Lesenswertes 26

Folge 26 der lesenswerten Links.

  1. Voyager 1 hat nach 37 Jahren wieder seine Triebwerke gezündet. Eine Geschichte, die mich wirklich fasziniert!
  2. Und noch mal ab ins All- Markus Günther schreibt in der F.A.Z. über Trumps Weltraumpläne.
  3. Haben Sie schon vom amerikanischen Straßenbahnskandal gehört? Sollten Sie aber. Nachzulesen beim Kraftfuttermischwerk.
  4. Ich gebe zu, ich träume immer noch vom Surface Phone. Hier ist ein spannendes Konzept dazu.
  5. Bei Dr. Windows findet man einen spannenden Artikel zum Thema KI und Bildbearbeitung.
  6. Und wo wir bei KI sind – Googles Deep Mind KI hat sich selbst das Schachspielen beigebracht. Warum? Weil sie es kann. Nachlesen bei „The Verge„.
  7. Nicht ganz so leistungsstark war der Commodore C64. Doch bei diesem Artikel kamen bei mir Erinnerungen hoch: Bei Nerd Wiki werden die 10 besten Spiele für den C64 vorgestellt.
  8. Brutalismus in Bonn. Und überhaupt ein Hinweis auf diesen Fotoblog.
  9. Der interne Lesetipp: Das schöne finnische Wort Poronkusema.
  10. Dann zum Abschluss ausnahmsweise mal wieder ein Buch als Lesetipp: Satya NadellasHit Refresh“ über die Veränderung bei Microsoft ist jetzt auch auf Deutsch verfügbar.

In der Reihe Lesenswertes erscheinen hier in unregelmäßiger Folge 10 aus meiner Sicht lesenswerte Links.

Nein, Ende 2016 stirbt kein weiteres Smartphone Betriebssystem

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Mit etwas Verzögerung ist auch in Deutschland angekommen, was seit einigen Tagen schon durch die internationale Tech-Presse geistert: Microsoft stelle Ende 2016 den Verkauf der Lumia Smartphones ein.

Nun glaube ich nicht einmal, dass das so lange dauern wird. Der Lumia Ausverkauf findet schon jetzt statt, produziert werden keine neuen Geräte mehr und ich gehe davon aus, dass es schon deutlich früher als zum Jahresende im zumindest vergleichsweise Windows-Phone-freundlichen Deutschland keine Smartphones mit dem Lumia Label mehr geben wird.

Ob die Entscheidung Microsofts, die Marke Lumia und die eigene Smartphoneproduktion sterben zu lassen, richtig ist oder nicht, mag man lange diskutieren. Sie ist jedenfalls Fakt.

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Wie geht es weiter mit Windows auf Smartphones? Und lohnt es sich derzeit, eins zu kaufen?

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Hinweis: 12. September 2016 – ich habe einen neuen etwas kompakteren Artikel erstellt, der sich damit befasst, ob man beim Lumia Ausverkauf zuschlagen sollte. Diesen finden Sie hier.

Hinweis 3. August 2017 – Inzwischen würde ich den meisten Nutzern vom Kauf eines Windows Smartphones abraten. Die Gründe dafür sind hier.

Die Abgesänge auf Windows Phone

In den Medien häufen sich die Abgesänge auf Windows Phone. Viele langjährige Nutzer springen von der Plattform ab und wandern zu iOS oder Android. Und so fragen sich viele auch treue Fans, ob es sich noch lohnt, ein „Windows Phone“ zu kaufen und wie es z.B. mit den Lumia Geräten weitergeht.

Ich möchte dies zum Anlass nehmen, einen kurzen Blick auf den aktuellen Smartphone Markt zu werfen, den Status Quo des mobilen Windows darzustellen, ein bisschen über die Zukunft spekulieren und ganz am Ende eine konkrete Empfehlung abzugeben. Wem der Hauptteil zu theoretisch ist: einfach ganz nach unten scrollen.

Was ist los auf dem Smartphone Markt?

Zunächst kurz zum Stand bei den Smartphone Betriebssystemen.

