Meinung: Warum Kamala Harris für den Ausgang der US-Wahl ziemlich egal ist – und Biden am Ende sogar eher schaden dürfte

Ich war mir lange Zeit sehr sicher, dass Donald Trump auch die US-Präsidentschaftswahl 2020 gewinnen würde. Sein ungeschickter Umgang mit der COVID-19 Pandemie und sein blinder Aktionismus, mit dem er von diesem Versagen abzulenken versucht, lassen mich inzwischen daran zweifeln.

Wenn Trump verliert ist er dafür aber selbst verantwortlich und nicht Joe Biden, der die breite Masse der US-Wähler bisher nicht begeistern konnte.

Mit der Nominierung von Kamala Harris als Running Mate wollte er dies ändern. Und es mag sogar sein, dass ihm seine VP Kandidatin, demokratische Senatorin aus Kalifornien, in Umfragen einen kurzen Aufschwung geben wird. Dies ist aber nur den Eigenheiten der Umfragen geschuldet.

Letztlich aber wird Harris am Wahlausgang nichts ändern. Sicher, auf der einen Seite wird sie eher linke Demokraten, denen Biden zu gemäßigt ist, an die Wahlurnen treiben. Auf der anderen Seite ist sie mit vielen Positionen gemäßigten potentiellen Wählern der Demokraten zu links.

Unterm Strich wird sich damit am Popular Vote also nicht viel ändern. Linke Wähler dazu, gemäßigte Wähler weg. Also ein Nullsummenspiel. Nicht ganz.

Denn die linken Wähler werden Biden/Harris in den Staaten gewinnen, die ihnen eh schon ziemlich sicher sind, z.B. Kalifornien oder New York. Die gemäßigten Wähler werden sie in der weißen Unter- und Mittelschicht verlieren, die aber gerade in vielen der entscheidenden Swing-States besonders stark vertreten ist.

Sollte Trump also die schlimmsten Auswirkungen der COVID-19 Pandemie für diese Wählerschicht noch bis zum Wahltag abfedern können, sind seine Chancen noch einige Swing States mehr zu holen und damit die Wahl zu gewinnen, gar nicht so schlecht. Gelingt ihm das nicht, ist die Wahl verloren.

Biden dürfte im Grunde übrigens klar sein, dass er im Rust Belt Stimmen holen muss, sonst hätte er bei seinem Nominierungs-tweet nicht den „little guy“ betont*. Harris ist dafür eher die falsche.

Daran, dass es keine Wahl für Biden sondern nur eine Wahl für oder gegen Trump ist, hat sich nichts geändert.

*An dieser Stelle könnte ich noch viel über Gendern und den Einfluss lautstarker linker Gruppen auf die US-Demokraten schreiben können, aber das hebe ich mir für später auf.

Meinung: Ricarda Lang und das seltsame Verhalten von Politikern in sozialen Netzen

Inzwischen ist sie Bekannt: Ricarda Lang.

Sie wurde am 17. Januar 1994 in Filderstadt geboren und ist Stand 2022 neben Omid Nouripur Vorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen. Vorher war sie stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Partei, vorher war sie zwei Jahre Sprecherin der Grünen Jugend, der Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen. Ihre Themenschwerpunkte sind Bildungs- und Hochschulpolitik sowie Feminismus und Body Positivity. Mehr über sie kann man hier nachlesen.

Und besonders in ihrer alten Funktionen hat sie sich das ein oder andere mal kritisch zu McDonalds geäußert.

Um so heftiger die Reaktionen in sozialen Netzen, als ein Bild von ihr auftauchte, das sie im Zug mit einer Tüte des amerikanischen Fast Food Konzerns zeigt. Argonerd hat dies anschaulich in Zusammenhang gebracht.  Lang hat übrigens die Echtheit des Fotos durch einen Verteidigungsthread selbst belegt.

