folgen will – hier ließen sich Lösungen finden, dass man sich z.B. bei bestimmten Tarifen für einen beliebigen Streaming Dienst entscheiden kann, der dann nicht auf das Volumenkontingent schlägt. Oder die Telekom öffnet Ihre managed Plattform, auf der Entertain läuft, für andere Anbieter. Möglichkeiten, das „Problem Netzneutralität“ zu lösen, gäbe es viele.

Letztlich ist das derzeitige Telekom-Bashing also mehr als überzogen.

Bild: (c) Allposters

Warum das Leistungsschutzrecht vielleicht doch nicht scheiße wird, Google aber schon und die Verlage dumm sind

Why Am I Such A Dumb BlondeWas kümmert mich mein Geschreibsel von heute morgen. Das Leistungsschutzrecht ist grundfalsch?

Nö, vielleicht doch nicht. Vielleicht wird es ganz im Gegenteil sogar ziemlich vernünftig.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich jetzt meine Meinung geändert habe (was ich durchaus auch gerne mache), sondern dass wohl das LSR geändert werden soll, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten.

So soll es folgende Einschränkung erhalten:

Der Hersteller eines Presseerzeugnisses hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.

Damit blieben Ausschnitte aus Artikeln in Suchmaschinen (in Deutschland ein Synonym für Google) weiter möglich. Und das ist gut so. Eine strikte Grenze wird in das Gesetz wohl nicht eingebaut, die Rede war vorher von vielleicht 160 Zeichen. Geklärt wird der Umfang wohl irgendwann mal vom BGH, der in Sachen Bildersuche aber sehr klug geurteilt hat.

Warum dann aber überhaupt noch ein LSR? Zum einen kann es Google davon abhalten, mehr und mehr dritte Inhalte direkt auf seine Seiten zu ziehen. Dazu hat Michael Ziegert von entia einen interessanten Kommentar hinterlassen, der auf weitere Probleme hinweist. Zum anderen schiebt das LSR in der nun diskutierten Form auch den lästigen automatisiert erstellten Blogs und Seiten einen Riegel vor, die nichts anderes machen als themenbezogen News quasi im Volltext zu aggregieren und damit das Web und Suchergebnisseiten zumüllen.

Loben muss ich damit entgegen meiner sonstigen Gewohnheit dann doch die Politik, die hier dann doch einmal praxisnah und mit Verstand zu reagieren scheint.

Nicht kapiert haben es aber die Verleger. Diese fordern nach wie vor, das sogar die kleinen Snippets nur gegen Lizenzerung ausgeliefert werden sollen und in ersten Reaktionen von einem Rückschlag schreiben. Haallloooooooo? Ist da jemand zuhause? Haben die Verlage den Knall nicht gehört? Bitches, please – Wer bringt den ganzen News Seiten denn den Traffic!? Um das Überleben der deutschen Zeitungsverlage mache ich mir langsam echte Sorgen…

Das Bild zeigt möglicherweise eine deutsche Zeitungsverlegerin (c) Allposters