Meinung: Über das Schächten in Deutschland

Was ist Schächten?

Beim Schächten handelt es sich um eine spezielle Methode des Schlachtens, die im Judentum und im Islam grundsätzlich vorgeschrieben ist. Wesentlicher Hintergrund ist, dass beide Religionen den Verzehr von Blut verbieten, beim Schächten blutet das Schlachttier weitgehend aus.

Den Tiere werden dazu mit einem speziellen Messer mit einem großen Schnitt quer durch die Halsunterseite die großen Blutgefäße, die Luft- und die Speiseröhre durchtrennt. Das Tier stirbt und blutet dabei aus.

Die Rechtslage und Diskussion in Deutschland

Regeln  zum Schlachten enthalten die §§ 4, 4a Tierschutzgesetz. Grundsätzlich darf ein Tier nicht ohne Betäubung geschlachtet werden (§4 TierschutzG) und muss auch vor dem Ausbluten betäubt werden (§4a Abs. 1 Tierschutzgesetz). Hiervon sind aber Ausnahmen möglich, § 4a Absatz 2 Nummer 2 lautet:

[wenn] die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt hat; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen…

Unter welchen Voraussetzungen solche Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, kann man exemplarisch für Baden-Württemberg hier nachlesen.

An sich ist also alles klar: Sogar die Religionsgruppen, die das betäubungslose Schächten für erforderlich halten – Judentum und viele Richtungen des Islam, müssen derzeit – Stand August 2019 – also grundsätzlich auf geschächtetes Fleisch nicht verzichten.

Allerdings hat sich inzwischen wieder eine Diskussion entwickelt, ob das betäubungslose Schächten nicht doch zu untersagen ist. Wir bewegen uns hier im Spannungsumfeld zwischen dem Grundrecht auf Religionsfreiheit – Art. 4 GG – und dem Staatsziel Tierschutz, der sich insbesondere aus Artikel 20a GG ergibt.

Wie ist das Schächten ohne Betäubung zu beurteilen?

Ganz unproblematisch wäre das Schächten ohne Betäubung, wenn es für das Tier nicht mehr Schmerzen als die herkömmliche Form der Schlachtung verursachen würde. Dies ist aber tatsächlich umstritten, die Studienlage ist unübersichtlich.

Es spricht jedoch viel dafür, dass ein professionell durchgeführtes Schächten für ein Tier nicht unbedingt deutlich schmerzhafter und grausamer ist als herkömmliches Schlachten in industriellen Schlachtbetrieben.

Wie sollte also mit dem Schächten in Deutschland umgegangen werden?

Nach derzeitiger verfassungsrechtlicher Lage hat das Grundrecht der Religionsfreiheit einen sehr hohen wert, das Staatsziel Tierschutz ist demgegenüber deutlich schwächer.

Auch wenn nach hier vertretener Ansicht die derzeit weitgehende Gewährung der Religionsfreiheit nicht mehr zeitgemäß ist und der verfassungsgebende Gesetzgeber hier dringend notwendig werden sollte – an dieser verfassungsrechtlichen Realität kommt man wohl nicht vorbei.

Und so sehe ich nach derzeitiger Rechts- und Tatsachenlage keine Möglichkeit, §4a Tierschutzgesetz dahingehend zu ändern, dass es keine Ausnahmeregelungen mehr für das Schächten – auch ohne Betäubung – gibt.

Sinnvoll und sogar für verfassungsrechtlich geboten hielte ich allerdings strengere Voraussetzungen, z.B. dass es keine Ausnahmegenehmigungen für privates Schächten z.B. beim Opferfest mehr gibt und dass Schächtungen z.B. von einer offiziellen Stelle begleitet werden müssen.

Sollte es hingegen eine gesicherte wissenschaftliche Grundlage dafür geben, dass das Schächten ohne Betäubung deutlich belastender für das Tier ist, als normale Schlachtung, wäre wahrscheinlich schon nach derzeitiger Rechtslage, auf jeden Fall aber bei Hinzufügung eines Vorbehalts zu Artikel Art. 4 GG, ein Verbot des Schächtens möglich. Dabei darf nicht vergessen werden, dass zum einen ja eine vegetarische Ernährung oder im Zweifel auch ein Import geschächteten Fleischs möglich wäre.

Fazit

Derzeit sollten die Voraussetzungen verschärft werden, unter denen das Schächten ohne Betäubung möglich ist.

Weitergehend sollte eine gesicherte wissenschaftliche Grundlage geschaffen werden, um die Frage abschließend beurteilen zu können.

Und zuletzt sollte grundsätzlich auch aus anderen Erwägungen eine Abschwächung von Art. 4 Grundgesetz in Betracht gezogen werden.

Dokumentiert: Hinweise des Landes Baden-Württemberg zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten

Nach § 4a Tierschutzgesetz kann eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten erteilt werden.

Hier dokumentieren wir die entsprechenden Hinweise des Landes Baden-Württemberg dazu. Stand August 2019.

Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten wird von den zuständigen Tierschutz-Überwachungsbehörden vorgenommen.

Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Schächten achten die zuständigen Behörden auf nachfolgende Parameter:

1    Sachkunde des Schächtpersonals

1.1   Allgemeine Voraussetzungen

 

Angaben zur Person:

  • Name und Anschrift der sachkundigen Person/en
  • Nachweis der Sachkunde der Person, die das Schächten durchführt (Fixierung, Schächtschnitt)

Damit ist auch bei einem Antrag auf nicht berufliches oder gewerbliches Schächten durch eine Privatperson – beispielsweise anlässlich des Opferfestes – eine Prüfung der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten der Person, die das Schächten durchführen soll, erforderlich, nicht jedoch eine Bescheinigung der Sachkunde nach der Tierschutz-Schlachtverordnung. Die Überprüfung der Sachkunde kann in diesem Fall durch die zuständige Behörde vor Ort erfolgen, soweit hierfür die Voraussetzungen gegeben sind.

Bezüglich der Sachkunde der Person, die den Schächtschnitt und die Fixierung der Tiere durchführt, wird auf die Bestimmungen der Tierschutz-Schlachtverordnung verwiesen. Zudem hat eine Prüfung der persönlichen Eignung des Antragstellers in Bezug auf die besonderen Fertigkeiten des Schächtens zu erfolgen.

Hierzu sollte die Person, welche die Tiere schächtet, möglichst an einem betäubten Tier oder auf andere geeignete Weise vorführen, dass sie den Schächtschnitt beherrscht. Dabei ist auch zu prüfen, ob mit den Tieren ruhig und schonend umgegangen wird.

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#Toblerone – oder: warum ich die Halal Zertifizierung für falsch halte (zu viel Aufregung darüber aber auch)

 

Toblerone jetzt offiziell halal – der Shitstorm

Das, womit ich schon seit einigen Tagen gerechnet habe, ist passiert:

#Toblerone trendet bei twitter.

Hintergrund ist, dass der Hersteller die Schweizer Schokolade als „Halal“ zertifizieren ließ. Geändert hat sich übrigens nichts, sie wurde schon immer so produziert, dass es in Einklang mit den muslimischen Ernährungsvorschriften steht. Nochmal zum Mitschreiben: keine Änderung des Rezepts. Die Toblerone schmeckt wie immer und man wird durch den Verzehr als Nebenwirkung auch nicht spontan „Allahu Akbar“ rufen. Soweit so gut. Die reflexhafte Empörung rechter Kreise in den sozialen Medien kann ich also nicht so ganz nachempfinden, insbesondere, da diese – um es harmlos auszudrücken – irrationale Züge annimmt.

Dennoch halte ich den Schritt des Herstellers für falsch.

Natürlich ist mir klar, dass man sich damit eine Vergrößerung der Zielgruppe erhofft. Allerdings konnte ich bei Besuchen in Istanbul und den VAE beobachten, dass Toblerone dort schon gerne gekauft wurde, bevor sie zertifiziert war. Und ein befreundeter, auf die Ernährungsvorschriften achtender, Muslim meinte zu mir, er schaue halt immer auf die Inhaltsstoffe, dann wisse er schon, was er essen könne. Klar, durch die Zertifizierung kann er sich jetzt auch sicher sein, dass in der Fabrik kein Schweinefleisch und kein Alkohol verarbeitet werden. Aber wie immer sollte man ja auch nicht mit eigenen Erfahrungen argumentieren und was weiß ich schon von Schokoladenvertrieb.

Viele Religionen haben Nahrungstabus und entsprechende Regelungen. Besonders ausgeprägt sind diese im Islam und im Judentum, weniger stark bei den Christen. An eine Sache halte sogar ich als katholischer Atheist mich – ich versuche, in der Fastenzeit wie vorgesehen nur an Sonntagen Fleisch zu essen. Das ist aber meine Privatsache, ich posaune das nicht groß herum und erwarte das auch von keinem anderen.

In einer offenen, aufgeklärten Gesellschaft sollte Religion privat sein, aber es ist ein Grundrecht, diese ausleben zu können. Dazu gehört wohl auch, dass man sich informieren kann, welche Lebensmittel man essen darf und welche nicht, wenn einem Ernährungsvorschriften wichtig sind. Insoweit ist mE gegen eine Information seitens der Hersteller nichts einzuwenden. „Toblerone enthält keinen Alkohol und außer Milch keine tierischen Produkte und wird unter Einhaltung höchster Hygienestandards in einem Betrieb hergestellt, in dem auch kein Alkohol und keine anderen tierischen Produkte verarbeitet werden.“ – und alles ist gut.

Das Problem ist die Zertifizierung

Das Problem liegt für mich in der Zertifizierung. Wie gesagt, es ist das gute Recht von Mondelez, diese vornehmen zu lassen.

Persönlich finde ich aber, dass ein privates Unternehmen damit religiöse Vorschriften, die man durchaus kritisch hinterfragen sollte – Stichwort Schächten -, eine zu große Bedeutung beimisst und diese faktisch normalisiert. So entsteht ggf. ein Druck auf andere Firmen, ebenfalls so vorzugehen. Und Fleisch von geschächteten Tieren würde ich gerne vermeiden.

Wirklich problematisch finde ich jedoch, dass viele der Organisationen, die entsprechende Zertifizierungen vornehmen, der Finanzierung durchaus fragwürdiger Gruppen dienen, z.B. der Muslimbruderschaft. Sprich: wer seine Produkte halal zertifizieren lässt, finanziert damit ggf. radikale Kreise. Ich habe jedenfalls eine Anfrage an Mondelez gestellt, wer die Zertifizierung vorgenommen hat – ich bin gespannt und werde berichten.

An meinem Toblerone Konsum wird sich jedenfalls so oder so nichts ändern – ich mag nämlich Schokolade gar nicht so gerne.

Disclaimer – zur Einordnung

Eines möchte noch klarstellen: Ich bin Katholik. Und auch wenn mich an der katholischen Kirche einiges stört, bin ich überzeugter Katholik, bezahle jeden Monat viel zu viel Kirchensteuer, aber würde nie austreten. Gleichzeitig bin ich überzeugter Atheist und kann nicht nachvollziehen, wie man an die Existenz eines höheren Wesens glauben kann, das ordnend auf diesen Planeten eingreift und auf die peinliche Einhaltung von Ernährungsvorschriften achtet. Andere – im Vergleich zu uns Menschen – höhere Wesen halte ich im übrigen nicht für ganz ausgeschlossen. Aber das ist eigentlich ein anderes Thema. Das mag jetzt alles verstörend klingen. Ich finde nur, dass Sie das alles wissen sollten, um die vorstehenden Zeilen vielleicht ein bisschen besser einordnen zu können.

Dokumentiert: Schächterlaubnis für muslimischen Metzger – Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts

Schächterlaubnis für muslimischen Metzger
Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 2/2002 vom 15. Januar 2002

Urteil vom 15. Januar 2002
1 BvR 1783/99

Mit Urteil vom heutigen Tage hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde eines türkischen muslimischen Metzgers stattgegeben, der eine Ausnahmegenehmigung von dem allgemeinen gesetzlichen Verbot erstrebte, Tiere ohne Betäubung zu schlachten (zu schächten). Der Hintergrund des Verfahrens ist dargestellt in der Pressemitteilung Nr. 97/2001 vom 15. Oktober 2001, die auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts nach gelesen werden kann.

Der Erste Senat stellt fest, dass § 4 a des Tierschutzgesetzes (TierSchG) verfassungsgemäß ist, seine Auslegung und Anwendung durch die Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte in den angegriffenen Entscheidungen den Anforderungen des Grundgesetzes (GG) jedoch nicht gerecht werden. Nach Absatz 1 dieser Norm ist das Schächten grundsätzlich verboten. Absatz 2 eröffnet jedoch die Möglichkeit, aus bestimmten – auch religiös motivierten – Gründen eine Aus nahmegenehmigung zu erteilen. Im Ausgangsverfahren ging es um die zweite Alternative der Nr. 2 dieses Absatzes; danach darf eine Ausnahmegenehmigung nur erteilt werden, soweit es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich des Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen.

Der Senat stellt klar, dass das Schächten für einen muslimischen Metzger in erster Linie eine Frage der Berufsausübung und nicht der Religionsausübung ist. Ein gläubiger Moslem hat diese Tätigkeit allerdings unter Beachtung religiöser Vorschriften auszuüben. Deshalb ist das Grundrecht der Religionsfreiheit als Maßstab für die Auslegung von Vorschriften, die die Berufsausübung einschränken, ergänzend und deren Schutz verstärkend heranzuziehen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Berufsausübungsfreiheit eingeschränkt werden kann. Hierbei ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Danach ist § 4 a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG mit dem Grundgesetz verein bar. Der Gesetzgeber hat durch das allgemeine Schächtverbot wie durch die Ausnahmeregelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG in zulässiger Weise den Belangen des Tierschutzes Rechnung getragen. Seine Grundannahme, dass es Tieren weniger Schmerzen und Leiden bereitet, wenn sie vor dem Schlachten betäubt werden, ist zumindest vertretbar. Durch die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, wird aber auch den Grundrechten muslimischer Metzger hinreichend Rechnung getragen, deren Berufsausübung unter Beachtung ihrer religiösen Überzeugung so ermöglicht wird. Sie können damit ihre muslimischen Kunden mit dem Fleisch geschächteter Tiere beliefern und auf diese Weise in den Stand setzen, Fleisch in Übereinstimmung mit ihrer Glaubensüberzeugung zu verzehren.

Dies gilt allerdings nur, wenn § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG nicht wie seit einem Ur teil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 1995 (BVerwGE 99, 1) so ausgelegt und angewandt wird, dass die Vorschrift für muslimische Metzger praktisch leer läuft. Ein solches Ergebnis lässt sich durch eine verfassungsgemäße Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Religionsge meinschaft“ und „zwingende Vorschriften“ vermeiden. Der Begriff der Religionsgemeinschaft ist, wie inzwischen in einer neueren Entscheidung (BVerwGE 112, 227) auch das Bundesverwaltungsgericht angenommen hat, nicht in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um eine Religions gesellschaft oder -gemeinschaft im Verständnis des Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung oder des Art. 7 Abs. 3 GG handeln müsste. Für die Bewilligung einer Ausnahmegenehmigung vom Schächtverbot ist vielmehr ausreichend, dass der Antragsteller einer Gruppe von Menschen angehört, die eine gemeinsame Glaubensüberzeugung verbindet. Als Religionsgemeinschaften kommen im vorliegenden Zusammenhang deshalb auch Gruppierungen innerhalb des Islam in Betracht, deren Glaubensrichtung sich von derjenigen anderer islamischer Gemeinschaften unterscheidet. Diese Auslegung des Begriffs der Religionsgemeinschaft steht mit der Verfassung im Einklang und trägt insbesondere Art. 4 GG Rechnung. Sie ist auch mit dem Wortlaut der genannten tierschutzrechtlichen Vorschrift vereinbar und entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser wollte die Ausnahmemöglichkeit nicht nur für Angehörige der jüdischen Glaubenswelt, sondern auch für Mitglieder des Islam und seiner unterschiedlichen Glaubensrichtungen eröffnen.

Mittelbar hat das Konsequenzen auch für die Handhabung des weiteren Merkmals „zwingende Vorschriften“, die den Angehörigen der Gemeinschaft den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Ob dieses Merkmal erfüllt ist, haben die Behörden und im Streitfall die Gerichte zu entscheiden. Allerdings kann diese Frage bei einer Religion, die – wie der Islam – unterschiedliche Auffassungen zum Schächtgebot vertritt, nicht mit Blick auf den Islam insgesamt oder die sunnitischen oder schiitischen Glaubensrichtungen dieser Religion beantwortet werden.

Die Frage nach der Existenz zwingender Vorschriften ist vielmehr für die konkrete, gegebenen falls innerhalb einer solchen Glaubensrichtung bestehende Religionsgemeinschaft zu beurteilen.

Dabei reicht es aus, dass derjenige, der die erstrebte Ausnahmegenehmigung zur Versorgung der Mitglieder einer Gemeinschaft benötigt, substantiiert und nachvollziehbar darlegt, dass nach deren gemeinsamer Glaubensüberzeugung der Verzehr des Fleischs von Tieren zwingend eine betäubungslose Schlachtung voraussetzt. Ist eine solche Darlegung erfolgt, hat sich der Staat, der ein derartiges Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft nicht unberücksichtigt lassen darf, einer Bewertung dieser Glaubenserkenntnis zu enthalten.

Die Behörden und die Verwaltungsgerichte haben im Ausgangsverfahren die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer solchen Auslegung verkannt und sind daher bei der Anwendung der Ausnahmeregelung vom Schächtverbot zu Lasten des Beschwerdeführers zu einer unverhältnismäßigen Grundrechtsbeschränkung gelangt. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat deshalb die angegriffenen Gerichtsentscheidungen aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Karlsruhe, den 15. Januar 2002