Actons Diktum

Macht führt zu Korruptheit, absolute Macht korrumpiert absolut.

Power tends to corrupt, and absolute power corrupts absolutely.

John Emerich Edward Dalberg-Acton, 1. Baron Acton

Diese Aussage ist im angelsächsischen Raum als Acton’s Dictum bekannt und geht noch weiter:

Great men are almost always bad men, even when they exercise influence and not authority, still more when you superadd the tendency or the certainty of corruption by authority.

Mehr Zitate von ihm haben wir hier.

 

Zitat: Ein Staat, der nicht für die Freiheit besteht…

Ein Staat, der nicht für die Freiheit besteht, ist kein Staat, sondern Gewalt.
Authority that does not exist for Liberty is not authority but force.

John Emerich Edward Dalberg-Acton, 1. Baron Acton

Mehr Zitate von ihm haben wir hier.

Musikempfehlung: Georg Kreisler – Meine Freiheit, Deine Freiheit

Heute möchte ich gerne mal einen deutschsprachigen Künstler vorstellen, aber keine Angst, das weinerlich-heuslußige Dumdideldum der Charts der Neuzeit langweilt mich extrem. Sie müssen sich also nicht mit ‚ungecheckten Mails‘ oder hipsterigem ‚Wolke 4‘ Gesäusel beschäftigen. Vielmehr gibt es hochkarätiges aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, wo es noch unabdingbar war auch was in der Birne zu haben als Künstler und die pure Klischeepflege einen nur ans Hungertuch gebracht hätte.

Georg Kreisler (*1922  +2011) war einer der ganz großen deutschsprachigen Sänger und Komponisten seiner Zeit. Schon Anfang der 1950er Jahre wurde er berühmt unter anderem mit dem durchaus heute noch populären Lied ‚Tauben vergiften im Park‘. Sein Humor ist dunkelschwarz und die Aussagen tiefsinnig. Er gilt als ein prägender Faktor des musikalischen deutschsprachigen Kabaretts.

Vorstellen möchte Ich Ihnen heute den Song ‚Meine Freiheit, Deine Freiheit‘ eines meiner absoluten Lieblingslieder überhaupt:



Georg Kreisler bezeichnete sich selbst als ‚Anarchist‘, so verwundert es nicht, dass er offen Kritik am Kapitalismus übt. Schon das Intro gibt einen Einblick was uns erwartet und ist bereits recht bissig:

[Intro]
Freiheit hat mit Deutschland selbstverständlich was zu tun
Sofern man wirtschaftlich dazu was beiträgt [Tusch!]
Manche müssen unfrei bleiben, keiner ist immun
Wenn er den Zug versäumt, der ihn dann freiträgt
Wenn er den Zug nicht sieht und alles komplizieren muss
Tja, dann wird es Regeln geben die er respektieren muss
Dann wird ihm sein Arbeitgeber vielleicht sagen:

Von hier an wird das Thema bearbeitet. Es spricht der ‚Sklavenhalter‘ aka Unternehmer zu seinem ‚Sklaven‘ aka ‚Arbeiter‘

[Strophe 1]
Meine Freiheit muss noch lang nicht deine Freiheit sein
Meine Freiheit – Ja! – deine Freiheit – Nein!
Meine Freiheit wird von der Verfassung garantiert
Deine hat bis jetzt nicht interessiert

Man merkt schon, dass im Kapitalismus nicht jeder gleich frei ist, das wird jetzt konkretisiert:

[Strophe 2]
Meine Freiheit heißt, dass ich Geschäfte machen kann
Und deine Freiheit heißt, du kriegst bei mir ’nen Posten
Und da du meine Waren kaufen musst, stell ich dich bei mir an
Dadurch verursacht deine Freiheit keine Kosten

Das ist eine Aussage getreu der Henry Ford Devise ‚Wer bei uns arbeitet soll sich auch unsere Produkte leisten können‘. Was sich bei Ford so positiv anhört, ist aber in Wirklichkeit auch ein wenig pervers, denn es bedeutet, dass er ja eigentlich gar keine Geld durch den Lohn verliert, wenn er ihn letztendlich durch den Konsum seiner Arbeiter wieder einnimmt.