Grundsätzlich stimme ich dem Standpunkt zu, dass Privates bei Politikern privat bleiben sollte. Auf der anderen Seite sollte es natürlich keinen zu großen Widerspruch zu gefordertem und eigenem Verhalten geben. Will sagen: wer qua Amt gegen McDonalds und Fast Food argumentiert, sollte dort auch nicht kaufen. Und sich erst recht nicht mit einer ebensolchen Tüte in der Öffentlichkeit zeigen und dann ablichten lassen.

Wer Wasser predigt, darf eben keinen Wein trinken.

Der Beitrag wurde am 20. Mai 2022 aktualisiert.

Meinung: Gekommen, um zu bleiben. Leben mit COVID-19.

COVID-19 hat das Jahr 2020 bis jetzt geprägt. Und das Virus ist gekommen, um zu bleiben. Ob und wann es einen Impfstoff geben wird und wie wie dieser dann wirkt steht in den Sternen. Wir werden die nächsten Jahre jedenfalls, übrigens unabhängig davon, immer wieder mit lokalen Ausbrüchen zu tun haben. Sei es in Fleischverarbeitungsbetrieben, in Schulen oder nach Großveranstaltungen.

Die Frage ist, wie wir damit umgehen wollen. Ignorieren wir die Gefahr und nehmen Corona hin wie die Grippe? Oder bewegen wir uns in Richtung einer 0-Risiko-Gesellschaft und schränken das öffentliche Leben weiter stark ein?

Einen diesbezüglichen Konsens hierüber wird es nur schwer geben können. Denn auf der einen Seite sind die Verschwörungstheoretiker, die das Virus für einen Vorwand zur Einführung einer Diktatur halten, auf der anderen Seite die Hysteriker, die schon nach der Polizei rufen, wenn sie nur einen einsamen Maskenverweigerer in der Ferne sehen.

Die Herausforderung für die Politik – aber auch für die gesamte Gesellschaft – ist es jetzt, Maßnahmen zu ergreifen, die Infektionsschutz und Alltagsleben in einen Einklang bringen, der von der Breite der Gesellschaft getragen wird.

Meinung: Was das Wahlrecht mit 16 und das Jugendstrafrecht miteinander zu tun haben – oder eben auch nicht und noch was zur demokratischen Teilhabe von Jugendlichen

Die Wahlalter Diskussion

Immer wieder wird über die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 bei Bundestagswahlen diskutiert, so auch aktuell wieder.

Hierzu schrieb ich auf twitter:

Wer für das Wahlrecht mit 16 ist, sollte konsequenterweise auch das Jugendstrafrecht verschärfen.

Neben einigem Zuspruch gab es auch Kritik, am gewichtigsten die von Henning Ernst Müller, der Professor für Strafrecht, Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug an der Universität Regensburg ist:

Ihr Argument ist unrichtig. Richtiger: Wer für Strafbarkeit mit 14 ist, sollte konsequenterweise auch das Wahlrecht auf 14 senken. Uuups.

So sehr ich Müllers Kritik an meinen tweets meist schätze, so sehr möchte ich ihm hier widersprechen.

Das Jugendstrafrecht, ein schneller Blick

Werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf das Jugendstrafrecht. Grundsätzlich ist, wer noch nicht das 14. Lebensjahr erreicht hat, nicht strafmündig. Ob diese Grenze so sinnvoll ist, mag man diskutieren, ich würde eine flexiblere Regelung bevorzugen.

Nach Eintritt der Strafmündigkeit gelten die Regelungen des Jugendstrafrechts; generell für alle 14- bis 17-jährigen und sogar auf Heranwachsende (18- bis 20-Jährige) sind einige zentrale Normen des Jugendstrafrechts anzuwenden (§§ 105 ff. JGG).

