Geschichtliches Ereignis: Heidelberger Spargelessen

Beim „Heidelberger Spargelessen“, auch „Heidelberger Spargelaffäre“ genannt, handelt sich um eine Serie von öffentlichen Protesten von Corpsstudenten in Heidelberg gegen Adolf Hitler und den Nationalsozialismus, die aber den Auflösungsprozess der Studentenverbindungen im nationalsozialistischen Deutschland beschleunigten.

Bereits seit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler 1933 gab es ein kompliziertes Verhältnis zwischen den Studentenverbindungen und der NSDAP sowie deren studentischem Ableger, dem NSDStB. Einige Verbindungsstudenten unterstützten nationalsozialistische Ideen, während andere aufgrund ihrer Traditionen und Werte dem Regime kritisch gegenüberstanden.

Am 21. Mai 1935 stellten Mitglieder des Corps Saxo-Borussia ihre Kritik öffentlich zur Schau. Während in ihrem Stammlokal, dem „Seppl“, Hitlers schon ältere „Friedensrede“ über das Radio übertragen wurde, störten sie die Übertragung durch lautes Grölen und Spottlieder über die Nationalsozialisten.

Ein paar Tage später, am 26. Mai, legten die Corpsstudenten noch einen drauf. Bei einem Spargelessen diskutierten sie lautstark darüber, wie „der Führer“ wohl Spargel essen würde und einigten sich schließlich darauf, dass Hitler aufgrund seines „großen Mundwerks“ in der Lage sein müsste, den Spargel quer zu essen.

Die Reaktion der Nazis folgte prompt: Das Corps Saxo-Borussia wurde umgehend verboten, die beteiligten Studenten wurden von der Universität relegiert. Dies löste unterschiedliche Reaktionen in den anderen Verbindungen aus, von Empörung über die Zurschaustellung bis hin zu Furcht vor Repressionen.

ie unmittelbaren Auswirkungen des mutigen, wenn auch leichtsinnigen Handelns der Corpsstudenten waren brutal und entschlossen. Das Corps Saxo-Borussia wurde sofort verboten, seine Mitglieder von der Universität relegiert. Einer der Hauptakteure, Henning v. Quast, musste sogar eine zeitweilige Verhaftung über sich ergehen lassen. Man kann sich kaum das Ausmaß der Angst und Verwirrung vorstellen, das durch diese abrupten Maßnahmen hervorgerufen wurde.

Die Reaktionen anderer Studentenverbindungen auf die Geschehnisse waren genauso vielfältig wie die Studierendenschaft selbst. Während an einigen Orten das Unbehagen über das NS-Regime zu weiteren Aktionen führte – zum Beispiel das Auftreten eines Hitler-Imitators auf der Terrasse eines Marburger Corpshauses oder das Anbringen eines Bildes von Hitler auf einer Fechtattrappe – gab es andere Verbindungen, die sich ausdrücklich gegen diese Aktionen aussprachen.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Deutsche Sängerschaft, die sich in einer Erklärung vom zügellosen Verhalten der Corpsstudenten distanzierte. Sie prangerten das Verhalten an und stellten es in scharfen Kontrast zu ihren eigenen Mitgliedern, die „im Braunhemd für Volk und Nation den harten Dienst im Lager versahen“.

Die Presse, die weitgehend der Kontrolle der Nationalsozialisten unterlag, machte sich schnell daran, die Verbindungsstudenten zu diffamieren. Sie wurden als „reaktionär“, „dumm“ und „bourgeois“ dargestellt. Baldur von Schirach, der Reichsjugendführer, verschärfte die Kritik in einem veröffentlichten „Aufruf und Befehl“, indem er die Korporationen der Feindschaft gegen die sozialistische Nation und Verlogenheit beschuldigte.

In einer drastischen Wendung befahl Schirach im Juli 1935 allen Mitgliedern der Hitlerjugend, die zugleich einer Studentenverbindung angehörten, sich für eine der beiden Seiten zu entscheiden. Eine Doppelmitgliedschaft war nun nicht mehr zulässig.

Hitler selbst äußerte sich am 15. Juli 1935 und befürwortete den „langsamen Tod“ der Verbindungen. In kurzer Zeit folgten Verbote und Selbstauflösungen der Verbindungen und ihrer Dachverbände.

Dies markierte das Ende einer Ära der studentischen Autonomie und Traditionen, die im Deutschland des frühen 20. Jahrhunderts nicht mehr willkommen war.

Symbolbild mit Midjourney AI erstellt.

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