Am bekanntesten ist sicher immer noch iOS, das auf den diversen iPhone Modellen von Apple läuft – und sonst nirgends. Diese haben alle eines gemeinsam: sie sind vergleichsweise hochpreisig für das, was Sie bieten. Ansonsten ist iOS ein sicheres Betriebssystem mit sehr guter App-Versorgung und Qualität, das allerdings in einigen Bereichen ein bisschen altmodisch wirkt. Das iPhone war einst das marktbeherrschende Smartphone, doch ist inzwischen in fast allen Märkten mit meist sehr deutlichem Abstand auf den zweiten Platz abgerutscht.

Marktbeherrschend ist jetzt Googles Android. Vornehmlich durch Billiggeräte um die 100 Euro getrieben – aber auch durch die Flaggschiffe von Samsung, LG, HTC und vermehrt Geräten chinesischer Hersteller wie Xiaomi, Huawei oder ZTE, die Oberklasse-Daten zum Mittelklasse-Preis bieten. Android hat eine sehr gute App-Versorgung, teils sehr gute Apps im Store aber auch viel Crapware und es kommt immer mal wieder zu Problemen mit der Sicherheit.

Dann folgt der Rest: die einst stolzen Blackberries spielen keine echte Rolle mehr, auch nicht in Unternehmen. Firefox OS? eingestellt. Tizen? Nichts neues ist geplant. Sailfish OS? Kämpft ums Überleben. Symbian? War da was?

Von den anderen mobilen Betriebssystemen konnte sich lediglich Windows Phone eine Nische erarbeiten. In einigen Märkten mit durchaus respektablen Marktanteilen, insbesondere auch in Deutschland. Allein: insbesondere in den USA blieb der Erfolg bescheiden. Dabei legte sich Microsoft richtig ins Zeug – bis hin zur Übernahme der Nokia Mobilfunksparte, als sich abzeichnete, dass der stärkste Windows Phone Partner sich im Einstiegsbereich auch Android zuwenden würde.

Inzwischen ist von Nokia bei Microsoft nicht mehr viel übrig. Die Feature-Phone Sparte: verkauft an Foxconn. Die ehemaligen Nokia-Mitarbeiter: fast alle entlassen. Neue Lumia Smartphones: keine in Sicht. Darüber, ob die Nokia Übernahme ein Fehler war, darf trefflich diskutiert werden. So oder so – das Thema hat sich erledigt.

Und hieß es noch vor einigen Monaten, Microsoft werde mindestens drei Lumia Smartphones – Entry-Level, Midrange, High-End – im Jahr bringen, wurde auch das mehr oder weniger stillschweigend zurückgenommen. In diesem Jahr darf man kein neues Windows Smartphone aus dem Hause Microsoft erwarten.

Windows Phone ist tot, Windows 10 lebt

Ja, Windows Phone ist tot. Das ist aber auch keine Neuigkeit, wurde es doch Ende letzten Jahres durch Windows 10 abgelöst. Und mit dem Lumia 550, 650, 950 und 950 XL hat Microsoft auch vier Smartphones mit diesem Betriebssystem auf den Markt gebracht. Anzumerken ist, dass man den Fehler gemacht hat, mit einer noch nicht wirklich fertigen Version des Betriebssystems an die Öffentlichkeit zu gehen. Gerade dem Ruf der beiden 950er Geräte hat das nicht gut getan. Inzwischen ist Windows 10 mobile aber in einem Zustand, mit dem es sich gut leben lässt.

Andere Hersteller waren hier klüger und haben zunächst abgewartet: Acer hat das Jade Primo erst in diesem Frühjahr gebracht und HP wird sein Business-Flaggschiff erst dann in den Verkauf bringen, wenn das Anniversary Update von Windows auf dem Markt ist – vermutlich also im späten Sommer oder frühen Herbst. Daneben tummeln sich dann noch etliche nicht so bekannte Marken mit preisgünstigen Einsteiger- und Mittelklasse-Geräten.

Freilich: dadurch dass es keine neuen Lumia Geräte und kein auffälliges Marketing mehr gibt, fallen die Marktanteile von Windows auf dem Smartphone auch in den Ländern, in denen man bisher recht gut da stand ins Bodenlose.

