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Das Auswärtige Amt lädt zum Tag der offenen Tür 2023. Eine schöne Sache eigentlich. Aber werden wir hier auch Zeugen der Infantilisierung der Politik?

Faktencheck: Fragen und Antworten des Auswärtigen Amts zum Migrationspakt

Auch das Auswärtige Amt hat auf seiner Website Fragen und Antworten rund um den Migrationspakt veröffentlicht. Auch diese werden hier einem Faktencheck unterzogen.

Eine kompakte Zusammenfassung des Dokuments finden Sie hier.

Die Fragen und Antworten im Faktencheck

1. Worum geht es beim Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration?

Migrationsprozesse sind eine globale Realität. Ihre Steuerung ist eine der dringendsten Herausforderungen multilateraler Politik. Hier ist internationale Zusammenarbeit notwendig. Dazu soll der Globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration („Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration“, GCM) den internationalen Rahmen setzen.

Diese Antwort ist richtig.

Niemand wird bestreiten, dass Migration Realität und eine globale Herausforderung ist und dass diese internationale Zusammenarbeit und einen Regelungsrahmen braucht.

2. Wie ist der Globale Pakt aufgebaut und was steht drin?

Der Globale Pakt für geordnete Migration beginnt mit einer Präambel und zehn Leitprinzipien, darunter die nationalstaatliche Souveränität, der völkerrechtlich nicht-bindende Charakter des Dokuments und das Bekenntnis zur Universalität der Menschenrechte. Dann werden 23 Ziele für eine sichere, geordnete und reguläre Migration aufgeführt. Diese Ziele umfassen unter anderem:

  • Minderung von strukturellen Faktoren irregulärer Migration
  • Stärkung sicherer, geordneter und regulärer Zuwanderungswege
  • grenzüberschreitende Bekämpfung von Menschenschmuggel und -handel
  • verbesserte Kooperation im Grenzmanagement
  • Stärkung und Schutz von Kinder- und Frauenrechten
  • Gewährleistung des Zugangs zu Grundleistungen.

Diese Antwort ist unvollständig.

Richtig wird auf die Präambel und die 23 Ziele hingewiesen. Neben diesen umfasst der Pakt jedoch noch zwei weitere Abschnitte: „Umsetzung“ sowie „Weiterverfolgung und Überprüfung“. Gerade aus diesen Bereichen ergeben sich am konkretesten Verpflichtungen, alleine schon die Berichtspflichten.

Generell wird hier nur sehr kurz auf die Inhalte eingegangen und Rosinenpickerei betrieben – es werden die leicht vermittelbaren Inhalte herausgestellt.

3. Werden durch den Globalen Pakt nationale Hoheitsrechte abgegeben bzw. eingeschränkt?

Nein. Die Wahrung nationaler Souveränität ist ein Leitprinzip des Globalen Pakts: „Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln“ (Absatz 15 c) des Globalen Paktes). Nationale Hoheitsrechte werden weder eingeschränkt noch übertragen. Der Globale Pakt wird kein völkerrechtlicher Vertrag sein und entfaltet daher in der nationalen Rechtsordnung keine Rechtswirkung.

Diese Antwort ist grundsätzlich richtig.

Nicht ausgeschlossen kann aber, dass sich aus den weichen Verpflichtungen des Pakts Auswirkungen auf die nationale Gesetzgebung auch in Deutschland ergeben, wenn auch nicht unmittelbar und sofort.

4. Verursacht der Globale Pakt Kosten?

Nein. Da nicht rechtsverbindlich, entstehen durch den Globalen Pakt keine direkten verpflichtenden Kosten. VN-Mitgliedstaaten können freiwillige Beiträge an die Vereinten Nationen und ihre Unter-Organisationen zahlen.

Diese Antwort ist falsch.

