Märchen: Richilde

Richilde ist ein deutsches Kunstmärchen, das von Johann Karl August Musäus im 18. Jahrhundert geschrieben wurde. Es ist eine sehr ausführliche und ausschmückende grundlegende Version des Schneewittchen Märchens, die viele Elemente aus anderen Märchen aufnimmt. In diesem Märchen heißt das Mädchen Richilde und lebt bei ihrer Tante, die sie hasst. Sie flieht vor einem Jäger in den Wald und findet Zuflucht bei sieben Rittern, die ihr helfen. Die böse Tante versucht mehrmals, Richilde zu töten, indem sie sich als alte Frau verkleidet und ihr vergiftete Geschenke bringt. Richilde wird schließlich von einem Grafen gerettet, der sie heiratet:

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Eine schnelle Meinung zur Disney Neuverfilmung von Schneewittchen

Disney verfilmt Schneewittchen neu: Mit der halb-kolumbianischen Rachel Zegler als Schneewittchen und Zwergen, die keine Zwerge mehr sind, sondern sich als magische Wesen definieren. Und den Prinz will Schneewittchen wohl auch nicht heiraten.

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Märchen: Die kleine Seejungfrau

Das Märchen „Die kleine Seejungfrau“ von Hans Christian Andersen ist meist als „Die kleine Meerjungfrau“ bekannt. Die obige Illustration stammt von Anne Anderson.

Weit hinaus im Meer ist das Wasser so blau, wie die Blätter der schönsten Kornblume, und so klar, wie das reinste Glas, aber es ist sehr tief, tiefer als irgend ein Ankertau reicht; viele Kirchtürme müßten auf einander gestellt werden, um vom Boden bis über das Wasser zu reichen.

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Märchen: Das hässliche Entlein (Hans Christian Andersen)

Es war herrlich draußen auf dem Lande; es war Sommer, das Korn stand gelb, der Hafer grün, das Heu war unten auf den grünen Wiesen in Schobern aufgesetzt, und da ging der Storch auf seinen langen roten Beinen und plapperte ägyptisch, denn diese Sprache hatte er von seiner Mutter gelernt. Rings um den Acker und die Wiese waren große Wälder und mitten in den Wäldern tiefe Seen, ja es war wirklich herrlich da draußen auf dem Lande! Mitten im Sonnenschein lag dort ein altes Rittergut, von tiefen Kanälen umgeben, und von der Mauer bis zum Wasser herunter wuchsen große Klettenblätter, die so hoch waren, daß kleine Kinder unter den höchsten aufrecht stehen konnten; es war aber so wild darin, wie im tiefsten Walde. Hier saß eine Ente auf dem Neste, welche ihre Jungen ausbrüten mußte, aber es wurde ihr fast zu langweilig, ehe die Jungen kamen, dazu bekam sie selten Besuch; die andern Enten schwammen lieber in den Kanälen umher, als daß sie hinauf liefen, sich unter ein Kleeblatt zu setzen und mit ihr zu schnattern.

Endlich borst ein Ei nach dem andern. »Piep, piep!« sagte es und alle Eidotter waren lebendig geworden und die jungen Entlein steckten den Kopf her aus.

»Rapp, rapp!« sagte sie, und so rappelten sich alle, was sie konnten, und sahen nach allen Seiten unter den grünen Blättern, und die Mutter ließ sie sehen, so viel sie wollten, denn das Grüne ist gut für die Augen.

»Wie groß ist doch die Welt!« sagten alle Jungen; denn nun hatten sie freilich ganz anders Platz, als wie sie noch drinnen im Ei lagen.

»Glaubt Ihr, daß dies die ganze Welt sei?« sagte die Mutter. »Die erstreckt sich noch weit über die andere Seite des Gartens, gerade hinein in des Pfarrers Feld, aber da bin ich noch nie gewesen! Ihr seid doch alle beisammen?« fuhr sie fort, und so stand sie auf. »Nein, ich habe noch nicht alle, das größte Ei liegt noch da. Wie lange soll das noch währen? Jetzt bin ich es bald überdrüssig!« Und so setzte sie sich wieder.

»Nun, wie geht es?« sagte eine alte Ente, welche gekommen war, um ihr einen Besuch abzustatten.

»Es währt so lange mit dem einen Ei!« sagte die Ente, die da saß; »es will nicht entzwei gehen; doch blicke nur auf die andern hin, sind sie nicht die niedlichsten Entlein, die man je gesehen? Sie gleichen allesamt ihrem Vater; der Bösewicht kommt nicht, mich zu besuchen.«

»Laß mich das Ei sehen, welches nicht bersten will!« sagte die Alte. »Glaube mir, es ist ein Kalekutenei; ich bin auch einmal so angeführt worden, und hatte meine große Sorge und Not mit den Jungen, denn ihnen ist bange vor dem Wasser. Ich konnte sie nicht hinein bekommen, ich rappte und schnappte, aber es half nichts. Laß mich das Ei sehen. Ja, das ist ein Kalekutenei, laß Du das liegen und lehre lieber die andern Kinder schwimmen.«

»Ich will doch noch ein bißchen darauf sitzen,« sagte die Ente, »habe ich nun so lange gesessen, kann ich auch noch einige Zeit sitzen.«

»Nach Belieben,« sagte die alte Ente und ging von dannen.

Endlich borst das große Ei. »Piep, piep!« sagte das Junge und kroch heraus; es war groß und häßlich. Die Ente betrachtete es. »Das ist doch ein gewaltig großes Entlein,« sagte sie; »keins von den andern sieht so aus; sollte es doch ein kalekutisches Küchlein sein? Nun, wir wollen bald dahinter kommen; in das Wasser muß es, ob ich es auch selbst hineinstoßen soll.«

Am nächsten Tage war schönes, herrliches Wetter. Die Sonne schien auf all‘ die grünen Kletten. Die Entleinmutter ging mit ihrer ganzen Familie zu dem Kanal hinunter; platsch; da sprang sie in das Wasser. »Rapp, rapp!« sagte sie, und ein Entlein nach dem andern plumpte hinein; das Wasser schlug ihnen über dem Kopfe zusammen, aber sie kamen gleich wieder empor und schwammen so prächtig, die Beine gingen von selbst, und alle waren sie darin, selbst das häßliche, graue Junge schwamm mit.

»Nein, es ist kein Kalekut,« sagte sie; »sieh, wie herrlich es die Beine gebraucht, wie gerade es sich hält, es ist mein eigenes Kind. Im grunde ist es doch ganz hübsch, wenn man es nur recht betrachtet. Rapp, rapp! – Kommt nur mit mir, ich werde Euch in die große Welt führen, Euch im Entenhof vorstellen, aber haltet Euch immer nahe zu mir, damit niemand auf Euch trete, und nehmt Euch vor den Katzen in acht!«

Und so kamen sie in den Entenhof hinein. Da drinnen war ein schrecklicher Lärm, denn da waren zwei Familien, die sich um einen Aalkopf bissen, und am Ende bekam ihn doch die Katze.

