Muss man in Deutschland seinen Personalausweis immer bei sich führen?

Immer wieder wird behauptet, man müsse in Deutschland seinen Ausweis immer mit sich führen. Dies ist allerdings nicht korrekt.

Richtig ist vielmehr, dass jeder deutsche einen Ausweis haben muss, das regelt § 1 PAuswG (Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis – Personalausweisgesetz). Deutsche sind demnach verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen bzw. sich überwiegend in Deutschland aufhalten.

Richtig ist auch, dass man ihn „auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen“ muss. Hat man ihn aber in dem Moment nicht dabei, geht das eben nicht…

Eine Mitführungspflicht für Ausweisdokumente besteht laut § 2a SchwarzArbG (Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) nur für folgende Berufsgruppen:

  1. im Baugewerbe,
  2. im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  3. im Personenbeförderungsgewerbe,
  4. im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
  5. im Schaustellergewerbe,
  6. bei Unternehmen der Forstwirtschaft,
  7. im Gebäudereinigungsgewerbe,
  8. bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
  9. in der Fleischwirtschaft,
  10. im Prostitutionsgewerbe,
  11. Wach- und Sicherheitsgewerbe.

Nur die in diesen Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen tätigen Personen sind verpflichtet, ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz immer mitzuführen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen vorzulegen.

Die Strafbarkeit der Unbrauchbarmachung von Chips in Personalausweisen

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Immer wieder liest man in einschlägigen Foren, Facebookgruppen und Blogs nicht nur von Reichsbürgern, Verschwörungstheoretikern, Aluhutträgern und Datenschutzfanatikern davon, dass man den RFID Chip im Personalausweis unbrauchbar machen solle, z.B. indem man den Ausweis in der Mikrowelle bearbeite, am besten bei „800 Watt für 5 Minuten, bis die Funken fliegen“. Andere raten dazu, den Herd auf eine Induktionsherdplatte zu legen und diese einzuschalten; schon der Testimpuls der Induktionsplatte würde den Chip unbrauchbar machen, was zudem im Gegensatz zur Mikrowellenmethode keine Spuren hinterlassen würde.

Die etwas breitere Öffentlichkeit dürfte 2015 zum ersten mal davon erfahren haben, als über einen Mann berichtet wurde, der genau das getan hatte. Als dies bei einer Kontrolle am Frankfurter Flughafen festgestellt wurde, erstattete die Bundespolizei eine Strafanzeige wegen des Veränderns amtlicher Ausweise – § 273 StGB.

Letzteres führte dann wieder zu viel Häme – das Unbrauchbarmachen sei in diesem Fall gar nicht verboten: denn strafbar macht sich nach § 273 StGB zum einen nur, wer dies „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ tut, was hier wohl nicht der Fall ist. Fraglich ist zudem, ob die Daten auf dem Chip als solches eine „Eintragung“ im Sinne der Norm sind. Damit könne das Beschädigen des Chips eben auch nicht strafbar sein. Auch Urkundenfälschung (§ 267 StGB) kommt nicht in Frage. Es wird daher immer wieder behauptet, das Zerstören des RFID Chips sei also straffrei…

Zu früh gefreut.

Denn der Ausweis ist nach § 4 PauswG (Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis – Personalausweisgesetz) Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.

Und nach § 303 StGB macht sich strafbar, wer „rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört“ – eine ganz einfache Sachbeschädigung eben. Ob daneben auch § 303a StGB einschlägig ist – „wer rechtswidrig Daten löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert“ – kann letztlich an dieser Stelle offen bleiben und wird vielleicht irgendwann mal Thema in Hausarbeiten für den Strafrecht Schein. In der Praxis wird es wohl nur wenige Verfahren geben, da anders als in dem Frankfurter Flughafen Falle, der Beschuldigte wohl kaum zugeben wird, dass er den Ausweis selbst beschädigt hat.

Trotzdem liebe Kinder, Reichsbürger, Aluhutträger und Übervorsichtige: es ist nicht straffrei, den RFID Chip des Personalsausweises zu zerstören.