Wesentlich dabei ist der Gedanke des § 3 JGG, dessen erster Satz lautet:

Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass die geistige Entwicklung 16-jähriger Jugendlicher grundsätzlich noch nicht abgeschlossen ist. Die volle Härte des Strafrechts soll sie richtigerweise also regelmäßig noch nicht treffen.

Und was haben jetzt Wahlalter und Strafrecht miteinander zu tun?

Ähnlich wie das Strafrecht Jugendliche altersgemäß begleitet, ist es bei der demokratischen Teilhabe ohnehin schon:

Sie beginnt schon früh mit der Schülermitverwaltung an Schulen, geht weiter über das aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen ab 16 in vielen Bundesländern oder gar bei Landtagswahlen, z.B. in Schleswig-Holstein, und gipfelt dann beim Wahlrecht für die Bundestagswahlen ab 18.

Auf der einen Seite anzuerkennen, dass 16-jährige Jugendlichen die Einsichtsfähigkeit fehlt, Recht und Unrecht auseinanderzuhalten, ihnen aber andererseits pauschal die Einsichtsfähigkeit zu unterstellen, die Tragweite ihrer Entscheidung bei der Wahl zum Bundestag zu erkennen, passt nicht zusammen.

Wer das Wahlrecht auf Bundesebene ab 16 unterstützt, müsste dann konsequenterweise auch eine Verschärfung des Jugendstrafrechts unterstützen.

Und da letzteres nicht sachgerecht wäre, ist es auch das Wahlrecht ab 16 nicht.

Nachtrag: Zum Schluss noch ein Gedanke zur demokratischen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen

Prof. Müller hat sich inzwischen zu diesem Text geäußert:

Meinen entscheidenden Gedanken haben Sie aber nicht beachtet: Er ist demokratietheoretisch. Wie kann ein Jugendlicher strafbar sein, wenn er gg Vorschriften verstößt, an deren Mitgestaltung er grds. nicht teilhaben kann?

Auf diesen Aspekt bin ich tatsächlich zunächst nicht eingegangen, denn hier könnte man nun diskutieren, ob es bei Kindern und Jugendlichen überhaupt angebracht ist, dass sie bei der Gestaltung dieser Regelungen mitwirken können.

Letztlich kommt es darauf aber nicht an: Denn sie haben viele Möglichkeiten, sich unabhängig vom aktiven Wahlrecht auf Bundesebene politisch einzubringen. Denn niemand verbietet Jugendlichen

  • sich politisch zu äußern und so Impact zu erzeugen – dank Social Media ist dies so einfach wie noch nie;
  • zu demonstrieren – und dass dies ziemlich viel Aufmerksamkeit erzeugen und bewegen kann, zeigt Greta Thunbergs Schulstreik und die daraus entstandene Fridays for Future Bewegung;
  • sich in der Jugendorganisation der Parteien zu engagieren; in der Regel ab 14.
  • „seinen“ Wahlkreisabgeordneten anzusprechen.
  • in anderen Verbänden aktiv zu werden, die Lobbyarbeit tätigen (Greenpeace).
  • Petitionen zu erstellen.
  • mit seinen Eltern über deren Wahlentscheidung zu diskutieren.

All dies ermöglicht ein Hineinwachsen in politische Prozesse, so dass die Reduzierung der Diskussion auf das Wahlrecht zu kurz greift.

 

 

Meinung: Masken tragen ist nicht alles

Auf twitter wurde gefragt:

Ich werde übrigens weiter Maske im Supermarkt oder Geschäften tragen. Ich empfinde das als Teil meiner Verantwortung. Unabhängig davon, was Verordnungen meinen. Und Ihr?

Ich habe darauf – einmal als Antwort und einmal als kommentierten Retweet – einfach

Nein.

geantwortet. Auf dieses Nein gab es einiges an Kritik. Zum Beispiel, dass ich unsolidarisch sei. Daher möchte ich kurz meine Meinung zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes und anderen Maßnahmen gegen Corona erläutern.

