Meinung: Der Halle-Kommentar von Mathias Döpfner und die Kritik daran von Ruprecht Polenz (und anderen)

Mathias Döpfner, Vorstand der Springer SE, hat in der Welt einen Kommentar zum antisemitischen Terror in Halle und gesellschaftlichen Klima in Deutschland geschrieben, den Ruprecht Polenz in einem tweet kritisiert:

Wie kann man den Anschlag von Halle kommentieren, ohne auch nur ein Wort zu Rechtsradikalismus, seine Vernetzungen und das geistige Umfeld des Tatverdächtigen zu sagen? Kein Wort zur Ermordung von Lübcke, dafür Kritik an der Identitätsfeststellung des HSV-Profis Jatta.

Ich habe Polenz vorgeworfen, dass er den Kommentar entweder nicht gelesen – Polenz urteilt oft nach Überschriften – oder nicht verstanden habe, was mir dann wieder von seiner Fantruppe zum Vorwurf gemacht wurde. Daher möchte ich meine Kritik an Polenz hier etwas ausführlicher darlegen.

Döpfners Kommentar – der Stein des Anstosses

Notwendig ist dafür vorab, eine kurze inhaltliche Einordnung des Kommentars von Döpfner vornehmen.

Er steigt damit ein, dass Annegret Kramp-Karrenbauer den Anschlag als Alarmzeichen bezeichnet habe. „Alarmzeichen“ sei aber als Einordnung für einen Anschlag, der sich als Vorbild das Moschee-Massaker von Christchurch genommen habe und immerhin zu zwei Toten geführt hat, eine „verbale Entgleisung“. Ein bloßes „Alarmzeichen“ sei vielleicht der versuchte Anschlag auf die Berliner Synagoge wenige Tage davor gewesen, bei dem der Angreifer fatalerweise nicht einmal in Untersuchungshaft kam.

Es sei also ein grundlegendes Problem, dass Dinge nicht mehr als das benannt würden, was sie wirklich seien – und würde ein Misststand deutlich angesprochen, so träfe der Zorn oft den Boten. Als Beispiele führt Döpfner u.a. den LKW-Anschlag von Limburg an, der laut vieler Medien nur ein „LKW-Vorfall“ war, den Samurai-Schwert-Mord von Stuttgart, bei dem der DLF wortreich rechtfertigte, warum der Sender darüber nicht berichte oder eben die Jatta-Frage, die sich seit vier Jahren hingezogen habe, ohne dass sich Journalisten dies kritisch begleitet hätten. Ausführlicher hebt Döpfner dann hervor, dass Kuwait Airways laut deutschem Gerichtsurteil keine Juden transportieren müsse, was keine deutlichen Widerworte der Bundesregierung gefunden hätte oder dass es möglich sei, eine offen antiisraelische und antisemitische Demonstration vor dem Brandenburger Tor zu veranstalten.

All dies – und weitere angerissene Ereignisse – sind für Döpfner keine Alarmzeichen sondern viel mehr: ein Systemversagen der offenen Gesellschaft, in der Judenhass offenbar wieder gesellschaftsfähig geworden sei. Der Umgang mit den aktuellen Probleme  wirke wie ein Brandbeschleuniger. Er erwähnt dabei u.a. die undifferenziert betriebene Migrationsdebatte, eine zu lasche Justiz, Politiker, die zu viel Toleranz gegenüber der Intoleranz zeigen oder Medien, die nicht „sagen was ist“ sondern lieber für „Haltung“ einstehen.

Nach dem Terror von Halle sei die Zeit der „Nie wieder Antisemitismus“ Sonntagsreden vorbei, denn der Antisemitismus sei sehr zahlreich und vielfältig da. Gefragt sei jetzt der Rechtsstaat, der konsequent gegen diesen Antisemitismus vorgeht.

Döpfner schleißt damit, dass er nicht in einem Deutschland leben wolle, in dem man den Nachbarn anspreche, wenn er den Müll nicht trennt, aber wegsehe und den Mund nicht aufmache, wenn Menschen – sei es wegen ihres Glaubens oder wegen ihrer Hautfarbe – attackiert werden.

Die Kritik von Polenz in der Sache

Bei seiner Kritik an dem Kommentar verkennt Polenz mE zunächst, dass es Döpfner um viel mehr geht, als nur eine Kommentierung und Einordnung des Terroranschlags von Halle, vielmehr nimmt er diese als Anlass für eine notwendige Generalkritik.

