Offener Brief: An den Bürgermeister von Dieburg, Herrn Frank Haus

In dieser Reihe dokumentiere ich hier im Blog offene Briefe. Gerne können Sie auch Ihren hier veröffentlichen!

Dieburg: Bürgermeister der Gesetzlosen?

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Haus,

ich möchte Sie auf diesem Wege freundlich begrüßen und ebenso Sie als auch alle anderen Bürger der Stadt Dieburg, denen eine positive und nachhaltige Entwicklung unserer Stadt am Herzen liegt, aufrichtig zu einer öffentlichen Debatte einladen.

Der Anlass dafür ist folgender:

Da ich nach jahrelangem Kampf um den gesetzeskonformen und rücksichtsvollen Umgang mit den Anliegern der Gabelsbergerstraße, die permanent durch Rasereien vor ihren Haustüren geplagt werden, keinerlei Verständnis dafür von Ihnen erfahren habe bzw. aus Ihrer Sicht keine Notwendigkeit im Interesse der anständigen Bürger zu handeln besteht und ich auf der anderen Seite den Kampf weiterhin nicht aufgeben möchte, bin ich von Ihnen regelrecht dazu gezwungen – statt unzähliger Behördenanträge, Beschwerdebriefen bzw. Gesprächen o.ä., die offensichtlich nichts bewirken, zu schreiben bzw. zu führen – andere Lösungswege des brennenden Problems zu suchen. Dieser offene Brief an Sie ist eine andere Form der bisherigen Kommunikation, die den Vorteil hat, dass dadurch eine breite Öffentlichkeit angesprochen werden kann und gleichzeitig alle interessierten Bürger ggf. auch ihre Stellungnahme zu den betreffenden Fragen geben können.

Als ich bei den letzten Dieburger Bürgermeisterwahlen Anfang des Jahres 2017 meine Stimme Ihnen – meinem Favoriten dem Herrn Frank Haus – geschenkt habe, hatte ich gehofft, dass Sie als ehrenvoller Kandidat Ihr Wahlversprechen – das Sie mir übrigens schriftlich per E-Mail im Wahlkampf gegeben hatten – einhalten würden. Wie das wahre Leben uns so lehrt, gestaltet sich die Wirklichkeit nach den Wahlen bedauerlicherweise ganz anders als vor den Wahlen. Ich bin der Auffassung, dass es zum guten staatsmännischen Ton gehört, Wahlkampfversprechen einzuhalten, vor allem dann, wenn man mit Bürgern seiner Heimatstadt zu tun hat und als Bürgermeister wirklich etwas Gutes, Nachhaltiges für die Stadt und ihre Einwohner tun möchte und dabei auch glaubwürdig bleiben will.

Ihr Wahlversprechen bezieht sich auf die o.g. Problematik der permanenten Geschwindigkeitsüberschreitungen in dem verkehrsberuhigten Bereich in der Gabelsbergerstraße. Sie haben mir damals am 15.02.2017 geschrieben:
„(…) Ich stimme Ihnen zu, dass die Verhältnisse in der Gabelsberger Straße unbefriedigend sind, zumal diese Straße ein wichtiger Teil des Schulwegs ist, den viele Kinder nutzen, um zur Marienschule zu kommen. Ich finde es gut, dass Sie sich darüber Gedanken machen.“

Des Weiteren haben Sie kurz erläutert, welche Auswirkungen z.B. der Einsatz einer stationären Blitzanlage, Bremsschwellen bzw. Aufpflasterungen auf den Straßenverkehr hätten – und folgendes beigefügt:

„(…) Was mich in der Gabelsberger Straße aber auch stört ist, dass die markierten Parkflächen oftmals nicht beachtet werden und Autos beinahe bis an die Grundstücksgrenzen geparkt werden. Fußgänger müssen dann notgedrungen auf die Straßenmitte ausweichen.
Ich hoffe, dass sich die Situation für Sie wirksam verbessern lässt.“

Sie haben aus meiner Sicht eine bemerkenswerte 180-Grad-Wende vollzogen! Es ist bis heute von den versprochenen Verbesserungen gar nichts zu sehen.