Masken nur, wenn es angezeigt ist

An die derzeit noch in NRW geltende Maskenpflicht halte ich mich natürlich. Und ich würde auch eine Maske tragen, wenn es keine Maskenpflicht, aber hohe Fallzahlen in der Bevölkerung gäbe, was ja aber derzeit nicht der Fall ist. Würde ich einen Ort mit vielen Risikopatienten besuchen wie z.B. ein Altenheim, natürlich ebenfalls, dies auch unabhängig von einer Verpflichtung.

Wäre ich selber infiziert oder hätte den Verdacht, es zu sein, würde ich mich nur an Orte bewegen, die medizinisch notwendig sind, also z.B. Arzt, Krankenhaus oder Apotheke und dort auch Maske tragen. Soweit dazu.

Bei den derzeit äußerst geringen Fallzahlen halte ich aber das Tragen einer Maske für nicht angezeigt. Die Nachteile überwiegen für mich deutlich:

  • Masken sind Brutstätten für Bakterien.
  • Selbst kann man deutlich schlechter atmen.
  • Kommunikation ist auf mehreren Ebenen deutlich eingeschränkt.
  • Menschen wiegen sich in falscher Sicherheit – auch Dritte kommen einem zu nahe, wenn man Maske trägt.

Und dabei achte ich zumindest darauf, die Maske richtig zu tragen – anders als viele andere, die die Nase frei lassen bzw. zu lockere oder wochenlang ungewaschene Masken tragen.

Besser andere Maßnahmen ergreifen

Im derzeitigen Stadium der Pandemie halte ich andere Maßnahmen für besser:

  • Grundsätzlich nicht erforderlichen Aufenthalt im öffentlichen Raum vermeiden.
  • Abstand halten
  • Räume gut durchlüften, in denen man sich aufhält
  • Regelmäßig Händewaschen

Daneben ist es für mich selbstverständlich, die Corona-Warn-App zu installieren (Google, iOS) oder spende auch meine Fitness Tracker Daten an das RKI (Google; mehr Infos dazu hier).

Welche Maßnahmen ich gegen eine Pandemie wie COVID-19 sonst noch für sinnvoll halte, habe ich hier zusammengefasst.

Dass ich mich gegen das grundsätzliche Tragen von Masken entscheide, hat also nichts mit Ignoranz zu tun, sondern ist Folge einer wohlüberlegten persönlichen Risikoabwägung.

Meinung: Was grundsätzlich zur Vorbeugung von Pandemien getan werden sollte – oder: was wir aus der COVID-19 Zeit mitnehmen sollte

Welche Maßnahmen sollten grundsätzlich beibehalten und getroffen werden, um Epidemien und Pandemien möglichst zu vermeiden, sie früh zu erkennen und effektiv zu bekämpfen?

Hier sind 10 Vorschläge dazu.