»Seht, so geht es in der Welt zu!« sagte die Entenmutter und wetzte ihren Schnabel, denn sie wollte auch den Aalkopf haben. »Braucht nur die Beine!« sagte sie. »Seht, daß Ihr Euch rappeln könnt, und neigt Euren Hals vor der alten Ente dort; sie ist die vornehmste von allen hier; sie ist aus spanischem Geblüt, deswegen ist sie so dick; und seht Ihr, sie hat einen roten Lappen um das Bein, das ist etwas außerordentlich Schönes und die größte Auszeichnung, welche einer Ente zu Teil werden kann; das bedeutet so viel, daß man sie nicht verlieren will und daß sie von Tier und Menschen erkannt werden soll! Rappelt Euch; setzt die Füße nicht einwärts. Ein wohlerzogenes Entlein setzt die Füße weit von einander, gerade wie Vater und Mutter; seht, so! Nun neigt Euren Hals und sagt: ›Rapp!‹«

Und das thaten sie; aber die anderen Enten ringsumher betrachteten sie und sagten ganz laut: »Sieh da! Nun sollen wir noch den Anhang haben, als ob wir nicht schon genug wären, und pfui! wie das eine Entlein aussieht, das wollen wir nicht dulden!« Und sogleich flog eine Ente hin und biß es in den Nacken.

»Laß es in Ruhe!« sagte die Mutter. »Es thut ja niemand etwas.«

»Ja, aber es ist so groß und ungewöhnlich,« sagte die beißende Ente, »und deshalb muß es gepufft werden.«

»Es sind hübsche Kinder, welche die Mutter hat,« sagte die Ente mit dem Lappen um das Bein. »Alle zusammen schön, bis auf das eine, das ist nicht geglückt; ich möchte wünschen, daß sie es umarbeiten könnte.«

»Das geht nicht, Ihro Gnaden,« sagte die Entleinmutter; »es ist nicht hübsch, aber es hat ein gutes Gemüt und schwimmt so herrlich wie eins von den andern, ja, ich darf sagen, noch etwas besser; ich denke, es wird hübsch heranwachsen und mit der Zeit etwas kleiner werden; es hat so lange in dem Ei gelegen und deshalb nicht die rechte Gestalt bekommen!« Und so zupfte sie es im Nacken und glättete das Gefieder. »Es ist überdies ein Enterich,« sagte sie, »und darum macht es nicht so viel aus. Ich denke, er wird gute Kräfte bekommen, er schlägt sich schon durch.«

»Die andern Entlein sind niedlich,« sagte die Alte. »Thut nun, als ob Ihr zu Hause wäret, und findet Ihr einen Aalkopf, so könnt Ihr mir ihn bringen.«

Und so waren sie wie zu Hause.

Aber das arme Entlein, welches zuletzt aus dem Ei gekrochen war und so häßlich aussah, wurde gebissen, gestoßen und zum besten gehalten, und das sowohl von den Enten wie von den Hühnern. »Es ist zu groß,« sagten sie allesamt, und der kalekutische Hahn, welcher mit Sporen zur Welt gekommen war und deshalb glaubte, daß er Kaiser sei, blies sich wie ein Fahrzeug mit vollen Segeln auf, ging gerade auf dasselbe los, und dann kollerte er und wurde ganz rot am Kopfe. Das arme Entlein wußte weder, wo es stehen noch gehen sollte; es war betrübt, weil es häßlich aussah und vom ganzen Entenhofe verspottet wurde.

So ging es den ersten Tag, und später wurde es schlimmer und schlimmer. Das Entlein wurde von allen gejagt, selbst seine Geschwister waren böse gegen dasselbe und sagten immer: »Wenn die Katze Dich nur fangen möchte, Du häßliches Geschöpf!« und die Mutter sagte: »Wenn Du nur weit fort wärest!« Die Enten bissen es, und die Hühner schlugen es, und das Mädchen, welches die Tiere füttern sollte, stieß mit dem Fuße danach.

Da lief und flog es über das Gehege; die kleinen Vögel in den Büschen flogen erschrocken auf. »Das geschieht, weil ich häßlich bin!« dachte das Entlein und schloß die Augen, lief aber gleichwohl weiter; so kam es hinaus zu dem großen Moor, wo die wilden Enten wohnten. Hier lag es die ganze Nacht, es war sehr müde und kummervoll.

Am Morgen flogen die wilden Enten auf und sie betrachteten den neuen Kameraden. »Was bist Du für einer?« fragten sie, und das Entlein wandte sich nach allen Seiten und grüßte, so gut es konnte.

»Du bist außerordentlich häßlich!« sagten die wilden Enten. »Aber das kann uns gleichgiltig sein, wenn Du Dich nur nicht in unsere Familie hinein heiratest.« Das Arme dachte wahrlich nicht daran, sich zu verheiraten, wenn es nur die Erlaubnis hatte, im Schilfe zu liegen und etwas Moorwasser zu trinken.

So lag es ganze zwei Tage. Da kamen zwei wilde Gänse oder richtiger wilde Gänseriche dorthin; es war noch nicht lange her, daß sie aus dem Ei gekrochen waren, und deshalb waren es auch so keck.

»Höre, Kamerad,« sagten sie, »Du bist so häßlich, daß wir Dich gut leiden mögen; willst Du mitziehen und Zugvogel sein? Hier nahebei in einem andern Moor giebt es einige liebliche, wilde Gänse, alle zusammen Fräulein, die da Rapp! sagen können. Du bist im stande, Dein Glück zu machen, so häßlich Du auch bist!«

»Piff, paff!« ertönte es und beide wilde Gänseriche fielen tot in das Schilf nieder, und das Wasser wurde blutrot. »Piff, paff!« erscholl es wieder, und ganze Scharen wilder Gänse flogen aus dem Schilfe auf, und dann knallte es wieder. Es war große Jagd; die Jäger lagen rings um das Rohr herum, ja einige saßen oben in den Baumzweigen, welche sich weit über das Schilf hinstreckten, der blaue Dampf zog gleich Wolken in die dunklen Bäume hinein und ging weit über das Wasser hin; zum Moor kamen die Jagdhunde: platsch! platsch! – das Schilf und Rohr neigte sich nach allen Seiten. Das war ein Schreck für das arme Entlein; es wendete den Kopf, um ihn unter den Flügel zu stecken, und im selben Augenblick stand ein fürchterlich großer Hund dicht bei dem Entlein, die Zunge hing ihm lang aus dem Halse heraus, und die Augen leuchteten greulich häßlich; er streckte seinen Rachen dem Entlein gerade entgegen, zeigte ihm die scharfen Zähne und – platsch! platsch! ging er wieder, ohne es zu packen.

