Meinung: Ein paar Gedanken zur Strafbarkeit der männlichen Beschneidung

Die männliche Beschneidung

In manchen Religionen und Kulturkreisen ist es üblich, bereits kurz nach der Geburt bei männlichen Kindern die Vorhaut am Penis ganz oder teilweise zu entfernen. Man spricht dabei von Zirkumzision, circumcisio oder einfach „Beschneidung“, hier konkret besser „männliche Beschneidung“.

Ist die männliche Beschneidung Körperverletzung?

Immer wieder wird die Diskussion geführt, ob es sich – wenn die Beschneidung nicht medizinisch indiziert ist – um eine Körperverletzung handelt.

Da die Kinder – gerade unmittelbar nach der Geburt – selbst nicht in medizinische Eingriffe einwilligen können, steht in Deutschland die Einwilligungsbefugnis den Eltern als gesetzliche Vertreter zu. Diese Einwilligungsbefugnis ist bei medizinisch notwendigen Eingriffen unstrittig, wird jedoch bei medizinisch nicht indizierten Eingriffen im Regelfall verneint. Schon das Stechen von Ohrlöchern dürfte eine strafbare Körperverletzung sein, erst recht wird dementsprechend die Beschneidungen als dauerhafte körperliche Veränderung abzulehnen sein. In Deutschland ist die medizinisch nicht erforderliche Beschneidung männlicher Kinder allerdings aus religiösen Gründen explizit erlaubt, was aber juristisch auch nicht unumstritten ist.

Vorteile und Nachteile der männlichen Beschneidung

Von den Befürwortern der Beschneidung wird immer wieder vorgebracht, sie brächte nur Vorteile und keine Nachteile.

Welche Probleme können sich aber als Folge nach einer männlichen Beschneidung ergeben?

  • In nahezu allen Fällen kommen postoperative Schmerzen vor, diese vergehen allerdings nach einigen Tage.
  • In nahezu allen Fällen kommt es dauerhaft zu einem veränderten Empfinden beim Geschlechtsverkehr, wohl insbesondere einer geringeren Sensibilität des Penis.
  • Weitere postoperative Probleme, z.B. Entzündungen und Infektionen.
  • Meatusstenose, einer Verengung der Harnröhre die laut Studien bei rund 10% der beschnittenen Kinder auftreten kann (ICD 10 Code N35.9).
  • Knotenbildung der Venen
  • Verwachsungen
  • Diskutiert werden weiter mögliche psychische Traumata.

Nicht weiter vertieft werden müssen an dieser Stelle die Probleme, die sich durch nicht sachgerechte Beschneidung ergeben. Genannt werden sollen hier nur kurz nicht richtig desinfizierte medizinische Geräte, Herpesinfektionen beim Ritual des l Metzitzah B’peh (Absaugen des Blutes durch den Rabbi) oder falsch durchgeführte Schnitte, die bis zum Verlust des Gliedes führen können. Denn alle diese Fälle – nicht sachgerecht durchgeführte Beschneidungen – dürften in Deutschland ohnehin dem Strafrecht unterfallen.

Die vorgebrachten Vorteile der Beschneidung – z.B. bessere Hygiene, geringeres Infektionsrisiko, besserer Sex – werden überwiegend erst ab einem späteren Alter, meist ab oder nach der Pubertät, relevant.

Außer, dass es im Einzelfall eine medizinische Indikation gibt, also z.B. eine Vorhautverengung, gibt es also keine erkennbaren gesundheitlichen Vorteile bei der Durchführung der Beschneidung beim männlichen Säugling oder Kleinkind, die in einer Risikoabwägung die möglichen Nachteile überwiegen, insbesondere, da der Eingriff ja irreversibel ist. Die Entscheidung, ob die Beschneidung erfolgt oder nicht, sollte dem Erwachsenen oder frühestens dem mindestens 14 Jahre alten Kind vorbehalten sein.

Fazit

Das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit geht vor, religiöse Vorstellungen müssen hinter dieses zurücktreten.

Bild: Crispin van den Broeck,
Folge zum »Leben Christi«, Beschneidung Christi, 1571. Die Beschneidung Jesu wird von manchen Kirchen übrigens am 1. Januar gefeiert.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.