Der Israel-Iran Fail des ZDF – oder warum wir uns über mehr Antisemitismus nicht wundern dürfen

„Israel ist ein Feind des Irans.“ twittert das Team von „ZDF heute“ – und nimmt dabei eine gefährliche Wertung vor.

Denn ist es nicht der Iran, der Israel – der einzigen Demokratie im Nahen Osten – und den Juden jegliches Existenzrecht abspricht? Richtig wäre also der Satz „Der Iran ist ein Feind Israels“.

So handelt es sich aber um eine Verfälschung der Tatsachen und ein antiisraleisches und antisemitisches Framing.

Erschütternd finde ich aber, dass nach zwei Tagen und zahlreicher Kritik an dem tweet keine Richtigstellung oder Reaktion des ZDF erfolgt ist.

Über mehr Antisemitismus in Deutschland dürfen wir uns so nicht wundern.

Update: 14. Februar 2019:

Der tweet wurde inzwischen gelöscht. Eine Klarstellung des ZDF habe ich bislang aber nicht gefunden.

Was bedeutet Alexleediaz?

Im Gaming Bereich ist Alexleediaz eine Bezeichnung für einen sehr guten Spieler, meist Pro-Gamer.

Wer oder was steckt hinter dem Hashtag #LangstreckenLuisa?

Der Hashtag #LangstreckenLuisa bezieht sich auf Luisa Neubauer, die ein Mitglied der Reemtsma Familie ist. Die Klimaaktivistin ist auf twitter und in anderen sozialen Netzen in der Kritik, da sie ausweislich ihres Instagram Accounts ausgedehnte Fernreisen unternommen hat, obwohl sie dafür eintritt, dass „Öl im Boden bleiben“ soll.

Übrigens, Spitznamen von Politikern finden Sie hier.

Dokumentiert: Zeitungen, auf die die SPD heimlich und indirekt Einfluß nimmt

Dieser Artikel wurde auf Tichys Einblick gelöscht, ist aber z.B. noch in der WayBack Machine aufzufinden.  Zu den Hintergründen der Löschung lesen Sie hier. Ich hatte den Beitrag hier dokumentiert, wurde aber gleichfalls zur Lösung aufgefordert.

 

Taten statt streiken – ein kleiner Kommentar zu den #FridaysForFuture

Inzwischen sollte es eigentlich jeder mitbekommen haben – inspiriert von Greta Thunberg bestreiken weltweit Schülerinnen und Schüler freitags die Schule und demonstrieren unter dem Motto #FridaysForFuture für mehr Klimaschutz.

Im Grundsatz finde ich, dass das eine gute Sache ist. Unabhängig davon, wie groß der Einfluss des Menschen auf den Klimawandel ist, ist dieser eine große Herausforderung. Und überhaupt sollte man einen Planeten, auf dem man gerade lebt, nicht aus reiner Profitgier oder Bequemlichkeit schädigen – zumindest so wenig wie möglich.

Gleichwohl sehe ich die Schulstreiks kritisch, aus mehreren Gründen.

