Meinung: Präsenzunterricht ist unverzichtbar – auch während der Pandemie

Muss vielleicht mal jemand eine Lanze für das Schulministerium brechen?

Jemand vielleicht, aber nicht ich. Oder doch?

Ein Gewissenskonflikt.

Schelte in Richtung Ministerium ist wohltuend, reinigend, aber leider auch wenig zielführend, da man sich des Eindruckes nicht verwehren kann, dass sämtliche Vorschläge von der schulischen Basis ungehört verhallen. Und dennoch: Es gibt zur Schule keine Alternative, keinen Plan B. Wenn es solches gäbe, hätten wir schon längst in den Jahrzehnten der Pflichtbeschulung alternative Lernformen und Lernsettings kennengelernt, die eine Alternative zum Schulbesuch darstellen.

So schlicht und ergreifend Sie meine verkürzte Darstellung finden mögen, Präsenzunterricht ist eben alternativlos. Und damit stimme ich dem Schulministerium in vollem Umfang zu.

Ohne Frage: Wir wären in der Lage, Unterricht auch wieder auf Distanz zu erteilen, Microsoft TEAMS sei Dank. Die Pandemie hat uns digital so manches gelehrt. Und auch wenn ich jetzt Gefahr laufe, sämtliche Veganer gegen mich aufzubringen (was mir völlig fern liegt!), Sojahack ist eben geschmacklich nicht mit einer klassischen Frikadelle zu vergleichen und Analogkäse ist eben auch nur vom Erscheinungsbild her ein Produkt, das dem ähnelt, was wir unter Käse verstehen.

Und nur Präsenzunterricht ist ein Unterricht, der alle Komponenten von Schule berücksichtigt und eben nicht nur die Vermittlung von Wissen, die man zugegebenermaßen auch digital erledigen könnte.

Nach zwei Jahren Pandemie haben unsere Schüler so manches verlernt, das sie seit der Rückkehr des Präsenzbetriebes wieder mühsam nachzuarbeiten versuchen. Dabei geht es auch um die Vermittlung von Wissen, es geht aber vor allem um alles andere, was schulisches Lernen ausmacht: Gemeinschaft erleben, eigene Bedürfnisse erkennen, formulieren, kommunizieren und auch mal zurückstellen, miteinander streiten, sich vertragen, Einsicht zeigen, Verständnis für andere haben und demnach reagieren, Wut empfinden und kontrollieren, seinen eigenen Interessen Ausdruck verleihen und dabei nicht die Interessen der anderen aus dem Blick verlieren, das Eigentum anderer respektieren und überhaupt Respekt zu haben und von seinem Gegenüber einzufordern.

Diese Liste könnte beliebig fortgesetzt werden.

Funktioniert das alles nach zwei Jahren der Pandemie noch, nach erheblichen Phasen des Lockdowns, der Distanzbeschulung? Sagen wir so: Wir arbeiten dran……

Doch eine Erkenntnis aus den vergangenen zwei Jahren ist immer diese: Präsenzunterricht ist unersetzlich, alternativlos und sollte auch nicht mehr verhandelbar werden.

Damit wir den Präsenzunterricht aufrechterhalten können, sind einige Informationen von Nöten, die die Gestaltung der kommenden Wochen betreffen. …

So beginnt die E-Mail des Schulleiters eines großen Bonner Gymnasiums mit der er dann der Elternschaft die aktuellen Hygienemaßnahmen an der Schule vorstellt. Und inhaltlich möchte ich diesem Abschnitt und dem Loblied auf die Präsenzpflicht eigentlich auch gar nichts hinzufügen – ich wäre froh, wenn ich meine Gedanken dazu in dieser Klarheit hätte verschriftlichen können.

Natürlich weiß ich, dass sich jetzt auch der ein oder andere echauffieren wird – wie kann man nur. Präsenzunterricht ist Durchseuchung unserer Kinder. Natürlich, das Risiko, sich mit COVID-19 zu infizieren ist in der Schule höher, als wenn man sich zuhause einschließt. Aber irgendwann wird es jeden erwischen. Um es mit Jens Spahn zu sagen: Jeder wird bald geimpft, genesen oder gestorben sein.

Es mag sein, dass der Schulbetrieb zu höheren Inzidenzen führt. Angesichts der doch recht milden Verläufe durch die Omikron Variante sind die Krankenhäuse aber weit von einer Überlastung entfernt. Ein „Flatten the Curve“ ist nicht erforderlich – und das war und ist doch der Grund für die Maßnahmen.

Unterm Strich und auf lange Sicht jedenfalls wird der Präsenzunterricht an den Fallzahlen nichts ändern – doch die anderen Nachteile für die Kinder wären ungleich höher.

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