Wer sich ein bißchen mit dem Internet befasst, wird von dem neuen Linkhaftungsurteil des LG Hamburg mitbekommen haben, ausführlich dazu hier bei heise. Denkt man es in aller Konsequenz durch, wird das Verlinken eine sehr gefährliche Sache, wenn man auf Urheberrechtsverletzungen verlinkt – da sollte man sich vorher absichern.
Das hat sich auch der Justiziar von heise online gedacht und an Poststelle@lg.justiz.hamburg.de geschrieben, ob heise auf die Seiten des Gerichts verlinken darf. Auch hier nachzulesen.
Ich habe mich von heise inspirieren lassen, den Text minimal abgewandelt und soeben folgendes an das Hamburger Gericht geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beabsichtige, im Rahmen meines Blogs [BLOGNAME] Hyperlinks auf Ihre Online-Präsenz zu setzen.
Ihr Haus hat jüngst entschieden, dass sich der Linksetzer vorab durch Nachforschungen zu vergewissern hat, ob der verlinkte Inhalt rechtmäßig zugänglich gemacht wurde.
Ich darf Sie daher bitten, mir verbindlich zu bestätigen, dass sämtliche der im Rahmen Ihrer Webpräsenz verwendeten urheberrechtlich geschützten Inhalte in keiner Form und an keiner Stelle gegen die Vorgaben des Urheberrechts oder verwandter Gesetze verstoßen.
Bitte lassen Sie mir diese verbindliche Erklärung schriftlich zukommen.
Dies gilt insbesondere für das Angebot unter http://justiz.hamburg.de/gerichte/landgericht-hamburg/ sowie sämtlichen Unterseiten.
Für eventuelle Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Inzwischen – wenige Stunden später – müsste ich diesen Artikel nicht mehr so schreiben. Die Ereignisse am Kölner Hauptbahnhof sind jetzt das herausragende Thema in den Medien und in den sozialen Netzen. Links dazu auch unten am Ende des ursprünglichen Artikels.
Mir war wichtig, dass die Ereignisse nicht allein von PEGIDA und Co. vereinnahmt werden, sondern dass eine breite, vorurteilsfreie und sachliche Diskussion geführt wird. Das ist inzwischen der Fall – naja, zumindest, dass eine breite Diskussion geführt wird…
Erledigt hat sich das Theme sexuelle Gewalt und unser Umgang damit aber noch lange noch nicht.
Der ursprüngliche Artikel
Inzwischen sollten es die meisten mitbekommen – in der Silvesternacht sind in Köln dutzende Frauen von einer größeren Gruppe Männer massiv sexuell belästigt worden. Und auch in anderen Städten wie Hamburg und Stuttgart gab es ähnliche Vorfälle, wenngleich nicht in dieser Intensität.
Berichtet wurde darüber zunächst kaum, bis das Thema getrieben von Lokalpresse und sozialen Netzen auch in den überregionalen Medien angekommen ist.
Doch wo bleibt der Aufschrei? Da muss Herr Brüderle nur eine private Bemerkung über den Ausschnitt einer Journalistin machen (Dirndlgate) und halb Deutschland empört sich. Doch wenn dutzende Frauen in aller Öffentlichkeit sexuell belästigt werden, bleibt es diesmal an dieser Front ziemlich ruhig.
Der Grund dürfte schnell gefunden sein: bei den Tätern soll es sich überwiegend um Nordafrikaner und Araber gehandelt haben. Und es darf eben nicht sein, was nicht sein darf.
Dabei ist es völlig egal, ob die Täter deutsche Hooligans, Nordafrikaner, Russlanddeutsche, Araber, Spanier, Syrer, betrunkene Halbstarke oder was auch immer sind: Sexueller Übergriff bleibt sexueller Übergriff. Und dass solche in so einer Dimension im öffentlichen Raum möglich sind, wäre einen Aufschrei wert.
Dass dieser unterbleibt, führt wieder einmal nur dazu, dass die Diskussion in einer völlig falschen Ecke geführt und dementsprechend von dieser beherrscht wird. Frau Festerling von PEGIDA macht mit Köln schon gehörig Stimmung.
Und das ist gefährlich.
Zunächst geht es darum, den Betroffenen zu helfen. Wichtig ist weiter, die Taten schnell aufzuklären und die Täter zu bestrafen sowie Konzepte zu finden, wie solche Vorfälle in Zukunft verhindert werden können.
