Gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz – jetzt Ihren Bundestagsabgeordneten ansprechen

Warum das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ein Fehler ist

Am 18. Mai berät der Deutsche Bundestag in erster Lesung über das Netzdurchsetzungsgesetz (NetzDG).

Wesentliches Ziel des derzeitigen Entwurfs ist, dass soziale Netzwerke wie facebook oder twitter rechtswidrige Inhalte schnell löschen müssen: anscheinend offensichtliches innerhalb von 24 Stunden, schwierigere Fälle innerhalb von sieben Tagen, wobei hier dann auch der Verfasser oder Dritte gehört werden können. Grundsätzlich gilt also: erst löschen und dann genau prüfen. Werden unter das Gesetz fallende Beiträge nicht gelöscht, drohen den Betreibern der Plattformen hohe Bußgelder.

Weiter müssen die Betreiber den Behörden Ansprechpartner zur Verfügung stellen.

Warum das NetzDG problematisch ist

Es gibt inzwischen eine breite Front gegen den derzeitigen Entwurf, Links dazu sind unten im Artikel. Die meiner Meinung nach wichtigsten Argumente:

  • das Gesetz macht private Unternehmen zu Zensoren und Herrschern über die Meinungsfreiheit – eine Aufgabe, die eigentlich Richtern vorbehalten sein sollte. Und wer weiß, wie willkürlich facebook schon jetzt löscht (in beide Richtungen) wird jetzt nicht unbedingt beruhigter sein.
  • grundsätzlich wird eine Zensurinfrastruktur geschaffen, z.B. auch durch automatisierte Filter. Diese kann in Zukunft auch weitergehend genutzt werden. Wehret den Anfängen!
  • ist ein Beitrag erst gelöscht, gibt es keinen Anspruch auf Wiederherstellung, sollte dies zu Unrecht geschehen sein. Der Verfasser muss dann wohl selbst den Weg vor die ordentliche Gerichtsbarkeit gehen – mit ungewissem Ausgang.
  • letztlich ist das Gesetz überflüssig – denn bestehende Normen sind ausreichend. Sie werden nur nicht konsequent genug angewandt.
  • zudem dürfte der Bund hier gar keine Gesetzgebungskompetenz haben – allein schon deswegen dürfte das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verfassungswidrig sein.

Es geht also nicht darum, den Kampf gegen rechtswidrige Inhalte zu verhindern, sondern es soll verhindert werden, dass private Unternehmen zu Hütern über die Meinungsfreiheit werden, ohne dass diese einer effektiven Kontrolle unterliegen.

Was kann man gegen das Netzdurchsetzungsgesetz tun?

Wenn Sie auch nicht wollen, dass die Kontrolle über die Meinungsfreiheit nicht privaten Unternehmen überlassen wird, sollten Sie aktiv werden.

Am besten schreiben Sie Ihren Abgeordneten an, z.B. per E-Mail, Kontaktformular oder auf facebook:

Sehr geehrtes Mitglied des deutschen Bundestages,

für den 18. Mai 2018 ist die erste  Lesung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) angesetzt. Damit werden die privaten Betreiber sozialer Netze zu Hütern über die Meinungsfreiheit – eine Rolle, die an sich Richter innehaben sollten. Auch zahlreiche Verbände und Netzaktivisten haben sich gegen das Gesetz in dieser Form ausgesprochen.

Ich bitte Sie daher, dem Entwurf in dieser Form nicht zuzustimmen.

Mit freundlichen Grüßen…

Bei twitter können Sie z.B. einfach schreiben:

Bitte stimmen Sie dem #NetzDG nicht zu – keine Zensur durch private Unternehmen.

Weiter unten finden Sie Wege, wie Sie den Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises erreichen können.

Daneben sollten Sie dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen sich der Problematik, die das NetzDG mit sich bringt, bewusst werden – und möglichst viele Wähler Ihre Abgeordneten anschreiben.

Teilen Sie daher diesen Beitrag oder andere Artikel rund ums NetzDG – Links sind weiter unten.

Hier können Sie auch direkt auf den wichtigsten sozialen Netzen teilen:

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Wie Sie Ihren Abgeordneten erreichen können

Abgeordnetensuche allgemein

Abgeordnete aus der Region Köln/Bonn/Rhein-Sieg

Die meisten Leser dieses Blogs kommen aus Bonn, Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis. Daher habe ich die Kontaktmöglichkeiten dieser Abgeordneten hier direkt zusammengefasst.

