Angela Merkel CXLIX

Am 11. März 2020 geben Angela Merkel, Jens Spahn und RKI Chef Lothar Wieler die erste Pressekonferenz zu Corona.

Das Protokoll der Pressekonferenz können Sie hier nachlesen.

Karikatur mit Midjourney erstellt.

Was bedeutet der Hashtag #WirWollenKarl?

Mit dem Hashtag #WirWollenKarl setzen sich Mitte März 2021 Menschen auf twitter dafür ein, dass Karl Lauterbach statt Jens Spahn Bundesgesundheitsminister wird. Oft wird auch Karl4Gesundheitsminister verwendet.

Der Hashtag erlebt ein Comeback im November 2021, als twitter User fordern, dass Karl Lauterbach in der Ampelkoalition Gesundheitsminister wird.

Dokumentiert: Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bundesgesundheitsminister Spahn und RKI-Chef Wieler

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, wir hatten in der Tat gestern Abend beziehungsweise am späteren Nachmittag eine Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs, zusammen mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dem Ratspräsidenten Charles Michel sowie der Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde. Ich möchte Sie, als wäre es ein Europäischer Rat gewesen, über diese Konferenz informieren. Diese Videokonferenz hat sich natürlich um die Fragen zum Coronavirus gedreht. Es war, nebenbei bemerkt, die erste Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs. Man sieht also, dass die Digitalisierung und die neuen Formen der Kommunikation überall einziehen.

Wir haben entlang von vier Themen diskutiert:

Das erste war das Thema der Eindämmung der Gefahr, die von dem Coronavirus ausgeht. Das Virus ist in Europa angelangt. Es ist da. Das müssen wir verstehen. Die Maßstäbe für unser politisches Handeln, wie wir auf ein Virus reagieren, das wir noch nicht ausreichend kennen, für das wir keine Therapie und für das wir keinen Impfstoff haben, ergeben sich aus dem, was uns Wissenschaftler und Experten sagen. Deshalb ist es mir sehr wichtig, dass heute nicht nur der Bundesgesundheitsminister hier bei mir sitzt, sondern auch das Institut, das zusammen mit vielen ausgewiesenen Fachleuten für diese Expertise steht, nämlich das Robert-Koch-Institut und sein Chef, Herr Professor Wieler.

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Köpfe: Jens Spahn

Jens Spahn ist Mitglied des Bundestages bei der Federal Assembly of Germany (Deutschland).

Spahn ist Teilnehmer beim WEF 2023 in Davos.

Offener Brief: An Gesundheitsminister Spahn zur Fortgeltung der Erstattung von Homöopathie in der GKV

Hier dokumentieren wir den offenen Brief des Informationsnetzwerks Homöopathie an Bundesgesundheitsminister Spahn. Sie finden diesen hier im Original.

Wenn Sie diesen unterzeichnen wollen, senden Ihren Namen mit Ortsangabe an info@netzwerk-homoeopathie.info oder Sie füllen das Formular unten aus. Die Unterzeichner-Liste wird auf der verlinkten Website kontinuierlich aktualisiert.

Herrn
Bundesminister für Gesundheit
Jens Spahn

Sehr geehrter Herr Bundesminister Spahn,

aus Ihrem Statement vom 17.09.19 haben wir erfahren, dass Sie sich gegen eine Herausnahme der Homöopathie aus den Satzungsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen entschieden haben. Nach unserer Einschätzung stützen Sie sich dabei auf einen Aspekt, der letztlich unerheblich ist und auch niemals Argumentationsgegenstand der wissenschaftlich orientierten Homöopathiekritik war oder ist.

Zwar sehen wir jeden einzelnen Euro für die Homöopathie als ungerechtfertigte Verwendung von Beitragsgeldern der Solidargemeinschaft an und nicht etwa als „Peanuts“. Jedoch sind die Gründe, die der Forderung nach einem Ende der Erstattungsfähigkeit und letztlich der Infragestellung der Arzneimitteleigenschaft von Homöopathika zugrunde liegen, ganz andere, weitaus gewichtigere. Sie geben mit Ihrer Entscheidung und deren Begründung nicht zuletzt einer zunehmenden Wissenschafts- und Faktenfeindlichkeit Raum, deren Auswirkungen Sie an anderer Stelle mit einer Impfpflicht dann wieder einzufangen versuchen.