»O, Gott sei Dank!« seufzte das Entlein, »ich bin so häßlich, daß mich selbst der Hund nicht beißen mag!«

So lag es ganz still, während der Bleihagel durch das Schilf sauste und Schuß auf Schuß knallte.

Erst spät am Tage wurde es still, aber das arme Junge wagte noch nicht, sich zu erheben; es wartete noch mehrere Stunden, bevor es sich umsah, und dann eilte es fort aus dem Moor, so schnell es konnte; es lief über Feld und Wiese, und es war ein Sturm, daß es ihm schwer wurde, von der Stelle zu kommen.

Gegen Abend erreichte es eine kleine Bauernhütte, die war so baufällig, daß sie selbst nicht wußte, nach welcher Seite sie fallen wollte und darum blieb sie stehen. Der Sturm umsauste das Entlein so, daß es sich niedersetzen mußte, um sich dagegen zu stemmen; und es wurde schlimmer und schlimmer; da bemerkte es, daß die Thür aus der einen Angel gegangen war, und so schief hing, daß es durch die Öffnung in die Stube hinein schlüpfen konnte, und das that es.

Hier wohnte eine alte Frau mit ihrer Katze und ihrem Huhne, und die Katze, welche sie Söhnchen nannte, konnte einen Buckel machen und spinnen, sie sprühte sogar Funken, aber dann mußte man sie gegen die Haare streicheln. Das Huhn hatte ganz kleine, niedrige Beine und deshalb wurde es Küchelchen-Kurzbein genannt; es legte gut Eier, und die Frau liebte es wie ihr eigenes Kind.

Am Morgen bemerkte man sogleich das fremde Entlein, und die Katze fing an zu spinnen und das Huhn zu glucken.

»Was ist das?« sagte die Frau und sah sich rings um, aber sie sah nicht gut, und so glaubte sie, daß das Entlein eine fette Ente sei, die sich verirrt habe. »Das ist ja ein seltsamer Fang!« sagte sie. »Nun kann ich Enteneier bekommen. Wenn es nur kein Enterich ist! Das müssen wir erproben.«

Und so wurde das Entlein für drei Wochen auf Probe angenommen, aber da kamen keine Eier. Und die Katze war Herr im Hause und das Huhn war die Frau und immer sagten sie: »Wir und die Welt!« denn sie glaubten, daß sie die Hälfte seien, und zwar der allerbeste Teil. Das Entlein glaubte, daß man auch eine andere Meinung haben könne, aber das litt das Huhn nicht.

»Kannst Du Eier legen?« fragte es.

»Nein!«

»So wirst Du Deinen Mund halten!«

Und die Katze sagte: »Kannst Du einen krummen Buckel machen, spinnen und Funken sprühen?«

»Nein!«

»So darfst Du auch keine Meinung haben, wenn vernünftige Leute sprechen!«

Das Entlein saß im Winkel und war bei schlechter Laune; da fiel es ihm ein, an die frische Luft und den Sonnenschein zu denken; es bekam so sonderbare Lust, auf dem Wasser zu schwimmen, daß es nicht unterlassen konnte, dies der Henne zu sagen.

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»Was fehlt Dir?« fragte diese. »Du hast nichts zu thun, deshalb bekommst Du die Grillen! Lege Eier oder spinne, so gehen sie vorüber.«

»Aber es ist so schön, auf dem Wasser zu schwimmen,« sagte das Entlein, »so herrlich, es über dem Kopfe zusammenschlagen zu lassen und auf den Grund niederzutauchen!«

»Ja, das ist ein großes Vergnügen!« sagte die Henne. »Du bist wohl verrückt geworden! Frage die Katze danach, sie ist die klügste, die ich kenne, ob sie es liebt, auf dem Wasser zu schwimmen oder unterzutauchen; ich will nicht von mir sprechen. Frage selbst unsere Herrschaft, die alte Frau, klüger als sie ist niemand auf der Welt! Glaubst Du, daß sie Lust hat, zu schwimmen und das Wasser über dem Kopfe zusammenschlagen zu lassen?«

»Ihr versteht mich nicht!« sagte die Ente.

»Wir verstehen Dich nicht? Wer soll Dich denn verstehen können? Du wirst doch wohl nicht klüger sein wollen als die Katze und die Frau, mich will ich nicht erwähnen! Bilde Dir nichts ein, Kind, und danke Deinem lieben Schöpfer für all‘ das Gute, das man Dir erwiesen! Bist Du nicht in eine warme Stube gekommen und hast einen Umgang, von dem Du etwas lernen kannst? Aber Du bist ein Schwätzer, und es ist nicht erfreulich, mit Dir umzugehen. Mir kannst Du glauben, ich meine es gut mit Dir, ich sage Dir Unannehmlichkeiten, und daran kann man seine wahren Freunde erkennen! Sieh zu, daß Du Eier legen oder spinnen und Funken sprühen lernst!«

»Ich glaube, ich gehe hinaus in die weite Welt!« sagte das Entlein.

»Ja, thue das!« sagte das Huhn.

Und so ging das Entlein; es schwamm auf dem Wasser, es tauchte unter, aber von allen Tieren wurde es wegen seiner Häßlichkeit übersehen.

Nun trat der Herbst ein, die Blätter im Walde wurden gelb und braun, der Wind riß sie ab, sodaß sie umhertanzten, und oben in der Luft war es sehr kalt; die Wolken hingen schwer von Hagel und Schneeflocken, und auf dem Zaun stand ein Rabe und schrie: »Au, au!« vor lauter Kälte; ja, man konnte ordentlich frieren, wenn man daran dachte. Das arme Entlein hatte es wahrlich nicht gut. Eines Abends, als die Sonne schön unterging, kam ein ganzer Schwarm herrlicher, großer Vögel aus dem Busche; das Entlein hatte solche nie so schön gesehen. Sie waren ganz blendend weiß, mit langen, geschmeidigen Hälsen, es waren Schwäne. Sie stießen einen ganz eigentümlichen Ton aus, breiteten ihre prächtigen, langen Flügel aus und flogen von der kalten Gegend fort nach warmen Ländern, nach offenen Seen. Sie stiegen sehr hoch, und dem häßlichen, kleinen Entlein wurde es sonderbar zu Mute; es drehte sich im Wasser wie ein Rad rund herum, streckte den Hals hoch in die Luft nach ihnen aus und stieß einen so lauten und sonderbaren Schrei aus, daß es sich selbst davor fürchtete. O, es konnte die schönen, die glücklichen Vögel nicht vergessen, und sobald es sie nicht mehr erblickte, tauchte es gerade bis auf den Grund, und als es wieder heraufkam, war es gerade wie außer sich. Es wußte nicht, wie die Vögel hießen, nicht, wohin sie flogen, aber doch war es ihnen gut, wie es nie jemand gewesen. Es beneidete sie durchaus nicht; wie konnte es ihm einfallen, sich solche Lieblichkeit zu wünschen! Es wäre schon froh gewesen, wenn die Enten es unter sich geduldet hätten, das arme, häßliche Tier!