Wer Sorge hat, seine Daten könnten über den Chip im Vorbeigehen ausgelesen werden – was tatsächlich nicht ganz unmöglich ist, kann sich ganz legal mit einer Schutzhüllen absichern, die keine Funksignale durchlässt.

Die Federn des Bundesadlers

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Sechs oder sieben Federn – wilde Theorien

Ebenso, wie es über die Bedeutung der Farbe des Reisepasses viele unsinnige Mutmaßungen gibt, so gibt es diese auch über die Anzahl der Federn des Bundesadler auf Ausweisdokumenten.

So hat der große Bundesadler auf der Vorderseite des Personalausweis jeweils sieben Federn pro Schwinge, der kleine holografische Adler über dem Bild jedoch nur sechs. Ähnlich Konfusion beim Adler im Reisepass: auf der Außenseite hat er pro Seite 6 Federn, innen hat er dann 7.

Sucht man im Internet nach dem Hintergrund, so haben die Verschwörungstherotiker hier die Deutungshoheit. So sei der Adler mit sechs Federn je Schwinge der alte Reichsadler, der mit sieben Federn je Flügel stünde dafür, dass Deutschland noch unter alliierter Besatzung stehe. Der Reichsadler sei ein Hoheitszeichen, das dafür stünde, dass das deutsche Reich noch nicht untergegangen sei, der Bundesadler sei hingegen das Firmensymbol der BRD GmbH. Manchmal werden Bundes- und Reichsadler auch verwechselt.

Auf Spurensuche nach den Adlerfedern

Gehen wir der Sache auf den Grund und suchen nach rechtlichen Grundlagen. Als erstes finden die „Bekanntmachung betreffend das Bundeswappen und den Bundesadler“ des Bundespräsidenten vom 20. Januar 1950. Dort heißt es:

Auf Grund eines Beschlusses der Bundesregierung gebe ich hiermit bekannt, daß das Bundeswappen auf goldgelbem Grund den einköpfigen schwarzen Adler zeigt, den Kopf nach rechts gewendet, die Flügel offen, aber mit geschlossenem Gefieder, Schnabel, Zunge und Fänge von roter Farbe.

Wird der Bundesadler ohne Umrahmung dargestellt, so sind das gleiche Bild und die gleichen Farben wie beim Adler im Bundeswappen zu verwenden, doch sind die Spitzen des Gefieders nach außen gerichtet.

Die im Bundesministerium des Innern verwahrten Muster sind für die heraldische Gestaltung des Bundeswappens maßgebend. Die künstlerische Ausgestaltung bleibt für jeden besonderen Zweck vorbehalten.

Nachempfunden sind die Adler in der Tat derer der Weimarer Republik in den 1920er Jahren, an deren Tradition die Bundesrepublik bewusst treten wollte. Zudem sollte damit unterstrichen werden, dass die Bundesrepublik Deutschland und nicht die DDR Rechtsnachfolger des deutschen Reichs sein sollte.

Kein Wort aber über die Anzahl der Federn. Und eigentlich könnte man es unter Hinweis auf die „künstlerische Ausgestaltung“ auf sich beruhen lassen. Aber wir suchen weiter.

Auch in der „Anordnung über die deutschen Flaggen“ vom 13. November 1996 ist kurz vom Bundesadler in der Standarte des Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin die Rede (I.2), ohne auf die Anzahl der Flügel einzugehen. Dort hat er übrigens fünf Federn je Seite, genau so wie zeitweise bei der Standarte des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik, der später dann aber 6 Federn je Flügel bekam.

