Dokumentiert: Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf dem zweiten Deutschen Verbrauchertag am 12. Mai 2009 in Berlin

Sehr geehrter Herr Rips,
sehr geehrter Herr Billen,
lieber Herr Müntefering,
liebe Ilse Aigner,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag sowie aus
den Landtagen, die ich natürlich auch nicht vergessen möchte, und
vor allen Dingen meine Damen und Herren,

ich bin heute gerne Ihrer Einladung gefolgt. Herr Rips hat schon auf unser Gespräch im Bundeskanzleramt hingewiesen. Ich habe dort gesagt, dass die Stellung der Verbraucherverbände und der Verbraucher in Deutschland so wichtig geworden ist, dass wir aus dem Treffen eine sich wiederholende Sache machen und regelmäßige Gespräche im Bundeskanzleramt führen sollten. Ich halte das für wichtig, weil ich glaube, dass die Verbraucherpolitik in das Zentrum politischer Verantwortung gelangt ist – und das zu Recht. Sie ist alles andere als eine politische Randerscheinung, sondern ein Teil unserer Gesellschaftspolitik und damit von erheblicher Bedeutung. Sie ist eine Daueraufgabe und – das macht die Sache manchmal so schwer fassbar – sie ist natürlich auch eine Querschnittsaufgabe. Es gibt wohl keinen Menschen, der in seinem Leben nicht mit Fragen des Verbraucherschutzes in Berührung kommt. Jeder versteht etwas davon, aber nicht jeder weiß, wie man die Dinge ändern kann. Deshalb ist es wichtig, dass Sie die Stimme der Verbraucher sind und sich für die Anliegen der Verbraucher stark machen.

Wir alle kaufen und denken jeden Tag darüber nach, welche Entscheidungen wir zu treffen haben. Es ist gerade diese Alltäglichkeit und Normalität, die uns im Einzelfall die Tragweite der Entscheidungen manchmal nicht so richtig bewusst machen, die aber dann doch in der Summe zu Fragestellungen und Unzufriedenheiten führen können. – Herr Rips hat das gerade am Beispiel der Familien dargestellt. – Sind die gekauften Lebensmittel wirklich unbedenklich? Ist das gekaufte Spielzeug für das Kind tatsächlich geeignet? Welcher Handy-Tarif passt am besten zu meinen Bedürfnissen?

Also Fragen über Fragen. Es ist oft schwer zu entscheiden, was für einen Kauf spricht und was gegen den Kauf eines bestimmten Gutes spricht. Viele Fragen werden aus Zeitmangel schon gar nicht mehr gestellt, weil man nicht alles bis in die Tiefe ergründen kann. Ich habe großes Verständnis dafür, dass Menschen immer weniger dazu bereit sind, ein Risiko einzugehen und Nachteile einer falschen Kaufentscheidung hinzunehmen, gerade wenn es um höhere Preisklassen und längerlebige Produkte geht. Dann ist guter Rat gefragt, wie ihn eben die Verbraucherberatung anbietet.

Nun kann man sagen: Es ist ein Wert an sich, wenn man die Auswahl zwischen verschiedenen Produkt- und Dienstleistungsalternativen hat. Der Wettbewerb macht das möglich. Die Globalisierung der Märkte, technischer Fortschritt und die weltumspannenden Möglichkeiten des Internets eröffnen neue Freiräume. Auch die Liberalisierung bei Telekommunikation und Energieversorgung, die Vielzahl der Finanzmarktprodukte haben die Wahlfreiheit erhöht und oft Preise gesenkt. Aber die Wahl kann auch zur Qual werden, wenn man sich von der Vielfalt der Angebote erschlagen fühlt – vor allem dann, wenn es an Informationen mangelt, die aber dem Verbraucher wichtig sind. Dann ist es sehr schwer, die Qualitäts- und Leistungsunterschiede überhaupt zu überblicken. Intransparenz führt oft zu fehlerhaften Entscheidungen und teilweise auch zu Übervorteilung.

