Dokumentiert: Pressestatement von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel anlässlich des NATO-Gipfels am 9. Juli 2016 in Warschau

BK’IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, am zweiten Tag des NATO-Gipfels haben wir mit einer Sitzung über Afghanistan begonnen. Der afghanische Präsident war mit dabei, und wir konnten, glaube ich, wichtige Beschlüsse fassen, was die Nachhaltigkeit, also die Dauerhaftigkeit unseres Einsatzes dort anbelangt. Erstens hat die NATO die Finanzierung der afghanischen Streitkräfte bis 2020 gesichert. Deutschland beteiligt sich hieran natürlich auch. Zweitens haben wir heute die Fortsetzung der Mission Resolute Support, also die Unterstützung der afghanischen Streitkräfte beschlossen. Es ist sehr gut, dass vor allen Dingen auch die Vereinigten Staaten von Amerika mit einer großen Zahl von Soldaten 8400 Soldaten weiter in Afghanistan bleiben werden was dazu führt, dass Deutschland im Norden zusammen mit 19 Partnern sein Engagement fortsetzen kann. Damit stellen wir sicher, dass die Unterstützung der afghanischen Streitkräfte auch über 2016 hinaus gesichert ist.

Wir haben alle deutlich gemacht, dass parallel dazu ein politischer Prozess des Gesprächs mit den Taliban notwendig ist, um eine politische Lösung voranzutreiben, und dass es notwendig ist, dass die afghanische Regierung entschlossen gegen Korruption vorgeht und dieses Vorgehen wirklich auch einen Mehrwert für die Bevölkerung zeitigt, sodass bessere Arbeitsplätze und bessere Lebensmöglichkeiten entstehen; denn wir haben an den vielen Migranten, die im letzten Jahr aus Afghanistan gekommen sind, ja auch gesehen, dass die Situation noch nicht zufriedenstellend ist. Wir hatten heute eine sehr offene, gute Aussprache zu dem Thema Afghanistan; insofern war ich mit diesem Teil der Sitzung wirklich sehr zufrieden.

Wir haben uns dann zum Zweiten mit den Herausforderungen im Süden der NATO beschäftigt: mit den Fragen der Unterstützung der Ausbildung von Soldaten im Irak, mit dem AWACS-Einsatz zur Überwachung des Gebietes Irak und Syrien von der Türkei aus sowie mit der Verknüpfung der Aktivitäten der Europäischen Union Stichwort Mission SOPHIA zur Rettung von Menschenleben im Mittelmeer und der Bekämpfung von Schleppern und Schmugglern und der Verbindung zur NATO-Mission Active Endeavour, die verändert wird und zu einer Überwachungsmission im Mittelmeer entwickelt werden soll.

In diesem Zusammenhang sind natürlich auch die politische Stabilität und die politische Notwendigkeit der Lösungen besprochen worden, und zwar sowohl was den Syrien-Prozess anbelangt die humanitäre Situation in Syrien ist ja nach wie vor dramatisch als auch was den politischen Prozess in Libyen anbelangt. Ich habe von meiner Seite aus noch einmal deutlich gemacht, dass wir unser Engagement insgesamt für Afrika stärken müssen. Wir haben um den gesamten Tschadsee herum im Kampf gegen Boko Haram eine sehr schwierige Sicherheitslage. Die meisten Flüchtlinge kommen durch Niger wir sind in Mali engagiert. Das afrikanische Engagement wird also verstärkt werden müssen; auch darüber haben wir heute gesprochen.

Ich hatte dann ein bilaterales Treffen mit dem türkischen Präsidenten, in dem wir über das EU-Türkei-Abkommen und die weiteren Schritte sowie natürlich auch über die Situation in Syrien gesprochen haben.

Ich hatte des Weiteren ein bilaterales Gespräch mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, mit Barack Obama. In diesem Gespräch haben wir über das Thema der Umsetzung von Minsk gesprochen. Das Thema Ukraine wird jetzt auf dem NATO-Gipfel auch noch eine Rolle spielen: Der ukrainische Präsident ist hier, und wir werden dann nach dem offiziellen Ende des NATO-Gipfels im Format mit dem britischen Premierminister, dem italienischen Ministerpräsidenten, dem französischen Präsidenten François Hollande, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und mir noch einmal mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko sprechen und noch einmal überlegen, wie wir jetzt mit großem Nachdruck den politischen Prozess in Zusammenhang mit Minsk vorantreiben können, aber vor allen Dingen auch die Sicherheitslage verbessern können; denn nach wie vor haben wir keinen Waffenstillstand in der Ukraine. Dieser ist aber die Voraussetzung dafür, dass auch wirklich Lokalwahlen stattfinden können und der politische Prozess voranschreitet.