  • Wir können nicht nachvollziehen, dass die Homöopathie entgegen der eindeutigen wissenschaftlichen Lage, an der sich auch durch die ständigen Interventionen der homöopathischen Lobby nichts ändert, politisch weiterhin getragen wird. Die Homöopathie hat keine spezifische arzneiliche Wirkung und damit keine medizinische Relevanz. Sie ist voller innerer und äußerer Widersprüche und damit unvereinbar mit dem gültigen und bewährten wissenschaftlichen Weltbild.
  • Als einer Methode, die allenfalls einen Placeboeffekt hervorzubringen imstande ist und sich ihre Erfolge auf Kosten natürlicher Krankheitsverläufe und der Selbstheilungsfähigkeiten des Körpers zuschreibt, darf ihr im Interesse der Patientenschaft keine öffentliche Reputation mehr zukommen. Diese öffentliche Reputation wurde ihr mit der Folge eines völlig verzerrten Bildes in der Bevölkerung jahrzehntelang zu Unrecht gewährt. Durch Ihre Erklärung, die Erstattungsfähigkeit nicht anzutasten, perpetuieren sie dies, statt dem notwendigerweise endlich entgegenzuwirken. Leider wird sich das nicht auf die Homöopathie beschränken, sondern dem gesamten Bereich der „alternativmedizinischen“ Mittel und Methoden mehr oder weniger zugutekommen.
  • Die Vermittlung des Eindrucks, Homöopathie sei wirksame Medizin, ist gegenüber der Patientenschaft nicht nur unredlich, sie ist auch gefährlich. Wir zweifeln nicht daran, dass Tag für Tag Menschen unnötig Schmerzen erleiden, Krankheitsverläufe sich verlängern, wirksame Therapien hinausgezögert oder im ungünstigsten Falle gar verhindert werden – nicht in jedem Fall mit „spektakulärem“ Ausgang, zweifellos, aber nicht hinzunehmen, da vermeidbar. Diese Fälle bleiben in aller Regel im Dunkelfeld, ihre Auswirkungen schlagen sich nicht in einer Homöopathiestatistik nieder, sondern in den Fall- und auch den Sterbestatistiken der so geringgeschätzen „Schulmedizin“. Hier wäre an die Verantwortung der Politik für das öffentliche Wohl zu erinnern. Es geht um Patientenschutz, Herr Minister!
  • Dass dies auch für die sogenannte ärztliche Homöopathie gilt, die der Zentralverein homöopathischer Ärzte vertritt, mag man an den Vorträgen erkennen, die dieser unter seiner Regie bei seinen jährlichen Ärztekongressen zulässt. Behandlung von Krebs, Aids, HPV-Infektionen, ADHS und mehr sind dort die spektakuläre Regel, nicht die Ausnahme.
  • Wir möchten auch nicht verhehlen, dass Sie die jahrelange Aufklärungsarbeit der wissenschaftlich fundierten Homöopathiekritik mit Ihrer Erklärung pro Homöopathieerstattung konterkarieren. Die Homöopathie-Propaganda, der wir täglich unsere Aufklärungsarbeit entgegensetzen, gewinnt wieder an Glaubwürdigkeit.
  • Erlauben sie noch einige Anmerkungen zum pekuniären Aspekt, ohne dessen nachrangige Bedeutung relativieren zu wollen.
    Vielleicht ist Ihnen nicht recht deutlich geworden, wie widersprüchlich mit dem Kostenaspekt umgegangen wird. Einerseits soll es sich zwar um „Peanuts“ handeln, andererseits wird eine Änderung der Erstattungsregelung jedoch zu einer Maßnahme ungeheurer – auch wirtschaftlicher – Tragweite hochstilisiert.
    Zudem sind grundsätzliche Zweifel  angebracht, ob der genannte Betrag die mit der Anwendung der Homöopathie einhergehenden Kosten vollumfänglich erfasst.
    In dem von Ihnen genannten Betrag fehlen die Regelleistungen für homöopathische Behandlungen von Kindern und Heranwachsenden sowie vor allem die Aufwendungen für die ärztliche Vergütung homöopathischer Leistungen, beide sind unseres Wissens nicht statistisch erfasst.
    Nach den Untersuchungen von Witt/Ostermann verursachen homöopathieaffine Patienten bei der Krankenversicherung durchweg höhere Kosten. Alleine das dort untersuchte Kollektiv von über 22.000 Patienten der TK verursachte direkte Mehrkosten von fast 35 Millionen Euro in den ersten 18 Monaten. Dies lässt sich sicher auf andere Krankenkassen übertragen. Wir überlassen es ihrer Vorstellungskraft, wie sich das wohl darstellen wird, kommen die homöopathieaffinen Patienten erst einmal in höhere Lebensalter mit höheren Risiken für chronische Erkrankungen.
    Über diese konkreten Punkte hinaus wäre aber auch zu berücksichtigen, dass mit Folgekosten – im medizinischen wie im volkswirtschaftlichen  Bereich –  infolge von Therapieverzögerungen durch praktisch unbehandelt sich entwickelnde Krankheitsbilder zu rechnen ist.
    Auch wenn man geneigt ist, die Argumentation mit den angeblich niedrigen Kosten isoliert zu betrachten, fußt sie doch demnach auf einer zumindest unvollständigen Betrachtung und kann deshalb auch für sich allein genommen nicht stichhaltig sein.
  • Es sei noch der Blick in die europäischen Nachbarländer wie England, Frankreich oder Spanien angemahnt, die sich klar wissenschaftlich orientiert und unbeeindruckt von Protest und Demagogie der Homöopathie-Lobby zeigen. Dort verfährt man nach den eindeutigen wissenschaftlichen Befunden und im Sinne des Patientenschutzes. Von dort gehen teils Initiativen zu einer Änderung der EU-Arzneimittelrichtlinie aus, um auf dieser Ebene die Arzneimitteleigenschaft der Homöopathie zu beenden. Wie soll sich Deutschland bei der hier anstehenden Diskussion positionieren?