Aus vermeintlicher Political Correctness den Opfern die Solidarität zu verweigern ist aber genau so falsch, wie die Vorfälle als Vorwand zur Hetze zu vereinnahmen.
Es haben schon so viele versucht: app.net, Path, Diaspora, das neue myspace. Und doch sind sie alle irgendwie gescheitert, sogar Google. Den von so vielen herbeigesehnten facebook Killer hat bisher noch keiner entwickelt.
Ich habe in den letzten Tagen ein wenig mit ello herumgespielt und für Einsteiger eine kurze ello Anleitung erstellt, wobei ich mich dabei auf die technischen Aspekte konzentrierte – jeder soll sich erst mal selbst ein Bild machen. Meine Meinung gibt es dafür hier… für alle, die nicht lange lesen wollen meine Einschätzung vorab: ello wird nicht das „next big thing“ im Netz, kann aber mit etwas Glück seine Nische finden.
Es hätte es vielleicht sogar werden können, hat aber zu früh zu viel Aufmerksamkeit bekommen. Auch in den Mainstream Medien ist es auf einmal die „ehrliche“ Alternative zu facebook, Anti-facebook oder gar gleich der nächste facebook Killer. 30.000 Anmeldungen gäbe es pro Stunde – dabei sind es „nur“ 30.000 Bewerbungen um Invites… Aber mit solchen Details muss man sich ja nicht aufhalten.
Doch was will ello eigentlich sein – und wie?
Das große Versprechen von ello ist eben, dass es werbefrei ist und nicht mit den Daten der Nutzer gehandelt wird. Das Credo von ello ist dann auch
You are not a product.
nachzulesen ist das alles im ziemlich schwülstig daherkommenden ello Manifest. Es präsentiert sich tatsächlich als das Anti-facebook oder auch Anti Google+, deren Geschäftsmodell ja gerade die Werbung ist. Dazu dann noch kein Klarnamenzwang und mehr Freiheiten bei den Inhalten – sogar porn-friendly.
Hört sich alles erst mal interessant an. Nicht nur für die LGBT Szene, Künstler, Hipster und Deutsche. Letztere wahrscheinlich wegen des Datenschutzversprechens.
Aber die Hosting Rechnungen wollen natürlich bezahlt werden. Und auch der VC-Investor, der sich an ello beteiligt hat, wird Geld verdienen wollen. Finanziert werden soll ello dann durch kostenpflichtige Zusatzfunktionen. Soweit die Theorie. Für die Praxis halten sich die ello AGB dann doch Möglichkeiten für die Datenweitergabe frei.
Scheitert ello langfristig an den eigenen Ansprüchen?
Die Frage ist, ob ello das alles so durchziehen kann. Allein schon, dass nun Venture Capital in ello steckt, wird von einigen als Sündenfall gesehen. Andere stören sich gar daran, dass standardmäßig Informationen über die jeweilige Sitzung gesammelt werden – auch wenn man dies deaktivieren kann. ello hat es eben mit einer sehr kritischen und sensiblen Nutzerschaft zu tun.
Skeptisch bin ich, ob die Finanzierung durch kostenpflichtige Funktionen klappt. Bei app.net hat es jedenfalls nicht gereicht. Und das wird es bei ello auch nicht.
Finanzierungsmodelle zu finden, die dem eigenen Anspruch gerecht werden und die Kernzielgruppe nicht verprellen, wird zumindest schwierig.
…doch ello hat schon jetzt ganz grundlegende Probleme
Vorerst hakt es an ganz anderen Dingen. ello ist buggy ohne Ende. Um mich anzumelden und mein Profil einzurichten, musste ich zwei unterschiedliche Browser nutzen, da einiges im Chrome nicht ging, anderes nicht im MSIE.
Hat man es geschafft, sieht ello tatsächlich sehr übersichtlich aus. Aber auch nur, solange man weniger als sagen wir mal 16 Kontakte hat. Danach wird es zusehends wirr und unübersichtlich. Vielleicht hat facebook mit seinen Algorithmen im Feed doch einiges richtig gemacht.
Dann die Funktionen: Außer seinen zu Status posten, Kontakten auf unterschiedliche Art und Weise folgen und Kommentieren geht nicht viel mehr. Die Suchfunktion funktioniert mal, mal nicht, aber niemals gut.
