Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrter Herr Parlamentspräsident,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
Exzellenzen,
verehrte Gäste,
es ist mir eine ganz besondere Ehre, heute als erste deutsche Regierungschefin vor dem mongolischen Parlament, dem Großen Staatskhural, sprechen zu dürfen.
Die Mongolei hat auf uns Deutsche seit jeher eine große Faszination ausgeübt. Trotz großer geografischer Entfernung gab es immer Austausch und Begegnung zwischen unseren Völkern. Vor der Wiedervereinigung lebten in der DDR Tausende von mongolischen Studenten und Facharbeitern, die im Rahmen von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen nach Deutschland gekommen waren. Diese Mongolen haben bei uns viel Sympathie und Freundschaft für Ihr Land entstehen lassen. Sie haben das Bild der Mongolei in Deutschland geprägt.
Zwei Phasen haben aus meiner Sicht den Weg für die heutige Entwicklung der Mongolei bereitet:
In der Phase des „Mongolischen Friedens“ im 13. und 14. Jahrhundert bescherten stabile soziale, kulturelle und wirtschaftliche Verhältnisse sowie religiöse Toleranz dem mongolische Reich eine lange Zeit des inneren Friedens.
Die zweite Phase ist die der demokratischen Revolutionen im ehemaligen Ostblock 1989/1990.
Damals gingen wir Deutschen in der ehemaligen DDR für Freiheit und Einheit auf die Straße. Heute sind wir wiedervereint. Zur gleichen Zeit, von der gleichen Sehnsucht nach Freiheit erfasst, erstritten sich die Mongolen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Die Mongolei vollzog den Übergang von einem kommunistischen System zu einer Mehrparteiendemokratie. Dafür zollen die Deutschen den Mongolen großen Respekt. Der gemeinsam erlebte historische Umbruch verbindet unsere beiden Länder und ihre Bevölkerungen.
In diesem Jahr haben uns die Umwälzungen in der arabischen Welt erneut vor Augen geführt, dass politische und soziale Teilhabe niemals das Privileg nur einer kleinen Gruppe sein darf. In einem Rechtsstaat darf es keinen Ausschluss der Bürger von Freiheiten und Rechten geben. Unser Auftrag lautet, die Bürger am Wohlstand und an den Ressourcen unserer Länder teilhaben zu lassen.
Die Mongolei hat als parlamentarische Demokratie, die sich an freiheitlich-demokratischen Grundwerten orientiert, in Zentralasien eine wichtige Vorbildfunktion. Daher möchte ich Sie dazu ermutigen, auf dem Weg der Demokratie kontinuierlich weiterzugehen. Die Diskussion über eine Wahlrechtsreform, die Sie ja derzeit führen, könnte in dieser Hinsicht ein wichtiger Schritt sein auf dem Weg hin zu mehr Repräsentanz im nationalen Parlament.
Wir Deutschen wissen aus leidvoller Erfahrung: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Sie bedarf starker Institutionen, eines starken Rechtsstaats und vor allem tapferer Bürger, die sie täglich leben und verteidigen. Demokratie lebt vom Respekt für universale Menschenrechte. Daher begrüße ich ausdrücklich, dass die Mongolei entschieden hat, die Todesstrafe nicht mehr zu vollstrecken. Auch hierbei nimmt die Mongolei eine Vorreiterrolle in Asien ein. Ich ermutige Sie, noch einen Schritt weiter zu gehen und die Todesstrafe endgültig abzuschaffen.
Die Demokratie in der Mongolei muss sich bei großen Herausforderungen bewähren. Der Rohstoffreichtum Ihres Landes birgt erhebliches Potenzial für Wachstum und Wohlstand. Zugleich verpflichtet er die Regierung und das Parlament, dafür Sorge zu tragen, dass die Erlöse aus dem Rohstoffsektor einem möglichst breiten Teil der Bevölkerung zukommen. Im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens muss man auch an kommende Generationen denken und in Gemeinschaftsaufgaben wie Bildung, Gesundheit sowie in eine zukunftsfähige Infrastruktur investieren. Deutschland steht bereit, die Mongolei dabei nach Kräften zu unterstützen.
Wir sind der Mongolei ein vertrauenswürdiger Wirtschaftspartner, der sehr an einer nachhaltigen Entwicklung interessiert ist. In meiner Delegation sind daher gerade auch Unternehmen vertreten, die mit nachhaltigen Lösungen zum Ausbau der mongolischen Infrastruktur beitragen können. Es freut mich ganz besonders, dass wir heute ein Abkommen über die Gründung einer Rohstoffpartnerschaft zwischen Deutschland und der Mongolei unterzeichnet haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit den Grundstein für eine langfristige Partnerschaft im Energie- und Rohstoffsektor zum gegenseitigen Nutzen unserer beiden Länder gelegt haben.
Historische Verbindungen und vertiefte Zusammenarbeit im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und der Wirtschaft sind Pfeiler der engen und freundschaftlichen deutsch-mongolischen Beziehungen. Unsere Zusammenarbeit reicht auch über bilaterale Themen hinaus. Wir denken in unserer Kooperation auch an die junge Generation. In Zukunft – das wurde heute vereinbart – werden Nachwuchswissenschaftler aus der Mongolei am Lindauer Nobelpreisträgertreffen teilnehmen. Die Gerda Henkel Stiftung fördert in hervorragender Weise die historische und archäologische Forschung im Orchon-Tal.
Unser Bekenntnis zu den gemeinsamen Werten von Freiheit und Demokratie verpflichtet uns, weltweit für diese Werte einzutreten. Wir tun dies erfolgreich, unter anderem im Rahmen der Vereinten Nationen, der Nato und der OSZE. Heute stehen deutsche und mongolische Soldaten Seite an Seite für Frieden und Sicherheit in Afghanistan ein. In Faisabad im Norden Afghanistans übernehmen unsere Soldaten in einem gefährlichen Umfeld gemeinsam Verantwortung für den Wiederaufbau. Für die Ausweitung des mongolischen Engagements noch in diesem Jahr bin ich Ihnen sehr dankbar.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir all diese Bereiche unserer Zusammenarbeit weiter dynamisch ausbauen und damit unsere umfassende Partnerschaft weiter vertiefen können. Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen alles Gute.
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