Dass es aber keine mobiles Windows geben wird, ist nicht zu befürchten: Es gibt ja nur noch ein Windows 10, das mehr und mehr zusammenwächst: auf klassischen Desktop PCs, Notebooks, Netbooks, Convertibles, Tablets, der XBox One, Hololens und anderen AR und VR Geräten, dem Surface Hub und eben Computern mit kleinem Display, die auch über eine Telefonie-Funktion verfügen. Letztere werden übrigens Smartphones genannt. Immer mit dem gleichen Kern, dem vertrauten User Interface, Cortana und einem einheitlichen Store, aus dem man die Universal Apps bezieht, die auf allen diesen unterschiedlichen Gerätekategorien laufen.

Microsoft ist kein Smartphone Hersteller mehr – und das ist auch gut so

Ähnlich wie mit dem Surface Pro – mit dem man eine ganz neue Geräteklasse begründet hat – wird es auch im Smartphone Bereich von Microsoft in Zukunft wahrscheinlich nur noch ein Flagship Device geben, das den anderen Herstellern zeigt, was machbar ist. Dazu will man sich auf wenige kaufkraftstarke Märkte konzentrieren. Ob das dann Surface Phone (vielleicht), Lumia (unwahrscheinlich) oder ganz anders heißen wird (sehr wahrscheinlich) sei einmal dahingestellt. Anfang 2017 wissen wir wahrscheinlich mehr.

Microsoft hat erkannt, dass es eben kein Smartphone Hersteller im Massenmarkt ist. Und das ist auch gut so. Lumia war (und ist) ein Synonym für Telefone mit Windows; auf über 95% der Windows Smartphones prangt das Nokia oder Microsoft Logo. Andere Anbieter konnten in dieser Nische kaum überleben.

Microsofts Hoffnung ist also, dass verstärkt andere Hersteller auf den Windows Zug aufspringen und die Lücke ausfüllen, die Microsoft hinterlässt. Und selbst wenn vorerst nicht, ist das für das Microsoft Ökosystem nicht so schlimm. OneDrive, Office, Outlook, Wunderlist und wie die Microsoft Apps und Dienste alle heißen gibt es auch auf iOS und Android.

Smartphones von heute sind die Feature-Phones von morgen – ein Blick in die Zukunft

Wie aber wird es weitergehen mit Windows 10 auf dem Smartphone? Microsoft hat inzwischen nicht nur erkannt, dass man kein Massenhersteller ist, sondern dass man mit einem „me too“ OS keine Chance mehr gegen Android und iOS hat. Microsoft muss also weiterdenken, was nach dem Smartphone kommt.

Und erste Schritte in diese Richtung hat man schon getan.

Zum einen sind hier die Universal Apps an sich zu nennen. Eine Anwendung, die auf allen Geräten und sich den jeweiligen Gegebenheiten – Display Größe und Eingabemöglichkeiten – anpasst. Hier sind Google und Apple noch lange nicht so weit.

Zum anderen Continuum. Das Smartphone lässt sich mit einem großen Screen sowie Tastatur und Maus verbinden und verwandelt sich dann ein bisschen in einen PC. Entsprechende Universal Apps lassen sich dann nahezu wie auf dem Desktop bedienen. Sehr gut funktioniert das z.B. schon mit den Office Anwendungen. In der Tat sehe ich für Continuum eine Marktlücke. Für einige Nutzertypen und Märkte wird es sehr interessant sein, mit einem Stück Hardware zwei bis drei bisherige Gerätekategorien – Smartphone, Notebook, ggf. Tablet – zu ersetzen. Mehr dazu habe ich hier geschrieben.

Und tatsächlich wird diese Idee auch aufgegriffen. So ist das HP Elite X3 ein High-End Smartphone, das rund um Continuum gebaut wurde, wie das Video zeigt:

Und auch andere Hersteller springen auf den Continuum auf. Die meisten Windows Smartphones, die in letzter Zeit vorgestellt wurden, sind mindestens Midrange und unterstützen damit dieses Feature.

Die Smartphones von heute sind damit gleichsam die Feature Phones von morgen: Telefonieren, Messaging, Foto/Video, ein paar Apps und Spiele – das reicht den meisten Nutzern ohnehin aus.

Echte Smartphones werden mehr und mehr Produktivitätswerkzeuge werden. Wir werden einiges sehen: Stifteingabe, Tastaturen, Docking-Einheiten, faltbare Geräte und Convertibles, mit denen man auch telefonieren kann. Natürlich nicht nur mit Windows sondern auch mit Android und iOS – wobei Microsoft hier aufgrund der Universal App Plattform besonders gute Voraussetzungen hat.