In der dritten Strophe wird anhand purer Logik eine perfide Zwickmühlenargumentation aufgebaut:

[Strophe 3]
Und es bleibt dabei
Dass meine Freiheit immer wieder meine Freiheit ist
Deine Freiheit bleibt meiner einverleibt
Und wenn ich meine Freiheit nicht hab, hast du deine Freiheit nicht
Und meine Freiheit wird dadurch zu deiner Pflicht!

Die Folgerung aus dieser Logik gipfelt nun in purem Zynismus:

[Strophe 4]
Und darum sag ich dir, verteidig‘ meine Freiheit mit der Waffe in der Hand
Und mit der Waffe in den Händen deiner Kinder
Damit von deinen Kinder keines bei der Arbeit je vergisst, was Freiheit ist

Langsam fällt auch dem Dümmsten auf, dass die ganze Sache gar nicht so zwingend logisch ist, deshalb kommt nun ein Totschlagargument hinzu:

[Strophe 5]
Meine Freiheit sei dir immer oberstes Gebot
Meiner Freiheit bleib‘, treu bis in den Tod
Wenn dir das vielleicht nicht logisch vorkommt, denk an eines bloß:
Ohne meine Freiheit bist du arbeitslos!

Nachdem die Zwickmühle unentrinnbar geschlossen wurde, wird jetzt deutlich, dass der Arbeiter gar nicht wirklich frei und die Denkweise des Unternehmers eigentlich zutiefst reaktionär ist:

[Strophe 6]
Freiheit ist was anderes als Zügellosigkeit
Freiheit heißt auch Fleiß und Männlichkeit und Schweiß
Ich werd‘ dir sagen was ich heutzutag‘ als freiheitlich empfind‘
Die Dinge so zu lassen wie sie sind!

Die 7. Strophe ist eine simple Feststellung, enthält jedoch auch einen Funken Hoffnung, dass es nicht immer so bleiben muss.

[Strophe 7]
Drum ist in jedem Falle meine Freiheit wichtiger deine Freiheit je
Meine Freiheit – Yes! – deine Freiheit – Nee!
Meine Freiheit ist schon ein paar hundert Jahre alt
Deine Freiheit kommt vielleicht schon bald

Allerdings sind die Voraussetzungen noch nicht gegeben, was es aber dazu bräuchte wird in der letzten Strophe dargestellt. Die Worte ‚vorläufig‘ und ’noch‘ spielen hier die entscheidende Rolle.

[Strophe 8]
Aber vorläufig ist’s noch nichts mit deiner Freiheitsambition
Denn du hast noch keine Macht und keine Organisation
Ich wär ja dumm wenn ich auf meine Freiheit dir zu lieb‘ verzicht‘
Drum behalt‘ ich meine Freiheit, du kriegst deine Freiheit nicht!
Noch nicht!

Das fast schon herausgeschriene NOCH NICHT! ist hier durchaus als Aufruf zur ‚Revolte‘ zu verstehen.

Musikalisch ist das Stück, wie alles bei Kreisler natürlich ganz hervorragend. Relativ simples Akkordgeplänkel, ohne große Schnörkel, aber wunderbar gespielt. Auch beim musikalischen Kabarett will man, wie beim Hip Hop,  mittels der Musik nur den Text mit etwas Stimmung untermalen, auf keinen Fall soll die Musik vom Vortrag ablenken. Der im Stakkato vorgetragene Text soll das Einhämmern der Botschaft ins Gehirn verdeutlichen, eine beliebte Manipulationstechnik gegenüber intellektuell Unterlegenen. Dazu passt auch, dass zwischen den Strophen keine Pausen existieren und es auch keinen Refrain als Zäsurelement gibt.

Georg Kreisler macht durchwegs intellektuell anspruchsvolle Musik, die heutzutage auch im Kontext  der Entstehungszeit gesehen werden muss. Manches ist zwar schon überholt, vieles ist aber aktuell wie eh und je. Sprachlich ist es ausgefeilt mit teilweise natürlich veraltetem Ausdruk, aber alles in Allem macht das Zuhören pure Freude. Das ist keine Partymusik, eher was für einen beschaulichen Abend, alleine oder zu zweit auf der Couch, wenn man von dem gleichgeschaltetem Mainstream Kabarett der heutigen Zeit genauso gelangweilt ist wie ich es bin.

In diesem Sinne

SALUDOS! Bis zum nächsten Song…

Der Alex Grießner empfiehlt hier unregelmäßig Songs die Ihn durch das Leben begleiten, also schauen Sie ruhig mal wieder rein.