Konkret auf Halle bezogen liegt Polzenz zudem dem Irrtum auf, der Täter von bewege sich ideologisch im Sumpf der stumpfen deutschen Stammtisch-Ausländerfeindlichkeit und ihrer radikalen Strukturen. Das Gegenteil ist der Fall: Ausweislich der Aussagen in seinem twitch Stream – und ich habe diesen mitsamt aller grausigen Details gesehen – sieht er sich als Teil etwas viel größeren, als Einzelkämpfer gegen die jüdische Weltverschwörung. In seinem Verständnis ist er ein Global Player des Terrors – wie Breivik oder Tarrant. Mit dem Klein-Klein der deutschen rechten Szene will er gar nichts zu tun haben. Auf diesen Zusammenhang geht Döpfner ausführlich ein. Insoweit ist es ihm nicht vorzuwerfen, dass er Lübke hier nicht weiter erwähnt – genau so könnte man ihm ankreiden, in seinem Kommentar nicht auf die NSU oder dutzende andere Vorfälle der rechten Szene in Deutschland eingegangen zu sein.

Die endgültige Wahrheit gibt es nicht – und das eigentliche Problem am polenzschen tweet

Zugegeben, das Jatta Beispiel – so berechtigt die geäußerte Kritik in der Sache auch sein mag- hätte ich an Döpfners Stelle hier auch nicht gebracht. Nicht nur, da er als Springer-Vorstand hier selbst zu sehr betroffen ist. Zu weit hergeholt und nichtig wirkt es im Vergleich mit der Tat in Halle. Döpfner macht sich hier ohne Not angreifbar. Gut, auf der anderen Seite könnte man hier nun Polenz‘ hin und wieder sichtbar werdenden latenten Antizionismus, möglicherweise sogar Antisemitismus, und seine häufig sehr selektive eigene Wahrnehmung kritisieren und fragen, wie weit er dadurch selber zu einem antisemitischen Klima beiträgt, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen und ginge ins Spekulative.

Hätte Döpfner zu Halle einfach „Nie wieder“ geschrieben und sich damit in die Liste der Sonntagsredner eingereiht, es hätte keine Kritik gegeben, es hätte so gut ins heile Weltbild gepasst. Sein eigentlicher Fehler war es, die gesellschaftlichen Probleme offen zu benennen und dabei auch aufzuzeigen, dass die Welt nicht heil und erst recht nicht schwarz/weiß ist, es einfache Lösungen nicht gibt und dass wir alle gefordert sind, an einer offenen Gesellschaft aktiv mitzuwirken, auch und gerade, wenn dies Mut erfordert.

Wie diese Gesellschaft im Detail aussieht, darüber mag man trefflich streiten. Und auch über den Weg, wie man diese Gesellschaft erreicht, wird es viele unterschiedliche Vorstellungen geben.

Mit seiner pauschalen Kritik gießt Polenz aber weiter Öl ins Feuer und bestätigt Döpfner und seine Kriteik damit deutlich, wenn auch wahrscheinlich ungewollt.

Das ist das eigentliche Problem an seinem tweet.

Nachtrag:

Inzwischen haben den Kommentar auch einige andere kritisiert – und der Hashtag Döpfner hat es am 11. Oktober 2019 tatsächlich in die twitter trends geschafft. Leider ist der Beitrag inzwischen leider hinter der Bezahlschranke verschwunden und kann kostenlose nicht mehr gelesen werden, meine obige Einordnung fasst ihn aber inhaltlich recht gut zusammen. Meine Kritik an der durch Polenz geäußerten Kritik passt auch auf die meisten anderen Kritiker.

Meinung: Warum ich mich so richtig über Ayla Mayer geärgert habe – und über mindestens 8.076 Menschen auf twitter

Auf twitter bin ich über obigen Tweet von Ayla Mayer (jetzt Ayla Kiran), ihres Zeichens immerhin Ressort-Leiterin Social Media bei Spiegel Online und ausgebildete Journalistin, gestoßen. Er suggeriert, gesetzlich versicherte Patienten würden ein deutlich schlechteres Abendessen erhalten als privat versicherte. Reflexhaft mag man nun denken: Skandal – mal wieder diese Privatpatienten.