Folgende Annahme für die Zukunft:

  • das Lumia 650 wird das letzte Lumia gewesen sein
  • Microsoft überlässt Low-End, Mittelklasse und klassisches High-End-Segment seinen Partnern
  • das Surface Phone (wenn es denn so heißt) wird kein klassisches Phone werden
  • Windows war im Smartphone Bereich bisher Low-Range getrieben. Continuum wird dafür sorgen, dass das Wachstum durch Mid-Range Smartphones erfolgt.

In zwei Jahren mache ich hier den Faktencheck…

Soll ich mir also noch ein Smartphone mit Windows kaufen?

Vielleicht nutzen Sie schon Windows Phone und denken über ein Nachfolgerät nach? Oder sie wollen mal was anderes als Android oder iOS ausprobieren? Wegen der Diskussionen und „Windows Phone ist tot“ Schlagzeilen sind Sie aber verunsichert?

Die Frage, ob man sich jetzt ein Windows 10 mobile Smartphone kaufen soll, kann nicht pauschal beantwortet werden.

Sie wollen immer alle aktuellen Apps haben, über die jeder spricht? Ein Mainstream Flaggschiff-Smartphone, das jeder bewundert, ist Ihnen am liebsten? Dann war die Antwort auf die Frage nach „Windows Phone“ schon immer nein und ich rate Ihnen auch jetzt nicht dazu.

Wenn Sie aber mit der Einschränkung hinsichtlich mancher Apps wie z.B. Snapchat leben können, spricht nichts dagegen, sich ein Windows 10 mobile Smartphone zu kaufen.

Sie wollen einfach nur telefonieren, Messenger und soziale Netzwerke nutzen, mal ein bisschen spielen oder Musik hören? Mit dem Lumia 650 machen Sie nichts falsch. Wenn es etwas günstiger sein soll, können Sie auch guten Gewissens zum Lumia 550 greifen. Wenn Sie auf eine richtig gute Kamera Wert legen, sind das Lumia 950 oder das 950 XL etwas für Sie.

Continuum ist Ihnen wichtig? Das Phone soll High-End Spezifikationen haben? Greifen Sie zum Acer Jade Primo. Einzige Einschränkung: die Kamera ist hier ein kleiner Schwachpunkt. Wenn Sie hier mehr Ansprüche haben, wären wir wieder bei den beiden Microsoft Lumias der 9er Reihe.

Im Handel und natürlich als Gebrauchtgeräte finden sich noch Smartphones, die mit Windows 8.1 ausgeliefert werden. Zu einem solchen würde ich im Regelfall nur noch greifen, wenn das Windows 10 Update offiziell dafür angeboten wird. Das ist z.B. beim Lumia 1520, Lumia 930, Lumia 830, Lumia 735, Lumia 730, Lumia 640 XL und Lumia 640 der Fall, auf denen Windows 10 auch gut läuft. Ebenfalls offiziell verfügbar ist es für das Lumia 635 (1 GByte RAM), Lumia 540, Lumia 535, Lumia 532, Lumia 435 sowie Lumia 430, doch sehe ich bei diesen Geräten langfristig Probleme mit der Performance.
(Update 12. September – lesen Sie diesen Artikel mit konkreten Kaufempfehlungen)

Andere Windows 8.1 Handys würde ich nur kaufen, wenn Sie keine Probleme damit haben, dass es bei einigen Apps in Zukunft keine Updates mehr geben wird. Ich gehe durchaus davon aus, dass der ein oder Anbieter Entwickler seine Apps bald nur noch für Windows 10 veröffentlichen wird.

Continuum for Phones – rettet es Windows 10 mobile?

Windows Continuum für Phones ist ein neues Feature beim kommenden Windows 10 mobile.

Über eine kleine Docking Station oder auch drahtlos kann sich das Smartphone mit einem Monitor, Tastatur und Maus verbinden und verwandelt sich dann in einen kleinen PC – kein Problem, da unter Windows 10 mobile die gleichen Universal Apps laufen können, wie auf dem Windows 10 Desktop. Die mobile, für den kleinen Smartphone Screen optimierte, Darstellung verwandelt sich dann einfach in die Desktop Ansicht.

Joe Belfiore von Microsoft stellt das hier im Video vor.