Der Winter wurde immer kälter; das Entlein mußte im Wasser herumschwimmen, um das völlige Zufrieren desselben zu verhindern; aber in der Nacht wurde das Loch, worin es schwamm, kleiner und kleiner; es fror, sodaß es in der Eisdecke knackte; das Entlein mußte fortwährend die Beine gebrauchen, damit das Wasser sich nicht schloß; zuletzt wurde es matt, lag ganz still und fror so im Eise fest.

Des Morgens früh kam ein Landmann, der dies sah; er ging hin und schlug mit seinem Holzschuh das Eis in Stücke und trug das Entlein heim zu seiner Frau. Da wurde es wieder belebt. Die Kinder wollten mit demselben spielen, aber das Entlein glaubte, sie wollten ihm etwas zu Leide thun, und fuhr in der Angst gerade in den Milchnapf hinein, sodaß die Milch in die Stube hinausspritzte; die Frau schrie, schlug die Hände zusammen, worauf es in das Butterfaß, dann hinunter in die Milchtonne und dann wieder aufflog. Wie sah es da aus! Die Frau schrie und schlug mit der Feuerzange darnach, die Kinder rannten einander über den Haufen, um das Entlein zu fangen; sie lachten und schrieen! Gut war es, daß die Thür aufstand und es zwischen die Reiser in den frischgefallenen Schnee schlüpfen konnte; da lag es, ganz ermattet.

ber all‘ die Not und das Elend, welches das Entlein in dem harten Winter erdulden mußte, zu erzählen, würde zu trübe sein. Es lag im Moor, zwischen dem Rohre, als die Sonne wieder warm zu scheinen begann; die Lerchen sangen, es war herrlicher Frühling.

Da konnte auf einmal das Entlein seine Flügel schwingen, sie brausten stärker als früher und trugen es kräftig davon; und ehe dasselbe es recht wußte, befand es sich in einem großen Garten, wo die Äpfelbäume in Blüte standen, wo der Flieder duftete und seine langen, grünen Zweige gerade bis zu den gekrümmten Kanälen hinunter neigte. O, hier war es schön und frühlingsfrisch! Gerade vorn aus dem Dickicht kamen drei prächtige weiße Schwäne; sie brausten mit den Federn und schwammen leicht auf dem Wasser. Das Entlein kannte die prächtigen Tiere und wurde von einer eigentümlichen Traurigkeit befallen.

»Ich will zu ihnen hinfliegen, zu den königlichen Vögeln, und sie werden mich totschlagen, weil ich, da ich so häßlich bin, mich ihnen zu nähern wage; aber das ist ja gleichviel! Besser, von ihnen getötet, als von den Enten gezwackt, von den Hühnern geschlagen, von dem Mädchen, welches den Hühnerhof hütet, gestoßen zu werden und im Winter Mangel zu leiden.« Es flog hinaus in das Wasser und schwamm den prächtigen Schwänen entgegen; diese erblickten es und schossen mit brausenden Federn auf dasselbe los. »Tötet mich nur!« sagte das arme Tier und neigte seinen Kopf der Wasserfläche zu und erwartete den Tod. Aber was erblickte es in dem klaren Wasser? Es sah sein eigenes Bild unter sich, das kein plumper, schwarzgrauer Vogel mehr, häßlich und garstig, sondern selbst ein Schwan war.

Es schadet nichts, in einem Entenhofe geboren zu sein, wenn man nur in einem Schwanenei gelegen hat.

Es fühlte sich ordentlich erfreut über all‘ die Not und die Drangsal, welche es erduldet; nun erkannte es erst sein Glück an all‘ der Herrlichkeit, die es begrüßte.

Die großen Schwäne umschwammen es und streichelten es mit dem Schnabel.

Im Garten kamen da einige kleine Kinder, die warfen Brot und Korn in das Wasser, und das kleinste rief: »Da ist ein neuer!« Und die anderen Kinder jubelten mit: »Ja, es ist ein neuer angekommen!« Sie klatschten mit den Händen und tanzten umher, liefen zum Vater und zu der Mutter, und es wurde Brot und Kuchen in das Wasser geworfen, und sie sagten alle: »Der neue ist der schönste, so jung und so prächtig!« Und die alten Schwäne neigten sich vor ihm.

Da fühlte er sich beschämt und steckte den Kopf unter seine Flügel; er wußte selbst nicht, was er beginnen sollte, er war allzu glücklich, aber durchaus nicht stolz; denn ein gutes Herz wird nie stolz! Er dachte daran, wie er verfolgt und verhöhnt worden war, und hörte nun alle sagen, daß er der schönste aller schönen Vögel sei; selbst der Flieder bog sich mit den Zweigen gerade zu ihm in das Wasser hinunter, und die Sonne schien warm und mild. Da brausten seine Federn, der schlanke Hals hob sich und aus vollem Herzen jubelte er: »So viel Glück habe ich mir nicht träumen lassen, als ich noch das häßliche Entlein war!«

Märchen: Rumpelstilzchen Variationen

Hier finden Sie eine Liste verschiedener Varianten des Märchens „Rumpelstilzchen“:

Gebrüder Grimm:

Parodistische Abwandlungen:

Bild: Briefmarke der DDR.

Märchen: Rumpelstilzchen (1857)

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm „ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Der König sprach zum Müller „das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt, wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie Morgen in mein Schloß, da will ich sie auf die Probe stellen.“ Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach „jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben.“ Darauf schloß er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin.

Da saß nun die arme Müllerstochter und wußte um ihr Leben keinen Rath: sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfieng. Da gieng auf einmal die Thüre auf, und trat ein kleines Männchen herein und sprach „guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint sie so sehr?“ „Ach,“ antwortete das Mädchen, „ich soll Stroh zu Gold spinnen, und verstehe das nicht.“ Sprach das Männchen „was gibst du mir, wenn ich dirs spinne?“ „Mein Halsband“ sagte das Mädchen. Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf, und schnurr, schnurr, schnurr, [282] dreimal gezogen, war auch die zweite voll: und so giengs fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Bei Sonnenaufgang kam schon der König und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz ward nur noch goldgieriger. Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen und weinte, da gieng abermals die Thüre auf, und das kleine Männchen erschien und sprach „was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?“ „Meinen Ring von dem Finger“ antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, fieng wieder an zu schnurren mit dem Rade und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach „die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen: gelingt dirs aber, so sollst du meine Gemahlin werden.“ „Wenns auch eine Müllerstochter ist,“ dachte er, „eine reichere Frau finde ich in der ganzen Welt nicht.“ Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder und sprach „was gibst du mir, wenn ich dir noch diesmal das Stroh spinne?“ „Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte“ antwortete das Mädchen. „So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind.“ „Wer weiß wie das noch geht“ dachte die Müllerstochter und wußte sich auch in der Noth nicht anders zu helfen; sie versprach also dem Männchen was es verlangte, und das Männchen spann dafür noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam und alles fand wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr, und die schöne Müllerstochter ward eine Königin.