Alles in allem hatten wir hier eine sehr dichte Tagesordnung und sehr gute Gespräche auch sehr konstruktive Gespräche. Insofern glaube ich, dass dies ein sehr wichtiger NATO-Gipfel ist, weil man hier doch sehr viele konkrete Schritte miteinander abspricht und entscheidet.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, eine Frage zu Ihrem Treffen mit dem türkischen Präsidenten: Können Sie uns sagen, wie die Atmosphäre des Gesprächs war und ob Sie auch über den Zugang zum Stützpunkt in İncirlik gesprochen haben?

BK’IN DR. MERKEL: Wir haben alle anstehenden Fragen besprochen. Die Gesprächsatmosphäre war konstruktiv, würde ich sagen, sehr sachlich und in dem Bemühen, bestehende Konflikte auch zu lösen.

FRAGE: Waren diese Bemühungen erfolgreich, ist das Verhältnis jetzt also einigermaßen entspannt?

BK’IN DR. MERKEL: Die Dissense sind ja durch so ein Gespräch nicht weg. Ich glaube aber, es war wichtig, dass wir gesprochen haben.

Danke schön!

10 Fakten zum 25. Juni

  1. Mosambik feiert heute seine Unabhängigkeit von Portugal, die es 1975 erlangte. Ebenso Kroatien: hier wird die Deklaration der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit durch das Parlament im Jahre 1991 gefeiert. Und auch Slowenien gedenkt seiner heutigen Unabhängigkeit, die das Land gleichfalls 1991 erlangte.
    Dorothea und Wilhelm haben heute Namenstag.
  2. Elena Lucrezia Cornaro Piscopia erhält 1678 an der Universität Padua als weltweit erste Frau einen Doktortitel in Philosophie. Eigentlich wollte sie Theologie studieren, was ihr aber mit dem Argument verweigert wird, eine Frau habe in der Kirche zu schweigen.
  3. 1876 begann die Schlacht am „Little BigHorn“, die zwei Tage dauerte. Das 7. US-Kavallerieregiment unter General Custer wird von den Lakota-Sioux, Arapho und Cheyenne unter ihren Anführern Sitting Bull und Crazy Horse vernichtend geschlagen. Anlass waren letztlich Streitigkeiten um die den Ureinwohnern heiligen „Black Hills“. Die Schlacht begann, als Custer befehlswidrig ein Indianerdorf überfiel und dabei 10 Frauen und Kinder tötete. In der folgenden Schlacht werden 14 Offiziere, ein Assistenzarzt, 247 Soldaten, fünf Zivilisten und drei Indianer-Kundschafter auf Seiten der US Truppen getötet sowie 52 Menschen verletzt und 28 Soldaten vermisst. Über die indianischen Verluste gibt es keine gesicherten Angaben, Schätzungen gehen von 36 bis zu 136 Kriegern aus. Diese Verluste waren jedoch für die nur wenige Tausende Menschen zählenden Völker sehr gravierend.
  4. US-General Lucius D. Clay befiehlt 1948 die Berliner Luftbrücke zur Versorgung des von den Sowjets eingeschlossenen Westteils der Stadt (Bild).
  5. In Deutschland wird 1953 für Bundestagswahlen die bundesweit geltende Fünf-Prozent-Hürde eingeführt.
  6. Die United States Air Force wählt 1958 neun Testpiloten für das Programm „Man In Space Soonest“ (MISS) aus. Es ist die erste Astronautenauswahl in der Geschichte. Unter den ausgewählten Kandidaten ist auch Neil Armstrong.
  7. Im Jahr 1979 verübt die RAF ein Attentat auf Alexander Haig, den NATO Oberbefehlshaber in Europa. Ein unter der Straße führendes Rohr wurde mit Sprengstoff gefüllt und gezündet, als Haigs Wagenkolonne passierte. Haigs Wagen, ein Mercedes, wurde zwar zerstört, aber er und sein Fahrer blieben unverletzt.
  8. 2009 verstirbt Michael Jackson an diesem Tag.
  9. Hermann Oberth kommt 1894 auf die Welt.
  10. George Orwell (1984) wird 1903 geboren.

Hier sind mehr Fakten zum 25. Juni.

