10 Fakten über Artikel 69 Grundgesetz

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  1. Artikel 69 Grundgesetz lautet
    (1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinem Stellvertreter.
    (2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages, das Amt eines Bundesministers auch mit jeder anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers.
    (3) Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler, auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten ein Bundesminister verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen.
  2. Der Artikel ist seit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 unverändert.
  3. Eine der wichtigsten Regelungen ist der Absatz 1, der regelt, dass der Bundeskanzler einen der Bundesminister zu seinem Stellvertreter ernennen muss. Dieser Stellvertreter wird in der Praxis Vizekanzler genannt, auch wenn das Grundgesetz den Begriff nicht kennt. Das Grundgesetz sieht nur einen Vizekanzler vor. Diskutiert wird aber, ob für den Fall der Verhinderung des Vertreters ein Stellvertreter dessen designiert werden soll.
  4. Die Ernennung erfolgt formlos. Sie kann durch Urkunde, aber auch mündlich z.B. in einer Kabinettsitzung erfolgen. Wesentlich ist, dass sie öffentlich ist und zeitnah erfolgt.
  5. Der Vertretungsfall tritt nur ein, wenn der Kanzler vorübergehend daran gehindert ist, seine Funktion auszuüben, was von ihm regelmäßig selbst festzulegen ist. Unklar ist, was passiert, wenn der Kanzler dies nicht selbst erklären kann, z.B. nach einem Unfall oder bei Entführung. Praktischerweise sollte wohl das Kabinett die Entscheidung fällen. Die Lehre schlägt außerdem noch den Vizekanzler selbst sowie das Bundesverfassungsgericht vor, die diese Entscheidung treffen sollten, was aber beides starken Bedenken begegnet.
  6. In der Geschichte der Bundesrepublik war der Vizekanzler im Regelfall der Bundesminister des Auswärtigen.
  7. Walter Scheel war der einzige Vizekanzler, der geschäftsführend das Amt des Bundeskanzlers ausübte: Nach seinem Rücktritt hatte Bundeskanzler Willy Brandt den Bundespräsidenten gebeten, ihn von seinen Aufgaben sofort zu entbinden und nicht nach Art. 69 Absatz 3 zu ersuchen, die Geschäfte weiterzuführen. Scheel führte diese vom 7. bis zum 16. Mai 1974. Kurioserweise wurde Scheel am 15. Mai 1974 zudem zum Bundespräsidenten gewählt, dieses Amt trat er aber erst am 1. Juli 1974 an.
  8. Absatz 2 regelt, dass das Amt des Bundeskanzlers auf jeden Fall mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages endet – und ebenso das Amt eines Bundesministers. Diese enge Verbindung zwischen dem Amt des Bundeskanzlers und der Bundesminister zeigt auch die weitere Regelung, dass das Amt der Bundesminister auch endet, wenn der Bundeskanzler anderweitig aus dem Amt scheidet.
  9. Der Bundespräsident kann den Kanzler und die Bundesminister ersuchen, ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers fortzuführen. Der Bundeskanzler kann dies entsprechend bei den Bundesministern tun. Sowohl der Kanzler als auch die Minister sind zur Fortführung grundsätzlich verpflichtet, es sind aber freilich andere Absprachen möglich (siehe Punkt ).
  10. Die Regelungen des Absatz I sollten bei einer Reform dahingehend konkretisiert werden, wann und wie der Vertretungsfall eintritt.

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