Microsoft will damit in erster Linie Business User erreichen, doch könnte sich Continuum gerade im Consumer Bereich als Killer Feature erweisen.

Telefonieren, SMS, Whatsapp, Skype, E-Mail, facebook, twitter, Instagram, spielen, Musik hören, Videos ansehen, Fotografieren, online-Banking, Surfen… – all das machen viele Anwender faktisch nur noch mit einem Gerät, ihrem Smartphone. Auch Office Apps gibt es inzwischen für Smartphones, doch ist es lästig, Dokumente auf dem kleinen Screen zu bearbeiten. Und wenn dann mal ein Brief geschrieben werden oder eine EXCEL Tabelle erstellt werden muss, geht es daher idealerweise an den PC. Gerade aber viele jüngere Leute haben aber gar keinen PC mehr. Man greift dann schnell auf den Rechner am Arbeitsplatz, das Notebook des Freundes oder den Desktop der Eltern zurück.

Wenn stattdessen aber einfach das Smartphone in einen PC verwandelt werden kann, braucht man diese Ausweichmöglichkeiten gar nicht mehr, bzw. muss kein zweites Gerät mehr haben.

Sicher, auf dem Smartphone laufen keine klassischen Desktop Anwendungen, sondern die Universal Apps. So verfügen die mobilen Office Anwendungen nicht über alle Funktionen, die die „großen“ Office Anwendungen für den Windows Desktop bzw. OS X bieten. Für die meisten Privatanwender dürfte das aber ausreichend sein.

Und einen zweiten großen Markt sehe ich: in Ländern wie Indien ersetzt schon jetzt das Smartphone für viele Menschen den PC. Wenn diese in einem Gerät auch gleich einen kleinen PC integriert haben, ermöglicht es ihnen ganz neue Möglichkeiten.

Die beiden anderen mobilen Plattformen – Android und iOS – gibt es ein vergleichbares Feature noch nicht. Und insbesondere für Apple wird es mit dem bisherigen Ansatz, ein Betriebssystem für den mobilen Bereich (iOS) und eines für den Desktop (OS X) zu haben, schwieriger, hier zu kontern (auch wenn das iPad Pro zeigt, dass man auch bei Apple inzwischen in eine neue Richtung denkt…).

Damit könnte Continuum for Phones das Feature sein, das Windows 10 mobile aus dem Tal der niedrigen Marktanteile führen könnte.

Und wenn es dann ein Surface Phone mit Intel Prozessor gibt, auf dem auch Desktop Apps laufen, werden die Karten nochmals ganz neu gemischt.

Wie es mit den Lumia Smartphones weitergeht und was zur Nokia Übernahme

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Das Nokia Problem

Nochmals 7.800 Mitarbeiter müssen bei Microsoft gehen, die meisten aus dem Phone Bereich. Die Reste der Nokia Phone-Unit sind jetzt Teil der Windows und Devices Sparte.

Das alte Nokia und die Microsoft Mobile Oy in dieser Form sind nun faktisch tot. Und so traurig das für Finnland und die betroffenen Mitarbeiter ist, so ist es letztlich doch nur gut. Denn schauen Sie mal:

Lumia 435, Lumia 520, Lumia 530, Lumia 530 DS, Lumia 532 DS, Lumia 535, Lumia 625, Lumia 630, Lumia 630 DS, Lumia 635, Lumia 638, Lumia 640DS, Lumia 640 LTE, Lumia 640XL DS, Lumia 640 LTE, Lumia 730 DS, Lumia 735, Lumia 830, Lumia 925, Lumia 930, Lumia 1020, Lumia 1320, Lumia 1520 – das sind die Smartphones, die Microsoft Stand heute auf der deutschen Website auflistet. Wenn man sich im Handel umschaut, begegnen einem außerdem immer noch andere Modelle wie das Lumia 525, Lumia 620, Lumia 720 oder das von mir sehr geschätzte 920. Dazu kommen noch internationale Varianten wie das Lumia 430, Lumia 432, Lumia 526, Lumia 521, Lumia 635 1GB, Lumia 636, Lumia 638, Lumia 928, Lumia Icon…

Ziemlich unübersichtlich, oder? Und das zieht viele Probleme nach sich:

  • hohe Kosten für Entwicklung, Betreuung, Lagerhaltung bei MS
  • Verwirrung bei den Kunden – welches Modell passt zu mir
  • Unattraktiv für den Handel in mehrfacher Hinsicht – Lagerhaltung, Einarbeitung, Erklärungsbedarf

So verkaufen sich die einzelnen Modelle ohnehin nur schwach und es wird für die Zubehörhersteller unattraktiv, z.B. Hüllen, Cover etc. herzustellen. Den Satz „Papi, warum gibt es für mein Lumia nur so langweilige Hüllen?“ durfte ich mir inzwischen schon einige male anhören.