Da ist der Punkt, an dem es gut ist, dass wir Verbraucherpolitik in unserem Land haben und dass die Verbraucherpolitik dieser Bundesregierung ein Leitbild hat. Das ist der mündige, informierte und eigenverantwortlich handelnde Verbraucher. Ich will dafür einige Beispiele nennen. Wir wollen, dass sich Verbraucher auf die technische Sicherheit und die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Produkten und Dienstleistungen verlassen können. Verbraucher sollen in der Lage sein, Chancen und Risiken von Finanzprodukten einschätzen zu können. Wir wollen – das ist natürlich ein ganz zentraler Punkt –, dass es ihnen tatsächlich möglich ist, ihre Rechte wirklich durchzusetzen.

Aber: Der gute Wille darf wiederum nicht dazu führen, dass Verbraucher den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen können. Deshalb lehnen viele Verbraucher einen Schilderwald von Verhaltensempfehlungen ab, mit dem mehr Verwirrung gestiftet wird oder sie eher gegängelt werden, als dass dadurch Klarheit aufkommt. Das heißt, Verbraucherschutz und Verbraucherpolitik sind im Grunde eine permanente Suche nach der richtigen Balance zwischen Selbstbestimmung und Mündigkeit des Verbrauchers auf der einen Seite und staatlichem Schutz auf der anderen Seite. Das ist im Grunde eine klassische Aufgabe, die sich aus der Sozialen Marktwirtschaft ergibt: Einerseits der Staat als Hüter der Ordnung und auf der anderen Seite der Bürger, der seine Rechte wahrnehmen kann. In dem Sinne, wie der Mensch der Maßstab unserer Wirtschaftsordnung ist – wiederum im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft –, wollen wir das natürlich auch umsetzen.

Es ist also nicht ein ungehinderter, sondern ein geordneter Wettbewerb, um den es geht, bei dem Monopolisierung verhindert wird und der dafür Sorge trägt, dass faire Preise verlangt werden. – Das ist ein Thema, das uns gerade im Augenblick im Zusammenhang mit den Milchpreisen sehr umtreibt. Was ist ein fairer Preis? Das ist eine ganz schwierige Aufgabe, da im Augenblick mit Sicherheit viele unfaire Preise im Spiel sind. – Es geht um einen geordneten Wettbewerb, der Anreize bietet, immer wieder neue Produkte zu kreieren, um den sich wandelnden Bedürfnissen derer, die nachfragen, die bestimmte Interessen haben, gerecht zu werden. In dieser Wirtschaftsordnung, die Freiheit und Verantwortung, Leistung und Gerechtigkeit miteinander verbindet, hat eben auch der Schutz des Verbrauchers seinen festen und unabdingbaren Platz.

Nun kann man sagen: Das ist ja schnell dahin gesagt, aber was habt ihr denn nun konkret gemacht? Deshalb will ich an einige Entscheidungen in dieser Legislaturperiode erinnern. Wir schützen die Verbraucher zuverlässiger vor unerwünschter Telefonwerbung ebenso wie vor untergeschobenen Verträgen. Wir haben die Stellung der Verbraucher als Versicherungsnehmer gestärkt und einen besseren Schutz bei Verbraucherkreditverträgen auf den Weg gebracht. Wir haben auch auf den Weg gebracht, dass Bahnkunden bei Zugverspätungen Entschädigung beanspruchen können.

Besonders hervorheben möchte ich das Verbraucherinformationsgesetz. Mit ihm haben wir den Zugang zu Informationen über gesundheitsgefährdende und risikobehaftete Produkte deutlich verbessert. Verbraucher haben gegenüber den Behörden nun einen Anspruch auf Information über Gesundheitsgefahren, Rechtsverstöße und Verbrauchertäuschung. Ich weiß, dass aus Sicht der Verbraucherverbände einige Fragen und Wünsche offen geblieben sind. Aber wir haben im Blick darauf, dass wir erst einmal Erfahrungen sammeln müssen, schon festgelegt, dass das Gesetz nach zwei Jahren noch einmal auf den Prüfstand kommt und wir uns dann fragen, ob es weiteren Handlungsbedarf gibt.

Wir wissen sowieso, dass das gesamte Thema des Verbraucherschutzes dem technischen Wandel unserer Welt stark unterworfen ist. Das heißt, es kommen immer wieder neue Produkte auf den Markt, weshalb immer wieder andere Informationen gefragt sind. Deshalb ist es so wichtig, dass sich Verbraucher auch ohne großen Aufwand informieren können, wie Herr Rips schon erwähnt hat.