  1. Mehr Desinfektionsmöglichkeiten
    Im Eingangsbereich von Geschäften, in Schulen, Universitäten, Sportstätten, Restaurants, Veranstaltungsräumen, Behörden, Bahnhöfen, Flughäfen und allen anderen öffentlichen Gebäuden sowie auf allen öffentlich zugänglichen Toiletten muss eine Möglichkeit zur Handdesinfektion bestehen. Daneben müssen öffentlich zugängliche Gebäude, insbesondere Schulen, über sanitäre Einrichtungen mit Warmwasser und Seife verfügen.
  2. Kontaktloses Bezahlen
    Kontaktlose Bezahlmöglichkeiten sollen verwendet werden. Hierauf soll in Geschäften hingewiesen werden werden. Behörden und andere staatliche Einrichtungen müssen kontaktlose Bezahlmöglichkeiten anbieten.
  3. Masken Empfehlung in bestimmten Bereichen
    In Bereichen, in denen Menschen eng zusammenkommen, z.B. im regionalen ÖPNV, gilt eine Masken-Empfehlung.
  4. Andere Formen der Begrüßung
    Anstatt klassischer Begrüßungsformen wie Händeschütteln oder Umarmung sollte empfohlen werden, kontaktlose Formen der Begrüßung zu wählen – z.B. einfach ein herzliches Lächeln oder den Vulkaniergruß.
  5. Homeoffice
    Wenn möglich, sollen Mitarbeiter von Unternehmen und Behörden im Homeoffice arbeiten. Dies soll auch durch steuerliche Anreize gefördert werden, z.B. durch die Absetzbarkeit auch von „Arbeitsecken“ statt nur ausschließlichen Arbeitszimmern.
  6. Entzerrung von Anfangszeiten
    Schulen sollen gestaffelt beginnen (z.B. hälftig zur ersten Stunde, hälftig zur zweiten Stunde), so dass Anfangszeiten entzerrt werden. Dies führt auch dazu, dass der ÖPNV nicht überfüllt ist. Unternehmen sollen Gleitzeit anbieten.
  7. Benutzung von Pandemie Apps empfohlen
    Smartphone Nutzer sollen zur Installation einer zertifizierten Pandemie App ermuntert werden. Beim Ausbruch einer Epidemie resp. Pandemie kann dies helfen, Infektionsherde und -ketten schneller zu erkennen.
  8. Fieber Scans
    Zu Zwecken der Beobachtung werden an neuralgischen Punkten – Flughäfen, Bahnhöfe, Einkaufsstraßen, Veranstaltungsorte – dauerhaft Fieberscans durchgeführt. Auch dies soll der frühzeitigen Erkennung dienen.
  9. Auflagen für Großveranstaltungen
    Jegliche Großveranstaltungen sind nur nach vorigem Fieberscan zugänglich. Es müssen hinreichend Desinfektionsmöglichkeiten sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sein. Eine Maskenfplicht wird empfohlen.
  10. Vorbereitet sein
    Es ist unverständlich, dass es z.B. keine Pläne für einen Lockdown der Schulen gab. Bis es einen geregelten Ersatzbetrieb dort gab, hat es oftmals lange gedauert. Gleiches gilt für Besuchskonzepte in Altenheimen und zahlreichen anderen Bereichen. Daher sollten Pläne für mögliche zukünftige Pandemien erarbeitet und aktuell gehalten werden –  damit auf das erneute Auftreten  schnell reagiert werden kann.

Disclaimer: Dieser Beitrag ist ausdrücklich als Meinung gekennzeichnet.

Meinung: Wir haben die Wahl – Pandemie-Sicherheit oder „weiter so“

COVID-19 hat die Welt verändert wie nur wenige Ereignisse vorher.

Auch hier in Deutschland spüren wir die Folgen: Kein regulärer Schulunterricht mehr, Geschäfte geschlossen, keine Restaurants, keine Urlaubsreisen, Maskengebot, Maskenpflicht, Kontaktverbot und Ausgangssperre, Sonntagsfahrplan die ganze Woche, Desinfektion allenthalben, Abstand halten, keine Bundesliga und kein Oktoberfest… Mit den globalen Auswirkungen wie z.B. auf den Flugverkehr will ich erst gar nicht anfangen.

Das alles hat massive Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Dazu nur ein Beispiel: Ein Taxi-Unternehmer aus Bonn erzählte mir, dass er mit seinen fünf Taxen derzeit statt 60.000 Euro nur 12.000 Euro Umsatz im Monat macht.

Und all dies wegen eines Virus, den wir hinsichtlich seiner Gefährlichkeit derzeit nur schwer einschätzen können. Verläuft eine Infektion in fast allen Fällen harmloser als eine Grippe? Oder ist sie eine tödliche Gefahr? Gewissheit werden wir erst mit einigem Abstand haben, weswegen ich mich zur Sinnhaftigkeit der aktuellen Maßnahmen hier auch nicht äußern will und sie erst recht nicht in Frage stellen will. Sie können sich in der Nachschau als vollkommen überzogen, genau richtig oder viel zu schwach erweisen.