Mit Erreichbarkeitsproblemen hat ello auch ohne Hackerangriffe zu kämpfen.
Die Entwickler werden in nächster Zeit mehr als genug mit Bugfixing und Performance-Optimierung zu tun. Das Hinzufügen der angekündigten weiteren Features wird da auf sich warten lassen.
Wirklich nutzbar ist ello im derzeitigen (Anfang Oktober 2014) Status nicht. Besonders nicht für die breite Masse.
SEO, Porno, Sascha Lobo und die deutsche Attitüde
In Teilen ähnelt die deutsche ello Gemeinde den ersten Mitgliedern bei Google+ – viele SEOs, Consultants und Sascha Lobo.
Sicher wird es jetzt erst mal ganz wichtig, Links in seine öffentlichen ello Profile zu setzen, da das ganz toll fürs Google Ranking ist. In einem Jahr werden diese dann panisch entfernt, da Matt Cutts wieder etwas gesagt hat. Sie kennen das.
Zu befürchten ist weiter, dass aufgrund der Offenheit von ello auch viel Porno dabei sein wird, was es bei facebook und Google+ ja nicht gibt. Hierzulande könnte das ein Problem werden.
In Deutschland stark vertreten sind dann auch schon Privacy Verfechter. Und natürlich der Menschenschlag, der #Ellosprech schon jetzt ganz toll findet, sich als Elloist bezeichnet und sich einen schwarzen Smiley ins Profilbild setzt. Also ganz genau die Teile der „Netzgemeinde“, die mit ihrer Attitüde dafür gesorgt haben, dass twitter in Deutschland nie so erfolgreich werden konnte.
Zu viel Hype führt zur nächsten Geisterstadt
ello wurde von den Medien in eine Rolle hineingeschrieben, der es noch lange nicht gerecht werden kann, allein schon technisch nicht. Die Bedürfnisse des normalen Nutzers werden nicht erfüllt, der bleibt dann doch bei facebook.
Schon jetzt gibt es Parallelen zu Google+ – viele Profile ohne Profilbilder, einem „Hallo ich war schon ganz früh mal hier“ Post (wenn überhaupt) und mit einem Kontakt. Dass es eine kleine Nische für ello geben wird, will ich gar nicht ausschließen – die gibt es schließlich auch bei Google+, was ja eine weitere Parallele wäre.
Das „next big thing“ ist ello jedenfalls nicht.
Ich bin gespannt, wen die Medien als den nächsten Königsmörder sehen.
Und das sagen die andern…
Zum Abschluss hier noch weitere interessante Links zum Thema ello:
Sehr ausführlich bei heise „Ello und Goodbye“ (mit vielen anderen gescheiterten Netzen)
Ebenfalls sehr ausführlich und vorsichtig positiv Michael Münz bei dw-online.
Auch netzpolitik.org ist skeptisch und geht davon aus, dass ello bald wieder gehen wird.
ello ist das Bio-facebook – nüchterne und solide Betrachtung bei Neon
Gerüchte gab es schon lange, jetzt ist Google Keep da, ein Service um damit Notizen aller Art zu verwalten. Neben der Webanwendung unter drive.google.com/keep/ gibt es auch eine Android App.
Mit Keep kann man Notizen, Listen und Fotos ablegen und diese sortieren und verwalten, z.B. indem man sie z.B. farblich sortiert. Die Volltextsuche führt schnell zu den gewünschten Ergebnissen. Interessant bei Keep ist auch, dass Sprachnotizen in Text umgewandelt werden können. Die Android App ist sehr schick und erinnert mich mit ihrer Kachel Optik an Windows Phone und Windows 8 – ist für diese Betriebssysteme aber natürlich nicht verfügbar.
Werde ich Keep verwenden? Nein. Störend ist, dass Links – anders z.B. als bei Wunderlist – nicht anklickbar sind. Eine Kleinigkeit, die aber wahrscheinlich schnell behoben wird.
Entscheidend ist aber für mich, dass man sich gerade bei neuen Google Diensten nie sicher sein kann, wie lange sie bestehen werden. Und auch altgediente Dienste wie der Google Reader werden oft überraschend eingestellt – wie zuletzt der Google Reader.
Und so bin ich weiter auf der Suche nach der perfekten Notizverwaltung.