Wenn wir Kennzeichnungen als eine Möglichkeit der Informationen wählen, muss unser Ziel sein, dass sie leicht verständlich und auf das Wesentliche reduziert sind, wobei da schon immer eine umfassende Diskussion stattfindet. Ich persönlich – das mag mit dem zunehmenden Alter zusammenhängen – stelle immer wieder fest, dass Gebrauchsanleitungen für technische Geräte oft sehr schwierig zu verstehen sind. Ich habe immerhin Physik studiert und denke mir, dass ich nicht ganz ungebildet bin. Man ist froh, wenn man den Text irgendwo auf Deutsch findet. Wenn man dann die Brille parat hat, kann man auch das Kleingedruckte einigermaßen lesen. Es ist gut, dass es Kinder gibt, die das alles intuitiv machen, und meistens auch nichts kaputt geht, wenn sie das Gerät einmal praktisch ausprobieren.

Gerade für Senioren ist es wichtig, dass Informationen wirklich in allgemein verständlicher Form aufbereitet werden. Mit dem Älterwerden machen sich die Schwierigkeiten, wie gesagt, schrittweise bemerkbar. In Bahnhöfen, im Internet und in Einkaufszentren wimmelt es von Anglizismen und Wortschöpfungen, die nicht nur älteren Menschen das Leben unnötig schwer machen. Deshalb sind die Anbieter gefordert, ihre Informationen klar, eindeutig, verständlich und in einer leserlichen Schriftgröße zu formulieren. Das sind eigentlich ganz einfache Dinge. Man wundert sich, warum unsere deutsche Sprache so selten benutzt wird, um einfache Sachverhalte darzustellen.

Es liegt ohnehin auch im Eigeninteresse der Anbieter, gerade die Gruppe der Älteren stärker in den Blick zu nehmen. Sie sind eine Gruppe von kaufkräftigen und immer entscheidungsfreudiger werdenden Konsumenten. Deshalb glaube ich, dass wir für alle Altersgruppen – von den ganz Jungen bis zu den Älteren – unsere Informationen altersgerecht parat halten sollten.

Aber Informationen allein reichen natürlich nicht aus. Denn eine Flut von Informationen macht Verbraucher nicht unbedingt selbständiger. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall: Verunsicherung, Verwirrung, Abschreckung. Deshalb sind die Relevanz der Information und der souveräne Umgang damit so wichtig. Wenn Verbraucher überfordert sind, kommt natürlich die Vermittlung von grundlegenden Kenntnissen über Wirtschaft und Märkte, Rechte und Pflichten ins Spiel. Verbraucherkompetenz ist etwas sehr Wichtiges. Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene müssen diese Kompetenz zunehmend erwerben. Ansonsten wird es den mündigen Verbraucher nicht geben.

Deshalb finde ich es ganz wichtig, dass Sie hier auf diesem Verbrauchertag einfach sagen: Familie in der Verbraucherpolitik ist ganz nahe am Leben. Alltagskompetenzen und Sensibilisierung in Verbraucherfragen werden zuerst in den Familien vermittelt. Man muss dann eben auch auf die Familien hören. Sie haben hier auf der Bühne, auf der nachher diskutiert wird, eine familiengerechte Situation geschaffen.

Auch Schulen und Bildungseinrichtungen spielen eine wichtige Rolle. Deshalb begrüße ich ausdrücklich Initiativen wie das Internetportal zur Verbraucherbildung des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Hier werden unter anderem Unterrichtsmaterialien und -module zu den Themen Ernährung, Gesundheit, Finanzen und Medienkompetenz zur Verfügung gestellt. Ich finde, solche positiven Beispiele sollten durchaus noch mehr Schule machen, um im Bild zu bleiben.

Wir wollen als Bundesregierung nicht nur dazu animieren, sondern wir sind selbst aktiv – wohlwissend, dass Verbraucherbildung und -kompetenz letztlich keine Frage des Alters ist, sondern jeden etwas angehen. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem vzbv, der Deutschen Rentenversicherung, den Volkshochschulen und den Sozialpartnern die Bildungskampagne „Altersvorsorge macht Schule“ ins Leben gerufen. Gerade in der Altersvorsorge wird es zu mehr individuellen Vertragsbeziehungen zwischen Anbietern und Verbrauchern kommen. Die angebotenen Produkte zu durchschauen, ist oft nicht einfach. Hier geht es um langfristige Entscheidungen. Wir wollen mit unserer Kampagne hier gemeinsam weiterhelfen.