Doch eine Sache ist sicher: Auch wenn die SARS-CoV-2 Pandemie noch nicht überstanden ist, die nächste Pandemie kommt bestimmt. Man stelle sich dabei eine Erkrankung mit den Folgen des ZEBOV Virus (Zaire Ebola Fieber) verbunden mit der leichten Übertragbarkeit des Influenza-A-Virus H1N1 vor. Die Ordnung auf diesem Planeten würde zusammenbrechen.

Daher stehen wir vor der Entscheidung:

  1. Wollen wir weiter leben wie bisher, mit einem Wirtschaftssystem derzeitiger  Ausprägung und Bewegungsfreiheit, doch mit dem Damoklesschwert einer Pandemie über uns, auf die wir dann von Fall zu Fall mehr oder weniger planvoll reagieren?
  2. Oder wählen wir eine Welt mit möglichst reduzierten Risiken? Mit reglementierten Fernreisen, ohne Großveranstaltungen, weniger persönlichen Kontakten, Bremsen des Bevölkerungswachstums und weiteren Maßnahmen wie z.B. Bewegungs-Tracking oder Erfassen der Körpertemperatur über Scanner?

Natürlich gibt es Wege dazwischen – doch unabhängig davon, wie man zu dem einem oder anderem steht: die Diskussion über Art und Ausmaß dauerhafter Einschränkungen wird kommen. Und diese wird so oder so langfristig massive Auswirkungen auf unser aller Leben haben.

Meinung: Warum man auch problematische Straßennamen nicht ändern sollte – unter besonderer Berücksichtigung von Hindenburg

Werden Straßen und Plätze neu benannt, so gibt es dafür Regeln, gerade wenn es um die Benennung nach Persönlichkeiten geht. So sollen „Straßen nur nach bereits verstorbenen Persönlichkeiten“ benannt werden und „Personennamen der neueren Geschichte sollen nur dann verwendet werden, wenn ihr Geschichtsbild nach Persönlichkeit, Verhalten und Nachwirkung abgeklärt ist und überwiegend positiv bewertet wird“. Solche Formulieren finden sich in Abwandlungen in allen Städten und Gemeinden. Auch auf die Ausgewogenheit nach Geschlechtern wird inzwischen geachtet – und das ist auch alles gut so.

Inzwischen wird aber auch verstärkt über die Umbenennung von bestehenden Straßen nachgedacht und diskutiert. Und natürlich gibt es Namen, die untragbar sind: völlig zu Recht wurden die vielen Adolf Hitler Straßen direkt nach dem Krieg umbenannt, die Symbolwirkung war und wäre einfach zu fatal, wie auch übrigens bei anderen Personen, die zu seinem Kreis zählen.

Inzwischen geht die Diskussion jedoch weiter und gerade die zahlreichen Hindenburg Straßen stehen im Fokus der Aufmerksamkeit. Nun gibt es sicher historisch belastete Namensgeber, über die man eher reden sollte, ich denke da z.B. an die noch bestehenden „von-Trotha“ Straßen, doch gibt es nun einmal besonders viele Hindenburgstraßen, -plätze, Alleen und nicht zuletzt den Hindenburgdamm zwischen Sylt und dem Festland.