  1. Glaubwürdig auf das Problem des Klimawandels hinweisen kann man mE nur, wenn man sich selbst im Rahmen seiner Möglichkeiten vorbildlich verhält. Greta Thunberg lebt es vor: sie verzichtet z.B. auf Fleisch und auf Flugreisen. Wenn ihr jetzt von gewissen Kreisen vorgeworfen wird, so ernst könne es ihr ja nicht sein, sie habe ein Sandwich aus einer Plastikverpackung gegessen, geschenkt: Du kannst der normativen Kraft des faktischen eben nicht immer entgehen.
    Also liebe Schülerinnen und Schüler: lebt auch das, wofür Ihr demonstriert. Der Einfachheit halber habe ich hier 10 Tipps dazu zusammengestellt.
    Und denkt immer dran: Ihr nehmt zu Recht nicht ernst, wer Wasser predigt und Wein trinkt.
  2. „Intelligenz geht nicht auf die Straße, Intelligenz gestaltet.“ Das hat mir einmal sinngemäß ein sehr kluger Mensch vor über 30 Jahren gesagt. Ich denke immer noch über diesen Spruch nach und bin mir nach wie vor nicht sicher, wie ich diesen einordnen soll. Hier passt er aber. Auf das Problem des Klimawandels hinzuweisen ist ein hehres Anliegen. Aber noch glaubwürdiger wäre es, wenn ihr nicht einfach einen Wohlfühl-Streik hinlegen würdet und damit Euer Gewissen beruhigt, sondern derweil auch was für die Umwelt machen würdet, auch dazu habe ich hier 10 Anregungen. Ihr würdet damit vielen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, noch mehr Aufmerksamkeit erzielen und wirklich was für die Umwelt tun.
  3. Nach wie vor unsicher bin ich, ob es richtig ist, die Aktionen – also die #FridaysForFuture – während der Schulzeit durchzuführen. Ja, sicher, das gibt mehr Awareness. Und es ist auch legitim, auf jeden Fall, wenn Ihr in der Zeit was effektiv für die Umwelt macht, siehe vor. Aber vielleicht wäre es wirklich besser, in der Schule aufzupassen, einen tollen Abschluss zu machen, dann Physik zu studieren und den Warp Antrieb zu erfinden. Oder so.
  4. Zudem stört mich, dass Forderungen gestellt werden – Stichwort Kohleausstieg – ohne zu erklären, wie diese erfüllt werden sollen.

Ein sehr geschätzter twitter Kontakt meinte zu dem Thema und meiner Kritik:

Befürchte, der Fehler liegt im Vergleich zwischen generellen Verhaltensregeln mit einer Maßnahme zur Schaffung von Wahrnehmung. Bin gespannt, wie du das auflöst.

Es ist eigentlich ganz einfach: Es ist wichtig, dass man für Wahrnehmung dieses Themas sorgt. Aber dann muss man auch glaubwürdig sein. Und das wird man nur durch seine Taten und indem man selbst gestaltet und nicht nur fordert.

Der „überlegst dir zweimal, bevor du was schreibst“ tweet von Sibel Schick an Jutta Ditfurth

Da dieser tweet für viele nicht lesbar ist, aber viel diskutiert wird, dokumentieren wir ihn hier:

Einige da draußen wissen, wo ich arbeite. Sie haben die Telefonnummer und die Adresse. Das ist also kein Vorwurf, sondern etwas, was nicht auszuschließen ist. Entweder kannst du mit den Konsequenzen deiner Taten umgehen, oder du überlegst dir zwei Mal, bevor du was schreibst.

Ein paar Gedanken über den Klimawandel, Umweltschutz, Verantwortung, Greta Thunberg, Aktivismus und Anstand

Es ist keine 7.000 Jahre her, dass Großbritannien mit dem europäischen Festland verbunden war. Vor 2.000 Jahren haben die Römer weit im Norden von England Weinbau betrieben, es war damals deutlich wärmer.  Die kleine Eiszeit war eine der wesentlichen Ursachen für den dreißigjährigen Krieg.

Stetiger Klimawandel ist eine Realität, er wird von vielen komplexen Faktoren beeinflusst und ist daher nur schwer vorhersehbar. Dass der Mensch Einfluss auf das Klima hat, ist sicher. Darüber, wie groß dieser ist, von vernachlässigbar bis massiv, darüber mag man sicher trefflich streiten. Ich kenne mich nicht gut genug mit der Thematik aus, um das beurteilen zu können, auch wenn ich immerhin – im Gegensatz zu vielen anderen – Klima und Wetter zu unterscheiden vermag. Doch will ich hier an dieser Stelle keine Grundsatzdiskussion führen.

Denn unabhängig davon sollte uns eine Sache Bewusst sein: Wir als die Lebensform mit dem derzeit wohl größten Gestaltungsspielraum auf diesem Planeten haben auch die größte Verantwortung für ihn. Dabei geht es nicht nur um die Verantwortung für die viel beschworenen kommenden Generationen, sondern in erster Linie um Verantwortung für alles derzeitige Leben auf diesem Planeten, eben nicht nur das menschliche.

