Endlich – Microsoft übernimmt Nokias Phone-Sparte

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Jetzt ist es raus – Microsoft will für 5,4 Milliarden Euro Nokias Smartphone Sparte übernehmen. Nokia CEO Stephen Elop soll schon zurückgetreten sein, soll aber weiter die Handy-Sparte leiten und wird dann zusammen mit 32.000 Mitarbeitern zu MS wechseln. Dort war er ja bis 2010 tätig und hat nun auch gute Chancen, Nachfolger von dem scheidenden Steve Ballmer zu werden, an den er zunächst berichten wird. Abgeschlossen werden soll der Deal 2013. Und wenn es sicher noch einige Hürden, gibt – Zustimmung der Aktionäre, Wettbewerbsbehörden – dass die Übernahme im ganzen scheitert, ist eher unwahrscheinlich.

Noch vor wenigen Tagen habe ich hier im Beitrag über den mögliche Foursquare-Einstieg von Microsoft geschrieben, dass der große Wurf ja die Nokia Übernahme wäre – was so ein bisschen mein ceterum censeo ist.

Und jetzt ist es endlich so weit, was freilich auch etliche Fragen aufwirft.

Zunächst aber – worum geht es genau:

  • MS übernimmt Nokias Smartphone und Featurephone Sparte
  • MS erwirbt wesentliche Patentpakete, die gerade im Mobilfunk- und IP Kommunikationsbereich wesentlich sind
  • MS lizensiert die weiteren Nokia Patente
  • MS lizensziert die Nokia Here Produkte
  • Nokia behält seine Netzwerksparte (NSN), die Here Kartenprodukte und das restliche Patentportfolio

3,79 Milliarden Euro lässt sich Microsoft die Phone Unit der Finnen kosten, dazu kommen 1,65 Milliarden für die Lizenzen. Bemerkenswert am Rande – für MS ist die Übernahme auch insoweit interessant, als dass „Offshore Cash“ eingesetzt werden, also Geldreserven außerhalb der USA. Bei einer Rückführung in die Staaten hätte das Kapital ansonsten massiv versteuert werden können. Und noch unter einem weiteren Aspekt wird sich die Übernahme für MS finanziell auszahlen. Einerseits, da man Patentgebühren spart, andererseits, das MS einer der wenigen Unternehmen auf der Welt ist, die mit Android Geld verdienen – aufgrund der schon bestehenden Patente. Durch die neu dazugekommenen Nokia Patente dürfte das noch einiges mehr werden.

Nokia aber wird damit in Zukunft keine echte Endkundenmarke mehr sein und sein Geschäft als Netzwerkausrüster mit Telekommunikationsunternehmen und als Karten- und Navigationstechnik-Lieferant vornehmlich mit Autoherstellern, Zulieferern und  natürlich MS (HERE Lizensierung) machen.

Allerdings werden wir den Markennamen Nokia noch einige Jahre auf Feature-Phones sehen, da MS das Recht hat, den Namen dort noch 10 Jahre zu verwenden. Die Marken Lumia und Asha werden komplett übernommen, so dass wir vielleicht schon 2014 „Microsoft Lumia“ und „Microsoft Asha“ Hardware sehen können. Dass man im Einsteiger-Segment auf „Nokia“ nicht verzichten will, ist sinnvoll, hat die Marke in Emerging Markets doch nach wie vor einen exzellenten Ruf.

Microsoft wird durch die Übernahme wieder ein bisschen mehr wie Apple – Software und Hardware aus einer Hand. Folgende Fragen finde ich in diesem Zusammenhang besonders interessant:

  • Wie werden sich die anderen bestehenden (HTC, Samsung, Huawei…) und potentiellen (Sony, LG, ZTE, Lenovo…) WindowsPhone 8 OEMs nun positionieren? Wird WindowsPhone damit am Ende faktisch MS exklusiv?
  • Wie werden sich die günstigen Asha Devices in das gesamte MS Ökosystem einbinden – gerade in Emerging Markets sind diese nach wie vor populär. mE ist es essentiell, diese eng anzupassen um einheitlich auf MS Dienste wie Skype, Skydrive, Xbox Games, Musik und Office zugreifen zu können.

Ein anderer Themenkomplex ist die Frage, ob die entscheidenden Köpfe bei Nokia an Bord bleiben. Bis auf Chef-Designer Marko Ahtisaari, der u.a. für den unverkennbaren Lumia Look verantwortlich zeichnet, scheint das der Fall zu sein. Hier steht noch viel Arbeit an, die beiden Firmenkulturen zusammenzubringen.

Letztlich glaube ich, dass die Vereinbarung nicht nur für die beteiligten Unternehmen gut ist, sondern auch für den Wettbewerb. Ein starkes drittes mobiles Betriebssystem halte ich angesichts des sich in einigen Märkten abzeichnenden Android Monopols für wünschenswert. Und die Smartphone Sparte von Microsoft – die einen Marktanteil von 15% anstrebt – steht zunächst nicht unter dem Druck, schwarze Zahlen schreiben zu müssen, sondern kann sich ganz auf die Entwicklung richtig guter Hardware konzentrieren.

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Der Artikel wird laufend ergänzt

Bild (c) Microsoft