Doch ist der ehemalige Reichspräsident Paul von Hindenburg wirklich so ein Problem? Er war sicherlich kein Vorzeigedemokrat im modernen Sinne. Allerdings war er auch kein Antidemokrat. Sicher, als Kind seiner Zeit – Jahrgang 1847 – und aufgrund seiner Herkunft war er im Herzen Monarchist, doch fühlte er sich als alter Generalfeldmarschall durch seinen Amtseid fest an die Weimarer Reichsverfassung gebunden. Durch seine selbstverständlich geleistete Unterschrift unter den Young Plan machte er sich bei den rechten Parteien durchaus unbeliebt. Vom antisemitischen Lager erntete er harsche Kritik, da er sich für ein offizielles Portrait von „dem Juden Liebermann“ anfertigen ließ. Bevor er Hitler zum Reichskanzler ernannte, musste er erst von seinen Vertrauten Franz von Papen, Otto Meissner und Oskar von Hindenburg überzeugt werden, diesen Schritt zu gehen. Hindenburgs Intention dabei war nicht das spätere Dritte Reich, vielmehr wollte er Hitler ausbremsen. Oder wie von Papen gesagt haben soll: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht!“ Diese fatale Fehleinschätzung kann, ja muss, man Hindenburg vorwerfen.

Doch ist diese ein Grund dafür, Hindenburgstraßen umzubennen?

Ganz klar nein, sogar im Gegenteil.

Denn wenn wir im Alltag die negativen Aspekte und nicht uneingeschränkt positiven Personen aus unserer Geschichte ausblenden, geraten diese in Vergessenheit. Die historisch mehr oder weniger belasteten Straßenbezeichnung bringen uns immer wieder dazu, über die Vergangenheit nachzudenken und gemahnen uns, die Fehler aus ihr nicht zu wiederholen.

Und wenn wir nur noch vermeintlich politisch korrekte Straßennamen von Personen ohne Fehl und Tadel haben wollen, bleiben wohl gar keine mehr übrig. Vielleicht noch Märchenfiguren, wenn überhaupt – denn den modernen dem derzeitigen Zeitgeist entsprechenden Moralvorstellungen entsprechen diese meist auch nicht.

Daher sollten wir diese Umbenennungsdiskussionen beenden und historische Straßennamen nicht als fortgeltende Ehrung begreifen, sondern als geschichtliche Zeugnisse, die wir im Kontext sehen und interpretieren müssen.

Anders sieht es freilich bei Schulen, Universitäten, Kasernen und anderen Einrichtungen aus – diese sollten Namen von Personen tragen, die mehr als Vorbilder taugen. Eine „Paul von Hindenburg Schule“ wäre heute zu Recht undenkbar. Wider anders mag man es bei den Ehrenbürgerschaften sehen, die man mE immer auch als Ausdrücke der Geschichte und im Kontext der jeweiligen Zeit sehen sollte. Aber das ist ein anderes Thema.

Bild: Das Foto zeigt das Straßenschild am Hindenburgplatz in Bonn.

Meinung: Carline Mohr, die ICH-AG der SPD

Was war das für eine Nachricht im April 2019:

Die Social-Media-Expertin Carline Mohr (@mohrenpost) übernimmt den Newsroom der SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Davor leitete sie die Plattform Strategie bei der Content-Marketing-Agentur Looping Group, war anderthalb Jahre bei Spiegel Online verantwortlich für Audience Development und vorher bei Bild.de „Head Of Social Media und New Platforms“.

So jemand müsste der SPD doch den dringend benötigten Schub bei den Umfrage- und (wichtiger noch) Wahlergebnissen bringen können. So jedenfalls die Hoffnung der Parteispitze. Nun, bei den Umfragen tut sich bisher nicht viel, da ist noch Luft nach oben, aber abgerechnet wird ja zum Schluss.

Skeptisch bleibe ich, denn mit Caroline Mohr hat man sich jemanden ins Haus geholt, dem es weniger um das Wohl der Sozialdemokratie als viel mehr um die Eigenvermarktung geht, wie auch dieser tweet wieder beweist:

ICE. Dude im 4er fragt, was ich da so fleißig arbeite.
„Sozialdemokratie“, sage ich. Er, väterlich: „Soll ich Ihnen mal verraten, was das Problem der SPD ist?“

„Lieber esse ich das Parteiprogramm auf, tätowiere mir eine Rose ins Gesicht und date Thilo Sarrazin.“

„Also nein?!“

Sie schiebt dann nach erster Kritik noch nach, dass ihr das „eventuell schon mal jemand erklären“ wollte, was ich mir lebhaft vorstellen kann.