Klar ist daher aus meiner Sicht: Wir sollten keine Wälder abholzen, unseren Müll nicht ins Meer schmeißen und keine Klimaglase in die Luft ablassen. Und wir sollten jede Technologie nutzen, die unsere Existenz auf diesem Planeten umweltverträglicher macht. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit und gilt unabhängig davon, wie groß der Einfluss unserer Taten auf den Klimawandel ist.

Insoweit finde ich das Engagement der 16-jährigen Greta Thunberg für das Klima im Grundsatz gut und richtig. Bemerkenswert finde ich besonders, dass sie Berichten zufolge ihr Leben und das ihrer Familie unter vielen Aspekten in Sachen Klimaschutz und Umwelt geändert hat – ein gutes und wichtiges Signal.

Ich wage es aber zu bezweifeln, dass der von ihr ins Leben gerufene „Skolstrejk för klimatet“ („Schulstreik für das Klima“, „school strike for the climate“) ein richtiges und gutes Signal und Vorbild ist: Wir schwänzen die Schule, haben Spaß und fühlen uns so toll, da wir damit ja fürs Klima kämpfen – für viele ist das einfacher Wohlfühlaktivismus, der das Gewissen ohne große Anstrengung beruhigt.

Wie wäre es, wenn man nicht nur der Schule fernbliebe, sondern sich dabei auch wirklich für Umwelt und Klima einsetzen würde? Zum Beispiel Müll aus Wald, Parks und vom Bachufer wegholen. Seedbombs basteln. Bäume pflanzen. Einen Teich renaturieren. Geld für Umweltprojekte sammeln, entsprechende Ideen habe ich hier gesammelt. Und das ganze am besten auch noch in der Freizeit, damit man in der Schule fürs Abi lernt, damit man später einmal Physik studieren und dann den umweltfreundlichen Fusionsreaktor entwickeln kann. Wenn man dann noch mit dem Rad oder mit dem Bus fährt, statt Mamas SUV-Taxi zu nutzen, sich nicht immer das neueste Smartphone schenken lässt und Wanderurlaub in der Eifel macht, statt nach Mallorca zu fliegen, ist dem Klimaschutz wirklich gedient, man könnte so viel machen. Aber das wäre ja anstrengend und mit Arbeit und Verzicht verbunden. Im Ernst – bei nicht wenigen dieser Generation wäre schon viel gewonnen, wenn sie ihren Müll nicht überall herumliegen lassen würde – siehe Bild*.

Überhaupt ist es auffällig, dass viele, die sich lautstark und prominent für die Umwelt einsetzen, im eigenen Leben dann doch ganz anders handeln. Exemplarisch möchte ich nur auf den Einweg-Eisbecher der bayerischen Grünen Vorsitzenden Katharina Schulze in Kalifornien verweisen. Ihr Trip dorthin hat vermutlich ihre jährliche CO2 Bilanz fast verdoppelt. Dahingegen bemüht sich der von vielen gescholtene Blogger Don Alphonso wirklich um einen nachhaltigen Lebensstil, ohne dass er groß darauf hinweist. So kann man sich täuschen.

Doch wieder zurück zu Greta. Ich maße mir nicht an darüber zu urteilen, ob und inwieweit sie von ihrer Familie und ihrem Umfeld instrumentalisiert wird, wofür es zumindest Anzeichen gibt. Instrumentalisiert wird sie jedenfalls von vielen Journalisten und Lobbyisten, die ein 16 Jähriges Mädchen mit Asperger in eine Rolle drängen, in der es schnell überfordert sein kann. Ich finde dies unanständig.

Instrumentalisiert wird sie ebenfalls von vielen Klimaleugnern und Hetzern, die ihre Verachtung für Gretas Anliegen Klimaschutz auf ihre Person projizieren und sie besonders in den sozialen Medien angreifen und beleidigen.