Weitere Links zum NetzDG

Ein lesenswerter Link zum Thema fehlt? Einfach hier senden oder als Kommentar hinterlassen!

Meinungsfreiheit – oder: warum ich #KeinGeldFuerRechts nicht gut finde

meinungsfreiheit-boykottaufrufe

Demokratie lebt vom Austausch von Meinungen, von der Diskussion, manchmal auch vom Streit. Und Demokratie lebt von der Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.

Das sind für mich keine hohlen Worte. Ich lebe das auch. In meinen Timelines tauchen rechte, linke, liberale Meldungen auf. Damit ich mir mir ein umfassendes Bild machen kann. Es ist für mich auch kein Grund, jemanden zu entfrienden, wenn er eine Meinung vertritt, die mir nicht passt – jedenfalls, solange diese nicht gegen geltendes Recht verstößt.

Und genau deswegen stört mich die von Gerald Hensel, der bei Scholz&Friends arbeitet, ins Leben gerufene Aktion #KeinGeldFuerRechts so. Für die, die sie nicht kennen: Er ruft dazu auf, dass Firmen nicht auf Medien wie z.B. „Achse des Guten“ werben sollten. Sie sollten solche Seiten z.B. bei Google Adsense auf ihre Blacklists setzen. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wäre es eine Seite die strafbare rechte Hetze verbreitet. Ist es aber nicht. Wie Hensel selber zugibt:

Zweifellos sind Seiten wie Breitbart News und die Achse des Guten, PI-News oder Compact legale Medien.

Dennoch solle man darauf keine Werbung schalten. Um diese auszutrocknen. Und das halte ich für grundfalsch. Weil wir Meinungsfreiheit und verschiedene Meinungen brauchen.

Übrigens, genau so falsch fände ich eine #KeinGeldFuerLinks Aktion.

Nachtrag 1

Scholz & Friends ist mehr oder weniger freiwillig in die Diskussion rund um #KeinGeldFuerRechts hineingezogen worden, da Hensel sich darauf beruft, dass sein Arbeitgeber ihn unterstütze. So prasseln bei der facebook Seite der Agentur gerade 1 Sterne Bewertungen ein, die von 5 Sterne Bewertungen gekontert werden. Man mag sehr darüber streiten, ob dies legitim ist oder nicht. Allerdings: Hensel hat Unternehmen und politische Diskussion in einen Zusammenhang gebracht. Insbesondere hat er sich auch auf die Rückendeckung seines Arbeitgebers berufen, der sich auch in diesem Sinne geäußert hat. Insoweit halte ich es zumindest für legitim, auch an dieser Stelle für Meinungsfreiheit einzustehen.

Nachtrag 2

Hensel schreibt in einem Beitrag bei Medium, er habe nie dazu aufgerufen, bei gemäßigt konservativen Medien keine Werbung zu schalten. Das liest sich hier anders:

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Nachtrag 3

Wie man dem Stern entnehmen kann, verlässt Gerald Hensel Scholz & Friends, obwohl sein Arbeitgeber voll hinter him steht. Ich bin mir sicher, wir werden noch viel von ihm hören.

Ich halte seine Kampagne für falsch, jedenfalls in der Form, in der er sie durchgezogen hat. Nicht nur, dass er bei der Auswahl der Blogs weit übers Ziel hinausschoss und hier auch nicht einheitlich argumentierte (s.o.). Er hat auf erste Kritik auch selbst in recht drastischer Sprache geantwortet und ist so nicht ganz unschuldig daran, dass die Diskussion so entglitten ist.

Meinung: Terror in Paris, Flüchtlinge und sieben Gedanken dazu

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Ist es nicht zynisch, wenige Stunden nach den Anschlägen von Paris „Flüchtlinge“ und „Terror“ in einer Überschrift zusammenzubringen?

Nein, ein sachlicher Debattenbeitrag dazu ist notwendig, denn die reflexhaften Reaktionen von beiden extremen Polen sind schon da. Einerseits „Macht die Grenzen dicht“ und andererseits „Refugees welcome – jetzt erst recht“. Dazwischen gibt es anscheinend – nichts. Und Begrenzungen auf 140 Zeichen begünstigen Vereinfachungen und Missverständnisse.