Als Organisation, die seit 2016 in Deutschland den Diskurs der wissenschaftsbasierten Homöopathiekritik führend mitbestimmt, sehen wir uns zu diesen Anmerkungen verpflichtet. Wir bedauern Ihre Entscheidung und können ihr nicht folgen. Wir werden in unserer Kritik fortfahren und weiter das Ziel verfolgen, der Homöopathie die für sie angemessene Rolle zu verschaffen: diejenige einer der vielen Methoden, die bekannt, auch populär sind und auch sicher weiter verfügbar bleiben, die aber spezifisch wirkungslos sind und deshalb nicht Gegenstand gesetzlicher Privilegierung und der Gesundheitsversorgung in einem öffentlichen Solidarsystem sein können.

Mit freundlichen Grüßen
Informationsnetzwerk Homöopathie – INH

Unterzeichnen:

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Das Fake Posting von Jens Spahn in Sachen Frankfurt

Auf twitter und facebook macht ein angebliches sehr wirres Posting von Jens Spahn die Runde, das sich mit dem Bahnhofs-Mord an dem achtjährigen Jungen auseinandersetzt:

Jens Spahn – @jensspahn • 20 Juli

Die Tat in Frankfurt heute zeigt mal wieder ganz deutlich:

Die öffentliche Wahrnehmung im Bezug auf Kriminalität Von vermeintlich „nichtdeutschen“ ist sehr angespannt.
Dabei sollte man aber ganz nüchtern betrachtet einmal feststellen, dass wesentlich mehr Kinder 2019 an Masern verstorben sind, als bei Unfällen mit Zügen, Deshalb finde ich es wichtig und richtig, dass wir im Bundesministerium für Gesundheit das Gesetz zur Impfplicht gegen Masern auf den Weg gebracht haben.
So traurig dieser unfall auch sein mag, lasst uns dabei nicht Vergessen, dass Kinder an Krankheiten sterben die man verhindern kann.
Weiterhin soll man zum jetzigen Zeitpunkt auch keine voreiligen Schlüsse über den Hergang ziehen, Die Instrumentalisierung durch rechts ist bereits im vollen Gange, deshalb meine Bitte an euch:
Lasst den Hass nicht zu!
Meine Gedanken sind bei den Flüchtlingen, die jetzt wieder Tag für Tag abwertende Blicke von Einheimischen kassieren und um die an Bahnhöfen ein großer Bogen gemacht wird.

