Dokumentiert: Das öffentliche Rücktrittsschreiben von Hamed Abdel-Samad aus der Islamkonferenz

Hier dokumentieren wir das öffentliche Rücktrittschreiben von Hamed Abdel-Samad aus der Islamkonferenz. Er hatte dieses am 10. November zunächst auf facebook veröffentlicht.

Sehr geehrter Herr Innenminister Horst Seehofer,

hiermit trete ich aus der deutschen Islamkonferenz (DIK) zurück. Als ich vor 10 Jahren in dieses Forum eingeladen wurde, hatte ich die Hoffnung, Teil eines ehrlichen Dialogs über den Islam in Deutschland zu werden. Doch seit dieser Zeit konnten die Islamverbände alle kritischen Themen, die die kritischen Stimmen auf den Tisch gebracht haben, wie etwa das Thema Radikalisierung von jungen Muslimen oder die Stellung der Frau, aus der Tagesordnung verbannen. Am Ende blieben nur die Themen, die für die orthodoxen Verbände, nicht für die Gesamtgesellschaft, von Relevanzsind, wie Imamausbildung, Islamunterricht und muslimische Seelsorge. Mir wurde klar, dass die Verbände nur Geld vom Staat wollten, und dass der Staat nicht einmal wusste, was er von den Verbänden will!

Ich stellte fest, dass die staatlichen Vertreter ebenfalls keine kritischen Stimmen wirklich hören wollen. Man hat uns eingeladen, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass alle Stimmen im Forum vorhanden sind. Doch die Realität ist: Der Staat biedert sich an den Vertretern des politischen Islam in dieser Konferenz an und ignoriert alle Warnungen und Vorschlägen der kritischen Stimmen. Bei der letzten öffentlichen Sitzung erklärte der DITIB-Chef, dass er Absolventen der Fakultäten für islamische Theologie der deutschen Universitäten nicht als Imame einstellen würde, weil diese die DITIB-Standards nicht erfüllen würden. Ich habe danach erwartet, dass die anwesenden Vertreter des Staates sich über diese Arroganz empören, doch dies ist nicht passiert. Stattdessen unterstützt der Staat nun, dass die DITIB und andere Vereine selbst ihre Imame ausbilden und zwar auf Kosten der Steuerzahler.

Nein, ich mache nicht mehr mit. Denn die DITIB-Standards sind: Loyalität zu Erdogan und zum türkischen Nationalismus.
Ja, lieber Herr Innenminister, ich mache auch die Islamkonferenz für die politische Aufwertung von DITIB und dem Zentralrat der Muslime verantwortlich, und somit für den Aufbau von Erdogan-Kult und die Stärkung des politischen Islam mitverantwortlich! Und ich halte die Unterstützung dieser Vereine nicht für Veruntreuung von Staatsgeldern, sondern auch für eine Gefahr für die Innere Sicherheit.

Deshalb nehme ich weder an der heutigen Sitzung noch an zukünftigen Sitzungen der Islamkonferenz teil und ziehe mich endgültig zurück.
Wir haben Sie oft gewarnt, unsere Warnung wurde nicht gehört. Nun tragen Sie die ganze Verantwortung alleine!

Dokumentiert: „Ihr Feiglinge!“ von Hamed Abdel-Samad

Diesen Text hat der Publizist und Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad  auf Facebook gepostet und wurde dafür gesperrt. Ich halte diese Sperre für unangemessen und habe den Text daher hier dokumentiert.

Ihr Feiglinge!

Viele junge Muslime/Muslimas leben im Westen und genießen die Vorzüge der Freiheit, setzen sie sich aber für diese Freiheit kaum ein. Viele sind gut gebildet und haben einen guten Job, bleiben aber in den Zwängen der Religion und der eigenen Community verhaftet. Ihre Bildung und Engagement stellen sie selten im Dienste der Aufklärung und des Gemeinwesens, sondern eher im Dienste des Islam oder der Parallelgesellschaft. Sie kritisieren die rechte Ideologie, solange sie von Bio-Deutschen kommt, aber wir hören von Ihnen kaum Kritik gegen die reaktionären Islamverbände, die nationalistischen Grauen Wölfe oder die patriarchalischen Strukturen in den eigenen Familien. Im Gegenteil, viele von Ihnen sind Krawatten-Islamisten, die Erdogan, die grauen Wölfe und die Muslimbruderschaft unterstützen und das Patriarchat verteidigen. Sie zitieren Kant und Adorno, um die Aufklärung zu relativieren und den Islamismus zu verniedlichen. Sie verlangen Sonderrechte für Muslime in Deutschland, lehnen aber die Minderheitenrechte für Kurden in der Türkei oder für Christen in der arabischen Welt. Selbst viele muslimische Intellektuelle und Journalisten sind in diesen Sippen verhaftet und werben ständig um Verständnis für den Islam und die Parallelgesellschaft statt ihre Leute mit Kritik herauszufordern. Selbst wenn diese Kritik manchmal kommt, ist sie oft leise und relativiert sich nach zwei Sätzen, indem die Debatte in Richtung Kampf gegen Islamophobie driftet.

Migrantenkinder der zweiten und dritten Generationen wissen ganz genau was schief läuft in der Erziehung und in den Communities, und haben selbst oft darunter gelitten, nehmen aber ihre Leute sippenhaft in Schutz wenn Kritik von außen kommt. Statt Selbstkritik zu üben, geben sie den anderen die Schuld für die Misere. Die Frauenhäuser sind voll von entrichteten muslimischen Frauen, aber viele gebildete Muslimas machen eher Kampagnen für das Kopftuch und Burkini. Statt sich vom Joch der patriarchalischen Tradition zu emanzipieren, starten sie Initiativen und Projekte, um einen Propheten, der Frauen als Kriegsbeute nahm und ein sechs-jähriges Mädchen heiratete, als Vorbild für den modernen Menschen zu rehabilitieren!

Ich sage euch, ihr seid Feiglinge und Heuchler! Ihr seid keine freie mündige Bürger, sondern Untertanen eurer Religion und eurer Community! Und wenn ihr genauso vehement gegen die Missstände in eueren eigenen Reihen vorgehen würdet wie gegen Islamkritik, wäre diese Kritik überflüssig! Wenn ihr mehr Mut zeigen würdet statt Opferhaltung, wäre die Gesellschaft reicher. Wenn ihr euch für die Freiheit aller einsetzen würdet, statt nur Sonderbehandlung für euch zu verlangen, wäre viel gewonnen