Gastbeitrag: Eine Erwiderung auf meinen Artikel, wie viele Geschlechter es gibt

In meinem Beitrag über die Frage, wie viele – insbesondere biologische – Geschlechter es gibt, lege ich dar, dass es zwei biologische Geschlechter gibt. Ein twitter Nutzer hat dazu eine andere Meinung und diese in einem Thread dargelegt, den ich hier mit seinem Einverständnis dokumentiere.

Ich weiß, wie der Satz „dass es zwei biologische Geschlechter in einem breiten Spektrum einerseits […] gibt“, gemeint ist. Er ist jedoch nicht nur unpräzise, sondern so wie er da steht, falsch.

Dass es den phänotypisch eindeutigen Mann bzw. die eindeutige Frau nicht gibt, ist, da wir nicht identisch aussehen, keine Erkenntnis, aus der ein Spektrum der Geschlechtsphänotypen (nicht Geschlechter) geschlussfolgert werden könnte, sondern logisch zwingend. Das ändert aber nichts daran, dass n = 1.000.000 zufällig ausgewählte, fortpflanzungsfähige, nackte Individuen in einem Raum jeweils mit 100%iger Sicherheit sagen können, ob sie sich mit ihrem jeweiligen Gegenüber grundsätzlich fortpflanzen können, oder nicht.
Auch die teilweise anzufindenden Ausführungen zu hormonellen Spektren, die sich zunächst hochwissenschaftlich geben, letztlich aber semantische Nebelkerzen sind, ändern nichts an der grundsätzlichen Dichotomie.
Regelmäßig lauten diese Beiträge wie folgt:

Hormon XYZ auch bei Männern gefunden. Schlussfolgerung: dass mit Mann und Frau ist doch komplizierter, Spektrum, blablabla.

Das ist allerdings logisch wieder zum Kopf auf die Tischplatte-Schlagen.
Aus dem Umstand, dass ein biologisches Merkmal, welches die Wissenschaft bislang für. ausschließlich oder überwiegend bei Männern vorkommend gehalten hat, nun auch bei Frauen gefunden wurde, lässt sich nur eine einzige korrekte Aussage schlussfolgern:

Das ursprüngliche Differenzierungsmerkmal ist keines.

Es folgt kein geschlechtliches Spektrum, es folgt keine zusätzliche Komplexität, es folgt nur logisch: sorry, war falsch. Das Merkmal ist zur Differenzierung nicht bzw. nicht ausreichend geeignet und halt bei allen Menschen vorhanden.

Dass es männlich aussehende Frauen und weiblich aussehende Männer gibt, ist auch keine neue Erkenntnis. Das wissen wir alle. Wie das jeweilige Merkmal konkrete eingeordnet wird, richtet sich grundsätzlich nach drei Maßstäben:

1. Dem auf Beobachtung (siehe oben, nackte Leute) basierenden und im allgemeinen Sprachgebrauch reflektierten Konsens, dass es n=2 Kategorien gibt: männlich und weiblich.
2. Dem jeweiligen soziokulturellen Bias, welche Merkmal in welcher Intensitätsaussprägung als besonders m oder w eingeordnet werden.
3. Der individuellen Korrektur dieser beiden Maßstäbe aufgrund persönlicher Neigungen.

Ich mag zwar keine Analogien, aber denke, dass die folgende recht gut funktioniert:

heiß und kalt.

Wir wissen aus der Erfahrung, dass es sich um zwei sensorisch wahrgenommene, unterschiedliche Reize handelt, die in unterschiedlicher Intensität vorkommen, aber stets eindeutig zugeordnet werden können. Die jeweilige regionale Prägung (ich lebe in der Sahara vs. ich bin Inuit) dürfte bei der Beurteilung von Temperaturen und der Einordnung in die beiden Kategorien heiß und kalt zumindest innerhalb der tolerablen Temperaturen zu unterschiedlichen Aussagen führen. Gleichwohl würde dies nichts an der Existenz der beiden Kategorien ändern. Was aktuell jedoch geschieht ist, dass Leute unterwegs sind, die Inuit und Sahara-Bewohner dazu zwingen möchten, 45 Grad Celsius „kalt“ zu nennen und bei der entsprechenden Temperatur zwei Eisbärenfelle und eine Mütze zu tragen.

Das ist der biologische Aspekt. Es gibt dort ein Spektrum phänotypischer Ausprägungen der jeweiligen dichotomen(!) Merkmale. Aber das ändert nichts an dem Raum mit den nackten Leuten.

Die Diskussion des sozialen(!) Geschlechts ist hiervon überwiegend(!) unabhängig. Weshalb nur überwiegend? Weil unsere Physis unmittelbaren Einfluss auf unser Sozialleben hat. Aber grundsätzlich sollte hier gelten: jeder nach seinem Gusto soweit die Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden. Von mir aus können wir da gerne jedes klassische Rollenbild schon morgen über den Haufen werfen. Wir werden allerdings im Hinblick auf Schutzräume, Schutzrechte, Gleichstellung etc. aufgrund der Geschichte und unserer unterschiedlichen Physis nicht ohne Berücksichtigung des biologischen Geschlechts auskommen.

Puh, das sollte gar nicht so viel werden…😅

P.S.: die vermeintliche biologische Komplexität, die argumentativ (aber leider IMMER ohne entspr. Beleg) pro Spektrum im Detail angeführt wird, ist existiert nicht. Während die jeweils biologischen Mechanismen komplex sein mögen, ist die Kategorisierung einfach, da willkürlich.

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