Auch hier ist es wieder so: So wirksam, wichtig und nicht wegzudenken Kampagnen sind, Verbraucherschutz braucht mehr. Es bedarf auch klarer und praktikabler Gesetze.

Ich will zwei Beispiele aus den letzten Monaten nennen, die für die Notwendigkeit besserer Verbraucherrechte stehen.

Das ist erstens der Datenschutz. Die parlamentarischen Beratungen dazu dauern an. Ich hoffe, dass sie zu einem wirklich vernünftigen Ende geführt werden. Bundesminister Schäuble hat beim Datenschutzgipfel im Herbst des vergangenen Jahres mit den für den Datenschutz zuständigen Institutionen Verbesserungen beim Schutz vor Datenmissbrauch vereinbart. Genau diese Vereinbarung soll mit der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes umgesetzt werden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das zu einem guten Ende geführt wird.

Dabei ist das Thema nicht wegzudiskutieren, dass wir mehr Transparenz beim so genannten Adresshandel brauchen. Wir wollen damit die informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht stärken. Das heißt, in Zukunft soll die Verwendung personenbezogener Daten zu Zwecken der Werbung grundsätzlich nur noch mit Einwilligung der Betroffenen zulässig sein. Jeder weiß, dass Ausnahmen nicht ausgeschlossen sind, wenn das Wort „grundsätzlich“ auftaucht. Wir haben auch darüber gesprochen, dass „grundsätzlich“ heißt, dass mehr Transparenz vorhanden sein muss. Ich hoffe, dass wir uns genau so einigen werden. Daten über Wohnort, Name und Kaufverhalten sollen nicht ohne Zustimmung einfach verkauft, gehandelt oder zur Profilbildung genutzt werden können. Das ist das Kernstück dieser Novelle des Datenschutzgesetzes.

Mein zweites Beispiel, das ich anführen möchte, ist eng mit der internationalen Finanzmarktkrise verbunden. Sie hat gravierende Lücken im Verbraucherschutz deutlich gemacht. Viele private Anleger haben mit zum Teil risikoreichen Finanzprodukten sehr viel Geld verloren, ohne sich vorher wirklich des Risikos bewusst gewesen zu sein. Viele Anlageentscheidungen entsprachen wegen unzureichender oder schlechter Beratung nicht den Erwartungen oder der Lebenssituation der Anleger. Es gibt zwar heute schon die Situation, dass Banken und Finanzdienstleister verpflichtet sind, bestimmte Verbraucherschutzregelungen einzuhalten. Aber wir sind der festen Überzeugung – gerade auch die zuständige Ministerin –, dass es hier Handlungsbedarf gibt.

Insbesondere müssen Anleger in der Lage sein, ihre Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften erfolgreich geltend zu machen. Es hat sich gezeigt, dass Anleger im Regelfall eine Falschberatung nur sehr, sehr schwer nachweisen können. Deshalb hat das Bundeskabinett mit seinem Entwurf zum Schuldverschreibungsrecht vom Februar 2009 bereits einen wichtigen Schritt für besseren Anlegerschutz getan. Anlageberater müssen künftig über jede Beratung ein schriftliches Protokoll erstellen und unterschreiben. Dieses ist dem Kunden vor Geschäftsabschluss auszuhändigen. Auf diese Art und Weise soll Klarheit über den Inhalt des Beratungsgesprächs geschaffen werden. Anleger sollen damit eine eventuelle Falschberatung besser nachweisen können. Zusätzlich sollen die Verjährungsfristen – das ist auch ganz wichtig – verlängert werden. Anleger sollen so mehr Zeit für die Verfolgung ihrer Ansprüche bekommen. Das heißt: Verbraucherrechte dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern man muss sie in einer Zeitskala durchsetzen können, die praxisrelevant ist.

