Offener Brief: Vorstoß zur Waffengesetz-Verschärfung

Sehr geehrte Herren Minister Pistorius, Beuth, Reul und Mäurer,

das ist ja ein Ding! Da schließen sich die vier Innenminister von vier deutschen Ländern zu einer konspirativen Gemeinschaft zusammen, um unter Umgehung der Medien und der Öffentlichkeit einen Gesetzentwurf „durch den Bundesrat zu schieben“ – leise, still und heimlich… Und dabei handelt es sich um einen Versuch zu einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts, obwohl dieses Land sicherlich jetzt schon eines der schärfsten Waffengesetze in der EU besitzt.

Unter scheinbarer Berücksichtigung der EU-Forderungen (in Wirklichkeit galoppiert der Entwurf den Forderungen in vorauseilendem Gehorsam meilenweit voraus!) wurde hier von Ihnen versucht, in äußerst undemokratischer und bedenklicher Art und Weise Tatsachen zu schaffen. Wissen Sie, wie ich das finde? Ja, genau – zum K….n!

Was Sie da versucht haben, ist ein Faustschlag ins Gesicht eines jeden aufrechten Bürgers und überzeugten Demokraten. Wie schon so oft trifft auch diese Maßnahme wieder einmal nicht die angeblich angepeilte Zielgruppe von Terroristen, Messerstechern und sonstigen Kriminellen, sondern die in ihrer Mehrzahl weitaus überwiegend gesetzestreuen Bürger, welche sinnlos unter den von Ihnen initiierten Einschränkungen im täglichen Leben noch weiter gegängelt werden sollen. Oder glauben Sie im Ernst, dass irgendjemand der genannten Zielgruppen sein Messer nun zuhause lassen würde, weil die Klingenlänge 60 mm überschreitet?

Was wollen Sie uns hier eigentlich vorgaukeln? Dass wir uns tagtäglich in höchster Lebensgefahr befänden? Nun, ich fühle mich nicht bedroht, zumindest nicht von Leuten, die ein Messer mit sich führen. Und ein Blick in die Kriminalstatistiken Ihrer jeweiligen Bundesländer bestätigt das Gefühl. Nein, wenn, dann fühle ich mich viel eher bedroht von jenen Mitmenschen, die wie Sie und Ihre Kollegen privat oder dienstlich Fahrzeuge nutzen, welche mit rücksichtsloser Fahrweise assoziiert werden.

Hier herrscht m. E. ein wesentlich höherer Handlungsbedarf! Das wird auch bestätigt, wenn man die Zahl der Opfer von Messerattacken pro Jahr einerseits mit der der jährlichen Opfer durch Raserei im Straßenverkehr andererseits vergleicht. Dabei liegt der Schwerpunkt deutlich auf Fahrzeugen jener Klasse, wie auch Sie sie, meine sehr verehrten Herren Minister, als Dienstwagen nutzen.

Vielleicht sollte man also statt über Messerverbote lieber darüber nachdenken, Ihnen, Herr Minister Reul, Herr Minister Pistorius, Ihre 435 PS Dienst-Audis A8 zu entziehen – braucht nämlich auch kein Mensch, solche Dinger! – und durch geeignete, moderate, 6 cm – Pardon, 75 PS-Automobile zu ersetzen. Wäre auch nebst einer deutlichen Steigerung des „Sicherheitsgefühls“ bei mir und zahllosen anderen Bürgern ein längst überfälliges Plus für die Umwelt, Ihre stinkenden, anachronistischen PS-Protzkarren von der Straße zu bekommen. Wie gesagt: braucht kein Mensch. Ich jedenfalls hatte im Gegensatz zu Ihnen noch niemals das Bedürfnis, die furchterregende Motorleistung irgendeines hochgezüchteten Fahrzeugs der Oberklasse auszuloten. Ich bin bislang mit 120 km/h auch gut ans Ziel gekommen. Aber dafür trage ich halt ein Messer. Sie und Ihresgleichen tragen vielleicht keine Messer, aber IHRE Mittel zur Volksgefährdung sind mindestens so beängstigend und sehr viel mehr ein „Unding“ als friedliche Mitmenschen (und das ist die Majorität!) die ein Messer tragen; scheißegal, ob die Klingenlänge dabei nun 60 oder 120 mm beträgt.

