Meinung: Das Windows 8 Desaster

Windows 8 nutze ich schon lange auf einem ganz „normalen“ Thinkpad Notepad. Mit der „Kacheloberfläche“ Modern UI (vormals Metro UI genannt) habe ich dabei nur wenig zu tun. Eigentlich nutze ich sie nur als erweitertes Startmenü. Denn hinter den Kacheln verbirgt sich ein gewohntes Windows, das gegenüber Windows 7 in vielen Punkten verbessert wurde.

Allein – die Kacheln verstellen für die meisten Nutzer den Blick auf den normalen Desktop und bestimmen die Diskussion rund um die aktuellste Windows Version. Dies hat wiederum enorme Auswirkungen auf Image, Akzeptanz und Absatzzahlen. Nicht wenige sprechen daher in Hinblick auf Windows 8 schon von einem Desaster.

Zwischenzeitlich hatte ich umfangreiche Gelegenheit, Erfahrungen mit Modern UI auf dem Microsoft Surface RT zu machen. Und auf einem Tablet kann die neue Benutzeroberfläche ihre Stärken voll ausspielen, persönlich halte ich Modern UI für das derzeit beste Touch Interface im Tablet Bereich. Gleichwohl sind auch die Verkäufe von Windows RT Tablets eher desaströs, was an der verwirrenden Positionierung des kleinen Windows liegt.

In meinem früheren Artikel „Was Microsoft bei Windows 9 anders machen wird“ habe ich deshalb bereits geschrieben, dass Microsoft wahrscheinlich aufgrund des öffentlichen Drucks das klassische Startmenü wieder einführen wird und weitere kleinere Änderungen an der UI für wünschenswert gehalten.

Inzwischen halte ich so kleine kosmetische Korrekturen für nicht mehr ausreichend. Vielmehr sollte Microsoft:

  • „Windows RT“ in „Surface OS“ umbenennen, um es gegenüber dem Desktop-Windows abzugrenzen.
  • Das klassische Startmenü bei Windows 8 wieder zulassen und dem Anwender über die Systemsteuerung die Entscheidung überlassen, ob er als primären Startscreen die Kacheln oder den Desktop mit Startmenü wünscht.
  • Die Ausführung von Modern UI Apps im Fenster erlauben.
  • „Winwows 8“ mit dem dem kleinen Zusatz „with Surface UI“ versehen, um auf die optionale Touch-Freundlichkeit hinzuweisen.
  • Mittelfristig „Windows Phone“ und „Surface OS“ zusammenlegen, um ein einheitliches OS für Smartphone und Tablets zu haben, wie es bei Apple (iOS) und Google (Android) schon der Fall ist. Der Vorteil wäre, dass die Apps des mobilen Betriebssystems dann auch auf anderen Systemen (Surface Pro und andere High End Tablets mit Windows 8, Ultrabooks, Notebooks, klassische Desktops, Desktops mit Touch, All in One Systeme) lauffähig wären.
  • Surface OS Apps sollten auf der XBox ausführbar sein.
  • Mittelfristig die Bedienung des klassischen Desktops auch für (optionale) Touch-Bedienung und andere Eingabemethoden (Kinect, Stift, Sprache) optimieren.

Damit würde Microsoft die für jedes Endgerät perfekte Windows Erfahrung bieten und das schon über 25 Jahre alte Betriebssystem erfolgreich in die Zukunft führen.