 

Meinung: Der automobile Irrsinn – und wie wir ihm entrinnen können

Am 24. September 2019 musste ich morgens noch ein Päckchen zur Post bringen. Die gut 500 Meter dorthin ging ich zu Fuß, wie ich es bei Strecken dieser Länge immer mache. Auf dem Rückweg sah wieder der mehr oder übliche Bonn-Röttgener Morgenstau – und ich fing spontan an zu zählen, wie viele Autos mir begegneten und wie viele Menschen jeweils darin sitzen.

Es waren 89 Fahrzeuge. In 87 davon saß nur eine Person, in einem Porsche Cayenne zwei und in einem, einem Handwerker-Kleintransporter, drei. Das 90. Fahrzeug war ein Gelenkbus (rund 50 Sitzplätze, 80 Stehplätze) in dem außer dem Fahrer weniger als zehn Personen saßen.

Mein spontaner Gedanke war, dass es das nicht sein kann, was ich dann auch twitterte. Die Reaktionen zu diesem tweet haben mich dann doch ein wenig überrascht. Nach 24 Stunden schon über 1.100 Likes, 200 Retweets und viele Kommentare. Neben viel Zustimmung gab es aber auch Kritik, im wesentlichen drei Punkte:

  1. Individuelle Mobilität sei der Ausdruck von Freiheit schlechthin,
  2. wer prüft im Einzelfall, wer denn mit dem Auto fahren darf und wer nicht und
  3. basiere unsere gesamte Wirtschaft in Deutschland nun einmal auf dem Auto.

Auto gleich Freiheit?

Zunächst glaube ich, dass ein Freiheitsbegriff der sich in erster Linie über individuelle Mobilität definiert, ein recht kurz gegriffener ist. Und von dieser Freiheit bleibt zudem nicht mehr viel übrig, wenn man im Stau steht – auf letzteren Punkt bezog sich übrigens mein cc an Christian Lindner. Weiter glaube ich auch, dass es umweltpolitischer und volkswirtschaftlicher Unsinn ist, wenn Menschen jeden Arbeitsmorgen viel Zeit im Stau verbringen.  Vom persönlichen individuellen Frust ganz zu schweigen.

Aber keine Sorge – ich plädiere nicht dafür, den Individualverkehr zu verbieten oder so zu sanktionieren, dass es einem faktischen Verbot nahe kommt. Angesichts des aktuellen Zustands des ÖPNV in Deutschland wäre das auch utopisch. Mir ist klar, dass es in vielen Situationen gar keine Alternative zum Auto gibt – z.B. wenn man auf dem Land wohnt oder vor der Arbeit erst noch das Kind bei der KiTa absetzen muss, die eben nicht auf dem Weg liegt.

Auch kleine Schritte können entspannen

Was könnte man aber konkret jetzt schon tun?

Zunächst ganz einfach Fahrgemeinschaften bilden. Hier kann man selbst aktiv werden und bei Kollegen anfragen. Verwalten kann man diese dann ja über eine Whatsapp Gruppe. Zudem gibt es erste Apps wie Greendrive, über die man Mitfahrgelegenheiten finden kann. Anreiz für den Mitnehmenden könnte eine Beteiligung an den Spritkosten sein.

Weiter weiß ich von vielen, dass sie den ÖPNV noch gar nicht ausprobiert haben – vielleicht stellen diese wenn Sie Bus und Bahn einfach mal testen fest, dass es gar nicht so unbequem oder unpraktisch ist, wie vorher gedacht. In dem Zusammenhang kann es auch sinnvoll sein, ob man nicht z.B. statt des Büros direkt einen Park&Ride Parkplatz anzufahren.

Und sowohl für Autopendler als auch für ÖPNV Pendler gilt der Tipp: entzerrt fahren. Manchmal helfen schon wenige Minuten früher oder später, um dem Stau zu entgehen oder einen leeren statt einen vollen Zug zu bekommen. Für Menschen mit Gleitzeit sollte das kein Problem sein, die anderen können ja einmal mit ihrem Vorgesetzten sprechen. Mehr Entzerrung sorgt auch bei individueller Anfahrt mit dem Auto für weniger Staus für alle. Und in dem Zusammenhang könnte man ja auch mal einen Homeoffice Tag nachfragen.

