Meinung: Greta und ihre Atlantikfahrt – mehr als billige PR, ein paar schnelle Gedanken

Greta Thunberg ist mit einer Segelyacht auf dem Weg von Europa nach New York. Und wie immer wenn es um Greta geht, scheiden sich die Geister. Die einen feiern sie dafür, dass sie nicht fliegt, die anderen halten alles für eine billige PR-Aktion.

PR ja…

Ja, eine PR-Aktion ist es sicher. Allein schon deswegen, da die CO2 Bilanz dieser Reise unbestritten schlechter ist als die eines Transatlantik-Flugs. Und das wahrscheinlich nicht nur, da fünf Menschen die Yacht zurück nach Europa segeln werden, wie Andreas Kling, Pressesprecher von Thunbergs Skipper Boris Herrmann, der taz bestätigte. „Natürlich fliegen die da rüber, geht ja gar nicht anders“ wird Kling zitiert. Herrmann selbst werde für die Rückreise auch das Flugzeug nehmen. Das macht mindestens sechs klimaschädliche Flüge. Dann der Umstand, dass Massen Journalisten zu Gretas Abreise anreisten. Und selbst wenn man das mal weglässt – hat mal jemand ausgerechnet, was die High-Tech Yacht für eine CO2 Belastung in der Herstellung hatte und wieviele sinnvolle Transporte sie durchführen wird. Bei der Gleichung gibt es viele unbekannte.

Auf jeden Fall wäre es unter Umweltgesichtspunkten also besser gewesen, Greta und ihr Vater hätten das Flugzeug genommen und zum Ausgleich ein paar Bäume gepflanzt. Und falls sie einfach Flugangst hat, wäre sie besser auf einem Frachter mitgefahren, der sowieso gefahren wäre.

…billig nein

Dennoch werde ich jetzt nicht in die hämischen Chöre einstimmen. Denn billige im Sinne von negativer PR ist die Aktion nicht, gibt sie doch wertvolle Denkanstöße, wie wir den Transatlantikverkehr umweltverträglicher gestalten könnten.

Warum werden nicht wieder Transatlantikliner eingeführt, die für einige Zielgruppen durchaus eine Alternative zum Flug sein könnten. Warum gibt es nicht mehr gut organisierte Mitfahrgelegenheiten auf Frachtschiffen. Könnte der Schweröl-Verbrauch von Frachtern gesenkt werden, wenn man zusätzliche Segel anbringt? Ist jede Reise wirklich sinnvoll? Wie könnte man Flugzeuge besser auslasten?

Auch wenn Greta mit dieser Reise ihren CO2 Fußabdruck nicht verkleinert. Die Ideen, die sie inspiriert können einmal viel bewirken.

Meinung: Ein Plädoyer für günstige Transatlantikliner

Vor einigen Jahren schon fragte ich mich, warum es keine preisgünstigen Transatlantikliner mehr gibt, also einen Schiffslinienverkehr über den Atlantik. Nachdem Greta Thunberg 2019 mit einer Segeljacht von Europa in die USA fuhr und das mit teilweise viel Häme diskutiert wurde, fiel mir meine alte Idee wieder ein.

Derzeit gibt es nur einziges Schiff, das so eine Art Linienverkehr über den Atlantik bietet: Die Queen Mary 2 von Cunard. Die Preise gehen derzeit bei ca. 1.050 Euro One Way los. Das ist – angesichts des Luxus, der an Bord geboten wird – nicht mal so teuer, freilich aber zu teuer für die meisten unter uns. Wer sich dennoch informieren will oder einfach nur so neugierig ist, findet hier mehr Informationen.

Will man sonst mit dem Schiff von Europa in die Staaten, kann man auf Frachtern oder privaten Yacht mitfahren, alternativ eine klassische Transatlantik Kreuzfahrt buchen. Alle diese Wege haben ihre Vor- und Nachteile, sind aber eben kein klassischer Linienverkehr.

Ich fände es tatsächlich zeitgemäß, wieder Transatlantikliner im Linienverkehr einzuführen: Recht einfach gehaltene Schiffe, die sich eher an großen Nord- und Ostsee-Fähren orientieren und damit deutlich zweckmäßiger sind als klassische Kreuzfahrtschiffe. Keine Theater, keine riesigen Poollandschaften und standardmäßig Halbpension statt All Inclusive. Dafür WLAN, Konferenzräume und Platz für viel Gepäck, am besten auch für Container, Tiere und sogar Autos.

Denn seien wir ehrlich – der Transatlantikliner wird eine Nische sein. Für eine Überfahrt ist mit sieben bis acht Tagen zu rechnen. Und wer will bei einem dreiwöchigen USA-Urlaub schon 16 von 21 Tagen auf dem Meer verbringen? Eben.

Doch für einige Zielgruppen kann so eine Reise per Schiff interessant sein:

  • Studenten, die ein oder mehrere Auslandssemester in den USA absolvieren.
  • Geschäftsreisende, die mehrere Wochen in den USA verbringen müssen.
  • Geschäftsreisende, die ihre Termine in Ruhe auf dem Schiff vorbereiten und nachbereiten wollen.
  • Wirklich lange Urlaube.
  • Sabbaticals, bei denen man viel Gepäck mitnehmen muss.
  • Menschen, die dauerhaft in die USA umziehen.
  • Autoren, die Eindrücke sammeln wollen – oder andere, die sich inspirieren lassen wollen oder einfach mal ihre Ruhe brauchen.

Besonders reizvoll wäre eben auch die Möglichkeit, gegen entsprechenden Aufpreis, seinen eigenen Wagen mitzunehmen. Von Starnberg mit dem 911er Targa, äh – Tesla, nach Hamburg, dort aufs Schiff und von New York aus die USA mit dem eigenen Auto erkunden und dann über die Route 66 cruisen.

Daneben würde wohl auch grundsätzlich das Jetlag Problem minimiert, denn man kann sich langsam an die Zeitzonen gewöhnen.

Folgende Herausforderungen sehe ich, spontan.

  • Fährt man derzeit mit dem Kreuzfahrschiff von Europa in die USA, ist die CO2 Belastung in etwa so hoch wie bei einem Transatlantikflug. Es sollte auf jeden Fall ein Schiff eingesetzt werden, das hier effizienter ist und außerdem möglichst wenig Feinstaubbelastung verursacht.
  • Bei der avisierten Zielgruppe ist es wichtig, Internet an Bord zu haben – auf dem Atlantik nicht ganz einfach. Um Bandbreite zu sparen, sollte man zumindest die gängigen Contents der gängigen Streaming-Dienste an Bord cachen.
  • Will man auch die Mitnahme von Autos ermöglichen, braucht man ggf. gravierende Umbauten am Schiff und ggf. spezielle Infrastruktur an den Häfen.

Reizvoll fände ich die Idee auf jeden Fall – und ich bin gespannt, ob es in den nächsten Jahren einen neuen Linien-Schiffsverkehr über den Atlantik geben wird.