10 Fakten zum 10. Juni

  1. Portugal feiert heute seinen Nationalfeiertag, den Dia de Portugal. Anlass ist der Todestag des Nationaldichters Camões (Die Lusiaden).
    Heute ist in Deutschland Kindersicherheitstag.
    Diana und Heinrich haben heute Namenstag.
  2. 1190 ertrinkt Kaiser Friedrich I. Barbarossa während des dritten Kreuzzuges im Fluss Saleph (Armenien). Er wurde wahrscheinlich 68 Jahre alt. Es ist historisch umstritten, ob er beim Baden in dem eiskalten Gebirgsbach einen Herzinfarkt erlitt, als er sich abkühlen wollte, oder ob er bei der Überquerung von einem Pferd abgeworfen wurde und aufgrund seiner Rüstung nicht mehr aufstehen konnte.
  3. Beim Massaker in der Kemach Schlucht töten osmanische Truppen rund 25.000 christliche Armenier. Insgesamt kommen bei den systematischen Vernichtungsmaßnahmen 1915 rund eine Million Armenier ums Leben. Die Türkei stellt sich bis heute nicht der historischen Verantwortung.
  4. Die Selbsthilfegruppe „Anonyme Alkoholiker“ gründet sich 1935 in Akron (Ohio) und entwickelt sich mit der Zeit zu einer internationalen Bewegung, die Abstinenz vom Alkohol unterstützt.
  5. Italien erklärt Großbritannien und Frankreich 1940 den Krieg und Norwegens Armee kapituliert vor der Wehrmacht.
  6. Unter dem Kommando der SS töten deutsche Polizei-Einheiten im Jahre 1942 faktisch alle erwachsenen Männer des tschechischen Dorfes Lidice. Die Frauen werden in das KZ Ravensbrück deportiert. Die 98 Kinder werden nach rassischen Gesichtspunkten sortiert. 13 der Kinder werden „germanisiert“, die anderen im Vernichtungslager Kulmhof vergast. Der Ort wird verbrannt und eingeebnet und im Jahr 1944 töten Einheiten der Waffen-SS 642 Einwohner des Ortes Oradour-sur-Glane und zwischen 200 und 300 Einwohner des Ortes Distomo.
  7. Große Friedensdemonstration in Bonn: 1982 demonstrieren in der Rheinaue geschätzt 500.000 Menschen parallel zum ebenfalls in Bonn stattfindenden Nato-Gipfel. Es ist eine der größten Demonstrationen in der Geschichte der Bundesrepublik.
  8. 2003 startet an diesem Tag die US-Raumsonde „Mars Exploration Rover A – MER-A“ zum Mars. Erst nach dem Start wird sie in Spirit umbenannt.
  9. Saul Bellow wird 1915 geboren. Er erhält später den Nobelpreis für Literatur.
  10. Prinz Philipp von Griechenland und Dänemark kommt 1921 auf die Welt.

Mehr Fakten zum 10. Juni.

Bild: Michal RitterOwn work, CC BY-SA 3.0, Link

Meinung: Deal with it – die Krim ist russisch. Punkt. (Aber jetzt nicht mehr.)

Vorbemerkung: Dieser Beitrag ist vom 6. März 2014. Ich stimme meiner damaligen Meinung jetzt – September 2022 – noch in vielen Punkten zu. Allerdings möchte ich deutlich machen, dass nach dem begonnen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine die Krim nicht mehr russisch werden darf – Aggression in dieser Form darf nicht belohnt werden. 

Ich denke spätestens seit dem heutigen Tag -das Regionalparlament stimmte ziemlich eindeutig für einen Anschluss an Russland – muss jedem klar sein, dass die Krim ein Teil Russlands wird. Vielleicht mit einer Übergangszeit als unabhängiger Staat, der dann aber auch schon de facto russisch ist.

Zum einen vorab – historisch und faktisch gesehen gibt es für diese Entwicklung sogar einige sehr gute Argumente. Teil der Ukraine wurde die Krim erst unter dem Ukrainer Nikita Chruschtschow im Jahr 1954. Und mit der Deportierung der Krim Tataren wurden vorher schon durch Stalin ethnische Fakten geschaffen – so sind auch heute noch 60% der Bewohner der Krim Russen, 25% Ukrainer und 12% Krimtataren, die ab 1988 wieder zurückkommen durften. Schon vor dem nun beginnenden Konflikt hatte die Krim als autonome Republik einen Sonderstatus innerhalb der Ukraine.

