Offener Brief: Was JvM Vorstand Thomas Strerath missverstanden hat

Die CDU hat für den Bundestagswahlkampf 2017 die Agentur Jung von Matt engagiert. Deren Vorstandsmitglied Thomas Strerath äußert sich nun in einem Gastbeitrag in Horizont über das Scheitern der Kampagne. Hier ist meine Antwort an ihn.

Lieber Thomas Strerath,

ich habe Ihren Gastbeitrag in Horizont über das Scheitern der CDU-Kampagne gelesen und bin erschüttert über so viele Fehleinschätzungen. Die gravierendsten aus meiner Sicht darf ich kurz darlegen.

Das Missverständnis der CDU

Angela Merkel und die beiden Peters – Tauber und Altmaier – haben 2013 völlig verkannt, dass es bei der damaligen Bundestagswahl eine konservativ-liberale Mehrheit gab. Sie haben diese übersehen, da sich diese nicht im Parlament wieder spiegelte – FDP und AfD scheiterten beide knapp an der 5% Hürde und damit waren rund 10% der Wähler nicht im Parlament vertreten.

Im Zuge dessen schwenkte die CDU, befeuert von einem durch Medien beschworenen linken Mainstream, in vielen Politikfeldern auf einen Kurs links von der Mitte. Dass dieser Kurs aber nicht der Mehrheitsmeinung in Deutschland entsprach und entspricht wurde dabei von der CDU Führung nicht gesehen.

Und selbst wenn es erkannt worden wäre, bleibt die Frage, ob die CDU vor der Wahl zu einem Kurswechsel bereit gewesen wäre. Unter Merkel wohl kaum.

Sie hatten von Anfang an keine Chance.

Das AfD Missverständnis

Genau so fatal ist aber auch Ihr AfD Missverständnis.

Sie arbeiten sich in Ihrem Gastbeitrag an deren Personal ab. Fragen sich, warum die die Partei angesichts einer Frauke Petry gewählt werden konnte – nur dass die Spitzenkandidatin im Wahlkampf faktisch nicht in Erscheinung trat. Sie erwähnen von Storch – geschenkt, denn außerhalb Ihrer twitter-Filterblase kennt sie kein Wähler. Meuthen und Weidel – taugen kaum als Negativbeispiele. Bleiben Höcke oder Gauland – beide in der Tat in einer problematischenn völkisch-nationalistische Ecke. Aber alles Geschenkt: Es wählt kaum jemand die AfD wegen ihres Personals – ganz im Gegenteil, die AfD wird trotz dieses Personals gewählt.

Eben als Protest gegen den beschriebenen Kurswechsel der CDU. Und so kann mit Recht Angela Merkel als die Mutter der AfD bezeichnen.

In einem Punkt sind wir aber beisammen: auch die dauernden Angriffe auf die AfD aus dem politischen und medialen Establishment haben die AfD weiter wachsen lassen.

Das doppelte Datums Missverständnis

Sie schreiben

Wir haben früh verstanden, dass der große Unterschied zwischen klassischer Marken- und Kampagnenarbeit für kommerzielle Kunden und politischen Kampagnen in der absoluten Fokussierung auf diesen einen Tag besteht. D-Day, da zählt es, da kommt es darauf an.

Sie geben weiter zu, sich zunächst im Datum geirrt zu haben. Der D-Day sei für Sie der 3. September, das Datum des TV-Duells, gewesen. Zum einen war aber klar, dass Schulz für Merkel kein echter Gegner sein würde. Und wenn der 3. September der D-Day war – was machen Sie in den drei Wochen bis zum 24. September? Eben. Und Ihrer Kampagne hat man diese Leere auch angemerkt.

Ihr grundsätzliche Annahme mit dem D-Day ist aber eine Fehleinschätzung. Eine Wahl ist eigentlich nichts anderes als das Ausstellen eines Zeugnisses. Versetzung gut geschafft, gerade eben so oder eben nicht. Mit etwas Glück gibt es vielleicht eine Nachprüfung. Jeder Schüler weiß, dass es auf das ganze Schuljahr ankommt – und das Zeugnis dokumentiert nur diese Leistungen.

Ihre Kampagne hätte daher über 100 D-Days gebraucht – denn jeder Tag des Wahlkampfs ist D-Day. Zu Ihrem Glück haben das auch die meisten anderen Parteien nicht so gehandhabt. Nur AfD und FDP führten Wahlkämpfe, die jeden Tag neue Akzente setzten und einen fulminanten Schlussspurt ablieferten.

Angesichts dieses Fehlers können Sie froh sein, dass Merkel die Nachprüfung im Fach Jamaika-Verhandlungen überhaupt erreicht hat.

Das Filterblasen Missverständnis

Sie schreiben weiter , dass Sie den Auftrag angenommen haben, da Ihnen

die erstarkende AfD, der erstarkende Protest und der erstarkende Nationalismus Mitte 2016

Sorgen gemacht haben.

Damit wird deutlich, dass Sie das eingangs erwähnte Grundproblem, nämlich dass der Kurswechsel der CDU die Ursache dieser Entwicklungen war, auch nicht gesehen haben. Sie sind vielmehr aus der Sicht ihrer Filterblase an die Sache herangegangen. Ihre riesengroße Hamburg / Berlin / twitter / linksliberal Filterblase, die den Blick auf das Deutschland trübt, das wirklich die Wahl entscheidet. Die Provinz.

Haben Sie sich einmal in eine Pfälzer Weinstube gesetzt und den Menschen zugehört? Sind Sie ins dunkelbraune Sachsen gefahren und haben dort am letzten Kiosk im Ort ein Dosenbier mitgetrunken? Wanderten Sie durch verfallende Straßenzüge in Gelsenkirchen und haben dort das Gespräch gesucht?

Sicher nicht. Sonst wäre ein Hashtag wie #fedidwgugl nie entstanden. Dass Sie wenigstens nicht hier von Ihren Auftraggebern gestoppt wurden, habe ich übrigens nie verstanden.

Aber vielleicht hatten alle viel zu viel Respekt vor dem allwissenden Werber.

Mit ehrlichen und herzlichen Grüßen,

Ihr Severin Tatarczyk

#fedidwgugl in der Sixt Version

Sixt gibt dem unsäglichen CDU Hashtag #fedidwgugl (für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben) eine ganz neue Bedeutung:

für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.