Die Lösung?

Es ist wichtig, dass Microsoft sein Smartphone Portfolio deutlich verschlankt. Ich denke, es wird drei Reihen mit je zwei Geräten – normale Größe und XL – sowie ein sehr günstiger Einsteigerhandset (Lumia 460) und hoffentlich ein Fotoflaggschiff (Lumia 1030) geben. Durch solch eine verhältnismäßig schlanke Produktlinie würden viele der oben genannten Probleme gelöst.

Weiter gehe ich davon aus, dass sich MS mit den Lumias aus einigen schwachen Märkten zurückziehen wird. Europa, Brasilien und Indien stehen sicher nicht auf der Kippe, hier steht man gar nicht so schlecht. Die USA sind zu wichtig, als dass man hier nicht Flagge zeigen müsste. Aber es würde mich nicht wundern, wenn man zumindest China vorerst nicht mehr mit eigenen Geräten angehen würde, sondern hier mit OEMs an den Start geht. Gleiches gilt z.B. für Japan.

Auch Windows Phone ist tot. Mit Windows 10 Mobile kommen wir einem einheitlichen Betriebssystem auf Smartphone, Tablet, Hybrid, Notebook, Desktop, Xbox, Server, neuen Geräten wie dem Surface-Hub und irgendwann auch Wearables viel näher. Es würde mich nicht wundern, wenn wir bald auch Surface-Phones mit x86 Prozessoren sehen, auf denen ein volles Windows 10 mit Telefonie-App läuft. All das könnte helfen, die Plattform für Entwickler interessanter zu machen und den App-Gap zu schließen. Aber warten wir ab.

Mittelfristig kann sich Microsoft jedenfalls nicht aus dem Smartphone Bereich zurückziehen. Sonst würde man die Windows 10 Vision aufgeben und das Betriebssystem im gesamten schwächen. Die Einbindung der Reste von Nokia in die Windows und Devices ist daher nur richtig und konsequent.

Wichtig wird es für MS aber sein, neben App-Entwicklern OEMs für Windows 10 (Mobile) zu gewinnen. Samsung, HTC, Lenovo, Acer, Asus und viele chinesische hierzulande noch nicht so bekannte wären ideal. Denkbar wären auch dergestalte Partnerschaften, dass z.B. in Indien co-gebrandete Smartphones mit lokalen OEMs herauskommen.

Ist diese Strategie erfolgreich, könnte ich mir gut vorstellen, dass in einiger Zeit pro Jahr nur noch ein High-End Lumia (Consumer) und ein High-End Surface Phone (x86, Business) als Referenzdesign erscheinen und der Rest von anderen Anbietern kommt.

Funktioniert diese Strategie nicht, kann ich mir vorstellen, dass Microsoft für den mobilen Bereich einen Android Fork mit eigenen Diensten bringt, der sich in das MS Ökosystem einfügt. Das kann aber allenfalls Plan C sein.

Jetzt wird erst voll auf Windows 10 gesetzt.

War die Nokia Übernahme ein Fehler?

Ich würde die Frage mit einem klaren Jein beantworten. Nokia hatte ja schon begonnen, Android Devices herauszubringen und hätte sich schrittweise von Windows Phone abgewandt. Und auch wenn ich davon ausgehe, dass man sich bei den Android-Modellen ebenso verzettelt hätte – die Außenwirkung für Windows Phone wäre fatal gewesen und die Windows Phone Marktanteile wären wohl noch geringer, als ohnehin schon. WP musste auf jeden Fall am Leben gehalten werden, bis Windows 10 da ist. Allerdings hat man dafür einen sehr hohen Preis gezahlt – 7,6 Milliarden US$ Abschreibung.