Natürlich gibt es auch – auf den ersten Blick bessere – Gründe, die gegen die derzeitige Entwicklung sprechen, allen voran das Budapester Protokoll von 1994, in dem auch Russland verspricht, die territoriale Integrität der Ukraine zu wahren. Oder die Verträge über die Stationierung der Schwarzmeerflotte, in denen Moskau verspricht, sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einzumischen. Grundsätze des Völkerrechts sowieso.

Und wenn nun russisches Militär mehr oder weniger offen durch die Krim spaziert, der pro-russische Mob tobt und Putin sein Vorgehen mit dem vorgeschobenen Schutz der russischen Minderheit begründet, erinnert wirklich vieles an Hitler und das Protektorat Böhmen und Mähren.

Doch seien wir ehrlich – welche Möglichkeiten hätte der Westen überhaupt, eine russische Krim zu verhindern? Soll die NATO massiv weitere Streitkräfte in der Türkei, Polen, Litauen und der Ukraine selbst stationieren? Sollen die USA DEFCON 2 ausrufen? Bitte, das kann keiner wollen – jedenfalls nicht wegen der Krim, die faktisch schon russisch ist. Blieben Wirtschaftssanktionen, die Russland wirklich treffen. Die würden dann aber auch den Westen treffen – eine neue Rezession, mehr Arbeitslosigkeit, noch defizitärere Staatshaushalte und vielleicht dann auch ein Auseinanderbrechen des Euro.

Machen wir uns also nichts vor, das Spiel ist im wesentlichen vorbei, jetzt geht es darum, in der Verlängerung das bestmögliche herauszuholen. Das ist zwar durch die bislang konzeptlose Linie des Westens deutlich schwieriger geworden, aber noch kommt man aus der Nummer raus, ohne sein Gesicht zu sehr zu verlieren.

Denn jetzt sollte man jetzt alles richtig machen, denn die nächsten Konflikte in der Ukraine sind immanent. Der Westen könnte sich wie folgt positionieren:

  1. Schluss mit der Konfrontationsrhetorik. Ja, wir sehen, die Krim ist an sich russisch. Das erkennen wir auch an, auch wenn das derzeitige Vorgehen Russlands dort gegen Völkerrecht verstößt.
  2. Auf der Krim sollte es bald eine Volksabstimmung über den Verbleib in der Ukraine, einen eigenen Staat oder auch einen Anschluss an Russland geben. Dies unter internationaler Aufsicht und bitte ohne russische Truppen, die Präsenz zeigen.
  3. Wir sehen auch, dass ähnliche Konflikte in anderen Teilen der Ukraine drohen können, z.B. in den östlichen Landesteilen. Diese gilt es zu identifizieren und ein geeignetes Vorgehen abzustimmen – sonst sind wir bald wieder am gleichen Punkt.
  4. Der Schutz der tatarischen und der ukrainischen Minderheiten auf der Krim muss unmittelbar und langfristig sichergestellt werden.
  5. Russland muss die Ukraine im Gegensatz für den Bruch der Schwarzmeerflottenverträge und anderer Abkommen angemessen entschädigen und sie wirtschaftlich unterstützen. Insbesondere müssen die Gaslieferverträge eingehalten werden.
  6. Die Ukraine wird bei ihrer Neuausrichtung wirtschaftlich unterstützt, um einen Zusammenbruch des Staates und soziale Unruhen zu verhindern.
  7. Eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine in Form direkter Beeinflussung unterbleibt.
  8. Die Ukraine muss in Ruhe eine neue Verfassung finden und ihre Angelegenheiten auf demokratische Art und Weise regeln.
  9. Die dann entstandene neue Ukraine muss eigenständig über ihre Mitgliedschaft in internationalen Organisationen entscheiden können – und wenn es die NATO wird.
  10. So Russland, wir waren jetzt überraschend kooperativ. Wir haben was gut…

Update 13.3.2014

Ergänzen hätte ich noch sollen, dass sich Russland dann auch bei anderen Referenden an die Entscheidung der Bürger halten soll. Ich sage z.B. Tschetschenien…

Lesenswert zum Thema ist übrigens auch Egon Bahr in der BILD.

Update 1.3.2022

Natürlich muss man Konflikte – und das zeigt dieser Artikel – differenziert sehen. Wenn aber Putin gerade kriegerisch in dieser massiven Form gegen einen souveränen Staat vorgeht, stellt man sich zuerst geschlossen gegen den Aggressor, egal wie komplex die Situation ist.