Die Wirtschaft ist gefordert, für einfache und klare Reklamationswege zu sorgen. Wir können aber nicht darauf setzen, dass das immer von alleine geschieht. Deshalb müssen Verbraucher in der Lage sein, ihre Rechte geltend zu machen. Wenn es um das Durchsetzen von eigenen Rechten geht, denken viele zuerst an eine gerichtliche Auseinandersetzung. Aber der Volksmund sagt: Schlichten ist oft besser als Richten. Es gibt viele Fälle, in denen eine Schlichtung Vorteile aufweist. Ein Schlichtungsverfahren ist oft schneller und unbürokratischer als eine kräftezehrende gerichtliche Auseinandersetzung. Vieles kann verbraucherfreundlicher sein, weil ein Schlichtungsverfahren grundsätzlich kostenfrei ist.

Ich glaube, wir sind in Deutschland auf einem guten Weg, die Schlichtung populärer zu machen. Es haben sich zahlreiche Schlichtungsstellen in den verschiedensten Bereichen etabliert. Allerdings darf das nicht bedeuten, dass Gerichtsverfahren ersatzlos gestrichen werden. Die gerichtliche Auseinandersetzung als ultima ratio muss zur Verfügung stehen. Ansonsten kann Schlichtung sehr schnell zu einer Farce werden.

Das Individualrecht hat sich für den Verbraucherschutz im Großen und Ganzen bewährt. Wir haben ergänzend die Möglichkeiten zur kollektiven Durchsetzung von Ansprüchen durch die Verbraucherverbände geschaffen. Kollektiver Rechtsschutz kommt immer dann zum Tragen, wenn eine Vielzahl von gleich gelagerten Streitigkeiten vorliegt, bei denen es sich aber für den Einzelnen wegen des geringen Wertes der Ansprüche nicht lohnen würde, vor Gericht zu ziehen. Wir müssen jetzt sehen, ob die neuen Verfahrensformen den Praxistest wirklich bestehen. Deshalb sage ich: Schon wieder eine Novellierung der Rechtsinstrumente vorzunehmen, ist jetzt vielleicht noch etwas zu früh. Aber wir wissen, dass wir für Ihre Praxiserfahrungen offen sein müssen. Deshalb werden wir darüber im Gespräch bleiben.

Für mich ist Verbraucherpolitik nicht erst dann gefordert, wenn auf den Märkten etwas schief gelaufen ist. Verbraucherpolitik bedeutet mehr als akuter Verbraucherschutz. Verbraucherpolitik ist eine Politik, die hilft, das Wirtschaftsgeschehen, das gesellschaftliche Leben und Verbrauchsgewohnheiten mit zu gestalten und, wo nötig, zu verändern. Deshalb ist der Gedanke des nachhaltigen Konsums ein wesentlicher Teil der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der gesamten Bundesregierung.

Immer mehr Verbraucher informieren sich vor einer Kaufentscheidung nicht nur über die Qualität und den Preis eines Produkts. Sie fragen auch nach den ökologischen und sozialen Kosten der Herstellung – nach dem „zweiten, unsichtbaren Preisschild“, wie es Bundespräsident Köhler auf dem letzten Verbrauchertag nannte. Ich finde es richtig und gut, dass immer mehr Konsumenten wissen wollen, ob die Hersteller verantwortlich handeln, ob sie sich sozial und gesellschaftlich engagieren. Verbraucher wollen sicher sein, dass Produkte nicht durch Kinderarbeit entstanden sind.

Nachhaltiger Konsum geht mit großen Marktchancen gerade für die deutsche Wirtschaft einher. Denn sie kann sich darüber freuen, dass sie eine hohe Qualität und eine hohe Ressourceneffizienz aufweist. So sind deutsche Hersteller zum Beispiel bei wasser- und energiesparenden Haushaltsgeräten führend in der Welt. Das heißt, je mehr Nachhaltigkeit wir in die Verbraucherpolitik einfließen lassen, umso besser steht es um die Chance unserer heimischen Produkte.

Damit Verbraucher ihre Gestaltungsmacht wirklich im Interesse nachhaltiger Entwicklung einsetzen können, benötigen sie wiederum Hinweise auf die Art der Herstellung und Herkunft der Produkte. Ich denke, dabei sind das Fair-Trade-Siegel oder der „Blaue Engel“ – das älteste und bekannteste Umweltzeichen in Deutschland – wichtige Hinweise.