Und auch das ist besonders unanständig.

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Anmerkung

* Das Bild entstand im Bonner Kottenforst, wo ich bei meinen Waldrunden immer wieder Müll finde und entsorge. Und ausweislich der Verpackungen stammt dieser im Regelfall von Schülern und nicht von älteren Zeitgenossen.

Köpfe: Victoria Hohmann

Victoria Hohmann wurde am 30. Juli 1981 in München geboren, ihr Name ist auch Victoria Hohmann-Vierheller. Sie ist eine deutsche Autorin, Verlegerin und Künstlerin.

Victoria Hohmann studierte darstellende Kunst an der adk-ulm, an der Jacques Lecoq in Paris und in Hamburg, später als Deutschlandstipendiatin Kunstgeschichte sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Germanistik und Altertumswissenschaften an der Freien Universität Berlin. 2017 gründete sie den VHV-Verlag für Literatur und Kultur in Berlin. Hohmann verbindet in ihren meistens hybriden Texten Prosa, Theatertext sowie lyrische und filmische Elemente und spielt mit gängigen Stilmitteln. Als bildende Künstlerin liegt ihr Fokus auf Textkunst und der Verwendung von Sprache als Material.

Kurzkritik: Das schwarze Schiff

Bücher von Phillip P. Peterson lese ich immer gerne, so dass ich mich auch über „Das schwarze Schiff“ gefreut habe.

Die Story in Kürze: ein Kampfraumschiff wird schwerst beschädigt und die Besatzung kann sich auf ein riesiges Alien-Schiff retten, wo sie von der Bord-KI freundlich aufgenommen wird und zum nächsten menschlichen Stützpunkt gebracht werden soll. Während der langen Flugzeit beginnen sie das Schiff zu erkunden, bis plötzlich ein Besatzungsmitglied nach dem anderen getötet wird.

Und wie immer bei meinen Kurzkritiken ist hier mit der Handlung Schluss. Anfangs macht das Buch richtig Spaß, ist flott geschrieben und leicht lesbar. Die zusehends düstere Atmosphäre des Alien-Raumschiffs wird gut rübergebracht. Und dann kommt der Bruch: die Story wird nur noch hanebüchen und lächerlich und die Auflösung ist auf mehreren Ebenen erschreckend unlogisch. Soviel Spaß der Anfang macht, so enttäuschend ist das Ende. Ich kam mir beim Lesen vor wie auf einer Party, die gut anfängt und plötzlich richtig unangenehm wird.

Wer Peterson liebt, mag das Buch der Vollständigkeit halber lesen. Alle anderen sollten vorerst lieber die Finger davon lassen und besser zu seinen wirklich guten Werken wie z.B. Transport greifen.

Verfügbar z.B. bei Amazon, dort u.a. für Kindle (auch unlimited).

Tucholsky: Was darf die Satire?

Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.

Satire scheint eine durchaus negative Sache. Sie sagt: „Nein!“ Eine Satire, die zur Zeichnung einer Kriegsanleihe auffordert, ist keine. Die Satire beißt, lacht, pfeift und trommelt die große, bunte Landsknechtstrommel gegen alles, was stockt und träge ist.

Satire ist eine durchaus positive Sache. Nirgends verrät sich der Charakterlose schneller als hier, nirgends zeigt sich fixer, was ein gewissenloser Hanswurst ist, einer, der heute den angreift und morgen den.

Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.

Die Satire eines charaktervollen Künstlers, der um des Guten willen kämpft, verdient also nicht diese bürgerliche Nichtachtung und das empörte Fauchen, mit dem hierzulande diese Kunst abgetan wird.