Über ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zur Welt und dachte gar nicht mehr an das Männchen: da trat es plötzlich in ihre Kammer und sprach „nun gib mir was du versprochen hast.“ Die Königin erschrack und bot dem Männchen alle Reichthümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte: aber das Männchen sprach „nein, etwas lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“ Da fieng die Königin so an zu jammern und zu weinen, daß das Männchen Mitleiden mit ihr hatte: „drei Tage will ich dir Zeit lassen,“ sprach er, „wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.“

Nun besann sich die Königin die ganze Nacht über auf alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte einen Boten über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit was es sonst noch für Namen gäbe. Als am andern Tag das Männchen kam, fieng sie an mit Caspar, Melchior, Balzer, und sagte alle Namen, die sie wußte, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein „so heiß ich nicht.“ Den zweiten Tag ließ sie in der Nachbarschaft herumfragen wie die Leute da genannt würden, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor, „heißt du vielleicht Rippenbiest oder Hammelswade oder Schnürbein?“ aber es antwortete immer „so heiß ich nicht.“ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte „neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie

„heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!“

Da könnt ihr denken wie die Königin froh war, als sie den Namen hörte, und als bald hernach das Männlein herein trat und fragte „nun, Frau Königin, wie heiß ich?“ fragte sie erst „heißest du Kunz?“ „Nein.“ „Heißest du Heinz?“ „Nein.“

„Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“

„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt“ schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.

Dies ist die letzte Fassung des Märchens Rumpelstilzchen der Gebrüder Grimm, das 1857 erschien.

Märchen: Rumpelstilzchen (1850)

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm „ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Der König, der das Gold lieb hatte, dachte „das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt“ und sprach zum Müller „wenn deine Tochter so geschickt ist, so bring sie Morgen in mein Schloß, da will ich sie auf die Probe stellen.“ Und als das Mädchen kam, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh war, gab ihr Rad und Haspel und sprach „jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben.“ Darauf schloß er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin.

Da saß nun die arme Müllerstochter und wußte um ihr Leben keinen Rath, denn sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfieng. Da gieng auf einmal die Thüre auf, und trat ein kleines Männchen herein und sprach „guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint sie so sehr?“ „Ach,“  antwortete das Mädchen, „ich soll Stroh zu Gold spinnen, und verstehe das nicht.“ Sprach das Männchen „was gibst du mir, wenn ich dirs spinne?“ „Mein Halsband“ sagte das Mädchen. Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll: und so giengs fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Bei Sonnenaufgang kam schon der König und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz ward nur noch geldgieriger. Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen und weinte, da gieng abermals die Thüre auf, und das kleine Männchen erschien und sprach „was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?“ „Meinen Ring von dem Finger“ antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, fieng wieder an zu schnurren mit dem Rade und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach „die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen; wenn dir aber das gelingt, sollst du meine Gemahlin werden.“ „Denn,“ dachte er, „eine reichere Frau kannst du auf der Welt nicht haben.“ Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder und sprach „was gibst du mir, wenn ich dir noch diesmal das Stroh spinne?“ „Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte“ antwortete das Mädchen. „So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind.“ „Wer weiß wie das noch geht“ dachte die Müllerstochter und wußte sich auch in der Noth nicht anders zu helfen; sie versprach also dem Männchen was es verlangte, und das Männchen spann dafür noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam und alles fand wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr, und die schöne Müllerstochter ward eine Königin.

Über ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zu Welt und dachte gar nicht mehr an das Männchen: da trat es plötzlich in ihre Kammer, und sprach „nun gib mir was du versprochen hast.“ Die Königin erschrack, und bot dem Männchen alle Reichthümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte: aber das Männchen sprach „nein, etwas lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“ Da fieng die Königin so an zu jammern und zu weinen, daß das Männchen Mitleiden mit ihr hatte und sprach „drei Tage will ich dir Zeit lassen, wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.“
Nun dachte die Königin die ganze Nacht über an alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte einen Boten über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit nach neuen Namen. Als am andern Tag das Männchen kam, fieng sie an mit Caspar, Melchior, Balzer, und sagte alle Namen, die sie wußte, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein „so heiß ich nicht.“ Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei „so heiß ich nicht.“ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte „neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie

„heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!“

Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam und fragte „nun, Frau Königin, wie heiß ich?“ fragte sie erst „heißest du Cunz?“ „Nein.“ „Heißest du Heinz?“ „Nein.“

„Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“

„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt“ schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.

Märchen: Rumpelstilzchen (1843)

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und zu ihm sagte „ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Dem König, der das Gold lieb hatte, gefiel die Kunst gar wohl, und er befahl die schöne Müllerstochter sollte vor ihn gebracht werden. Da führte er sie in eine Kammer, die ganz voll Stroh war, gab ihr Rad und Haspel, und sprach „wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben. Darauf ward die Kammer verschlossen, und sie blieb allein darin.
Da saß nun die arme Müllerstochter, und wußte um ihr Leben keinen Rath, denn sie vorstand gar nichts davon, wie das Stroh zu Gold zu spinnen war, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfieng. Da gieng auf einmal die Thüre auf und trat ein kleines Männchen herein, und sprach „guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint sie so sehr?“ „Ach,“ antwortete das Mädchen, „ich soll Stroh zu Gold spinnen, und verstehe das nicht.“ Sprach das Männchen „was giebst du mir, wenn ich dirs spinne?“ „Mein Halsband“ sagte das Mädchen. Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll: und so giengs fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Als der König kam und nachsah, da erstaunte er, und freute sich, aber sein Herz wurde nur noch goldgieriger. Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen, und weinte, da gieng abermals die Thüre auf, und das kleine Männchen kam, und sprach „was giebst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?“ „Meinen Ring von dem Finger“ antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, und fieng wieder an zu schnurren mit dem Rade, und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach „die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen; wenn dir das gelingt, sollst du meine Gemahlin werden.“ „Denn,“ dachte er, „eine reichere Frau kannst du auf der Welt nicht haben.“ Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder, und sprach „was giebst du mir, wenn ich dir noch diesmal das Stroh spinne?“ „Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte“ antwortete das Mädchen. „So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind.“ „Wer weiß wie das noch geht“ dachte die Müllerstochter, und wußte sich auch in der Noth nicht anders zu helfen, und versprach dem Männchen was es verlangte; dafür spann das Männchen noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam, und alles fand wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr, und die schöne Müllerstochter ward eine Königin.