Zuletzt kann man abwechseln: mal Homeoffice, mal mit dem Bus, mal mit dem Auto wenn nötig und bei schönem Wetter auch mit dem Fahrrad oder E-Bike.

Überhaupt abwechseln: viele sind überrascht, dass man auch über andere Strecken ans Ziel kommt. Exemplarisch ist hier ein Abschnitt in Frank Thelens Buch Startup DNA, in dem er schildert wie verwundert er war, dass sein Tesla einen schnelleren und besseren Weg ins DHDL Studio fand, als der von Sony gestellte Fahrer… Also, einfach mal eine alternative Route zur Arbeit mit Google Maps planen.

Wenn man gar keine guten ÖPNV Verbindungen hat, kann es nicht schaden, die dafür Verantwortlichen zu kontaktieren. So macht man darauf aufmerksam, dass es Bedarf für eine Strecke gibt. Dass das durchaus helfen kann, zeigt mein Schreiben an die Stadt Bonn.

All dies sind kleine Schritte, die aber kaum Mühe machen, aber für den einzelnen und für die Gesamtheit Entlastung bringen können.

Der große Wurf muss kommen

Bevor ich fortfahre, möchte ich eine kleine Geschichte loswerden:

Es war um das Jahr 2000, als den Inhaber des damals führenden Hersteller für professionelle ISDN Karten fragte , ob er nicht Sorge habe, dass sein Markt in wenigen Jahren durch DSL und Co. verdrängt würde. Weiter meinte ich, dass ja sogar TV Programme über IP Netze gestreamt werden könnten. Er meinte, das würden wir wohl nicht mehr erleben, besonders Streaming übers Internet würde noch lange brauchen. Der Rest ist Geschichte: T-DSL nahm Fahrt auf, die Telekom begann 2006 mit dem Aufbau der VDSL Netze, das TV-Kabel wurde digitalisiert und schon 2007 meldete der besagte Hersteller Insolvenz an. Inzwischen heißt Fernsehen nicht nur bei mir Netflix.

Das gleiche passiert momentan der deutschen Automobilindustrie, sie verschläft die Zukunft.

Ob man nun Fan Elon Musk ist oder nicht – den Begriff der Elektromobilität verbindet man mit seinem Unternehmen Tesla. Die deutschen Hersteller sind eher damit befasst, Ihre Diesel PKW mit Schummelsoftware umweltfreundlich erscheinen zu lassen, als dass sie echte Innovationen abliefern. Da passt es ins Bild, dass BMW den i3 nicht weiterentwickeln will.

Es gäbe soviel, was man im Bereich individueller Mobilität entwickeln kann – bessere Akkus, Brennstoffzelle, andere alternative Antriebe, autonomes Fahren, ganz neue Bauformen, integrierte Mobilitätskonzepte. Doch von deutschen Herstellern hört man hier nichts oder nur halbgares. Es besteht die ernste Gefahr, dass wir in dieser Schlüsseltechnologie den Anschluss an China, die USA und andere Staaten verlieren.

Anstatt weiter ein totes Pferd zu reiten, sollten wir hier dringend umdenken und Mobilitätskonzepte der Zukunft schaffen.

Für eine staufreie und auch sonst freie Zukunft.

Meinung: Für freie Abgeordnete

Das Abstimmungsproblem

Drastisch gesehen könnte man sich einen großen Bundestag (oder auch Landtage) mit vielen Abgeordneten sparen:

Nach den Wahlen entsenden die Parteien, die es ins Parlament geschafft haben, einfach einen Vertreter, der dann dem Wahlergebnis entsprechend viele Stimmen bekommt, die er dann bei den Abstimmungen entsprechend der Parteitagsbeschlüsse und des jeweiligen Koalitionsvertrages einsetzt. Die Ergebnisse wären nicht anders als derzeit, da die Fraktionen im Regelfall ja ohnehin blockweise abstimmen. Gut, das ist jetzt etwas polemisch und es gibt durchaus Sternstunden des Parlaments, in denen der Fraktionszwang aufgehoben ist, aber er ist leider der Regelfall und die Abgeordneten halten sich daran.

Hauptgrund dafür, dass die Abgeordneten sich den Abstimmungswünschen Ihrer Fraktionsführung unterwerfen, ist sicherlich, dass sie z.B. Sorge haben, nur auf einem schlechten Platz oder sogar gar nicht auf der nächsten Wahlliste zu stehen, wenn sie entgegen der Parteilinie abstimmen.