Wie immer liegt die Wahrheit aber in der Mitte. 7 Gedanken zum Thema:

  1. Die meisten Flüchtlinge fliehen gerade vor dem islamistischen Terror
    …dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Und wahrscheinlich 97%+x der islamischen Flüchtlinge lehnen einen radikalen Islam in den Ausprägungen von Wahabismus und Salafismus ab.
  2. Kontrolle der Flüchtenden ist aber notwendig
    Matthias Matussek erhielt viel Gegenwind für einen Post, in dem er schrieb, dass ihm schlecht bei dem Gedanken wird, „dass wir rund 250 000 unregistrierte Personen im Lande haben“. Damit richtet er sich aber nicht gegen Flüchtlinge an sich, sondern weist nur auf ein tatsächliches Problem hin. Allein schon, um die Verteilung zu planen und um (möglichst) auszuschließen, dass z.B. ehemalige Syrien-Kämpfer unerkannt nach Deutschland kommen, wären Kontrollen und Registrierungen an den Grenzen notwendig. Wer jetzt sagt, das sei nicht machbar: An einem mittelgroßen Flughafen wie Köln/Bonn werden am Tag rund 12.500 abfliegende Menschen überprüft, in Frankfurt über 80.000.
    Solche Kontrollen richten sich nicht gegen die Flüchtlinge, sondern gegen das, wovor sie fliehen (siehe 1.).
    Und wie wichtig solche Kontrollen anscheinend sind, zeigt wohl die Festnahme eines Mannes mit einem Wagen voller Waffen in Bayern – möglicherweise ein Komplize der Attentäter von Paris.
  3. Gewalt ist nie eine Lösung
    Die Anschläge können nie eine Rechtfertigung dafür sein, dass es zu Übergriffen gegen Flüchtlingsunterkünfte und Menschen kommt. Punkt. Keine Diskussion.
  4. Das Problem des islamische Antisemitismus
    Islamischer Antisemitismus in Deutschland ist ein Problem, das war auch schon 2013 so (bitte lesen). Und ich befürchte, wir werden mit diesem Phänomen in Zukunft stärker konfrontiert werden. Wer das nicht glaubt, schaue nach Frankreich, wo inzwischen viele Juden auswandern, da sie sich nicht mehr sicher fühlen. Gerade wir in Deutschland sind hier aber in einer besonderen Verantwortung, Antisemitismus keinen Raum zu geben und ungehindertes jüdisches Leben zu ermöglichen. Was dieser Punkt hier zu suchen hat? Erinnern Sie sich an die Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Frankreich.
  5. Schnell integrieren
    Fakt ist: viele derer, die jetzt zu uns kommen, werden bleiben. Und diese Gruppe müssen wir schnell identifizieren und integrieren: Deutsch Unterricht, schnelle Integration in den Arbeitsmarkt, Vermittlung unserer Werte, offene Aufnahme vor Ort. Nur so kann verhindert werden, dass es zu islamischen Parallelgesellschaften wie in den französischen Banlieues kommt, die Brutstätten für Radikalismus und damit eben auch Terror wie nun in Paris sind.
  6. Werte verteidigen
    Es gibt in Deutschland viele Werte und Errungenschaften, auf die wir stolz sein können: Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit. Für diese Werte sollten wir selbstbewusst eintreten. Egal, ob Bedrohungen für diese Werte aus dem braunen Sumpf oder von radikal Religiösen kommen.
  7. Mehr Yoda wagen
    Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unermesslichem Leid.
    Sorgen wir dafür, dass auf allen Seiten weniger Furcht ist.

Ich könnte jetzt noch viel mehr schreiben, wie z.B. hier.

Außerdem empfehle ich die Lektüre meines Artikels „Der Islam und Deutschland„.

Mit dem Bild zum Artikel will ich verdeutlichen, dass eben nicht alles schwarz/weiß ist.

Die Diskussion um die Erdogan Karikaturen – wehret den Anfängen

In einem deutschen Schulbuch wird eine Karikatur abgedruckt, bei der – im übrigen nur als kleines Detail am Rande – ein Hund namens Erdogan zu sehen ist.

Prompt bestellt die türkische Regierung den deutschen Botschafter an. Diese Reaktion ist angesichts der Entwicklungen in der Türkei, die sich Schritt für Schritt aus dem Kreis der demokratischen Rechtsstaaten entfernt, nicht verwunderlich.

Verwunderlich und alarmierend ist aber, dass es auch in Deutschland Stimmen gibt, das Schulbuch sollte zurückgezogen werden.

Freilich, die Begründungen dafür bleiben schwach oder sind anscheinend einem „verletzten“ falsch verstandenen Stolz aufgrund der Herkunft geschuldet, wie es bei der CDU Politikerin Cemile Giousouf der Fall sein mag. Man mag sich fragen, ob die gleichen Kritiker ihre Stimme gegen eine Karikatur erhoben hätten, in der es um George Bush gegangen wäre.