Nachtrag: Es gab schon mal ein Google Notizbuch – wurde aber eingestellt…
Immer wenn der Wahl-O-Mat für eine neue Wahl online ist, probiere ich ihn aus, um zu sehen, welche Partei mir politisch nahe steht. So vor einigen Tagen auch bei der Saarland-Wahl, wo sich eine Nähe zu denPiraten ergab. Überrascht war ich dann, als sich ein ähnlich deutliches Bild heute auch beim Schleswig Holstein Wahl-O-Mat ergab. Aus meinem Freundeskreis wurde mir der Trend zum Piratentum beim Wahl-O-Mat auf Nachfrage dann oft bestätigt.
Nun teile ich in vielen Punkten durchaus Piraten-Positionen, in vielen anderen aber auch nicht. Worin liegt also das Geheimnis meines Wahl-O-Mat Erfolgs der Piraten?
Ganz einfach – in der Anzahl der neutralen Positionen zu einzelnen Thesen, was eine Partei beim Wahl-O-Mat leicht nach vorne bringt. Bei 38 Fragen äußern sich die Piraten dort 16 mal neutral und sind damit klarer Spitzenreiter bei den Parteien, die sich um Plätze im Kieler Landtag bewerben:
Piraten 16
FDP 8
FamilienPartei 7
SPD 6
Grüne 5
NPD 3
SSW 2
MUD 2
Freie Wähler 1
CDU 1
Die Linke 0
Man könnte jetzt provozierend sagen, dass die Piraten eine Partei ohne Meinung sind – womit man ihnen aber unrecht täte. Vielmehr sind die Piraten eben nach wie vor eine Partei, die in vielen Bereichen ihre Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen hat.
Interessant wird also, in welche Richtung sich die Piraten weiter entwickeln werden.
Nachtrag 26.04.2012: Beim NRW Wahl-O-Mat äußern sich die Piraten zu deutlich mehr Thesen und haben nur bei 6 Themen keine Meinung.
Wie schätzen Sie diese politischen Positionen und Forderungen ein?
Wir fordern, dass sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen.
Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte und Pflichten besitzen.
Brechung der Zinsknechtschaft.
Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden: Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne.
Wir fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits vergesellschafteten (Trusts) Betriebe.
Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben.
Wir fordern einen großzügigen Ausbau der Altersversorgung.
Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeinden.
Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Enteignung von Boden für gemeinnützige Zwecke.
Abschaffung des Bodenzinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation.
Wir fordern die Ausbildung besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf Staatskosten.
Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugendarbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchtigung mittels gesetzlicher Festlegung einer Turn- und Sportpflicht, durch größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugendausbildung beschäftigenden Vereine.
Gemeinnutz vor Eigennutz.
Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende Recht.
Klingt doch eher links, oder? Dabei sind die Positionen dem Parteiprogramm der NSDAP von 1920 entnommen – wobei es natürlich viele weitere Punkte gibt, die wieder auf ganz andere Ziele hinweisen. Hinweisen darf ich auch gleich darauf, dass ich einzelne Kürzungen vorgenommen habe, die direkt erkennen liessen, dass all die guten Taten nur Volksgenossen zugute kommen sollten.
Warum ich das schreibe? Erika Steinbach hat auf twitter die NSDAP als „linke“ Partei bezeichnet:
Dass danach heftigste Proteste folgten, dürfte keinen verwundern. Und zu dem Thema könnte man jetzt sehr viel schreiben – wozu mir heute leider die Zeit fehlt. Ich möchte aber doch den kleinen Denkanstoß bringen, dass die Begriffe „Links“ und „Rechts“ zu vereinfachend für die Einordnung von Parteien sind. Und das geht an Frau Steinbach und an ihre Kritiker. 140 Zeichen Echtzeitdiskussion sind für manche Themen einfach nur suboptimal.
Ich ergreife hier ausdrücklich NICHT Partei für Erika Steinbach generell, insbesondere nicht für ihre SPD-Gleichschaltungs-Aussage und anderem Blödsinn. Ich halte nur nichts von reflexhaften Diskussionsreaktionen. Und auch die Einzigartigkeit der Dimension der durch Deutschland zwischen 1933 und 1945 begangenen Verbrechen möchte ich durch diesen Beitrag nicht in Frage stellen.
An dieser Stelle finden Sie Links zu Google Plus. Wenn Sie Selber einen Linkvorschlag haben, kommentieren Sie diesen bitte. Ich werde diese dann auch in die Auflistung aufnehmen.