Aber auch wenn einem jemand zum 1.000 mal etwas erklären will, dann tut man zumindest so, als würde man höflich interessiert zuhören. Bestenfalls – und so würde ich es machen – hört man sogar wirklich zu. Und wenn es das 10.000 mal ist.

Die Antwort auf die Frage, was das Problem der SPD ist, hat Caroline Mohr mit ihrem tweet eigentlich selbst gegeben.

Denn wenn man so im Umfragetief steckt wie die SPD, sollte man sich eins nicht erlauben: Arroganz.

Meinung: Die Tötung Soleimanis, das Völkerrecht und die Medien

Derzeit wird in der Presse breit über ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestages berichtet, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Tötung des iranischen Generals Soleimanis durch die USA wohl völkerrechtswidrig war. Soweit nicht wirklich überraschend.

Was für mich aber überraschend ist, ist der Umstand, dass z.B. Der SPIEGEL schreibt:

Nach den Einlassungen der US-Administration ist nicht deutlich erkennbar, warum die Tötung Soleimanis im Irak unbedingt notwendig gewesen sein soll, um eine akute Gefahr für das Leben von US-Amerikanern ultima ratio abzuwehren“, heißt es in einem Gutachten, das von Abgeordneten der Linken in Auftrag gegeben wurde und der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.

Was mich dabei stört – es wird der Eindruck erweckt, als sei es etwas ganz besonderes oder außergewöhnliches, dass es der dpa gelungen sei, an das Gutachten zu gelangen. Dass dieses von jedermann auf der Homepage des Bundestags heruntergeladen werden kann – nämlich hier -, wird dabei untern den Tisch gekehrt…

Die entscheidenden Stellen aus dem Ergebnis des Gutachtens möchte ich hier der Einfachheit halber dokumentieren:

  • Gezielte Tötungen durch extraterritoriale Drohneneinsätze werfen zahlreiche Rechtsfragen auf. Während gezielte Tötungen im Rahmen bewaffneter Konflikte grundsätzlich als völkerrechtskonform erachtet werden, bestehen außerhalb bewaffneter Konfliktszenarien strenge menschenrechtliche Restriktionen, die einen entsprechenden Einsatz fast nie legal erscheinen lassen. Drohneneinsätze im Ausland, die mangels effektiver Gebietskontrolle unter dem Gesichtspunkt der extraterritorialen Anwendung von Menschenrechtsverträgen rechtlich problematisch sind, werden in der Literatur jedoch einhellig dem Menschenrechtsregime unterworfen.
  • Nach den Einlassungen der US-Administration ist nicht deutlich erkennbar, warum die Tötung Soleimanis im Irak unbedingt notwendig gewesen sein soll, um eine akute Gefahr für das Leben von US-Amerikanern ultima ratio abzuwehren. Die gezielte Tötung Soleimanis erfüllt offensichtlich nicht die Kriterien eines „finalen Rettungsschusses“ und erscheint insoweit als Verstoß gegen das Recht auf Leben aus Art. 6 VN-Zivilpakt.
  • Im Hinblick auf den US-Drohneneinsatz vom 3. Januar lässt sich das Vorliegen einer Selbstverteidigungslage i.S.v. Art. 51 VN-Charta stark bezweifeln. Gemessen an den Kriterien des sog. „Caroline-Falls“, wonach ein Staat, der sich auf Selbstverteidigung beruft, nachweisen muss, dass der Angriff „unmittelbar bevorstand, überwältigend war und keine
    Wahl der Mittel und keine Zeit für weitere Beratungen ließ, hat die US-Administration die Voraussetzungen für eine völkerrechtskonforme Selbstverteidigung nicht substantiiert dargelegt.