Dabei taugt dieses Bild aus zahlreichen Gründen gar nicht zum Skandal. Aber der Reihe nach:

  1. Was man zum Abendessen bekommt, hängt in allen Krankenhäusern die ich kenne, davon ab, was man sich bestellt. Und das grundsätzlich unabhängig davon, wie man versichert ist. Sprich, auch der Ehmann hätte sich die untere Variante bestellen können. Das haben dann auch die Asklepios Kliniken klargestellt und bestätigt: Natürlich kann sich jeder zum Abendessen bestellen, was er mag. Auch Gurken, Salat und ungesunde Chips. Allein schon ab diesem Punkt könnte man die Diskussion jedenfalls schon beenden. Aber:
  2. Im Familienzimmer muss der Partner bei einer Geburt ohnehin selbst bezahlen – das übernimmt keine gesetzliche oder private Krankenkasse, da der Aufenthalt ja nicht medizinisch indiziert ist. Dass der Selbstzahler – der ja im Regelfall wie ein Privatpatient bezahlt und behandelt wird – weniger bekommt, ist unlogisch. So oder so handelt es sich beim kargen Essen für den Vater um keine Leistung, die in irgendeiner Form mit seinem Versichertenstatus zu tun hat – auch deswegen läuft der Vergleich ins Leere.
  3. Und selbst wenn ein Privatpatient je nach Tarif mehr bekäme, wäre das kein Skandal, im Rahmen seines Tarifs bezahlt er im Zweifelsfall ja auch mehr.
  4. Weiter wurde ich darauf Aufmerksam gemacht, dass in manchen Krankenhäusern Schwangere und Wöchnerinnen anderes Essen bekommen, was ja durchaus auch angemessen wäre – das ist hier konkret aber nicht der Fall.

Mich ärgert einfach, dass eine Journalistin eine tendenziöse, vermeintlich zum Skandal taugende  Behauptung einfach in den Raum stellt, ohne sie zunächst zu hinterfragen. So bleibt aber nur viel Lärm um gar nichts. Bedenklich ist auch, dass so ein tweet von über 8.000 Menschen gedankenlos geliked wird.

Und was das ganze so oder so mit Flüchtlingen zu tun hat oder haben soll, erschließt sich mir sowieso überhaupt nicht – auch wenn ich weiß, was die Verfasserin des Tweets damit bewirken will. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.

Übrigens, Karl Lauterbach setzt auf den tweet dann noch was drauf

* Nachtrag: Ich hatte die Asklepios Klinik um eine Stellungnahme gebeten, die ich hier dokumentiert habe. Der Vater hätte sich dieser zufolge als Selbstzahler ohne Probleme genau das gleiche Abendessen bestellen können.

Kommentar: Warum die Migrationsfrage wirklich die Mutter aller politischen Probleme ist

Erst mal runterkommen, bitte

So, bevor Sie das Lesen kommen Sie alle ein bisschen runter und stellen die Schnappatmung ein. Und zwar bitte sowohl die Linken, die jetzt reflexhaft die Nazi-Keule schwingen, und die Rechten, die jetzt ebenso reflexhaft in Triumphgeschrei verfallen wollen.

Das Leben ist nämlich nicht schwarz weiß und Politik ist mehr als aus dem Zusammenhang gerissene falsche Zitate.

Das Seehofer Zitat

Konkret geht es natürlich um das aktuelle Seehofer Zitat. Verkürzt wird immer behauptet, der Bundesinnenminister habe gesagt, Migration sei die Mutter aller Probleme. Gerade in den sozialen Netzen wird dies so dargestellt, als habe er behauptet, dass die Migration an sich, also damit auch der einzelne Migrant, das grundlegende Problem in Deutschland sei.

Doch was sagte Seehofer im Interview mit der RP wirklich? Der Kernsatz lautet: „Kommentar: Warum die Migrationsfrage wirklich die Mutter aller politischen Probleme ist“ weiterlesen

Meinung: Ruhig, Brauner – ein kurzer Kommentar zur Diesel Fahrverbot Diskussion

Wie dank ausgiebiger Berichterstattung in allen Medien, ARD Brennpunkt Sondersendungen und überbordender Diskussionen in den sozialen Medien wohl jeder in Deutschland mitbekommen:

das Bundesverwaltungsgericht lässt grundsätzlich Fahrverbote für Diesel Fahrzeuge in Deutschland zu.