Die in Artikel 38 GG beschriebenen Abgeordneten, die „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind, sind mithin in der Realität kaum mehr zu finden.

Kein Wunder also, dass die Reden und Debatten im Bundestag inhaltsleer sind und das Interesse der Bürger daran kontinuierlich nachlässt, was auf Dauer gefährlich für die Demokratie ist.

Doch wie kann man das ändern?

Mehr geheime Abstimmungen

Eine naheliegende Lösung könnte sein, mehr geheime Abstimmungen durchzuführen – sie sind an sich nur für wenige Fallgruppen wie z.B. die Wahl des Bundeskanzlers vorgesehen.

So könnte man daran denken, dass grundsätzlich oder auf Antrag eines oder mehrerer Abgeordneter die Abstimmungen geheim erfolgen müssen.

Auch wenn man damit dem einzelnen Abgeordneten mehr Freiheit geben würde, werfen einige ein, dass die vom Grundgesetz beschriebene Demokratie Transparenz bedinge. Dazu gehöre eben auch, dass der Bürger wisse, wie sein Abgeordneter abstimme. Und tatsächlich wird bei besonders wichtigen Entscheidungen oftmals sogar namentlich abgestimmt und die Namenslisten sind online abrufbar.

Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob nicht doch eher geheime Abstimmungen geboten wären – doch halte ich eine dementsprechende Änderung der GeschOBT und ggf. sogar des Grundgesetzes angesichts der dargestellten Bedenken für sehr unwahrscheinlich.

Fraktionen auflösen – oder zumindest verändern

Ein weiterer Ansatz ist, die Macht der Fraktionen in der derzeitigen Form zu beschränken.

Vorgebracht wird immer, diese wären für eine effiziente politische Arbeit notwendig. Und in der Tat sorgen Sie für eine hocheffiziente Politik – bei der alle Abgeordneten der vorgegebenen Parteilinie folgen. Angesichts neuer technischer Möglichkeiten halte ich Fraktionen grundsätzlich nicht mehr für notwendig. Zudem könnte der Bundestag seinen wissenschaftlichen Dienst ausbauen und damit den Abgeordneten die für ihre Arbeit benötigten Ressourcen zur Verfügung stellen.

Interessant könnte auch ein System sein, bei dem die bisherigen Ausschüsse durch themenbezogene Fraktionen ersetzt werden – z.B. die „Fraktion der Außenpolitiker“ oder gleich auch die „Fraktion der transatlantischen Außenpolitiker“, die „Fraktion der ostorientierten Außenpolitiker“, die „atomstromfreundlichen Energiepolitiker“ und die „bayerischen Bienenfreunde“.

Egal wie – eine Abschaffung der Fraktionen in der derzeitigen Form dürfte eine der wichtigsten Maßnahmen zur Belebung der politischen Kultur sein.

Wer kann überhaupt in den Bundestag?

Bleibt das Problem, dass letztlich die Parteien entscheiden, wer als Direktkandidat eines Wahlkreises oder über die Landeslisten in den Bundestag einziehen kann. Freilich können sich schon jetzt unabhängige Direktkandidaten zur Wahl stellen, doch haben diese in der Regel keine Chancen, da sie nicht über die Ressourcen verfügen, die die Parteien bieten können.

Vorstellbar wäre, eine dritte Kategorie an Abgeordneten einzuführen – die der unabhängigen Direktkandidaten. Bei der Bundestagswahl hätte man dann zusätzlich eine „Drittstimme“, mit der man einen unabhängigen Direktkandidaten des jeweiligen Wahlkreises in den Bundestag wählen kann.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass man ähnlich wie bei einigen Primaries oder Caucuses in den USA die Kandidaten der Parteien durch alle Wähler bestimmen lässt – also echte Vorwahlen.

Die radikalste Form wäre schließlich, die Parteien in der derzeitigen Form abzuschaffen. Auch wenn ich dies für wünschenswert hielte, ist mir bewusst, dass dies weder verfassungsrechtlich noch politisch durchsetzbar wäre.

Beschränkung der möglichen Legislaturperioden

Sinnvoll könnte zudem eine Beschränkung der möglichen Legislaturperioden des jeweiligen Abgeordneten sein, dies in Kombination mit der Verlängerung einer Legislaturperiode auf fünf Jahre und eine Begrenzung der Wiederwahlen des Kanzlers.

