Dokumentiert: Solidaritätserklärung mit den Autoren des WDR Umweltsau Liedes

Hier dokumentieren wir die Solidaritätserklärung zahlreicher Autoren mit den Verantwortlichen des WDR Kinderchors.

Solidaritätserklärung

Wir als Fernseh-Autorlnnen erklären uns solidarisch mit den Kolleglnnen vom WDR, die von Ihrem Arbeitgeber aufs Fahrlässigste allein gelassen werden, und fordern die sofortige Wiederonlinestellung des „Umwelt-Sau“-Beitrags.

Der Streit um das Lied entbehrt jeder rationalen Grundlage. Selbst das Wort „Satirefreiheit“ scheint unangemessen, wenn die Empörungsschwelle so niedrig liegt, dass sie auch von jedem zweiten Popsong gerissen wird. Eine (!) fiktionale Oma diskriminiert genauso wenig eine ganze Generation wie der Alkoholiker-Vater aus „Papa Was a Rollin‘ Stone“ nicht alle Männer für untauglich erklärt.

Der Skandal ist ein anderer: die Skandalisierung des Liedes folgt gut bekannten Mustern rechter Trolle. Diese wissen um die Absurdität ihrer Vorwürfe und missbrauchen den eigentlich sinnvollen Reflex unserer Zivilgesellschaft, andere nicht verletzen zu wollen. Sie „hacken“ damit den Diskurs, bekommen Aufmerksamkeit und sorgen für eine Verschiebung
des Denk- und Sagbaren in ihre Richtung. Eine inhaltliche Debatte ist deshalb nicht nur unnütz — sie ist gar nicht möglich.

Tom Buhrow ist mit seiner Reaktion auf den künstlich erzeugten Skandal in eine Falle getappt, aus der er ohne massiven Glaubwürdigkeitsverlust nicht mehr heraus kommt. Ein Medienmanager, dessen Umgang mit moderner, rechter Propaganda von so viel Naivität und Ungeschicktheit zeugt und der nicht in der Lage ist, sich in einfachsten Fragen der Presse- und Meinungsfreiheit vor seine Mitarbeiterlnnen zu stellen, gefährdet eben diese Freiheiten.

Er sollte die Konsequenzen ziehen.

Die Unterzeichner
Paco d’Amant
Christoph Baer
Max Bierhals
Nora Cummins
Thomas Ewald
Freddi Gralle
Werner Jülicher
Caroline Hafner
Simon Hauschild
Markus Hennig
Georg Kammerer
Thomas Kornmaier
Morten Kühne
Jasmina Kuhnke-Mannel
Annekathrin Lang
Tankred Lerch
Frank Liese
Alex Lindh
Valentin Emil Lubberger
Bernd Maile
Björn Mannel
Jan C. Müller
Stefan Müller
Sven Nagel
Janna Maria Nandzik
Stephan Pächer
Kathrin Paschedag
Stefanie Ray
Miguel Robitzky
Sebastian Rohner
Dirk Roß
Thomas Rogel
Markus Schafitel
Ronny Schalk
Marc O. Seng
Mario Sixtus
Roland Slavik
Patrick Stenzel
Antonia Stille
Maja Stinnen
Stefan Stuckmann
Vanessa Willi
Jochen Winter
Adrian Wolf
Markus Zimmer

Links, Download und anderes rund um das ARD Framing Manual

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Originaltext

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Framing Allgemein

 

Eine Dokumentation über (und) Antisemitismus bei arte

Der deutsch-französische Fernsehsender arte gab beim WDR eine TV Produktion über Antisemitismus in Europa in Auftrag: „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“. Die Dokumentation ist inzwischen fertiggestellt, doch geht es nach dem Willen von arte, werden wir diese nie zu sehen bekommen.