Der Aufschrei ist groß. Allenthalben ist von Enteignung der Diesel-Fahrer die Rede. Als hätte das Gericht von Heute auf Morgen alle Dieselfahrzeuge in Deutschland verboten und deren Einziehung und Zerstörung angeordnet.

Konkret ging es in dem Urteil aber nur um die Rechtmäßigkeit der Fahrverbote in Düsseldorf und Stuttgart.

Zu Stuttgart (BVerwG 7 C 30.17 – Urteil vom 27. Februar 2018) schreibt das BVerwG in der Pressemitteilung:

Bei Erlass dieser Maßnahme wird jedoch – wie bei allen in einen Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen – sicherzustellen sein, dass der auch im Unionsrecht verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Insoweit ist hinsichtlich der Umweltzone Stuttgart eine phasenweise Einführung von Verkehrsverboten, die in einer ersten Stufe nur ältere Fahrzeuge (etwa bis zur Abgasnorm Euro 4) betrifft, zu prüfen. Zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dürfen Euro-5-Fahrzeuge jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 (mithin also vier Jahre nach Einführung der Abgasnorm Euro 6) mit Verkehrsverboten belegt werden. Darüber hinaus bedarf es hinreichender Ausnahmen, z.B. für Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen.

Und für Düsseldorf (BVerwG 7 C 26.16 – Urteil vom 27. Februar 2018):

Hinsichtlich des Luftreinhalteplans Düsseldorf hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass Maßnahmen zur Begrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen nicht ernsthaft in den Blick genommen worden sind. Dies wird der Beklagte nachzuholen haben. Ergibt sich bei der Prüfung, dass sich Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO2-Grenzwerte darstellen, sind diese – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – in Betracht zu ziehen.

Festhalten kann man also, dass

  • es Diesel Fahrverbote nur in einzelnen Gebieten geben wird
  • Fahrverbote wohl nur an einzelnen Tagen geben wird
  • diese dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werden müssen
  • es daher z.B. Ausnahmeregelungen für Handwerker und Anwohner geben muss.

Man kann das Urteil sogar noch viel weiter denken: Dieselfahrverbote sind nur zulässig, wenn Sie dem Ziel der Luftreinhaltung dienen. Sollte sich in der Zukunft also zeigen, dass Diesel KfZ gar keinen so großen Beitrag zur Luftverschmutzung in den Städten leisten, wären Fahrverbote also gar nicht mehr zulässig.

Warten wir also ab. Die große Panik und Empörung ist jedenfalls unnötig.

Nachtrag:

Eine andere Meinung zum Thema finden Sie hier im Blog vom Huegelkind.

Kommentar: Rauchverbot in NRW – ein unsinniges Wahlkampfthema

Nordrhein-Westfalen hat seit 2013 einen konsequenten Nichtraucherschutz in der Gastronomie: Es darf nicht geraucht werden. Nicht im Restaurant, nicht in der Disko, nicht in der Gaststätte, nicht im Bistro, nicht in der Eckkneipe. Punkt. Ohne Ausnahmen. Und das ist auch gut so.

Ein Volksbegehren gegen das komplette Rauchverbot verlief 2014 erfolglos, so groß scheint der Bedarf an einer Änderung der bestehenden konsequenten Regelung nicht zu sein.

Das Thema ist also erledigt, sollte man meinen. Doch leider sehen CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen dies anders.

CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen sagte jüngst der RP: „Wir sind für einen effektiven und konsequenten Nichtraucherschutz. Die Landesregierung hat jedoch eine bürokratische Regelung eingeführt, die Gastwirte und Gäste gleichermaßen bevormundet.“ Und auch im Wahlprogramm der FDP NRW steht zum Nichtraucherschutz: „Wir wollen die Verschärfungen, die von der rot-grünen Landesregierung eingeführt werden, wieder zurücknehmen.“ Dietmar Brockes, der wirtschaftspolitische Sprecher der freien Demokraten, führt aus, dass in Eckkneipen wieder geraucht werden solle und dass es in Speiserestaurants ausreichend sei, wenn ein rauchfreier Raum vorgehalten werde. Das wäre ein gewaltiger Rückschritt für den Gesundheits- und Jugendschutz. Und das Kneipensterben wird man dadurch auch nicht bekämpfen.

Es ist unverständlich, dass CDU und FDP in NRW das Thema nun auf die Wahlkampfagenda setzen. Insbesondere, da sich die übergroße Mehrheit der Gäste und auch der Gastronomen mit dem Status Quo zumindest abgefunden hat.