Zudem würde ein Verbot von Fahrzeugen über 75 PS wahrscheinlich auch helfen, Herr Minister Pistorius, die im Lande Niedersachsen ja nun hinlänglich bekannte hohe Anzahl an Verdachtsfällen zur missbräuchlichen Anschaffung von Dienstwagen in der Landesregierung zu reduzieren.

Solch eine Anhäufung von Korruptionsverdacht ist mir jedenfalls aus den Reihen von Leuten, die ein Messer führen, nicht bekannt. Soll ich mich also vor denen fürchten oder eher vor mutmaßlich korrupten Politikern?

Sie, verehrter Herr Minister Beuth, führten zur Kriminalstatistik 2018 aus: „Die Kriminalitätsbelastung ist mit 5.971 Straftaten pro 100.000 Einwohner ebenfalls weiter gesunken (2017: 6.039). Die Gefahr, in Hessen Opfer von Kriminalität zu werden, ist damit so gering wie seit 40 Jahren nicht mehr.“
So gering wie seit 40 Jahren nicht mehr! Boaaah – da hab ich aber zufrieden geseufzt und wollte gerade anfangen, mich zu entspannen.

Und dann der Schock!

Da muss ich jetzt zu meiner unendlichen Verblüffung hören, dass ich wohl fast schon klinisch tot bin und dass wegen der akuten, fürchterlichen Gefährdungslage der größte Teil der Republik zur „waffenfreien Zone“ erklärt werden und die Längenbegrenzung feststehender Klingen auf lächerliche 6 cm reduziert werden soll. Hä?

Könnte es sein, dass hier lediglich die Angst des hoplophobischen Staates vor seinen Bürgern durchschimmert… ?

Meine sehr verehrten Herren Minister, Politiker werden gewählt. Politiker, die ihr Volk gängeln und mit immer neuen Restriktionen belegen, sollten nicht allzu erstaunt sein, wenn sie beim nächsten Mal nicht mehr gewählt werden. Sollte der unglaubliche Nonsens Ihres Gesetzesentwurfes, welcher endlos weit über die Vorgaben der EU hinausgeht und sogar Themen berührt, die von der EU noch nicht einmal angedacht wurden – also z. B. Messer – ausreichend vielen Bürgern bewusst geworden sein (was ich hoffe), besteht eine gute Chance, Sie in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr auf dem Innenminister-Posten Ihres jeweiligen Landes wiederzufinden. Dann werde ich eine Flasche Champagner aufmachen.

Ich führe seit mehr als 40 Jahren Messer und zwar zumeist mit Klingen von 100 – 120 mm, und das, ohne Herzinfarkte bei meinen Mitmenschen auszulösen, ohne Opfer, die ich hinterlassen hätte, ohne Tote, die meinen Weg pflasterten. Einfach nur so, auf der Jagd, auf der Wanderung, beim Picknick, aber auch beim Einkaufen, beim Autofahren oder in der Gaststätte. Mein Messer ist einfach da, wo es hingehört – an der Hose. Ein zuverlässiges Universalwerkzeug, jederzeit bereit, eine Kordel oder ein Stück Tesafilm abzuschneiden, einen Apfel zu halbieren oder einen Sicherheitsgurt zu durchtrennen. Oder eben auch als „Notnagel“ in einer entsprechenden Selbstverteidigungssituation.

Herr Minister Pistorius, Sie ließen verlautbaren, „Messer dieser Art (…) braucht im öffentlichen Raum kein Mensch.“ So? Woher bitte wollen Sie, Herr Minister, wissen, was ich brauche?

Ich finde es jedenfalls absolut unerträglich, wie vier Innenminister mir und allen anderen in dieser Republik vorschreiben wollen, was wir brauchen und was nicht.