Über ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zu Welt, und dachte gar nicht mehr an das Männchen, da trat es in ihre Kammer und sprach „nun gieb mir was du versprochen hast.“ Die Königin erschrak, und bot dem Männchen alle Reichthümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte, aber das Männchen sprach „nein, etwas lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“ Da fieng die Königin so an zu jammern und zu weinen, daß das Männchen Mitleiden mit ihr hatte, und sprach „drei Tage will ich dir Zeit lassen, wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.“
Nun dachte die Königin die ganze Nacht über an alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte einen Boten über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit nach neuen Namen. Als am andern Tag das Männchen kam, fieng sie an mit Caspar, Melchior, Balzer, und sagte alle Namen, die sie wußte, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein „so heiß ich nicht.“ Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei „so heiß ich nicht.“ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück, und erzählte „neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein, und schrie

„heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!“

Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam, und sprach „nun, Frau Königin, wie heiß ich?“ fragte sie erst „heißest du Cunz?“ „Nein.“ „Heißest du Heinz?“ „Nein.“

„Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“

„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt“ schrie das Männlein, und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen, und riß sich selbst mitten entzwei.

Märchen: Schneewitchen (1812)

Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel, da saß eine schöne Königin an einem Fenster, das hatte einen Rahmen von schwarzem Ebenholz, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rothe in dem Weißen so schön aussah, so dachte sie: hätt ich doch ein Kind so weiß wie Schnee, so roth wie Blut und so schwarz wie dieser Rahmen. Und bald darauf bekam sie ein Töchterlein, so weiß wie der Schnee, so roth wie das Blut, und so schwarz wie Ebenholz, und darum ward es das Sneewittchen genannt.

Die Königin war die schönste im ganzen Land, und gar stolz auf ihre Schönheit, Sie hatte auch einen Spiegel, vor den trat sie alle Morgen und fragte:

Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land?“

da sprach das Spieglein allzeit:

„Ihr, Frau Königin, seyd die schönste Frau im Land.“

Und da wußte sie gewiß, daß niemand schöner auf der Welt war. Sneewittchen aber wuchs heran, und als es sieben Jahr alt war, war es so schön, daß es selbst die Königin an Schönheit übertraf, und als diese ihren Spiegel fragte:

„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land?“

sagte der Spiegel:

„Frau Königin, Ihr seyd die schönste hier,
aber Snewittchen ist noch tausendmal schöner als Ihr!“

Wie die Königin den Spiegel so sprechen hörte, ward sie blaß vor Neid, und von Stund an haßte sie das Sneewittchen, und wenn sie es ansah, und gedacht, daß durch seine Schuld sie nicht mehr die schönste auf der Welt sey, kehrte sich ihr das Herz herum. Da ließ ihr der Neid keine Ruhe, und sie rief einen Jäger und sagte zu ihm: „führ das Sneewittchen hinaus in den Wald an einen weiten abgelegenen Ort, da stichs todt, und zum Wahrzeichen bring mir seine Lunge und seine Leber mit, die will ich mit Salz kochen und essen.“ Der Jäger nahm das Sneewittchen und führte es hinaus, wie er aber den Hirschfänger gezogen hatte und eben zustechen wollte, da fing es an zu weinen, und bat so sehr, er mögt ihm sein Leben lassen, es wollt nimmermehr zurückkommen, sondern in dem Wald fortlaufen. Den Jäger erbarmte es, weil es so schön war und gedachte: die wilden Thiere werden es doch bald gefressen haben, ich bin froh, daß ich es nicht zu tödten brauche, und weil gerade ein junger Frischling gelaufen kam, stach er den nieder, nahm Lunge und Leber heraus und bracht sie als Wahrzeichen der Königin mit, die kochte sie mit Salz und aß sie auf, und meinte sie hätte Sneewittchens Lunge und Leber gegessen.

Sneewittchen aber war in dem großen Wald mutterseelig allein, so daß ihm recht Angst ward und fing an zu laufen und zu laufen über die spitzen Steine, und durch die Dornen den ganzen Tag: endlich, als die Sonne untergehen wollte, kam es zu einem kleinen Häuschen. Das Häuschen gehörte sieben Zwergen, die waren aber nicht zu Haus, sondern in das Bergwerk gegangen. Sneewittchen ging hinein und fand alles klein, aber niedlich und reinlich: da stand ein Tischlein mit sieben kleinen Tellern, dabei sieben Löfflein, sieben Messerlein und Gäblein, sieben Becherlein, und an der Wand standen sieben Bettlein neben einander frisch gedeckt. Sneewittchen war hungrig und durstig, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemüs und Brod, trank aus jedem Gläschen einen Tropfen Wein, und weil es so müd war, wollte es sich schlafen legen. Da probirte es die sieben Bettlein nach einander, keins war ihm aber recht, bis auf das siebente, in das legte es sich und schlief ein.
Wie es Nacht war, kamen die sieben Zwerge von ihrer Arbeit heim, und steckten ihre sieben Lichtlein an, da sahen sie, daß jemand in ihrem Haus gewesen war. Der erste sprach: „wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?“ Der zweite: „wer hat von meinem Tellerchen gegessen?“ Der dritte: „wer hat von meinem Brödchen genommen?“ Der vierte: „wer hat von meinem Gemüschen gegessen?“ Der fünfte: „wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?“ Der sechste: „wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?“ Der siebente: „wer hat aus meinem Becherlein getrunken?“ Darnach sah der erste sich um und sagte: „wer hat in mein Bettchen getreten?“ Der zweite: „ei, in meinem hat auch jemand gelegen?“ und so alle weiter bis zum siebenten, wie der nach seinem Bettchen sah, da fand er das Sneewittchen darin liegen und schlafen. Da kamen die Zwerge alle gelaufen, und schrieen vor Verwunderung, und holten ihre sieben Lichtlein herbei, und betrachteten das Sneewittchen, „ei du mein Gott! ei du mein Gott! riefen sie, was ist das schön!“ Sie hatten große Freude an ihm, weckten es auch nicht auf, und ließen es in dem Bettlein liegen; der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum. Als nun Sneewittchen aufwachte, fragten sie es, wer es sey und wie es in ihr Haus gekommen wäre, da erzählte es ihnen, wie seine Mutter es habe wollen umbringen, der Jäger ihm aber das Leben geschenkt, und wie es den ganzen Tag gelaufen, und endlich zu ihrem Häuslein gekommen sey. Da hatten die Zwerge Mitleiden und sagten: „wenn du unsern Haushalt versehen, und kochen, nähen, betten, waschen und stricken willst, auch alles ordentlich und reinlich halten, sollst du bei uns bleiben und soll dir an nichts fehlen; Abends kommen wir nach Haus, da muß das Essen fertig seyn, am Tage aber sind wir im Bergwerk und graben Gold, da bist du allein; hüt dich nur vor der Königin und laß niemand herein.“
Die Königin aber glaubte, sie sey wieder die allerschönste im Land, trat Morgens vor den Spiegel und fragte:

„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land?“

da antwortete der Spiegel aber wieder:

„Frau Königin, Ihr seyd die schönste hier:
aber Sneewittchen, über den sieben Bergen ist
noch tausendmal schöner als Ihr!“

wie die Königin das hörte erschrack sie und sah wohl, daß sie betrogen worden und der Jäger Sneewittchen nicht getödtet hatte. Weil aber niemand, als die sieben Zwerglein in den sieben Bergen war, da wußte sie gleich, daß es sich zu diesen gerettet hatte, und nun sann sie von neuem nach, wie sie es umbringen könnte, denn so lang der Spiegel nicht sagte, sie wär die schönste Frau im ganzen Land, hatte sie keine Ruh. Da war ihr alles nicht sicher und gewiß genug, und sie verkleidete sich selber in eine alte Krämerin, färbte ihr Gesicht, daß sie auch kein Mensch erkannte, und ging hinaus vor das Zwergenhaus. Sie klopfte an die Thür und rief: „macht auf, macht auf, ich bin die alte Krämerin, die gute Waare feil hat.“ Sneewittchen guckte aus dem Fenster: „was habt ihr denn?“ – „Schnürriemen, liebes Kind,“ sagte die Alte, und holte einen hervor, der war von gelber, rother und blauer Seide geflochten: „willst du den haben?“ – Ei ja, sprach Sneewittchen, und dachte die gute alte Frau kann ich wohl hereinlassen, die meints redlich; riegelte also die Thüre auf und handelte sich den Schnürriemen. „Aber wie bist du so schlampisch geschnürt, sagte die Alte, komm ich will dich einmal besser schnüren.“ Sneewittchen stellte sich vor sie, da nahm sie den Schnürriemen und schnürte und schnürte es so fest, daß ihm der Athem verging, und es für todt hinfiel. Darnach war sie zufrieden und ging fort.

Bald darauf ward es Nacht, da kamen die sieben Zwerge nach Haus, die erschracken recht, als sie ihr liebes Sneewittchen auf der Erde liegen fanden, als wär es todt. Sie hoben es in die Höhe, da sahen sie, daß es so fest geschnürt war, schnitten den Schnürriemen entzwei, da athmete es erst, und dann ward es wieder lebendig. „Das ist niemand gewesen, als die Königin, sprachen sie, die hat dir das Leben nehmen wollen, hüte dich und laß keinen Menschen mehr herein.“

Die Königin aber fragte ihren Spiegel:

„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land?“

der Spiegel antwortete:

„Frau Königin, Ihr seyd die schönste hier,
aber Sneewittchen bei den sieben Zwergelchen
ist tausendmal schöner als Ihr.“

Sie erschrack, daß das Blut ihr all zum Herzen lief, da sie sah, daß Sneewittchen wieder lebendig geworden war. Darnach sann sie den ganzen Tag und die Nacht, wie sie es doch noch fangen wollte, und machte einen giftigen Kamm, verkleidete sich in eine ganz andere Gestalt, und ging wieder hinaus. Sie klopfte an die Thür, Sneewittchen aber rief: „ich darf niemand hereinlassen;“ da zog sie den Kamm hervor, und als Sneewittchen den blinken sah und es auch jemand ganz fremdes war, so machte es doch auf, und kaufte ihr den Kamm ab. „Komm ich will dich auch kämmen,“ sagte die Krämerin, kaum aber stack der Kamm dem Sneewittchen in den Haaren, da fiel es nieder und war todt. „Nun wirst du liegen bleiben,“ sagte die Königin, und ihr Herz war ihr leicht geworden, und sie ging heim. Die Zwerge aber kamen zu rechter Zeit, sahen was geschehen, und zogen den giftigen Kamm aus den Haaren, da schlug Sneewittchen die Augen auf, und war wieder lebendig, und versprach den Zwergen, es wollte gewiß niemand mehr einlassen.

Die Königin aber stellte sich vor ihren Spiegel:

„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land!“

der Spiegel antwortete:

„Frau Königin, Ihr seyd die schönste hier,
aber Sneewittchen, bei den sieben Zwergelchen
ist tausendmal schöner als Ihr!“

Wie das die Königin wieder hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn: „so soll das Sneewittchen noch sterben, und wenn es mein Leben kostet!“ Dann ging sie in ihre heimlichste Stube, und niemand durfte vor sie kommen, und da machte sie einen giftigen, giftigen Apfel, äußerlich war er schön und rothbäckig, und jeder der ihn sah, bekam Lust dazu. Darauf verkleidete sie sich als Bauersfrau, ging vor das Zwerghaus und klopfte an. Sneewittchen guckte und sagte: „ich darf keinen Menschen einlassen, die Zwerge haben mirs bei Leibe verboten.“ „Nun, wenn Ihr nicht wollt, sagte die Bäuerin, kann ich euch nicht zwingen, meine Aepfel will ich schon los werden, da, einen will ich euch zur Probe schenken.“ – „Nein, ich darf auch nichts geschenkt nehmen, die Zwerge wollens nicht haben.“ – „Ihr mögt Euch wohl fürchten, da will ich den Apfel entzwei schneiden und die Hälfte essen, da den schönen rothen Backen sollt Ihr haben;“ der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß nur die rothe Hälfte vergiftet war. Da sah Sneewittchen, daß die Bäuerin selber davon aß, und sein Gelüsten darnach ward immer größer, da ließ es sich endlich die andere Hälfte durchs Fenster reichen, und biß hinein, kaum aber hatte es einen Bissen im Mund, so fiel es todt zur Erde.