Stimmen bringen wird dies nur bei einer kleinen Gruppe, polarisiert aber unnötig. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass eine Regierung gegen die SPD in NRW nach dem Stand der Dinge wohl ausgeschlossen ist.

Und die wird am Nichtraucherschutz festhalten.

Kommentar: Wahlkampfgetöse – das kommunale Wahlrecht für nicht-EU Ausländer in NRW

Bekanntlich sprechen sich die Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PIRATEN für die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für Ausländer, die nicht aus Mitgliedstaaten der EU kommen, in Nordrhein-Westfalen aus. Dies sei für die Integration dieser Menschen in den Gemeinden und in Deutschland ein ganz wesentlicher Aspekt.

Dazu soll die Landesverfassung Nordrhein-Westfalens in Art. 78 um folgenden Satz ergänzt werden:

Wahlberechtigt sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Drittstaates besitzen und die ihren ständigen Wohnsitz dauerhaft in Deutschland haben.

Von der CDU in NRW wird das abgelehnt, vielmehr sollten die Menschen über eine Einbürgerung in Deutschland integriert werden.  Und auch die Fraktion der FDP macht verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf geltend; sie vertritt den Standpunkt, dass eine solche Regelung mit Blick auf die Homogenitätsklausel des Grundgesetzes nur auf Bundesebene getroffen werden könne.

Nun sollte man mehr demokratische Rechte für hier dauerhaft lebende Menschen unter dem Integrationsaspekt durchaus diskutieren.

Doch das aktuelle Gesetzesvorhaben von SPD, Grünen und Piraten in NRW ist aussichtslos. Denn eine Änderung der Landesverfassung muss im Landtag mit 2/3 Mehrheit erfolgen; diese ist hier nicht abzusehen. Und selbst wenn sie durch käme wäre angesichts der verfassungsrechtlichen Bedenken mehr als fraglich, ob sie auch Bestand haben würde.

So ist es aktuell reines Wahlkampfgetöse.

Ob dies angesichts der momentanen Diskussionen um Auftritte türkischer Minister in Deutschland und Europa und des Einflusses der AKP auf die hiesige türkische Commuity nicht zur Unzeit kommt und nach Hinten losgeht, mag jeder für sich beurteilen.

Die Zeit, Blogs und journalistische Standards

Oh je, geschätzte ZEIT ONLINE.

Es ist schon schwierig, die Unterscheidung zwischen Blog-Schreibern hier und Journalisten dort. Und es ist auch nicht leicht, immer die richtigen Worte zu finden, wenn jemand auf einen Missstand aufmerksam macht.

Teil 1
Freitagabend will ich auf einen Blog-Beitrag der Zeit mit einem Kommentar antworten. Der Text wird nicht veröffentlicht – wird offenbar noch geprüft, kennt man.
Am nächsten Morgen finde ich andere Kommentare veröffentlicht, aber nicht meinen. Nanu. Ich schreibe die Zeit per Email an, ein technisches Problem?
Am Montagmorgen (also drei Tage später) finde ich meinen Kommentar zwischen zahlreichen anderen wieder.

Teil 2:
11 Tage später eine Antwort der „Community-Redaktion“ der Zeit:
„Da bei den Blogs die Autoren i. d. R. selbstständig für die Moderation der Kommentare verantwortlich sind und Letztere dort erst nach Sichtung veröffentlicht werden, kann es u.U. einige Zeit dauern, bis Ihr Kommentar öffentlich angezeigt wird.“

Teil 3:
Meine Antwort:
„Das bedeutet: Wenn ich am Abend einen Kommentar schreibe, dieser auch am nächsten Morgen nicht zu sehen ist, aber dafür andere Kommentare – dann hält die Autorin meine Kommentare bewusst zurück?
Es ist also auch zeitlich von den Arbeits- und Lebensgewohnheiten eines Autors abhängig, ob und wann ein Kommentar veröffentlicht wird? Es gibt keine Redaktion, die das zu festgelegten Zeiten prüft?
Und: Es kann also sein, dass ein Autor (kritische) Kommentare nicht veröffentlicht, ohne dass Sie das als Redaktion überhaupt feststellen?“

Teil 4:
Antwort der „Community-Redaktion“:
„Bitte beachten Sie, dass sich die beschriebene Praxis nur auf Blog-Beiträge bezieht, nicht jedoch auf alle anderen Artikel von ZEIT ONLINE – hier gehen Ihre Kommentare nämlich sofort online und werden auch rund um die Uhr von unserem Moderationsteam geprüft.“

Heißt also: Die Redaktion der Zeit widerspricht meiner Darstellung nicht. Interessant. Wohlgemerkt: Die Bloggerin bezeichnet sich explizit als Journalistin.