Was Microsoft beim Surface RT alles falsch macht

Dieser Artikel ist aus dem Jahr 2013. Inzwischen ist Windows RT Geschichte. Die Gründe, warum das so ist, sind aber im wesentlichen die, die hier aufgeführt sind. (Nachtrag Dezember 2015)

Von Microsofts Surface RT Tablet bin ich richtig begeistert und halte es für das nahezu perfekte Familientablet. Dennoch ist dem Herausforderer aus Redmond bisher kein großer Erfolg beschieden. Und daran ist in erster Linie Microsoft selbst schuld. Hier die 5 wichtigsten Gründe:

  1. Falscher Name – Es war eine große Fehlentscheidung, „Windows RT“ so zu nennen. Zum einen hat durch den Namen jeder die Erwartung, es würden damit auch normale Windows Programme laufen, was ja gerade nicht der Fall ist. Und Windows gilt darüber hinhaus bei vielen inzwischen einfach als uncool. Microsoft hätte Windows RT z.B. „Surface OS“ nennen können. Damit wären die falschen Erwartungen erst gar nicht geweckt worden und man hätte deutlich unbelasteter in den Markt starten können.
  2. Falsche Erwartungen – Als einer der großen Vorteile des Surface RT Tablets werden die Tastatur Cover dargestellt, die auch gleichzeitig als Schutzabdeckung für das Display fungieren. In Verbindung mit dem integrierten Standfuss lässt sich das Surface dann wie ein Notebook aufstellen. Das funktioniert recht gut auf einem Tisch, auf dem Schoss aber längst nicht so gut wie bei einem Notebook – die Konstruktion ist einfach zu instabil und die Enttäuschung vorprogrammiert. Gleichzeitig wird durch die Schwerpunktsetzung auf die Tastatur die Erwartung geschürt, dass das Surface RT ein voller Notebook-Ersatz wäre. Viele Tester und Nutzer haben deswegen genau die Erwartungshaltung, das Surface sei die perfekte eierlegende Windows-Netbook-Tablet-Hybrid Wollmilchsau. Das ist es aber gerade nicht und muss daher zwangsläufig jeden enttäuschen, der mit dieser Einstellung an das Surface herangeht. Das Surface ist ein Tablet. Punkt. Und daher habe ich es mir zunächst auch ohne ein Tastatur-Cover gekauft. Sieht man es als Tablet, wird es den Erwartungen mehr als gerecht.
  3. Innovationspotential nicht genutzt – Die Grundidee, Funktionalität in das Cover zu verlagern ist sehr gut. Leider wurde es hier bislang nur für die Tastatur genutzt. Dabei wären so viele andere Anwendungen für die Cover denkbar:
    – als zusätzlicher Akku
    – 4G Modul Funktionalität Nachrüstung
    – zusätzliches E-Ink Display im Cover (Reader, Anzeige von Status-Updates)
    – das Cover als reine Touchoberfläche, um den Bildschirm nicht zu verschmieren
    – mehr Speicher integriert
    – Cover als Lautsprecher
    – …Kombinationen daraus
    Ein solch offenes Cover-Konzept wäre übrigens auch ein Fest für die asiatischen Zubehörhersteller und den Handel.
  4. Es geht um die Apps, Dummkopf – wie auch schon bei Windows Phone hat Microsoft den Fehler gemacht, die Bedeutung von Apps für ein Ökosystem zu unterschätzen. So gibt es nach wie vor keine offizielle Facebook-App. Spotify? Fehlanzeige. Hootsuite? Nichts zu sehen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Dass aber sehr gute Apps auf Windows RT möglich sind zeigt twitter mit einem wirklich eleganten und gut auf ModernUI abgestimmten Client – und der ist erst seit dem 14. März 2013 erhältlich. Weiter bleibt zu hoffen, dass Windows Phone und Windows RT hinsichtlich der Apps und des App Stores zusammenwachsen.
  5. Vertriebskanäle – wer ein Surface RT kaufen wollte, konnte das bis in den Februar 2013 nur online über Microsoft Store. Gut, bei Amazon taucht es bei einigen Händlern auf, meist aber völlig überteuert. Erst seit kurzem ist das Surface bei einigen Vertriebspartnern wie Saturn auch im Einzelhandel zu finden. Viel zu spät und noch bei viel zu wenig Partnern. Aber gerade ein Tablet erlebt man übers Anfassen. Microsoft sollte das Surface RT möglichst breit in den Einzelhandel bringen und auch selbst zum Listenpreis über Amazon anbieten.