Die Bundesregierung unterstützt zahlreiche Maßnahmen für mehr Transparenz. Wir erwarten aber auch – das will ich hier ganz deutlich sagen – von der Anbieterseite einen freiwilligen Beitrag. Wir setzen auf gemeinsame Anstrengungen. Deshalb haben wir mit Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft damit begonnen, eine nationale Strategie zur Förderung und Verbreitung unternehmerischer Verantwortung zu entwickeln. Der vzbv ist in diesem Prozess für uns ein nicht wegzudenkender Partner. Wir brauchen Ihren Sachverstand und Ihre Unterstützung, damit verantwortliches unternehmerisches Handeln wirklich ein Verkaufsschlager wird. Sie wissen Bescheid. Sie können der Politik hilfreiche Hinweise geben. Deshalb sollten wir diesen Prozess mit aller Intensität fortsetzen.

Angesichts des rasanten technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels ist völlig klar: Verbraucherschutz, Verbraucherinfos und Verbraucherrechte werden in Zukunft immer wichtiger werden. Für die Verbraucher ist es deshalb sehr, sehr gut, zu wissen, dass die Verbraucherzentralen, viele Verbraucherinitiativen und die Stiftung Warentest ihnen, den Verbrauchern, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie helfen Verbrauchern, im Angebotsdschungel Orientierung zu finden und Geld und Ärger zu sparen. Sie leisten dem Nachhaltigkeitsgedanken in Wirtschaft und Gesellschaft Vorschub. Ich denke dabei zum Beispiel an die Energieberatung – ein ganz wichtiger Baustein beim Klimaschutz. Viele sagen immer: Das macht doch alles nichts aus, wie ich mich persönlich verhalte. Das Umgekehrte ist der Fall. Der Einzelne kann viel tun, aber er muss auch wissen, welche Auswirkungen sein Verhalten hat.

Es gibt also viele gute Gründe dafür, dass wir auf solchen Tagungen wie der heutigen nicht nur gute Worte für Sie finden, sondern dass wir Sie auch finanziell unterstützen. Wir haben unsere Projektförderung für den vzbv vervielfacht. Das Stiftungsvermögen der Stiftung Warentest soll erhöht werden – wir haben neulich darüber gesprochen –, damit auch in diesem Bereich in den nächsten Jahren ein Stück Unabhängigkeit von der aktuellen Haushaltspolitik geschaffen werden kann.

Die Bundesregierung wird – das sage ich im Namen aller Mitglieder der Bundesregierung – Ihre Arbeit auch weiterhin unterstützen. Wir brauchen Ihre kritische Stimme als unabhängige Organisationen – Organisationen, auf deren Kompetenz und Rat Verbraucher bauen und vor allen Dingen vertrauen können. Vertrauen ist ja das höchste Gut, was Sie sich durch Ihre Arbeit erworben haben.

Deshalb möchte ich Ihnen zum Abschluss meiner Ausführungen alles Gute auf dem Weg Ihrer weiteren Arbeit wünschen. Bleiben Sie ein konstanter, manchmal auch unbequemer und fordernder Partner, wenn es um die Anliegen der Verbraucher geht. Ich möchte Ihnen ein herzliches Dankeschön sagen, weil ich weiß, dass die Arbeit in Verbraucherverbänden zu der Arbeit gehört, bei der man mit einem normalen Dienstauftrag allein nicht auskommt. Es ist eine Arbeit, bei der man immer wieder nachdenken muss, in die man immer wieder ein Stück Emotion einbringen muss, bei der man Menschen wieder auf den Weg helfen kann, bei der man aber auch viele Enttäuschungen erlebt und sieht, wie verzweifelt Menschen sein können. Deshalb ein ganz herzliches Dankeschön für die haupt- und ehrenamtliche Arbeit in Ihren Bereichen. Wir brauchen Sie. Wir sind auf Sie angewiesen.

Dokumentiert: Trump auf twitter – 12. Mai 2009

Der 12. Mai 2009 war ein Dienstag und der 9. Tag von Trump auf twitter. Er schrieb an diesem Tag 2 Tweets, die zusammen insgesamt 1.902 Likes sowie 1.347 Retweets erhielten. „Dokumentiert: Trump auf twitter – 12. Mai 2009“ weiterlesen