Mission to Mars
„War ja mit zu rechnen, jetzt ist er endgültig durchgeknallt!“ werden Sie sich vielleicht denken, wenn Sie die Überschrift lesen. Aber es ist mein voller Ernst: Ein Wettrennen zum Mars wäre das beste, was uns auf unserem Planeten passieren könnte. Und zwar am besten mit mindestens drei konkurrierenden Teams: Zum ersten USA/Japan/Australien und weitere asiatische, pazifische sowie amerikanische Staaten. Dann die EU mit Russland und weiteren EMEA Staaten. Schließlich noch China mit seinen Verbündeten.
Warum ich daran glaube… read on.
Wir können nichts mehr
Denken Sie mal an erfolgreiche Großprojekte in den letzten 20 Jahren. Viel einfallen wird Ihnen da nicht.
- Die USA versenkten 1,5 Billionen US$ (nein, das ist nicht der klassische Billion/Milliarden Übersetzungsfehler) mit dem F-35 Lightning II Joint Strike Fighter. Sehr interessant zu lesen ist der entsprechende F-35 Bericht des Director of Evaluation and Testing ans Pentagon.
- Wir schaffen es hierzulande nicht mal, einen vernünftigen Flughafen in märkische versandete Sumpflandschaften zu rammen und brauchen einen Mehdorn – bitches, please – um das Projekt zu retten (Anmerkung 2015: hat auch nichts gebracht). Erst 2020 wurde er eröffnet und war dann auch noch mangelhaft…
- Siemens brachte es lange Zeit nicht mal fertig, fehlerfreie Software für die Bremssysteme der ICE Züge der DB Baureihe 407 (Velaro) zu schreiben, weswegen das Eisenbahnbundesamt die Zulassung verweigerte.
„Erfolgreiches Großprojekt“ ist inzwischen schon fast eine contradictio in adiecto.
Und die Liste ließe sich noch ewig fortsetzen: Columbia Absturz, Kabelprobleme beim Airbus A380, brandgefährliche Batterien beim Dreamliner, Boeing 737 Max, Abstürze, der Akku vom iPhone hält nur einen Tag und der Fusionsreaktor wird uns auch schon ewig versprochen. Ganz zu schweigen von der Lösung der Wasserversorgung in Afrika oder unserer Umweltprobleme.
Die falschen Ziele
Wer heute in den meisten Ländern „etwas werden“ will, studiert Jura oder BWL, um dann möglichst Investment-Banker zu werden. Wer kein Abi hat, macht keine Ausbildung zum Maschinenbautechniker oder als Chemisch Technische Assistentin mehr, sondern versucht sein Glück bei DSDS, bei GNTM oder bei TikTok und landet dann aber hinter der Theke von McDonalds. Wer mehr intellektuellen und missionarischen Anspruch hat, versucht sich in Sachen Gender Studies oder klebt sich auf die Autobahn und bettelt dann auf Social Media um Spenden.
Die sinnvollen Beiträge von Investmentbankern, Genderisten und McDonalds Aushilfen für die Gesellschaft sind aber gleichermaßen eher bescheiden, um nicht zu sagen negativ.
Schuld an dieser Entwicklung sind auch die boulevardisierten Massenmedien, die Teppichludern, Bushido und anderen sich mit Statussymbolen gerierenden Straftätern oder planlosen Aktivisten eine Bühne geben und sie so zum Vorbild machen.
Genauso setzen aber die Staaten und die Notenbanken auch die falschen Ziele und schaffen die falschen Ideale, indem Investmentbanken für systemrelevant erklärt werden und das Finanzsystem mit Billionen US$ und EUR gestützt wird. Es wäre sinnvoller gewesen, die kranken Systeme zerbrechen zu lassen und aus den Trümmern heraus etwas neues zu schaffen. Ein Neuaufbau aus dem Totalzusammenbruch hat selten geschadet, so auch Deutschland nach 1945 nicht.
Aber ich schweife ab: das Problem ist einfach, dass es „uncool“ ist, Physik, Chemie, Mathematik oder Maschinenbau zu studieren oder eine sinnvolle Ausbildung zu machen.
Doch Juristen, Banker, Dieter Bohlen und Crackhuren entwickeln keine Züge, Flugzeuge, Brennstoffzellen-Autos, neue Medikamente, Wasseraufbereitungsanlagen, Fusionsreaktoren und den WARP Antrieb. Ganz im Gegenteil, sie behindern diese Entwicklungen.
Wir brauchen eine mitreißende Vision
Es treibt uns Menschen an, immer neues zu entdecken. Von den Bäumen in die Savanne, aus der Savanne in die ganze Welt, von der Erde zum Mond – immer auf der Suche nach neuen Grenzen.
Als John F. Kennedy 1961 das Ziel ausgab, bis zum Ende des Jahrzehnts Menschen zum Mond und wieder heil zurück zu bringen, hat dies nicht nur 400.000 Arbeitsplätze rund ums Apollo Programm geschaffen, sondern auch einen Run auf technische Studiengänge geschaffen. Der langfristige indirekte Einfluss des Apollo Programm darf damit nicht unterschätzt werden und hat zur starken Vormachtstellung der USA in den 1960er bis 1990er Jahre geführt. Es ist interessant zu beobachten, dass der Niedergang in den Jahren einsetzte, in denen die Ingenieure und Wissenschaftler der Apollo-Generation langsam in den Ruhestand gingen und aufgrund neuer Prioritäten (Wallstreet) keine neuen nachkamen.
Übrigens, auf heutige Maßstäbe umgerechnet hat das Apollo Programm ca. 120 Milliarden US$ gekostet. Für das Geld rettete man in der letzten Finanzkrise kaum eine Schrottbank.
Ich bin mir sicher, dass sich die Menschheit wieder begeistern ließe, im Wettbewerb eine neue Grenze zu erobern und sich Vorbilder zu geben, die wirklich etwas leisten. Das hat im kleineren Maßstab Felix Baumgartner mit seinem Sprung gezeigt.
Und auf solche Visionen sollten wir uns wieder besinnen. So schrieb Anatol Johanson am 8. Dezember 1972 in der „Zeit„:
Mit ihren Auswirkungen auf politische Vorstellungen, die verschiedenen Bereiche der Wissenschaft, die industrielle Produktion, ihre Werkstoffe und Methoden; auf Management-Systeme und Organisationsformen; auf unsere Vorstellungswelt und Ideen sowie viele andere Bereiche muß die Raumfahrt in unserer Zeit als das Neue schlechthin angesehen werden. Auf ihre Stimulanz, Produktivität und Genialität kann schon gegenwärtig nicht mehr verzichtet werden – ganz gleich, ob wir das heute schon einsehen oder erst in fünfzig Jahren.
Seitdem sind über 50 Jahre vergangen. Es ist Zeit.
Space, the final frontier. Let’s go to Mars.
Dies ist der Artikel des Tages zum „Welttag Wissenschaft für Frieden und Entwicklung“ (Weltwissenschaftstag), der jedes Jahr von der UNESCO am 10. November begangen wird sowie für den „Tag der bemannten Raumfahrt“, der jährlich am 12. April stattfindet.
Den Artikel habe ich 2013 geschrieben und mehrfach leicht überarbeitet, zuletzt am 12. April 2024. Bei der nächsten Überarbeitung werde ich übrigens noch mehr auf Privatunternehmen und Elon Musk als Faktoren für Innovatiob eingehen und weniger auf Staaten.
Bild: By NASA/Paul DiMare – http://mars.nasa.gov/multimedia/images/?ImageID=6200, Public Domain, Link