Alkoholiker und alkoholfreier Wein – eine Entscheidung, die gut abgewogen werden muss
Vielen trockenen Alkoholikern stellt sich die Frage, ob sie alkoholfreien Wein trinken dürfen.
Eine Frage, die von vielen Suchtmedizinern antworten aus verschiedenen Gründen zunächst mit einem klaren „Nein“ beantwortet wird. Als Argumente dagegen werden meist angeführt:
- Die meisten alkoholfreien Weine enthalten einen Rest Alkohol – bis zu 0,5% dürfen es lebensmittelrechtlich sein. Schon durch diesen kleinen Rest Alkohol würden trockene Alkoholiker getriggert.
- Da der Geschmack zu ähnlich zu normalem alkoholhaltigen Wein sei oder zumindest in ähnlichen Situationen getrunken würde, würde Lust auf mehr gemacht oder man verfalle wieder in alte Verhaltensmuster und würde dann zum normalen Wein greifen.
Restalkohol
Zum ersten Punkt ist auf der einen Seite anzumerken, dass es inzwischen auch einige alkoholfreie Weine gibt, die wirklich gar keinen Alkohol enthalten. Sie sind allerdings meist nicht so prominent gekennzeichnet wie 0,0% Biere, bei denen es in der Regel schon prominent im Markennamen vorkommt. Bei den Weinen sollte man als auf jeden Fall einen Blick ins Kleingedruckte werfen. Allerdings ist in dem Zusammenhang anzumerken, dass z.B. auch viele Obstsäfte von Natur aus Alkohol enthalten, so dass diese Problematik auch bei diesen und auch einigen anderen Lebensmitteln zu beachten ist.
Sofern man persönlich schon durch geringste Mengen Alkohol getriggert und zum Trinken animiert wird, sollte man von alkoholfreiem Wein konsequent die Finger lassen – aber eben nicht nur von dem, sondern auch von alkoholfreien Bieren und vielen Obstsäften. Das gilt insbesondere auch dann, wenn man Antabus gegen die Alkoholkrankheit einnimmt.
Getriggert durch Geschmack?
Doch was ist mit dem Triggern durch den Geschmack oder die Situation?
Die meisten alkoholfreien Weine schmecken – zumindest derzeit noch – recht anders, als ihre alkoholischen Pendants, was angesichts des Alkoholgehalts von meist zwischen 10% bis hin zu inzwischen rund 14% bei vielen Weinen ja auch nicht verwunderlich ist. Die meisten gehen eher in Richtung schwerer und etwas weniger süßer Traubensäfte, insbesondere Rotweine. Weißweinen nähern sich schon mehr ihrem Vorbild an, da hier die Säure geschmackbestimmend ist. Dennoch ist es eigentlich eine ganz eigene Getränkekategorie.
Unter dem Aspekt des Getriggert-Werdens durch den Geschmack halte ich daher manche alkoholfreie Weine sogar für weniger problematisch als alkoholfreie Biere, die ihren Vorbildern oft schon sehr nahe kommen.
Dass Sie ansonsten natürlich Situationen vermeiden sollten, die Sie früher zum Trinken verleitet haben, ist klar, solange Sie die Sorge haben,
Sich selbst selbstkritisch hinterfragen
Ich selbst bin trockener Alkoholiker und trinke gerne mal zum Essen einen alkoholfreien Wein als reines Genussmittel. Mich persönlich hat es noch nie getriggert und es hilft mir, trocken zu bleiben, da ich auf einen geschätzten Geschmack nicht verzichten muss.
Das ist allerdings meine ganz persönliche Einstellung und meine Art des Umgangs damit. Wenn Sie das Gefühl haben, dass z.B. der Restalkohol oder der Geschmack auch von alkoholfreiem Wein Sie zum Trinken verleitet, sollten Sie auf jeden Fall darauf verzichten.
Fazit
Grundsätzlich ist die Frage, ob man als trockener Alkoholiker alkoholfreie Weine trinken darf, also eine sehr persönliche Entscheidung, die Sie vorsichtig abwägen und im Zweifel mit Ihrem Therapeuten oder Arzt besprechen sollten.