Nehmen wir das zum Anlass, mal zu schauen, welche Adler mit wie vielen Federn es in der Praxis gibt:

  • Im Bundeswappen mit fünf Federn (entsprechend dem Reichswappen der Weimarer Republik von 1928, entworfen 1926 von Karl-Tobias Schwab)
  • Bundesschild mit Adler mit je fünf Federn
  • Adler in der Standarte des Bundespräsidenten mit je fünf Federn (übrigens auch als Standarte des Reichspräsidenten von 1921 bis 1926 in Gebrauch; von Rudolf Koch entworfen)
  • Bundesadler als Logo der Bundesorgane mit je fünf Federn
  • Kleines Bundessiegel mit je sechs Ferdern (entworfen von Siegmund von Weech)
  • Großes Bundessiegel mit je sieben Federn
  • Auf der 1 Euro Münze hat der Adler je Seite geschätzt mehr als 20 Federn

Adler mit sechs und sieben Federn finden wir also zwei mal, eben beim kleinen und beim großen Bundessiegel. Suchen wir weiter nach den Bundessiegeln, so stoßen wir bald auf den Dienstsiegelerlaß (Erlaß über die Dienstsiegel; DSiegelErl) vom 20. Januar 1950. Dort heißt es in § 2:

(1) Das große Bundessiegel wird von dem Bundespräsidenten, dem Bundeskanzler, den Bundesministern und dem Rechnungshof der Bundesrepublik Deutschland sowie von dem Präsidenten, dem Zentralbankrat und dem Direktorium der Deutschen Bundesbank geführt; es wird bei feierlichen Beurkundungen, besonders bei Ausfertigung von Gesetzen und Verordnungen, sowie bei Bestallungen angewendet.
(2) Des großen Bundessiegels können sich auch der Präsident des Bundestages und der Präsident des Bundesrates bedienen.
(3) Das Bundesverfassungsgericht, das Oberste Bundesgericht sowie die oberen Bundesgerichte verwenden das große Bundessiegel zur Ausfertigung von Urteilen und Beschlüssen.

Die übrigen Bundesbehörden verwenden nach § 3 DSiegelErl das kleine Bundessiegel. Über die  Anzahl der Federn immer noch nichts. § 5 des DSiegelErl entnehmen wir aber, dass näheres des Bundesinnenministerium des Innern näheres regelt.

Und so kommen wir endlich auf die „Richtlinien für die Anfertigung von Dienstsiegeln und Verwendung des Bundesadlers auf amtlichen Schildern und Drucksachen“ vom 4. März 1950, hier abrufbar. Interessant ist dabei besonders Nummer 3:

Bei der Verwendung des Bundesadlers ist zu unterscheiden zwischen den Fällen, in denen er in Form von Stempeln und Siegeln behördlichen Äußerungen oder Erklärungen urkundlichen Wert gibt, und den Fällen, in denen er eine mehr dekorative Aufgabe erfüllt. In den letzteren Fällen hat der Adler weder wertbestimmende noch urkundliche Bedeutung, er soll vielmehr bildlich erkennbar machen, daß es sich um eine amtliche Veröffentlichung des Bundes handelt.

Auch nichts über die Zahl der Federn… Immerhin gibt es aber eine Bildtafel, die (teilweise?) online verfügbar ist:

bundessiegel

Überraschung: wir sehen hier Adler mit sechs und sieben Federn je Seite.

Der große Adler auf dem Personalausweis hat – ähnlich wie das Brandenburger Tor auf der Rückseite – mehr gestalterische Bedeutung; er ist in der Form dem großen Bundessiegel mit sieben Federn angelehnt. Der holographische Adler sieht aus wie das kleine Bundessiegel.

Der Adler auf der Vorderseite des Reisepasses entspricht ziemlich genau dem „Muster für Zierschmuck im Druck“ (Nummer 4), wohingegen die großen Adler auf der Innenseiten des Reisepasses aussehen wie der Adler auf der Vorderseite des Personalausweises.

Große Adler mit sieben Federn je Seite sehen auch einfach besser aus, während es bei kleineren Adlern ohnehin nicht so auf die Details ankommt.

Viel Wind um nichts

Letztlich also auch hier wieder viel Wind um nichts. Ob der Adler nun fünf, sechs oder sieben Federn hat, ist belanglos – alle Varianten kommen vor und es lassen sich hier keinerlei Rückschlüsse ziehen.

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