Merke: Sobald Blog drüber steht, gelten keine journalistischen Kriterien und Wertvorstellungen mehr – auch nicht bei der ZEIT.

Dieser Text stammt von Michael Ziegert, Gründer von entia und wurde ursprünglich auf Facebook veröffentlicht.

Auch Sie wollen hier mitschreiben? Hier alle Infos für Gastautoren.

Lesenswerte Links zum Thema Wulff

Offiziell

Stellungnahme von Wulffs Anwalt Gernot Lehr zu den Vorwürfen (Download als PDF)

Bild bittet Wulff um Transparenz

Wulff-Kritisch

Er hat seine Ehre verspielt (Jakob Augstein in SPON)

Wulff verzeiht sich (Michael Sprengs Blog)

Wir sind doch nicht seine Mailbox (FAZ)

Habt Nachsicht, ich bin Anfänger (Süddeutsche)

Ich bin ein Anfänger, lasst mich da drin (Stern)

Ein Präsident zum Mitleiden (SPON)

Vom Problempräsident zum Schlossgespenst (Blog politische Notiz)

Kein Kommentar zu Wulff (Sixtus)

Warum Wulff untragbar und unerträglich ist (severint)

Das war nichts (SPON)

Pro-Wulff

Bild, du Schwert und Schild des deutschen Volkes!! Erlöse uns! (Wolfgang Michaels Blog)

Satire und Humor

Auf dem Weg zum Emir (tumblr)

10 Fakten zum Grundgesetz

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  1. Das „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ ist die Verfassung Deutschlands und wurde am 23.05.1949 durch den Präsidenten und Vizepräsidenten des Parlamentarischen Rats ausgefertigt und verkündet. Der 23. Mai ist daher auch der „Tag des Grundgesetzes“.
  2. Es ist juristisch umstritten, ob es am 23.05.1949 24:00h oder 24.05.1949 0:00h in Kraft getreten ist.
  3. Das Grundgesetz wurde auf Seite 1 der ersten Ausgabe des Bundesgesetzblattes veröffentlicht.
  4. Die CSU lehnte das Grundgesetz 1949 ab. Zum einen stimmten die Vertreter der bayerischen Partei in der Sitzung des Parlamentarischen Rates vom 08.05.1949 dagegen, zum anderen lehnte der von der CSU dominierte Bayerische Landtag es ab. Da aber die Ratifizierung durch 2/3 der Länder ausreichte und Bayern gleichzeitig erklärte, bei Erfüllen dieser Voraussetzung der Bundesrepublik Deutschland beitreten zu wollen, gilt es auch im Freistaat.
  5. Das Grundgesetz besteht aus der Präambel, den Grundrechten (Art. 1 bis 19), den grundrechtsgleichen Rechten (Art. 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103, 104) und dem Staatsorganisationsrecht.
  6. Entgegen der verbreiteten Ansicht gilt das Grundgesetz nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat und nicht zwischen Bürgern untereinander. Es „strahlt“ jedoch auf die anderen Gesetze aus und ist bei deren Auslegung zu berücksichtigen.
  7. Ursprünglich hatte das Grundgesetz 146 Artikel, Stand 2011 sind es aber schon 191. Dennoch endet es nach wie vor mit Artikel 146. Aufgehoben wurden die Artikel 49, 59a, 74a, 75 und 142a.
  8. Umfangreiche Änderungen gab es zur Vollendung der deutschen Einheit 1990. Seitdem gilt es für das gesamte deutsche Volk bis zum dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen wurde (Art. 146).
  9. Entgegen verbreiteter Ansicht ist das Grundgesetz eine Verfassung. Dazu mehr hier.
  10. Der Gesetzestext kann hier online abgerufen werden. Es schadet aber auch nicht, eine Textausgabe im Bücherschrank zu haben.  Wahre Fans schmökern im hervorragend geschriebenen Grundgesetz Kommentar von von Münch/Kunig.