Bei diesem Posting handelt es sich um einen Fake, weder auf twitter noch auf facebook hat Jens Spahn etwas vergleichbares geschrieben, was man zunächst einfach kontrollieren kann, indem man diese besucht.

Wenn nun verschiedentlich behauptet wird, Jens Spahn habe diesen Beitrag gelöscht, so ist festzustellen, dass es nie einen auch nur ansatzweisen Hinweis dafür gab, dass es diesen gegeben hat – es gibt nur diesen einen Screenshot, keine Reste von Retweets bzw. Shares oder andere Indizien.

Für twitter ist es ohnehin zu lang, hätte Jens Spahn den Text als Grafik eingebunden, würde dies anders aussehen.

Und auch facebook kann es nicht sein, ein Ausschnitt eines Posts sähe anders aus:

Bei dem Fake fehlen insbesondere die Uhrzeit-Angabe und die Weltkugel für die Zielgruppe des Posts.

Nachtrag:

Inzwischen hat Jens Spahn dies auch auf seinem twitter Account klargestellt:

Im Netz kursiert die Fotomontage eines gefälschten Postings mit einem gefälschten Zitat von mir. Der entsetzliche Tod eines Kindes wird so für Stimmungsmache und Fake- News genutzt. Das ist besonders perfide und plump.

Nachtrag 2:

Inzwischen sind Varianten aufgetaucht, die Uhrzeit und Weltkugel ergänzt haben:

Wie wird eigentlich die oder der CDU Vorsitzende gewählt?

In wenigen Tagen steht sie an, die Wahl der oder des Vorsitzenden der Bundes-CDU.

Wie diese Wahl abläuft, regelt § 43 des Statuts (Satzung) der CDU:

(1) Die Wahlen der Mitglieder des Bundesvorstandes sowie die Wahlen der Delegierten für den Bundesparteitag und den Bundesausschuss durch die Parteitage der nachgeordneten Gebietsverbände sind geheim und erfolgen durch Stimmzettel.

(4) Bei allen Wahlen ist die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erforderlich. Soweit die Mehrheit nicht erreicht wird, findet Stichwahl unter den nicht gewählten Kandidaten mit den nächstniedrigen Stimmenzahlen statt. Ist eine Entscheidung zwischen zwei Kandidaten mit gleicher Stimmenzahl erforderlich, erfolgt sie ebenfalls durch Stichwahl.

(5) Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen zählen für die Feststellung der Beschlußfähigkeit mit, jedoch nicht für die Ermittlung der Mehrheit.

Nach dem Stand der Dinge ist also von folgendem Vorgehen auszugehen:

Es findet ein erster Wahlgang zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz, Jens Spahn und ggf. eines oder mehrerer Außenseiter-Kandidaten statt.

Sollte Kramp-Karrenbauer oder Merz also im ersten Wahlgang die Mehrheit der gültigen abgegebenen Stimmen erhalten, ist er oder sie gewählt.

Wird keine Mehrheit erzielt, kommt es zur Stichwahl zwischen dem Kandidaten mit den meisten Stimmen und dem zweitplatzierten, womit es dann wahrscheinlich spätestens im zweiten Wahlgang eine oder einen neuen Vorsitzenden gibt.

Für den extrem unwahrscheinlichen Fall der Stimmengleichheit gäbe es eine weitere Stichwahl.

Ein paar schnelle Gedanken zur anstehenden CDU-Vorsitz Wahl

Nein, eine umfassende politische Analyse gibt es hier nicht. Nur ein paar schnelle Gedanken zur Wahl der oder des neuen Vorsitzenden der CDU – im folgenden verwende ich als alter weißer Mann mit grauen Haaren nur noch die männliche Variante.