Begründet wird dies seitens arte insbesondere mit zwei Formfehlern:

  • Zum einen sei der Auftrag gewesen, Antisemitismus in Europa zu zeigen, es käme jedoch zu viel palästinensischer Antisemitismus vor. Das entspräche nicht dem Auftrag, so arte Programmdirektor Alain Le Diberder.
  • Zum anderen seien zunächst drei Autoren – Sophie Hafner, Ahmad Mansour und Joachim Schröder – vorgesehen gewesen. Mansour zog sich aus privaten Gründen – er wurde Vater – als Autor aus dem Projekt zurück, blieb ihm aber als Berater verbunden. Damit leide aber laut arte die Ausgewogenheit.

Der WDR schließt sich diesen Einwänden an. Genauer nachlesen kann man das z.B. in der F.A.Z.

Der ausgeschiedene Co-Autor Ahmad Mansour steht jedenfsalls weiter voll hinter dem Film und schreibt er auf facebook:

Auch wenn ich aus privaten Gründen nicht als Co-Autor bei dem Film mitmachen konnte, stehe ich hinter dem Film und dessen Inhalten. Diese Reaktion von arte finde ich inakzeptabel und bedenklich. Gerade jetzt müssen wir über Antisemitismus in Europa sprechen, berichten – und auch streiten! Relativieren, verharmlosen und unter den Teppich kehren werden unsere Probleme nicht lösen, im Gegenteil, es mag sein, dass Bilder von Juden und Muslimen, die sich lieb haben besser wirken als fragwürdige Boykott-Kampagnen unterstützt von den Kirchen oder judenfreie Orte in Europa. Aber Journalismus ist nicht da um schöne Utopien zu schaffen, sondern reale Zustände zu beschreiben, auch wenn sie wehtun.

Und auch die wenigen, die den Film gesehen haben, bescheinigen ihm laut F.A.Z. und anderer Medien eine hohe Qualität.

Bleibt der Vorwand, die Auswahl der Drehorte habe nicht dem Auftrag entsprochen. Da ich die Dokumentation nicht kenne, kann ich das nicht beurteilen. Auch nicht, inwieweit eine Abweichung hier die Verweigerung der Ausstrahlung rechtfertigen würde. Auf mich wirken beide Argumente vorgeschoben und angesichts der Sensibilität des Themas.

Es darf daher arte nicht verwundern, wenn dem Sender Antisemitismus vorgeworfen wird.

Inzwischen hat sich neben einigen Bundestagsabgeordneten auch der Zentralrat der Juden an arte gewandt, erhielt jedoch postwendend eine erneute Absage von Le Diberder. Dass dieser sich darin abermals wundert, dass dem Sender nun Antisemitismus vorgeworfen wird, lässt mich sprachlos zurück.

Es mag sein, dass der Beitrag nicht vollumfänglich dem ursprünglichen Auftrag entsprach. Es mag auch sein, dass er in dieser Form nicht in das Programmkonzept von arte passt.

Was aber nicht sein darf: Dass eine fertig produzierte Dokumentation über Antisemitismus deswegen der Öffentlichkeit vorenthalten wird.

Es sollte kein Problem für arte sein, für die mit Gebührengeldern bereits bezahlte Produktion einen anderen Sendeplatz zu finden, sie einem anderen Fernsehsender zur Verfügung zu stellen oder zumindest in die Mediathek zu stellen. Dies gilt um so mehr nach der Diskussion in den vergangenen Tagen.

Unterbleibt dies, ist den Verantwortlichen bei arte und WDR – namentlich besonders Alain Le Diberder, aber auch WDR Intendant Tom Buhrow, WDR Fernsehdirektor Jörg Schönenborn und WDR Kulturchef Matthias Kremin – wohl in der Tat Antisemitismus vorzuwerfen.

Nachtrag 9. Juni 2017

Der WDR prüft nach eigenen Angaben jetzt angebliche Mängel, bevor er über eine Ausstrahlung entscheidet. Es wäre wünschenswert, auch andere Dokumentationen würden vorher so genau auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft.