§ 86 RiStBV (Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren)

§ 86 RiStBV regelt, inwieweit bei bestimmten Delikten, denen auch mit einer zivilrechtlichen Klage begegnet werden kann – insbesondere Beleidigung – ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung besteht. Stellt man bei einem solchen Delikt eine Strafanzeige, empfiehlt es sich, ausführlich zu begründen, warum ein öffentliches Interesse besteht.

Die Norm lautet:

15.Öffentliches Interesse bei Privatklagesachen

§ 86 Allgemeines

(1) Sobald der Staatsanwalt von einer Straftat erfährt, die mit der Privatklage verfolgt werden kann, prüft er, ob ein öffentliches Interesse an der Verfolgung von Amts wegen besteht.

(2) Ein öffentliches Interesse wird in der Regel vorliegen, wenn der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist, z.B. wegen des Ausmaßes der Rechtsverletzung, wegen der Rohheit oder Gefährlichkeit der Tat, der rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründe des Täters oder der Stellung des Verletzten im öffentlichen Leben. Ist der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört worden, so kann ein öffentliches Interesse auch dann vorliegen, wenn dem Verletzten wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann, die Privatklage zu erheben, und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist.

(3) Der Staatsanwalt kann Ermittlungen darüber anstellen, ob ein öffentliches Interesse besteht.

Stand 10. November 2019

Wird die Staatsanwaltschaft auch bei anonymen Anzeigen aktiv?

Immer wieder wird behauptet, dass die Staatsanwaltschaft bei anonymen Strafanzeigen nicht ermittelt und keine Anklage erhebt. Das ist aber nicht korrekt, Nummer 8 der RiStBV (Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren) ist hier eindeutig:

§ 8 RiStBV – Namenlose Anzeigen

Auch bei namenlosen Anzeigen prüft der Staatsanwalt, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Es kann sich empfehlen, den Beschuldigten erst dann zu vernehmen, wenn der Verdacht durch andere Ermittlungen eine gewisse Bestätigung gefunden hat.

§ 4a RiStBV (Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren)

§ 4a RiStBV regelt, dass es zu keiner unnötigen Bloßstellung eines Beschuldigten in Strafsachen durch die Staatsanwaltschaft kommen soll.

§ 4a Keine unnötige Bloßstellung des Beschuldigten

Der Staatsanwalt vermeidet alles, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann. Das gilt insbesondere im Schriftverkehr mit anderen Behörden und Personen. Sollte die Bezeichnung des Beschuldigten oder der ihm zur Last gelegten Straftat nicht entbehrlich sein, ist deutlich zu machen, dass gegen den Beschuldigten lediglich der Verdacht einer Straftat besteht.