Es liegt gerade im Sinn einer Karikatur zu karikieren und es ist wichtig, dass wir gerade Schülern vermitteln, dass man auch karikierend kritisierende Meinungen und Aussagen akzeptieren muss – auch wenn man selbst anderer Ansicht ist. Es wäre nicht unter diesem Aspekt ein gefährliches Signal, wenn wir die Freiheit der Kunst aus falsch verstandener Rücksichtnahme ohne Not einschränken. Auch klar ist, dass somit viele neue Diskussionen rund um Kunst, Meinungsfreiheit und unsere Kultur an sich eröffnet würden.

Es bleibt also zu hoffen, dass die Baden-Württembergischen Behörden der von Ministerpräsident Kretschmann vorgegeben Linie treu bleiben und das Buch nicht zurückziehen.

Nachtrag:

Ich habe CDU Generalsekretär Peter Tauber per twitter angefragt, ob er bereits ein Gespräch mit der oben genannten Cemile Giousouf und ihrem Kollegen Oliver Wittke wegen Ihrer Aussagen geführt habe. Er hat dies in einem tweet bestätigt, sich aber inhaltlich nicht weiter dazu geäußert. Ich habe die beiden CDU Abgeordneten nun angeschrieben, ob sie ihre Position korrigieren werden. Sobald eine Antwort erfolgt, werde ich diese veröffentlichen.

Und was sagen eigentlich die anderen Mitglieder des Deutschen Bundestags – ich habe einfach mal alle angeschrieben, die Antworten sind hier.

Bild: „Man with Mouth Zipped Shut“

10 Fakten zum Tag der Pressefreiheit

  1. Der von der UNO eingeführte Internationale Tag der Pressefreiheit (World Press Freedom Day) wird seit 1994 jeweils am 03. Mai begangen.
  2. Der 03. Mai wurde aufgrund der 1991 an diesem Tag bei einer UNESCO Konferenz verabschiedeten „Deklaration von Windhoek“ gewählt. In der Erklärung wird „die Schaffung einer unabhängigen, pluralistischen und freien Presse“ als „Eckstein für Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung“ bezeichnet und gefordert.
  3. Seit 1997 wird an diesem Tag der UNESCO/Guillermo Cano World Press Freedom Prize verliehen. Dies erfolgt im Gedenken an den am 17. Dezember 1986 vor seiner Zeitung „El Espectador“ in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá ermordeten Journalisten Guillermo Cano Isaza.
  4. In Deutschland findet 2021 erstmals die Woche der Meinungsfreiheit statt.
  5. Pressefreiheit bezeichnet das Recht der Medien auf freie Ausübung ihrer Tätigkeit, insbesondere das unzensierte Veröffentlichen von Informationen und Meinungen.
  6. In Deutschland schützt Artikel 5 Abs.  I die Pressefreiheit: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
  7. Reporter ohne Grenzen erstellt jedes Jahr eine Rangliste der Pressefreiheit nach Ländern (Press Freedom Index). Auf den ersten drei Plätzen liegen 2021 Norwegen, Finnland und Schweden. Die Schweiz liegt auf Platz 10 (Vorjahr 8), Deutschland hat sich auf Platz 13 verschlechtert (Vorjahr 11) und Österreich ist auf Platz 17 (Vorjahr 18). Weitere interessante Positionen: Großbritannien auf Platz 33 (vorher 35), USA auf Platz 44 (45), Ungarn auf 92 (89) und Schlusslichter sind wie Nordkorea und Eritrea (179 bzw. 180).
  8. 2021 wurden bislang 10 Journalisten und andere Medienschaffende getötet. 315 Journalisten und Medienschaffende und mindestens 100 Blogger, Bürgerjournalisten und Online-Aktivisten sind in Haft. Und  2018 z.B. wurden weltweit insgesamt 80 Journalisten in Ausübung/aufgrund ihrer Tätigkeit getötet. 348 inhaftiert und drei wurden vermisst.
  9. Im Jahr 2008 waren erstmals Online-Journalisten und Blogger am stärksten von staatlichen Repressionsmaßnahmen betroffen.
  10. Ob Blogs nach deutschem Recht unter die Pressefreiheit fallen ist umstritten und dürfte letztlich auch vom jeweiligen Blog abhängen.

Dieser Beitrag wurde am 3. Mai 2021 aktualisiert.