Vor allem macht der Deutsche einen Fehler: er verwechselt das Dargestellte mit dem Darstellenden. Wenn ich die Folgen der Trunksucht aufzeigen will, also dieses Laster bekämpfe, so kann ich das nicht mit frommen Bibelsprüchen, sondern ich werde es am wirksamsten durch die packende Darstellung eines Mannes tun, der hoffnungslos betrunken ist. Ich hebe den Vorhang auf, der schonend über die Fäulnis gebreitet war, und sage: „Seht!“ – In Deutschland nennt man dergleichen ‚Kraßheit‘. Aber Trunksucht ist ein böses Ding, sie schädigt das Volk, und nur schonungslose Wahrheit kann da helfen. Und so ist das damals mit dem Weberelend gewesen, und mit der Prostitution ist es noch heute so.

Der Einfluß Krähwinkels hat die deutsche Satire in ihren so dürftigen Grenzen gehalten. Große Themen scheiden nahezu völlig aus. Der einzige ‚Simplicissimus‘ hat damals, als er noch die große, rote Bulldogge rechtens im Wappen führte, an all die deutschen Heiligtümer zu rühren gewagt: an den prügelnden Unteroffizier, an den stockfleckigen Bürokraten, an den Rohrstockpauker und an das Straßenmädchen, an den fettherzigen Unternehmer und an den näselnden Offizier. Nun kann man gewiß über all diese Themen denken wie man mag, und es ist jedem unbenommen, einen Angriff für ungerechtfertigt und einen anderen für übertrieben zu halten, aber die Berechtigung eines ehrlichen Mannes, die Zeit zu peitschen, darf nicht mit dicken Worten zunichte gemacht werden.

Übertreibt die Satire? Die Satire muß übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.

Aber nun sitzt zutiefst im Deutschen die leidige Angewohnheit, nicht in Individuen, sondern in Ständen, in Korporationen zu denken und aufzutreten, und wehe, wenn du einer dieser zu nahe trittst. Warum sind unsere Witzblätter, unsere Lustspiele, unsere Komödien und unsere Filme so mager? Weil keiner wagt, dem dicken Kraken an den Leib zu gehen, der das ganze Land bedrückt und dahockt: fett, faul und lebenstötend.

Nicht einmal dem Landesfeind gegenüber hat sich die deutsche Satire herausgetraut. Wir sollten gewiß nicht den scheußlichen unter den französischen Kriegskarikaturen nacheifern, aber welche Kraft lag in denen, welch elementare Wut, welcher Wurf und welche Wirkung! Freilich: sie scheuten vor gar nichts zurück. Daneben hingen unsere [44] bescheidenen Rechentafeln über U-Boot-Zahlen, taten niemandem etwas zuleide und wurden von keinem Menschen gelesen.

Wir sollten nicht so kleinlich sein. Wir alle – Volksschullehrer und Kaufleute und Professoren und Redakteure und Musiker und Ärzte und Beamte und Frauen und Volksbeauftragte – wir alle haben Fehler und komische Seiten und kleine und große Schwächen. Und wir müssen nun nicht immer gleich aufbegehren (‚Schlächtermeister, wahret eure heiligsten Güter!‘), wenn einer wirklich einmal einen guten Witz über uns reißt. Boshaft kann er sein, aber ehrlich soll er sein. Das ist kein rechter Mann und kein rechter Stand, der nicht einen ordentlichen Puff vertragen kann. Er mag sich mit denselben Mitteln dagegen wehren, er mag widerschlagen – aber er wende nicht verletzt, empört, gekränkt das Haupt. Es wehte bei uns im öffentlichen Leben ein reinerer Wind, wenn nicht alle übel nähmen.

So aber schwillt ständischer Dünkel zum Größenwahn an. Der deutsche Satiriker tanzt zwischen Berufsständen, Klassen, Konfessionen und Lokaleinrichtungen einen ständigen Eiertanz. Das ist gewiß recht graziös, aber auf die Dauer etwas ermüdend. Die echte Satire ist blutreinigend: und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen reinen Teint.

Was darf die Satire?

Alles.

Diesen Text schrieb Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel im Berliner Tageblatt Nr. 36 am 27. Januar 1919.

Aktuell ist er immer noch.