Zwar ist der Migrationspakt kein völkerrechtlicher Vertrag iSd Art. 59 GG, die meisten Juristen sind sich jedoch einig, dass er eine weiche Rechtsverbindlichkeit (Soft Law) entfaltet. Deutschland wird sich jedenfalls faktisch z.B. nicht dem „Kapazitätsaufbaumechanismus“ (Ziff. 43) oder dem „Migrationsnetzwerk“ (Ziff. 45) entziehen können. Fast schon vernachlässigenbar sind da schon fast die sich mit Sicherheit entstehenden Kosten für die Überprüfungs- und Berichtspflichten.

5. Wird durch den Globalen Pakt ein „Recht auf Migration“ begründet?

Mit dem Pakt werden keine neuen rechtlichen Kategorien geschaffen. Der Globale Pakt weist ausdrücklich darauf hin, dass die Souveränität der Staaten, vor allem in aufenthaltsrechtlichen und grenzpolitischen Fragen, gewahrt bleibt. Gleichzeitig betont der Globale Pakt unmissverständlich die Menschenrechte aller Migranten. Dazu gehört unter anderem die Unterstützung von Migranten in besonders gefährdeten Situationen, v.a. von Kindern, gemäß geltender völkerrechtlicher Verpflichtungen.

Diese Antwort ist richtig.

6. Wie wirkt der Globale Pakt gegen irreguläre Migration? Wird Migration gefördert?

Ziel des Paktes ist es, irreguläre Migration durch verbesserte internationale Zusammenarbeit in geordnete und reguläre Bahnen zu lenken. Negative strukturelle Faktoren in den Herkunftsländern, die zu Migration führen, sollen minimiert (Ziel 2), Schleuser und Menschenhandel grenzüberschreitend bekämpft (Ziele 9 und 10) und das Grenzmanagement besser koordiniert werden. Reguläre Migration hingegen, an der wegen vielerorts bestehender demographischer Realitäten und arbeitsmarktpolitischer Erfordernisse ein Bedarf besteht, soll erleichtert werden.

Diese Antwort ist richtig.

7. Welche positiven Effekte kann reguläre Migration haben?

Hier wären zum Beispiel zu nennen:

  • Fachkräfte: Der Bedarf des deutschen Arbeitsmarktes an Fachkräften ist bekannt. Reguläre Zugangswege können helfen, diesen Bedarf zu decken.
  • Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung: der Umfang der von Migranten getätigten Rücküberweisungen in ihre Herkunftsländer betrug 2017 weltweit ca. 600 Milliarden US-Dollar; davon gingen ca. 450 Mrd. US-Dollar in Entwicklungsländer – das ist das Dreifache der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe.

Diese Antwort ist grundsätzlich richtig, aber zumindest teilweise diskussionswürdig.

Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass legale Migration helfen kann, das Problem des Fachkräftemangels zu lösen.

Grundsätzlich ist auch richtig, dass Rücküberweisungen von Migranten in ihre Heimatländer dort helfen können. Zu hinterfragen ist jedoch,

  • wie solche Rücküberweisungen in Hinblick auf die Volkswirtschaft des Ziellandes des Migranten zu bewerten sind, insbesondere wenn die Gelder aus Sozialleistungen oder illegalen Handlungen stammen.
  • ob solche Rücküberweisungen nicht dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ entgegenstehen.
  • die Rücküberweisungen nicht gerade einen Anreiz auch zu illegaler Migration liefern.

8. Schränkt der Globale Pakt die Meinungsfreiheit ein?

Nein. Ziel 17 des Globalen Pakts spricht sich für einen auf nachweisbaren Fakten beruhenden öffentlichen Diskurs und die volle Achtung der Medienfreiheit aus. Rassismus und der Diskriminierung von Migranten soll allerdings klar entgegengetreten werden.

Diese Antwort ist richtig, aber verkürzt.

Es ist richtig, dass grundsätzlich unmittelbar keine Einschränkung der Meinungsfreiheit erfolgen soll.