Entweder haben Sie, meine Herren Minister, Ihre Hausaufgaben nicht gemacht oder Sie benutzen vorsätzlich unlautere Methoden zur Durchsetzung Ihrer Ziele…

Ob Sie das nun nachvollziehen können oder nicht: Ich jedenfalls brauche mein Messer, und sei es nur für das gute Gefühl, die Freiheit zu besitzen, selbst wählen zu können, ob ich eins (und wenn ja, welches!) führen möchte. Das müssen Sie nicht verstehen, nur akzeptieren. Und so wie Sie bei Ihrem Dienstwagen die völlig überflüssige, für die Umwelt katastrophale, stinkende 435 PS-Version vorziehen, so ziehe ich bei meinem Messer die 120 mm-Klinge vor, gleich, ob Sie nun die Notwendigkeit einsehen oder nicht.
Mal ganz abgesehen davon, dass jeder Irre, der es drauf anlegt, mit 50 oder 60 mm Klingenlänge genau so viel tödliches Unheil anrichten kann wie mit einer langen Klinge. Dabei kommt es tatsächlich nur darauf an, wie man sie einsetzt. Und gleich ob Machete oder Nagelfeile, für die Fälle missbräuchlicher Nutzung von Messern u. ä. gibt es bereits eine dezidierte Gesetzgebung; da braucht es keine „Waffenverbotszonen“ oder Messertrageverbote. Damit treffen Sie wieder einmal nur diejenigen, die bereit sind, solche Verbote zu akzeptieren. Kriminelle sind das nicht. Was also bezwecken Sie dann mit Ihrem unseligen Vorstoß?

Ich bitte um Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Look

P.S.:
Über die Dienstfahrzeuge der Herren, die sich anmaßen, für das Volk zu entscheiden, was man braucht und was nicht, bleibt noch Folgendes zu sagen:
Die besonders gesicherte (wegen Messer-Angriffen?) Limousine (Audi A8 L V8 4.0 TFSI Security) von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) brilliert mit einem CO2-Ausstoß von 376 g/km. Das ist fast das Dreifache des EU-Grenzwertes. Die Motorleistung liegt bei analog bescheidenen 320 kW/435 PS.
Der BMW 750 Ld x Drive von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) nimmt sich mit 244 g CO2/km geradezu umweltfreundlich daneben aus. Doch auch seine 290 kW/400 PS beschleunigen den Stinker mal eben locker auf 250 km/h.
Und last but not least wäre da natürlich noch der Audi A8 4.0 TFSI quattro von Herrn Minister Pistorius. Auch er verfügt über 320 kW/435 PS (die kein Mensch braucht) und die die vierrädrige Umweltkatastrophe ebenfalls elegant auf 250 km/h beschleunigen.
Dagegen wirkt das Fahrzeug von Innensenator Ulrich Mäurer geradezu bescheiden; sein Mercedes-Benz E 220d, 143 kW/194 PS bringt es lediglich auf 240 km/h…

Waffenrecht nach Winnenden

Wie immer nach solchen Ereignissen wird auch nach dem Amoklauf von Winnenden über das Waffenrecht diskutiert.

Tims Vater, Jörg Kretschmer, hatte nach den vorliegenden Informationen seine Waffen aufgrund seines Hobbys, jedoch sonst keinen Waffenschein. Hier stellt sich zunächst die Frage, wieseo ein Sportschütze dann eine Barretta in seinem Nachtkästchen aufbewahrt, wenn er doch keinen Waffenschein hat. Und auch die Munition war ja augenscheinlich nicht weggesperrt. Desweiteren ist mir nicht klar, wozu ein Sportschütze so viele Waffen – kolportiert wird zwischen 15 und 18 – zu Hause haben muss und darf.

Dass das deutsche Waffenrecht sonst recht scharf ist, ist unbestritten, jedoch zeigen sich hier in Hinblick auf die Sportschützen m.E. Defizite, die wirklich behoben werden sollten. Eine Beschränkung der erlaubten Anzahl und höhere Strafen bei unzureichender Sicherung sind wohl das Mindeste.

So oder so – durch das Unterlassen des Wegsperrens der Barretta und der Munition dürfte sich Herr Kretschmer strafbar gemacht haben. Und auch zivilrechtliche Schadensersatzklagen der Angehörigen der Opfer dürften nicht ganz aussichtslos sein.

Dass dann noch der Umgang des Sohnes mit Waffen von den Eltern gefördert wurde, steht auf einem ganz anderen Blatt.