Die Königin aber freute sich, ging nach Haus und fragte den Spiegel:

„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land?“

da antworte er:

„Ihr, Frau Königin, seyd die schönste Frau im Land!“

„Nun hab ich Ruhe“ sprach sie, „da ich wieder die schönste im Lande bin, und Sneewittchen wird diesmal wohl todt bleiben.“

Die Zwerglein kamen Abends aus den Bergwerken nach Haus, da lag das liebe Sneewittchen auf dem Boden und war todt. Sie schnürten es auf, und sahen, ob sie nichts giftiges in seinen Haaren fänden, es half aber alles nichts, sie konnten es nicht wieder lebendig machen. Sie legten es auf eine Bahre, setzten sich alle sieben daran, weinten und weinten drei Tage lang, dann wollten sie es begraben, da sahen sie aber daß es noch frisch und gar nicht wie ein Todter aussah, und daß es auch seine schönen rothen Backen noch hatte. Da ließen sie einen Sarg von Glas machen, legten es hinein, daß man es recht sehen konnte, schrieben auch mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf und seine Abstammung, und einer blieb jeden Tag zu Haus und bewachte es.
So lag Sneewittchen lange, lange Zeit in dem Sarg und verweste nicht, war noch so weiß als Schnee, und so roth als Blut, und wenns die Aeuglein hätte können aufthun, wären sie so schwarz gewesen wie Ebenholz, denn es lag da, als wenn es schlief. Einmal kam ein junger Prinz zu dem Zwergenhaus und wollte darin übernachten, und wie er in die Stube kam und Sneewittchen in dem Glassarg liegen sah, auf das die sieben Lichtlein so recht ihren Schein warfen, konnt er sich nicht satt an seiner Schönheit sehen, und las die goldene Inschrift und sah, daß es eine Königstochter war. Da bat er die Zwerglein, sie sollten ihm den Sarg mit dem todten Sneewittchen verkaufen, die wollten aber um alles Gold nicht; da bat er sie, sie mögten es ihm schenken, er könne nicht leben ohne es zu sehen, und er wolle es so hoch halten und ehren, wie sein Liebstes auf der Welt. Da waren die Zwerglein mitleidig und gaben ihm den Sarg, der Prinz aber ließ ihn in sein Schloß tragen, und ließ ihn in seine Stube setzen, er selber saß den ganzen Tag dabei, und konnte die Augen nicht abwenden; und wenn er aus mußte gehen und konnte Sneewittchen nicht sehen, ward er traurig, und er konnte auch keinen Bissen essen, wenn der Sarg nicht neben ihm stand. Die Diener aber, die beständig den Sarg herumtragen mußten, waren bös darüber, und einer machte einmal den Sarg auf, hob Sneewittchen in die Höh und sagte: „um so eines todten Mädchens willen, werden wir den ganzen Tag geplagt,“ und gab ihm mit der Hand einen Stumpf in den Rücken. Da fuhr ihm der garstige Apfelgrütz, den es abgebissen hatte, aus dem Hals, und da war Sneewittchen wieder lebendig. Da ging es hin zu dem Prinzen, der wußte gar nicht, was er vor Freuden thun sollte, als sein liebes Sneewittchen lebendig war, und sie setzten sich zusammen an die Tafel und aßen in Freuden.

Auf den andern Tag ward die Hochzeit bestellt, und Sneewittchens gottlose Mutter, auch eingeladen. Wie sie nun am Morgen vor dem Spiegel trat und sprach:

„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land!“

da antwortete er:

„Frau Königin, Ihr seyd die schönste hier,
aber die junge Königin ist tausendmal schöner als Ihr!“

Als sie das hörte, erschrack sie, und es war ihr so Angst, so Angst, daß sie es nicht sagen konnte. Doch trieb sie der Neid, daß sie auf der Hochzeit die junge Königin sehen wollte, und wie sie ankam, sah sie, daß es Sneewittchen war; da waren eiserne Pantoffeln im Feuer glühend gemacht, die mußte sie anziehen und darin tanzen, und ihre Füße wurden jämmerlich verbrannt, und sie durfte nicht aufhören bis sie sich zu todt getanzt hatte.

Märchen: Rumpelstilzchen (1840)

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und zu ihm sagte „ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Dem König, der das Gold lieb hatte, gefiel die Kunst gar wohl, und er befahl die schöne Müllerstochter sollte vor ihn gebracht werden. Da führte er sie in eine Kammer, die ganz voll Stroh war, gab ihr Rad und Haspel, und sprach „wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben.“ Darauf ward die Kammer verschlossen, und sie blieb allein darin.
Da saß nun die arme Müllerstochter, und wußte um ihr Leben keinen Rath, denn sie verstand gar nichts davon, wie das Stroh zu Gold zu spinnen war, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfieng. Da gieng auf einmal die Thüre auf, und trat ein kleines Männchen herein, und sprach „guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint sie so sehr?“ „Ach,“ antwortete das Mädchen, „ich soll Stroh zu Gold spinnen, und verstehe das nicht.“ Sprach das Männchen „was giebst du mir, wenn ich dirs spinne?“ „Mein Halsband“ sagte das Mädchen. Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll: und so giengs fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Als der König kam und nachsah, da erstaunte er, und freute sich, aber sein Herz wurde nur noch goldgieriger. Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen, und weinte, da gieng abermals die Thüre auf, und das kleine Männchen kam, und sprach „was giebst du mir wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?“ „Meinen Ring von dem Finger“ antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, und fieng wieder an zu schnurren mit dem Rade, und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach „die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen; wenn dir das gelingt, sollst du meine Gemahlin werden.“ „Denn,“ dachte er, „eine reichere Frau kannst du auf der Welt nicht haben.“ Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder, und sprach „was giebst du mir, wenn ich dir noch [335] diesmal das Stroh spinne?“ „Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte“ antwortete das Mädchen. „So versprich mir, wann du Königin wirst, dein erstes Kind.“ „Wer weiß wie das noch geht“ dachte die Müllerstochter, und wußte sich auch in der Noth nicht anders zu helfen, und versprach dem Männchen was es verlangte; dafür spann das Männchen noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam, und alles fand wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr, und die schöne Müllerstochter ward eine Königin.

Ueber ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zu Welt, und dachte gar nicht mehr an das Männchen, da trat es in ihre Kammer und sprach „nun gib mir was du versprochen hast.“ Die Königin erschrack, und bot dem Männchen alle Reichthümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte, aber das Männchen sprach „nein, etwas Lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“ Da fieng die Königin so an zu jammern und zu weinen, daß das Männchen Mitleiden mit ihr hatte, und sprach „drei Tage will ich dir Zeit lassen, wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.“
Nun dachte die Königin die ganze Nacht über an alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte einen Boten über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit nach neuen Namen. Als am andern Tag das Männchen kam, fieng sie an mit Caspar, Melchior, Balzer, und sagte alle Namen, die sie wußte, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein „so heißt sie nicht.“ Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei „so heiß ich nicht.“ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück, und erzählte „neue Namen habe ich keine einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein, und schrie

„heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!“

Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam, und sprach „nun, Frau Königin, wie heiß ich?“ fragte sie erst „heißest du Cunz?“ „Nein.“ „Heißest du Heinz?“ „Nein.“

„Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“

„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt“ schrie das Männlein, und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen, und riß sich selbst mitten entzwei.

Dies ist die vierte Fassung des Märchens der Gebrüder Grimm, die 1840 erschein.