Ein MdB das weiß, dass es nur zwei oder drei mal in den Bundestag gewählt werden kann, wäre (zumindest in seiner letzten) Legislaturperiode gegen Fraktionszwang immuner. Zudem würde diese Einschränkung die Entstehung von karrieristischen „Berufspolitikern“ erschweren und zu „Abgeordneten“ im ursprünglichen Sinne des Wortes führen.

Aber auch hier ist zu befürchten, dass die Abgeordneten aus Eigeninteresse einer solchen Änderung nicht zustimmen werden.

Mehr Bürgerentscheide

Manche werden nun einwerfen, Bürgerentscheide auf Bundesebene würden doch auch für mehr Demokratie sorgen. Mir geht es hier jedoch um die Freiheit des einzelnen Abgeordneten und die würde dadurch allenfalls mittelbar betroffen.

Passieren wird nichts

Es gäbe viele Möglichkeiten, die Unabhängigkeit der einzelnen Bundestagsabgeordneten zu stärken. Passieren wird jedoch wohl nichts – denn diese Änderungen liegen nicht im Interesse der Fraktionsspitzen.

Langfristig wird dies jedoch dazu führen, dass politische Diskussionen nicht mehr im Bundestag geführt werden, sondern nur noch auf der Straße, im Internet und in Talkshows und sich das Parlament von der Lebenswirklichkeit mehr und mehr entkoppelt.

Lieber Jakob Augstein,

…in Ihrer Kolumne erregten Sie sich über die Aufregung rund um die Wuppertaler Scharia Polizei. Eigentlich wollte ich dazu etwas kritisches schreiben, bin aber bislang nicht dazu gekommen. Muss ich an sich auch nicht mehr, denn die Journalistin Sounia Siahi, selbst Muslima, hat Ihnen geantwortet.

Sie selbst wurde von der Scharia Polizei, Sektion Düsseldorf, angesprochen: „Schwester, worauf wartest du? Warum trägst du kein Kopftuch? Du bist doch auch Muslimin. Schämst du dich nicht so herumzulaufen?“.  Zu recht fordert sie: „ich will mich hier in meinem deutschen Zuhause nicht wie in einem arabischen Land bewegen müssen.“

Sie antworten Ihr dann direkt, nachzulesen unter obigem Link. Freilich antworten sie eigentlich nicht, denn Sie möchten „nicht, dass wir alle gezwungen werden können, Seiten zu beziehen“. Letztlich geben Sie auch zu: „Was ist die Lösung? Ich weiß es nicht.“

Und Sie haben ja auch recht, wenn Sie schreiben, dass man nicht zu allem eine Meinung haben muss.

Es gibt aber Bereiche, bei denen sollte man eine Meinung haben. Jedenfalls dann, wenn es um fundamentale Werte unseres Gemeinwesens geht – hier die Freiheit.

Da gibt es die von Ihnen angesprochene Freiheit, sich „in Kirchen, Parteien, Vereinen…freiwillig irgendwelchen Regeln, für die der Staat nicht zuständig ist,… zu unterwerfen“. Genau so wichtig ist aber die Freiheit, sich solchen Regeln nicht unterwerfen zu müssen. Das ist die Freiheit, die Sounia Siahi zu Recht für sich fordert.

Sie mögen die Wuppertaler Scharia Polizei für einen Einzelfall haben. Als Mitglied der „autochthonen, hauptsächlich weißen, bürgerlichen“ Bevölkerungsgruppe sind sie mit solchen Erfahrungen sicher auch nicht konfrontiert. Aber wenn Sie sich in den einschlägigen Vierteln bewegen, treffen Sie auf ziemlich viel Scharia Polizei. Auch wenn die sich nicht so nennt und ohne Uniformen auftritt.

Ich will nicht, dass durch solche Gruppen die Freiheit derer angegriffen wird, die sich diesen Regeln nicht unterwerfen wollen.

Jeder Mensch soll sich in diesem Land ohne Angst bewegen und im Rahmen der Gesetze betätigen können. Ganz gleich, ob er Christ, Jude, Moslem, Jeside, Buddhist oder Atheist ist. Ganz gleich, ob er lange oder kurze Hosen, Mönchskutte, Kippa, Minirock, Kopftuch, Salafistenbart, Glatze oder Turban trägt. Und erst recht unabhängig davon, welche Hautfarbe er hat.

