Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen
Voranmerkung: diesen Artikel habe ich geschrieben, bevor ich von der Bild Schlagzeile „Grüner mit Hitler Droge erwischt“ Kenntnis hatte. Aber genau wegen solcher Sätze ist dieser Beitrag hier wohl notwendig,
Der Scherz war irgendwie zu naheliegend – kurz nachdem bekannt wurde, dass Volker Beck wohl mit Crystal Meth erwischt wurde, wurden die sozialen Netze mit #breakingbeck Scherzen geflutet. Auch ich habe mitgemacht. Gut, #breakingbeck ist irgendwo noch lustig. Aber viele Kommentare und Äußerungen überschreiten inzwischen für mein Gefühl die Grenze des guten Geschmacks und dessen, was in politischen Diskussionen vertretbar ist.
Auch wenn ich Volker Beck politisch und menschlich sehr ambivalent sehe, möchte ich doch eine Lanze für ihn brechen.
Lasst Volker Beck in Ruhe.
Ja, Medienberichten zufolge hat er sich mit 0,6g Crystal Meth erwischen lassen. Gehen wir mal davon aus, dass es irgendetwas mit Methamphetamin drin gewesen sein. Der BGH zieht hier übrigens die Grenze zur nicht geringen Menge auf 5 g bei Metamfetaminbase, 6,2 g bei Metamfetaminhydrochlorid und 10 g bei Methamphetaminracemat. Die Menge, mit der sich Volker Beck erwischen ließ, war also ziemlich gering.
Natürlich war es recht ungeschickt, dass er selbst in die Wohnung des Dealers gegangen ist und letztlich dadurch erwischt wurde. Irgendwie ist das aber auch authentisch und passt zu Volker Beck.
Ich will jetzt hier kein Plädoyer für die Legalisierung von harten Drogen halten. Sie sind aber in weiten Teilen des Politikbetriebs Realität. Schon im Jahr 2000 konnte der Spiegel schreiben, dass Drogenhunde im Bundestag anschlagen würden. 2014 flog der Crystal Meth Konsum des SPD Abgeordneten Michael Hartmann auf (dessen Anwalt übrigens Eisenberg hieß, Wortspielalarm…) und FDP Politiker Alexander Alvaro verursachte unter Kokain Einfluss einen schweren Unfall. An viele weiße Nasen in der Kellerbar des Bonner Wasserwerks oder an den süßlich grasigen Geruch vor dem von vielen Abgeordneten besuchten „Mierscheids“ in der Bonner Südstadt kann ich mich selbst noch gut erinnern.
Und schaut man auf legale Drogen, sieht es noch ganz anders aus. Allein mit den Sufffahrten – allen voran, aber nicht nur – von CSU Abgeordneten, Bürgermeistern und Landräten könnte man ganze Blogs füllen.
Politik ist ein hartes Geschäft, das die Menschen an ihre Grenzen treibt. So sehr, dass sehr viele meinen, das nur noch mit Drogen ertragen zu können. Nicht alle, aber eben sehr viele. Die Gründe dafür wären einen eigenen Beitrag wert – angemerkt sei nur: der zunehmend raue Ton auf twitter und Co ist daran sicherlich nicht ganz unschuldig.
Volker Beck ist damit unter den Bundestagsabgeordnete nicht allein. Er hat eben nur den Fehler gemacht, sich erwischen zu lassen. Ausgerechnet mit einer Droge, die sich mit Crack um den ersten Platz in der Kategorie „Betäubungsmittel mit dem schlechtesten Image“ streitet. Hätte er sich ordentlich betrunken, wäre das alles nicht so schlimm…
So oder so: es ist richtig, dass er von seinen herausragenden Ämtern zurückgetreten ist. Sein Bundestagsmandat sollte er aber nicht aufgeben. Der Bundestag als Volksvertretung soll eben auch aus einem Querschnitt der Bevölkerung stellen. Und dazu gehört auch ein bekennender Schwuler, der auch mal Fehler macht.
Denn nur von veganen, abstinenten und spaßbefreiten Diplom-SozialpädagogI*nnen möchte zumindest ich mich nicht vertreten lassen.
Im übrigen gilt:
Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein.
Anhang: Methamphetamin
Für Hintergrundinformationen zu Crystal Meth gibt es nun einen eigenen Artikel.