Dokumentiert: Der SPD Austritt von Florian Post

Hier dokumentieren wir das Schreiben, mit dem Florian Post begründet, dass er aus der SPD ausgetreten ist.

 

München, 24.08.22

Lieber Christian Köning,

hiermit erkläre ich meinen Austritt aus der SPD.

Ich habe lange mit mir gerungen, da man als langjähriger Bundestagsabgeordneter neben politischen Kontakten selbstverständlich auch persönliche Freundschaften innerhalb der SPD aufbaut und ein nicht unbedeutender Teil meines bisherigen Lebensweges mit der SPD
verknüpft ist. Den Basis-Mitgliedern in meinem ehemaligen Wahlkreis München-Nord bin ich nach wie vor sehr verbunden und werde entstandene Freundschaften wie zum Beispiel zu unserem Alt-Oberbürgermeister Christian Ude, der zweimal als mein politischer Wahlkampfleiter bei Bundestagswahlen wirkte, weiter pflegen.

Ich muss leider feststellen, dass in der SPD allgemein und in der Münchner SPD im Besonderen eine Entfremdung zwischen der heutigen Funktionärsschicht einerseits und der Mehrheit der Mitglieder, den noch verbliebenen Stammwählern und den massenhaft abgesprungenen Ex Wählern andererseits entstanden ist, die sich nicht mehr überwinden lässt und deren Überwindung auch nicht angestrebt wird.

War die Münchner SPD zusammen mit Oberbürgermeistern wie Hans-Jochen Vogel, Georg Kronawitter und Christian Ude nicht nur bei Wahlen, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung die „München-Partei“ und gerade auch für bürgerliche Schichten eine wählbare Partei, muss sie sich seit geraumer Zeit mit Platz 3 begnügen und hat es sich auf diesem Platz auch ganz offensichtlich dauerhaft eingerichtet. Sie will gar nicht mehr, vor allem verlorene Mitstreiter, zurückgewinnen! In München wird die Massenabwanderung der Wähler nicht einmal zur Kenntnis genommen.

Früher setzte sich die Münchner SPD selbstverständlich für Handwerker, Gewerbetreibende und Gastronomen ein. Heute feiert man stolz, dass sie für diese Gruppe die Parkgebühren um mehrere hundert Prozent verteuert hat.

Dies ist nur eines von mehreren Beispielen, die ich anführen könnte. Dies würde jedoch den Rahmen eines Briefes sprengen. Früher fühlten sich Trachtler, Schützen und Jäger, Eigenheimer und Schrebergärtner noch wohl in der SPD. Heute erfahren Sie Hohn, Spott und Ablehnung. Mit dem Versuch, kleinsten Minderheiten nachzueifern, statt Mehrheiten anzustreben, mit denen sich dann übrigens auch Minderheitenschutz durchsetzen lässt, wird aus der früher mehrheitsfähigen Volkspartei selbst eine skurile Minderheit.

Dies ist ein fataler Irrweg, der in den politischen Untergang führen wird!

Eine riesige Mehrheit aller Menschen, die täglich ihrem Beruf nachgehen und sich um ihre Kinder kümmern sind befremdet, dass Gender-Sternchen und Gender-Beauftragte für Kitas plötzlich das Wichtigste sein sollen.

Die SPD will gar nicht wissen, wie ihre früheren Wähler denken und sie hat gar nicht mitbekommen, dass die Anhänger der neuen Rituale längst eine andere politische Wahlheimat gefunden haben.

Die Münchner Bevölkerung besteht in der Mehrheit aus Mieterinnen und Mietern, für die es sich mit größten Anstrengungen einzusetzen gilt.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass man Menschen, die es durch jahrzehntelange Anstrengung zu Wohneigentum in München gebracht haben, nun als Millionäre diffamiert, die man mit einer Vermögenssteuer, die als Substanzsteuer wirkt, wieder um ihr Eigentum bringen will.

Gleiches gilt für deren Erben, die oftmals gezwungen sind aufgrund der Erbschaftssteuerbelastung zu verkaufen, da gerade in München Wohnungen, aber auch kleinere Häuser wie sie in Moosach, Feldmoching, Hasenbergl, Freimann, Milbertshofen und anderen Stadtbezirken zu finden sind, schnell die Millionengrenze überschreiten. Ergebnis: Spekulanten kaufen, reißen ab, bauen und vermieten neu, was die Mietspirale nur noch weiter antreibt. Eine linke Ideologie innerhalb der SPD verbietet jedoch eine pragmatische Lösung dieses Problems. Daher ist es auch kein Zufall, dass seit dem letzten Wahlparteitag der Münchner SPD, diese bis auf wenige Ausnahmen von einer linken Juso-Truppe geführt wird und einer der stellvertretenden Vorsitzenden und heutige Stadträtin sich noch vor der Kommunalwahl in den sozialen Medien selbst mit den Worten „linke Extremistin“ beschrieb. Derartige Personen sind sicher nicht in der Lage, Mehrheiten in der Münchner Bevölkerung anzusprechen und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Auf Bundesebene gilt dies neben vielen anderen
für Generalsekretär Kevin Kühnert (im November 2019 Schöpfer der Kampfparole „an Nikolaus ist Groko aus“), der wiederum für einen Opportunismus steht, der seines Gleichen sucht. Andere brauchen für eine solche Wandlung Jahrzehnte, Kevin Kühnert nur Monate.

Wie aber Personen mit einer derartigen beruflichen und politischen Vita glaubhaft zur Führung einer Arbeiterpartei gehören und Wähler überzeugen wollen, erschließt sich mir nicht.

Dies alles lässt mich zu dem Ergebnis bzw. zu der Einschätzung kommen, dass die SPD für Menschen mit gewöhnlichen Alltagssorgen keine wählbare Partei mehr ist, der politische Niedergang gerade der Münchner SPD nicht mehr umkehrbar ist und ich persönlich in einer solchen Partei auch kein Mitglied mehr sein kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Florian Post

Bundestagsabgeordneter 2013-2021

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