Noch ist der Zug nicht abgefahren, aber die Uhr tickt.

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Die zweigeteilte Windows Phone Welt

Am 29. Oktober 2012 ist es soweit – Microsoft wird Windows Phone 8 offiziell vorstellen. Und es wird nicht mehr lange dauern, bis die ersten WP8 Smartphones im Handel sein werden.

Mit dem Nokia Lumia 920, dem Samsung ATIV S und dem Windows Phone 8x by HTC werden drei Smartphones auf den Markt kommen, die es mit der derzeitigen Referenzklasse – iPhone 5 und Samsung Galaxy S3 – durchaus aufnehmen können. Dazu kommt mit dem Lumia 820 ein Smartphone der oberen und mit dem HTC 8s ein Modell der unteren Mittelklasse. Insbesondere aber das Lumia 920 hat mit seinem herausragenden Display und der derzeit wohl besten Kamera das Zeug, Windows Phone noch mehr Schub zu geben.

Ein weiterer Joker im Ärmel Microsofts ist Nokia Maps, das Apple Maps deutlich überlegen ist und in Teilbereichen auch Google Maps überlegen ist. Zusammen mit der engen Verzahnung von Windows Phone mit den anderen MS Plattformen (Windows, XBox) und der einheitlichen Modern UI (vormals Metro) könnte es diesmal der große Wurf werden.

Nutzer älterer Windows Phone Hardware werden übrigens nicht auf WP8 upgraden können. Wer also ein Lumia 800 nutzt oder wie ich ein HTC Radar wird diesbezüglich in die Röhre schauen. Immerhin – Microsoft verspricht ein Update auf Windows Phone 7.8, das dann einige der Features der neuen OS-Version mitbringen soll, so z.B. den neuen flexibleren Startscreen.

Für Windows Phone 7.x geschriebene Apps werden wohl (fast) alle auch auf Windows Phone 8 laufen. Umgekehrt ist keine Kompatibilität gegeben – speziell für WP8 programmierte Anwendungen werden auf 7.8 nicht laufen. Microsoft kann die neue Plattform so aber gleich mit über 100.000 Apps in den Wettbewerb schicken.

Und wie es derzeit aussieht, ist WP 7.8 durchaus kein Auslaufmodell. So bekommt man das  Lumia 800 bei Amazon aktuell für rund 280 Euro, das größere 900er für 325 Euro – kein schlechter Deal. Besonders günstig ist das HTC Radar, das es ab rund 220 Euro gibt. In Finnland ist das Lumia 800 inzwischen schon ausverkauft. Somit gibt es jedenfalls eine entsprechend große Installationsbasis, die für App Entwickler durchaus interessant ist.

Zudem werden aber auch in Zukunft neue Geräte mit Windows Phone 7.8 auf den Markt kommen, und das nicht nur in China und den Emerging Markets, sondern auch in den USA und hierzulande. Aufgrund der geringeren Hardware-Anforderungen können diese deutlich günstiger angeboten werden und können den Low-Cost Androiden Konkurrenz machen.

Viele einfache Apps, die jetzt nicht gerade auf spezielle WP 8 Features angewiesen sind, werden daher in absehbarer Zeit auch weiterhin auf WP 7.8 laufen.

Freilich, das Windows Phone Ökosystem ist was Apps angeht damit zweigeteilt. Das ist aber nichts gegen das Durcheinander in der Android Welt. Und auch bei Apple läuft iOS 6 nicht auf allen Geräten und nicht jede App auf jeder iOS Version.

Microsoft sorgt so aber dafür, dass zum einen Nutzer bestehender WP7 Smartphones noch einige Zeit mit aktuellen Apps versorgt werden und generell die Windows Phone Basis breiter wird und sich nicht nur auf High-End und Mitteklasse Gadgets stützen muss.

Das allerdings sollte noch sauberer kommuniziert werden.