Und für dieses Recht sollte man einstehen.

Mit besten Grüßen,

Ihr Severin Tatarczyk

11 Fakten über Steve Jobs

  1. Steve Paul Jobs wurde am 24. Februar 1955 als Kind des syrischen Politikwissenschaftlers Abdulfattah Jandali und der amerikanischen Studentin Carol Schieble geboren, wenige Tage später aber von Paul und Clara Jobs aus Mountain View (Kalifornien) adoptiert.
  2. 1972 machte Steve Jobs seinen Abschluss an der Homestead High-School in Cupertino und studierte danach kurz am Reed College in Portland; er besuchte dort weiter Vorlesungen, auch nachdem er ausgeschrieben war. 1974 kehrte er aber nach Kalifornien zurück.
  3. 1974 besorgte er für sich und seinen „Freund“ Steve Wozniak den Auftrag von Atari, das Spiel Breakout zu programmieren. Wozniak erledigte die Arbeit allein in nur vier Tagen. Steve Jobs erhielt von Atari 5.000 US$, behauptete aber gegenüber Wozniak, nur 700 US$ erhalten zu haben und gab diesem die vereinbarten 50%: 350 US$.
  4. 1976 gründet Steve Jobs zusammen mit Steve Wozniak und Ronald Wayne Apple Computer. Er hat bei Apple in der zunächst die Mitarbeiternummer 2 bekommen, da die 1 schon Wozniak zugeteilt war. Da die 0 vor der 1 kommt, ließ er sich dann aber als „Employee 0“ eintragen. Nach internen Machtkämpfen verließ er das Unternehmen im Mai 1985. Danach gründete er NeXT Computer und investierte u.a. in Pixar. NeXT verkaufte er 1996 für 429 Millionen US$ an Apple und kehrte in das Unternehmen zurück, dessen CEO er dann wurde. Am 24. August trat er aufgrund seiner langen Krankheit von seinem Posten als CEO zurück und wechselte in den Verwaltungsrat.
  5. Als offizielles Gehalt erhielt Steve Jobs zu seiner Zeit als CEO die meiste Zeit nur 1 US$ pro Jahr. Allerdings erhielt er z.B. von Apple einen Privatjet im Wert von 35 Millionen US$ gestellt, den er in der ungenutzten Zeit gegen Berechnung an Apple vermietete. Daneben erhielt er viele weitere Vergünstigungen und Aktien.
  6. Steve Jobs ließ einen Mitarbeiter entlassen, der Apple-Mitgründer Steve Wozniak ein iPad während der Produktvorführung wenige Minuten zu früh zeigte. Die Entlassung wurde durchgezogen, obwohl „Woz“ sich für den Mitarbeiter einsetze.
  7. Als Frog Design für eine Firma von Steve Wozniak eine Universalfernbedienung gestaltete und Steve Jobs den Prototyp zeigte, zerschmetterte Jobs das Modell und drohte, dass die Firma keine Aufträge mehr von Apple erhalte, sollte sie nochmals für Wozniak tätig werden.
  8. Auf Kritik, dass das iPad eben nicht revolutionär sei, da es die Freiheit des Users durch Apples restriktive Inhaltskontrolle begrenze, antwortete Jobs in einer E-Mail, dass gerade das Freiheit sei: „Ja, Freiheit von Programmen, die deine privaten Daten klauen. Freiheit von Programmen, die deinen Akku leersaugen. Freiheit von Pornografie. Ja, Freiheit.“
  9. Steve Jobs weigerte sich, Unterhalt für seine 1978 geborene Tochter Lisa Brennan-Jobs zu bezahlen, so dass deren Mutter von der Sozialhilfe leben musste. In einer Gerichtsakte ist belegt, dass Jobs sogar behauptete, er sei unfruchtbar und könne keine Kinder zeugen.
  10. Steve Jobs war Veganer und nach seiner Vorstellungswelt Buddhist.
  11. Am 5. Oktober 2011 ist Steve Jobs nach langer schwerer Krankheit gestorben. Trotz aller Kritik: Es hat ein Visionär die Welt verlassen, der die Art und Weise, wie wir mit Informationstechnologie umgehen, für immer verändert hat.

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Bild: By Acaben, cropped by KyroFlickr, CC BY-SA 2.0, Link