  • Wie sehr Merkel die CDU eigentlich zerrissen hat, werden wir erst in den Monaten nach dem Parteitag sehen. Ich hoffe, dass es die Partei in einem Stück überlebt.
  • Der erste Partner nach einer beendeten Beziehung hat es immer besonders schwer. Das gleiche gilt auch besonders für den ersten CDU Vorsitzenden nach Merkel.
  • Merkels größte Fehler in Bezug auf die CDU:
    • Atomausstieg
    • September 2015 nicht er- und geklärt zu haben
    • Parteitagsbeschluss zu Doppelpass zu ignorieren
    • grundsätzlich: kein politisches Koordinatensystem zu haben, sondern nur getrieben sein
  • Jens Spahn ist chancenlos. Er sollte seine Kandidatur zurückziehen.
  • Sollte Annegret Kramp-Karrenbauer Vorsitzende der CDU werden, würde dies die begonnene Veränderung des deutschen Parteiensystems dauerhaft zementieren. Mehr noch, eine bundesweite CSU wäre dann gar nicht mehr so unrealistisch.
  • Sollte Friedrich Merz Vorsitzender der CDU werden, könnte dies die AfD schwächen und die SPD wieder stärken. Ganz so wie früher wird es aber nicht mehr.

Bild: twitter

Meinung: Die Irre unserer Zeit, Dr. Andreas Püttmann und ich

Irre Zeiten

Wir leben in disruptiven Zeiten. Die fortschreitende Digitalisierung und die Migrationspolitik z.B. werden in vielen Bereichen große Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie wir in Zukunft leben. Besonders die Technologie entwickelt sich so irre schnell, dass man kaum noch mithalten kann.

Beiden Themenkomplexen aber ist gemein, dass sie weitgehend auf sich selbst bezogen isoliert diskutiert werden und Zusammenhänge und Einflüsse auf andere Bereiche, allen voran die Sozialpolitik, nicht gesehen oder zumindest nicht die notwendigen Schlüsse gezogen werden. Und während in Sachen Digitalisierung eine nur auf wenige Randbereiche – Stichwort 5G – oberflächliche Scheindebatte geführt wird, die die breite Öffentlichkeit aber kaum erreicht, wird über das Thema Einwanderung vehement gestritten. Irre, oder?

Das Problem: die Migrationsdebatte wird von nahezu allen Beteiligten ideologisch gefärbt geführt. Es gibt nur „Ja“ oder „Nein“, „Schwarz“ oder „Weiß“. Und wenn jemand versucht, auch die Grautöne zu sehen, wird dies geflissentlich ignoriert und in der öffentlichen Darstellung gleich die zwanghafte Einordnung in eines der beiden Lager versucht. Wer sich kritisch zu Migrationsfragen äußert, ist gleich rechts. Deswegen habe ich auch so viel zu Merz‘ Aussagen zum Asylrecht getwitter, da ihm unterstellt wurde, er habe es abschaffen wollen – was er allerdings nie gesagt hat. Aber so irre Unterstellungen sind heute eher die Regel denn die Ausnahme.

Symptomatisch für diese mangelnde Diskussionkultur sind jetzt auch die Vorgänge, die wir aktuell rund um die drei Bewerber um den CDU Vorsitz erleben. Die öffentliche Berichterstattung um die drei dreht sich fast nur um ihren Standpunkt zur Einwanderungspolitk und das Verhältnis zur AfD. Gab es 2015 eine Grenzöffnung oder nicht? Wie halten Sie es mit dem Asylrecht? Soll nach Syrien abgeschoben werden? Dass die Standpunkte der drei Bewerber – Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn – hier durchaus differenziert sind, geht dabei unter. Und noch mehr unter gehen andere Fragestellungen. Kramp-Karrenbauers Weltbild in Sachen Ehe für alle. Merz Einstellung zum Euro-System und zur Vergemeinschaftung von Schulden. Und was hat der Bundesgesundheitsminister als möglicher CDU Vorsitzender eigentlich in Sachen Gesundheitspolitik vor? Irre, dass hier nicht mehr nachgefragt wird.

Stattdessen – wie inzwischen fast immer – nur holzschnittartige Vereinfachungen.