Allerdings bin ich davon überzeugt, dass Microsoft nicht nur die Smartphone Sparte sondern ganz Nokia hätte übernehmen müssen. Die Netztechnik hätte man (teilweise) an die Börse bringen können, man hätte die Patente nicht nur lizenziert, sondern wäre Inhaber (Einnahmemöglichkeiten), vollen Zugriff auf die Markenrechte und zudem noch mit here die wohl beste Navigationslösung im Hause gehabt. Für den großen Wurf hatte Ballmer leider nicht die Rückendeckung.

Wird Windows Phone ein exklusives Nokia OS?

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Die obige Grafik von adduplex macht es auf einen Blick klar: Windows Phone heißt inzwischen eigentlich Nokia. Über 83% aller Smartphones mit dem Microsoft Betriebssystem kommen von Nokia. Mit 10,8% folgt abgeschlagen HTC.

Gab es am Anfang Windows Phone Modelle von vielen Herstellern, gibt es aktuelle Geräte eigentlich nur von Nokia, HTC, Samsung und Huawei.

HTC verzettelt sich nach wie vor selbst und trägt wenig zur Windows Phone Plattform bei und setzt derzeit wieder verstärkt auf Android.

Und Samsung hat mit dem Ativ S ein sehr ordentliches Windows Phone im Angebot, um dessen Vermarktung die Koreaner sich aber gar nicht kümmern. Klar, mit dem Galaxy S4 hat man eine Cah Cow im Angebot, und bereitet sich intern sicherlich mehr auf Tizen vor. Immerhin sind zwar wohl neue Windows Phones in Vorbereitung (SGH-I187), aber viel Einsatz für die Plattform ist nach den bisherigen Erfahrungen nicht zu erwarten.

Andere Hersteller wie Acer und ZTE werden vom nach wie vor recht geringen Windows-Phone Marktanteil, den recht hohen Lizenzkosten, den mangelnden Individualisierungsmöglichkeiten und eben der Nokia Dominanz abgeschreckt, wie auch die Digitimes berichtet.

Nokia setzt eben – außer bei den günstigen Asha Smatphones für emerging Markets – voll auf Windows Phone. Dementsprechend arbeiten die Finnen eng mit Microsoft zusammen, was die Weiterentwicklung des Betriebssystems angeht, tragen viel zur Qualität der Plattform bei (Here Maps) und sorgen dafür, dass es Premium-Apps für Windows Phone gibt, die dann im Gegenzug zumindest für eine bestimmte Zeit exklusiv für Lumia Phones verfügbar sind.

All das trägt aber auch wieder dazu bei, dass Windows Phone für andere OEMs weniger interessant wird. Welche Szenarien sind also denkbar:

  • Microsoft arbeitet nicht mehr in dieser exklusiven Form mit Nokia zusammen und behandelt alle OEMs mehr oder weniger gleich. Das ist aber auch aus Sicht Microsofts nicht wünschenswert, da die mobile-Erfahrungen Nokias derzeit unverzichtbar sind.
  • Microsoft arbeitet mit einem weiteren Hersteller ähnlich intensiv zusammen wie derzeit mit Nokia, der dann ebenfalls eigenständige neue Impulse in die Plattform einbringt. Hier käme allenfalls HTC in Frage – doch die Taiwanesen haben derzeit andere Probleme.  Das ist also ebenfalls sehr unwahrscheinlich.
  • Die Windows Phone Welt wird geteilt: Nokia Smartphones haben exklusive Features (Navigation, Fotografie), daneben gibt es eine einfachere Windows Phone Version (mit voller Kompatibilität), die dann aber auch entsprechend günstiger lizenziert wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Dinge faktisch in diese Richtung entwickeln – wenn die asiatischen Hersteller sich auf dieses Modell einlassen.
  • Sollte voriges Szenario aber nicht eintreten, halte ich folgende Entwicklung für wahrscheinlich: Andere Hersteller ziehen sich mehr und mehr von Windows Phone zurück, die Zusammenarbeit zwischen Nokia und MS intensiviert sich weiter. Über Zwischenschritte (Surface Phone made by Nokia) kommt es in letzter Konsequenz dann dazu, dass Nokia von Microsoft übernommen wird.

So oder so gehe ich aber davon aus, dass sich Windows Phone als drittes starkes mobiles Ökosystem etablieren wird. Und darauf habe ich auch gewettet.