Angela Merkel CCLXIV – Rede zur Eröffnung der neuen US-Botschaft in Berlin

Angela Merkel CCLXIV.

Am 4. Juli 2008 hält Angela Merkel eine Rede anlässlich der Eröffnung der neuen US-Botschaft in Berlin am Independence Day.

Karikatur mit Midjourney erstellt.

Gedicht: Der Zipferlake

der-zipferlake

(Gesehen in der Friedrichstraße in Bonn)

„Der Zipferlake“ ist der deutschen Titel des Gedichts „Jabberwocky“ von Alice Lewis Caroll aus „Alice hinter den Spiegeln“ in der Übersetzung von Enzensberger.

Im Original lautet das Gedicht:

Jaberwocky

Twas brillig, and the slithy toves
Did gyre and gimble in the wabe;
All mimsy were the borogoves,
And the mome raths outgrabe.

Beware the Jabberwock, my son!
The jaws that bite, the claws that catch!
Beware the Jubjub bird, and shun
The frumious Bandersnatch!

He took his vorpal sword in hand:
Long time the manxome foe he sought
So rested he by the Tumtum tree,
And stood awhile in thought.

And as in uffish thought he stood,
The Jabberwock, with eyes of flame,
Came whiffling through the tulgey wood,
And burbled as it came!

One, two! One, two! And through and through
The vorpal blade went snicker-snack!
He left it dead, and with its head
He went galumphing back.

And hast thou slain the Jabberwock?
Come to my arms, my beamish boy!
O frabjous day! Callooh! Callay!
He chortled in his joy.

Twas brillig, and the slithy toves
Did gyre and gimble in the wabe;
All mimsy were the borogoves,
And the mome raths outgrabe.

Lewis Carroll nicht nur ein herausragender britischer Schriftsteller des viktorianischen Zeitalters sondern auch Fotograf, Mathematiker und Diakon. Geboren wurde er am 27. Januar 1832, Daresbury, gestorben ist er am 14. Januar 1898 in Guildford (beides Vereinigtes Königreich). Alice im Wunderland ist sein bekanntestes Buch, es erschien erstmals am 4. Juli 1865.

Wetterregel zum 4. Juli – St. Ulrich

Hier finden Sie eine Bauernregel bzw. Wetterregel zum 4. Juli:

Regen am Sankt Ulrich Tag macht die Birnen stichig mad.

Der 4. Juli ist übrigens St. Ulrich.

Mehr bei unserer Übersicht der Wetterregeln. Vielleicht interessieren Sie sich auch für die 10 Fakten zum 4. Juli.

Dokumentiert: Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zur Eröffnung der neuen US-Botschaft am 4. Juli 2008 in Berlin

Sehr geehrter Herr Präsident Bush,
sehr geehrter Herr Bundespräsident von Weizsäcker,
sehr geehrter Herr Botschafter Timken,
liebe Frau Timken,
meine Damen und Herren,

ich freue mich sehr, heute gemeinsam mit Ihnen einen historischen Augenblick zu erleben: Die Rückkehr der Botschaft der Vereinigten Staaten an das Brandenburger Tor.

Für diesen großen Moment gibt es kein passenderes Datum als den 4. Juli – den Tag, an dem sich das junge Amerika im Jahr 1776 für unabhängig erklärte. Seither stehen die Vereinigten Staaten wie kein anderes Land auf der Welt für die Kraft von Unabhängigkeit und Freiheit. Deshalb ist es mir eine besondere Freude, heute hier bei Ihnen zu sein und den Vereinigten Staaten von Amerika zu ihrem „Fourth of July“ ganz herzlich zu gratulieren.

Dies ist Ihr Nationalfeiertag. Es ist aber auch ein Feiertag für alle, die wissen, wie wertvoll Unabhängigkeit und Freiheit sind. Wir in Deutschland wissen um den Wert der Freiheit auch dank der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie haben in den 232 Jahren Ihrer Unabhängigkeit immer an die Kraft der Freiheit geglaubt.

Sie haben auch an die Kraft der Freiheit geglaubt, als diese Stadt Berlin 1945, nach den Abgründen von Krieg und Diktatur, einen starken und guten Freund brauchte. Sie haben an die Kraft der Freiheit geglaubt, als es für die Menschen in dieser Stadt und in diesem Land darum ging, Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu schöpfen. Sie haben an die Kraft der Freiheit geglaubt, als dieses Tor noch durch Mauer und Stacheldraht versperrt war.

Dazu möchte ich einen Satz unseres früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zitieren. Er sagte: „Solange das Brandenburger Tor geschlossen ist, ist die deutsche Frage offen.“ Deshalb ist die Rückkehr der amerikanischen Botschaft an den Platz neben diesem geschichtsträchtigen Bauwerk, dem Symbol der Deutschen Einheit, ein so besonderer und bewegender Moment für die Menschen in unserem Land.

Der Gang durch das offene Tor ist für uns inzwischen Normalität geworden. Aber wir vergessen nicht, wer sich für seine Öffnung maßgeblich mit eingesetzt hat: Es waren die Vereinigten Staaten von Amerika. Ihre Beziehung zu Berlin und Deutschland war und ist eine ganz besondere Geschichte voller prägender Momente.

1945, die Stunde Null: Damals ging es den amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland zuallererst darum, die Köpfe und Herzen der Menschen zu gewinnen, um dieses Land in den Kreis der westlichen Wertegemeinschaft aufzunehmen.

Der Marshall-Plan: Ein grandioses Beispiel gelebter amerikanischer Werte und amerikanischer Politik. Was für eine weitsichtige Hilfe, als ein ganzer Kontinent nach der Katastrophe des Weltkrieges und dem Grauen des Holocausts am Boden lag.

Die Luftbrücke: Nicht nur eine politische, sondern vor allen Dingen auch eine humanitäre Glanztat. Wir sind glücklich darüber, dass heute Veteranen dieser fliegerischen und logistischen Meisterleistung bei uns hier in Berlin sind. Herzlichen Dank! Berlin wird Ihnen dies nie vergessen. Für mich sind Sie wahre Helden im Dienste von Unabhängigkeit und Freiheit. Wir verneigen uns vor all denen, die die Freiheit dieser Stadt in den denkwürdigen Monaten der Luftbrücke mit ihrem Leben bezahlen mussten.

Unvergessen ist die Rede des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan im Juni 1987, in der er sagte: „Mr. Gorbatschow, open this gate! Mr. Gorbatschow, tear down this wall!“ Heute wissen wir, dass wenig später, 1989, die Vereinigten Staaten in Deutschland und in Europa eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben, als die Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit für unser Land möglich wurde.

Lieber Präsident Bush, es ist für uns eine ganz besondere Ehre, dass Sie heute hier bei uns sind, denn wir wissen, welche Rolle Sie in dieser Zeit der deutschen Geschichte gespielt haben. Sie haben unseren Bundeskanzler Helmut Kohl damals unterstützt, die Einigkeit in Frieden und Freiheit herbeizuführen. Deshalb möchte ich Ihnen an dieser symbolträchtigen Stelle meinen ganz herzlichen Dank aussprechen: Dankeschön!

Lieber Präsident Bush, ich habe damals, vor dem Fall der Mauer, wenige Meter von hier entfernt gewohnt, ganz dicht an der Mauer. Ich habe mir über viele Jahre meines Lebens hinweg nicht vorstellen können, jemals durch dieses Brandenburger Tor gehen zu können.

Es war für uns – gerade auch in der früheren DDR – sehr wichtig, auf die Tragfähigkeit und die Festigkeit des Fundaments der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der alten Bundesrepublik vertrauen zu können. Heute, in einem wiedervereinigten Deutschland, teilen wir gemeinsame Werte. Wir sind gute Partner und wir blicken gemeinsam in die Zukunft.

Ich bin davon überzeugt: Wir können die großen Fragen unserer Zeit als Nationalstaaten nicht mehr alleine lösen, sondern sind darauf angewiesen, dies gemeinsam zu tun. Sie, lieber George Bush, haben mit Blick auf diese Zusammenarbeit während Ihres Deutschland-Besuchs im Mai 1989 einen wichtigen Begriff geprägt: „Partnership in Leadership“. Sie sagten damals – ich zitiere: „Leadership hat einen ständigen Begleiter: Die Verantwortung. Unsere Verantwortung ist es, nach vorn zu schauen und das festzuhalten, was uns die Zukunft verspricht.“

Ihre Worte galten damals und sie gelten heute nach wie vor, denn wir stehen vor vielen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Es geht darum, Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen einzudämmen. Es geht darum, Hunger, Armut und Seuchen zu bekämpfen und knappe Ressourcen auf der Welt gerecht zu verteilen. Es geht darum, die verheerenden Folgen des Klimawandels einzudämmen und unsere Energieversorgung nachhaltig zu sichern. Es geht darum, Hassparolen entgegenzuwirken, die sich über moderne Internetsysteme schlagartig verbreiten.

Wir sind gefordert, uns in Krisengebieten mit zivilen und – wenn unbedingt nötig – auch militärischen Mitteln für Stabilität einzusetzen. Dabei bleibt für uns auch künftig die Nato der Ort für eine transatlantisch verankerte und verantwortete Sicherheitspolitik. Wir Europäer wollen unsere eigenen sicherheitspolitischen Fähigkeiten ausbauen. Aber wir wollen dies nicht in Konkurrenz zur Nato tun, sondern als Ergänzung und Stärkung unserer transatlantischen Sicherheitspartnerschaft.

So wichtig unser Sicherheitsbündnis ist, so steht unsere transatlantische Partnerschaft aus meiner Sicht auch auf anderen festen Säulen. So gehört für mich zu den großen transatlantischen Zukunftsaufgaben, auch unsere wirtschafts- und forschungspolitischen Potenziale besser auszuschöpfen. Unsere Volkswirtschaften sind die innovativsten der Welt. Wir entwickeln bahnbrechende Spitzentechnologien. Wir haben exzellente Wissenschaftler und Hochschulen. Unsere beiden Märkte sind weltweit am stärksten integriert.

Doch wir können noch viel mehr Synergien schaffen, von denen wir gemeinsam profitieren. Deshalb haben wir während der deutschen EU-Präsidentschaft den Transatlantischen Wirtschaftsrat ins Leben gerufen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Handels- und Investitionshemmnisse zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten abzubauen. Wir sind dabei auf gutem Wege.

Eine weitere transatlantische Kernaufgabe ist die Frage von Energieeffizienz und Schutz der Umwelt vor dem Klimawandel. In wenigen Tagen, wenn wir auf dem G8-Gipfel sind, werden wir diese Themen wieder besprechen, und zwar sowohl unter den Industrienationen als auch mit den Schwellenländern. Denn auch hier gilt: Kein Land kann diese Aufgaben allein bewältigen.

Es gibt also viele Gründe, warum eine enge und verlässliche transatlantische Partnerschaft eine Grundessenz deutscher Politik ist. Aber diese ist nicht selbstverständlich. Wir müssen sie, wie jedes wertvolle Gut, pflegen. Es reicht nicht, gemeinsame Interessen, Werte und traditionelle Verbindungen zu beschwören. Vielmehr müssen wir sie immer wieder aufs Neue unter Beweis stellen.

Ich darf sagen: Die transatlantischen Verbindungen sind ein Gewinn für uns – sei es in sicherheitspolitischer Hinsicht, in wirtschaftspolitischer Hinsicht oder auch einfach mit Blick auf gelebte Freundschaft. Wir dürfen nicht nachlassen, hiervon besonders auch die junge Generation immer wieder zu überzeugen. Dazu gehört auch, ihre Sorgen und ihre Bedenken ernst zu nehmen und offen miteinander über unterschiedliche Ansichten zu diskutieren.

Wir müssen deutlich machen, wie wichtig es ist, mit vereinten Kräften für unsere Überzeugungen und Werte in der Welt einzutreten, um Frieden, Sicherheit und Wohlstand auch in den nächsten Jahrzehnten leben zu können. So heißt für mich transatlantische Partnerschaft heute wie morgen: Amerika und Europa treten gemeinsam ein für die Achtung von Menschenrechten, für eine Zukunft in Stabilität, in demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnissen – kurzum: für Unabhängigkeit und Freiheit.

Dieses Gebäude der amerikanischen Botschaft, zurückgekehrt an seinen historischen Platz, soll der Ort sein, an dem wir miteinander darüber sprechen können. Ich glaube, dass viele Menschen hier vorbeigehen und sich freuen werden, dass endlich auch diese Baulücke geschlossen ist.

Ich wünsche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaft sowie Ihnen, Herr Botschafter, und Ihnen, Frau Timken, alles Gute und eine gute Arbeitsatmosphäre in dieser Botschaft! Ich verspreche Ihnen, dass wir uns immer um ein gutes Miteinander bemühen werden.

Ich wünsche Ihnen viel Schaffenskraft, eine glückliche Hand und Gottes Segen! Herzlichen Dank!