Ein tweet von Dr. Andreas Püttmann brachte für mich das Fass nun zum Überlaufen und ich bezeichnete ihn als „irre“:

Klarstellen möchte ich zunächst, dass ich mit „irre“ keine psychische Erkrankung meine. Anders als von Püttmann angenommen hat das Wort diese Bedeutung medizinisch schon sehr lange nicht mehr. Sollte der Eindruck entstanden sein, dass ich ihm dies unterstelle, so ist dies nicht zutreffend und ich möchte dafür ehrlich um Entschuldigung bitten.

Tatsächlich habe ich auf diesen tweet hin einen kleinen Shitstorm erhalten, Püttmann hat mich inzwischen blockiert und ich wurde natürlich als „Rechter“ bezeichnet. Mich einfach in eine politische Schublade – insbesondere diese – einzuordnen, dürfte sehr schwer fallen. Aber das ist ein anderes Thema.

Was aber habe ich also gemeint?

Dem Account @Puettmann_Bonn folge ich schon lange und kann ihm jeden grundsätzlich nur empfehlen. Püttmann ist unbestritten intelligenter als ich es bin und sorgt immer wieder für interessante Beiträge, auch wenn ich persönlich oft anderer Meinung bin als er. Aber gerade das halte ich für wichtig, auch anderen Ansichten zuzuhören und aufgrund dieser seine eigenen Standpunkte andauernd zu überdenken.

Was mich jedoch bei Püttmann zusehends gestört hat ist eben eine auch bei ihm immer stärker werdende vereinfachende Sicht auf die Dinge, oftmals unter Auslassung oder Verkennung von Fakten. Vereinfachend könnte man sein Weltbild derzeit so zusammenfassen: Merkel und Kramp-Karrenbauer sind die Guten, Merz und Spahn die bösen Rechten, die sich der AfD anbiedern und ein in Hinblick auf die Migrationsfrage unchristliches Weltbild haben. Einige seiner tweets zum Thema habe ich weiter unten zusammengefasst. Anmerken darf ich noch, dass er ansonsten bei seiner Wortwahl auch nicht unbedingt zimperlich ist und sich in Hinblick auf andersdenkende durchaus auch schon Formulierungen wie „Dummheit“ oder „Abschaum“ zu eigen gemacht hat. Aber auch das ist ein anderes Thema.

Der Duden definiert „irre“ u.a. als „merkwürdig“. Und auch sonst hat es – ich habe es ja schon einige male in diesem Text untergebracht – verschiedene Bedeutungen. Dem Wort schwingt immer auch ein „irren“ im Sinne von falsch einschätzen oder sich vertun (irren) bei. Auch „verwirren“, also in eine bestimmte (falsche?) Richtung führen steckt darin. Und genau so sehe ich angesichts vieler seiner Tweets Püttmann: Sachverhalte stark vereinfachend, undifferenziert, einseitig, Fakten verkennend. Das allein ist für mich schon irre.

Irre ist auch, dass ein so intelligenter Mensch so vereinfachend argumentiert.

Weiter kann man mal als irre auch eine gewisse „Besessenheit“ bezeichnen. Und diese sehe ich bei Püttmann eben auch – in seinen undifferenzierten reflexhaften Reaktionen auf Merz, Spahn und fast alles, was rechts von seinem Weltbild ist.

Würde ich Püttmann immer noch als irre bezeichnen? Vielleicht eher als irrend, um Missverständnisse zu vermeiden.

Eine kleine Auswahl an tweets von @Puettmann_Bonn

Wenn #Merz weiterhin auf eine Mischung aus Lucke/Henkel und Dobrindt/Seehofer macht, dann wird das Ergebnis entsprechend ausfallen. Für ihn und – wenn sie sich falsch entscheidet – für seine Partei.

Außerdem dürfte jetzt klar sein, dass jeder, der wie die breite Mehrheit der Deutschen will, dass Merkel bis zum Ende der Legislaturperiode Kanzlerin bleibt, nicht für Merz als Parteichef stimmen kann. Er würde die Partei spalten und binnen weniger Monate unter 20% drücken.