Der entsprechende Absatz im Migrationspakt lässt sich aber auch so interpretieren, dass eine migrationskritische Berichterstattung nicht gewünscht ist:

„Wir werden. .. unter voller Achtung der Medienfreiheit eine unabhängige, objektive und hochwertige Berichterstattung durch die Medien, einschließlich Informationen im Internet, fördern, unter anderem durch Sensibilisierung und Aufklärung von Medienschaffenden hinsichtlich Migrationsfragen und -begriffen, durch Investitionen in ethische Standards der Berichterstattung und Werbung und durch Einstellung der öffentlichen Finanzierung oder materiellen Unterstützung von Medien, die systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gegenüber Migranten fördern“.

Zudem entspricht ein entsprechendes Hinwirken durch staatliche Stellen auf eine gewünschte Art der Berichterstattung nicht der gelebten Praxis in Deutschland.

9. Wann, wie und wo wird der Globale Pakt angenommen?

Der Globale Pakt soll am 10./11. Dezember 2018 auf einer Gipfelkonferenz in Marrakesch (Marokko) angenommen werden. Eine Unterzeichnung durch Staatenvertreter ist dabei nicht vorgesehen. Dies entspricht einem üblichen Vorgehen in den Vereinten Nationen. Die Annahme erfolgt im Konsens oder durch Abstimmung. Nach Annahme wird der Text an die VN-Generalversammlung übermittelt, wo er im Januar 2019 in einer kurzen Resolution förmlich angenommen („indossiert“) wird.

Diese Antwort ist richtig.

10. Unterstützt die Bundesregierung die Annahme des Globalen Pakts?

Ja. Der Globale Pakt hat das Ziel, auf internationaler Ebene Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen von Migration zu geben und er definiert Maßnahmen, um Missbrauch zu begegnen, aber auch die Chancen von Migration aufzuzeigen und zu nutzen. Der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration ist Baustein einer umfassenden Migrationspolitik der Bundesregierung.

Diese Antwort ist richtig.

Sie zeigt jedoch auch gleichzeitig, dass der Migrationspakt mehr ist als nur ein rechtlich völlig unverbindliches Papier, sondern eben auch Wirkungen entfalten wird.

11. Wie wurden Öffentlichkeit und Bundestag eingebunden?

Die Vereinten Nationen und die Bundesregierung haben sich bemüht, die Öffentlichkeit von Anfang an in die Aushandlungen des Globalen Paktes einzubinden. Die Bundesregierung hat in jeder Phase des Erarbeitungsprozesses zum Globalen Pakt ihre Position für die Öffentlichkeit frei zugänglich online eingestellt (unter refugeesmigrants.un.org). Dazu hat das Auswärtige Amt zu jeder zwischenstaatlichen Verhandlungsrunde zum Teil mehrere Tweets zum Aushandlungsprozess veröffentlicht.

Auch der Bundestag und die Zivilgesellschaft wurden von Anfang an in den Aushandlungsprozess eingebunden. Während der Verhandlungen gab es fünf große Beratungs- und Anhörungsrunden bei den Vereinten Nationen. Hierzu wurden alle Fraktionen des Bundestages eingeladen. Einige Fraktionen kamen der Einladung nach und haben an den Beratungs- und Anhörungsrunden teilgenommen.

Nach Abschluss der Verhandlungen hat die Bundesregierung mehrfach aktiv in der Regierungs-Pressekonferenz und in den sozialen Medien über den Globalen Pakt informiert. Das Auswärtige Amt veröffentlichte bereits im Juli einen Artikel zum Globalen Pakt. Außenminister Maas hat den Globalen Pakt auch in seiner presseöffentlichen Eröffnungsrede auf dem Bali Democracy Forum in Berlin am 14. September besonders hervorgehoben.

Diese Antwort ist richtig.

Wünschenswert wäre jedoch eine frühere und offenere politische und öffentliche Diskussion über den Pakt gewesen.

Fazit

Die Antworten des Auswärtigen Amts zu den selbstgestellten Fragen rund um den Migrationspakt finden keine klare Antwort zu der – zugegeben schwierigen – Frage nach der rechtlichen Verbindlichkeit und vermeiden, auf kontroverse Aspekte einzugehen.