Übrigens kommt nur höchstens ein Drittel der AfD-Anhänger von der Union, und dieses hat sich großenteils so radikalisiert, dass es heute gar nicht mehr zur Union passt. Auf deren Heimholung kann man, jedenfalls ohne vorherige Detoxifikation, getrost verzichten.

Pardon, dieses 40%-#WirSchaffenDas erinnert an Möllemanns „Projekt 18“. Aus der Zeit gefallen! Ins gelobte Land so satter Weidegründe wird kein Messias die #CDU mehr führen. Mit AfD-Vernagelten schon gar nicht. Von Spitzenpolitikern erwarte ich, dass sie auf dem Teppich bleiben.

Für mich auch. Das hätte ihm nicht passieren dürfen. In Rechtsfragen muss ein CDU-Chef und Kanzler-Aspirant, der auch noch Jurist ist, präzise sein. Stattdessen delegitimiert er das Regierungshandeln der eigenen Partei und gibt dem AfD-Klientel Futter. Spahn-Syndrom. Bleibt: AKK.

Man muss schon weit rechts stehen, um @_A_K_K_ als „links“ oder im „linken CDU-Spektrum“ zu verorten. Aber das ist ja der neue Volkssport verwirrter Konservativer, den sie von Rechtsradikalen adaptiert haben: Alles was sich politisch in der Mitte bewegt, als links zu verschreien.

JU-Chef @PaulZiemiak redet gerade bei #Illner von Wählern, die „aus Verzweiflung“ über seine Partei glauben, AfD wählen zu „müssen“. Was für ein Bild der Anhänger einer rechtsradikalen Partei wird hier gezeichnet? Prompt beruft sich #Gauland auf diese „Analyse“. #SchussInDenOfen

So setzt man AfD-Wähler ins Recht und die eigene Partei ins Unrecht. So gewinnt man keinen Wähler zurück, sondern macht AfD-Wählern auch noch ein gutes Gewissen. Spahn auf dem erratischen Kurs der CSU. Weder als Vorsitzender einer christlichen Partei noch als Staatsmann geeignet.

#Spahns Sympathiewerte ähneln denen #Seehofers. Der steht kurz vorm Rücktritt. Der andere will damit Parteichef und nächster Kanzler werden. Das nennt man wohl #Hybris.

Quelle: @Puetmmann_Bonn

Screenshot oben zur Verfügung gestellt von @medienprolet.

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10 Erkenntnisse, die die Jamaika Sondierung schon jetzt gebracht hat

Ob die Jamaika Koalition jetzt kommt oder nicht – 10 wichtige Erkenntnisse haben uns die Sondierungsgespräche auf jeden Fall schon gebracht.

  1. Jamaika ist eine Insel und wird Jamaika geschrieben und nicht Jameika. Das weiß jetzt jeder, was gut für den Bildungsstandard ist.
  2. An sich müsste es aber Tansania Koalition heißen, denn angesichts des Umstands, dass CDU und CSU so zerstritten sind, braucht man vier Farben: Schwarz (CDU), Blau (CSU), Grün (Grüne) und Gelb (FDP) – und diese findet man in der Nationalflagge Tansanias.
  3. „Jürgen Trittin ist echt eine coole Socke. Hätte ich gar nicht gedacht.“ (Jens Spahn).
  4. Es kann entgegen der Wünsche der Grünen nur einen Vizekanzler geben, einen zweiten Stellvertreter gibt Art 69 Abs. 1 Grundgesetz nicht her.
  5. Politiker ist ein ganz schön anstrengender Beruf – man muss manchmal bis vier Uhr morgens arbeiten.
  6. Dafür dürfen Sie immer noch huldvoll von Balkonen den Journalisten zuwinken.
  7. Auf twitter wurden natürlich wieder Sondierungsfilme gesucht. Mein Favorit „Gottes Werk und Merkels Beitrag“.
  8. „Wenns kühler wird, wirds drinnen wärmer.“ (Horst Seehofer)
  9. Wolfgang Kubicki (FDP) geht gerne anderthalb Stunden duschen – und wünscht sich, dass seine Frau ihm Hemden nach Berlin liefert (was sie aber nicht macht).
  10. Die wichtigste Erkenntnis ist aber: Die Parteien sind doch nicht alle gleich.