Skandalös erscheint aus heutiger Perspektive die Verharmlosung der Verhältnisse in dem verkehrsberuhigten Bereich, insbesondere am Rande der Straße (bei ungeraden Hausnummern), wo die Fahrzeuge im Zentimeter-Abstand sowohl an den Hoftoren der betroffenen Grundstücke als auch an den Fassaden der Häuser mit hoher Geschwindigkeit vorbeifahren – dies passiert dutzende Male pro Tag – alle paar Sekunden rast ein Fahrzeug vorbei!
Wie Sie diese Situation versuchen zu bagatellisieren, zeigt das folgende Zitat aus Ihrem Schreiben vom 22.08.2019, das Sie an meinen Anwalt gerichtet haben:

„(…) Es ist jedoch trotz wiederholter Betrachtung und Prüfung nicht festzustellen, dass die örtliche Situation (…) in einem signifikanten Ausmaß von dem abweicht, was in den anderen Straßen der Stadt Dieburg vorzufinden ist. Es handelt sich um eine Binsenweisheit, dass in ausnahmslos jeder Straße von verschiedenen Verkehrsteilnehmern die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung missachtet werden;
Dies kann aber nicht dazu führen, dass über grundsätzliche stichprobenartige Kontrollen hinaus Einsätze der Ordnungspolizei oder gar bauliche Maßnahmen zu veranlassen wären. Eine andere Handhabung ist nur dort geboten, wo von einer besonderen und über das übliche Maß des mit dem Straßenverkehr verbundenen Risikos hinausgehende Gefährdungen von Verkehrsteilnehmern oder Anliegern auszugehen ist.“

Abgesehen davon, dass die angeblich wiederholte Prüfung der örtlichen Situation überhaupt stattgefunden hätte – wäre es so gewesen, hätte man schon längst mit entsprechenden Maßnahmen reagiert – muss man folgendes anmerken:
Die meisten Straßen in Dieburg sind keine verkehrsberuhigten Bereiche, wie dies in der Gabelsbergerstraße der Fall ist. Vergleiche mit anderen üblichen Straßen (z.B. Tempo-30-, Tempo-50-Zonen u.a.) sind falsch!
Hier gelten mehrere besondere Regeln, die es auf den „normalen“ Straßen nicht gibt, z.B.: Schrittgeschwindigkeit von 4-7 km/h, Fahren mit Standgas, Hochschalten- sowie Motorhochdrehen-Verbot, ausdrücklicher Vorrang für Fußgänger und spielende Kinder u.s.w.

Die nächste Frage lautet: Was ist „das übliche Maß“?
Wenn die Missachtung der Vorschriften in Dieburg die Regel ist, muss die Behörde nicht handeln, weil das „das übliche Maß“ ist? Wo soll das hinführen, wenn „das übliche Maß“ – faktisch Gesetzesbruch bedeutet – zur Regel wird? Soll jeder tun und lassen können, was er will? Dann brauchen wir kein Ordnungsamt, wenn nicht für Ordnung und Sicherheit gesorgt werden soll.

Wenn Sie diese Vergehen zur Bagatelle erklären, entbindet Sie das nicht automatisch von Ihrer Pflicht als Bürgermeister und dem Vorgesetzten der Verkehrsbehörde, nicht nur theoretisch (= passiv) z.B. durch das Aufstellen von Info-Schildern, sondern in erster Linie praktisch und aktiv dafür zu sorgen, dass die Verkehrsregeln tatsächlich eingehalten werden. Dazu gehören regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen vor Ort (keine stichprobenartige!) und gleichzeitig konsequente rigorose Bestrafung von Verstößen gegen die Verkehrsordnung.

Zudem eine entsprechende Gestaltung der Straße, die wirkungsvoll verhindert, dass es überhaupt zu Rasereien kommen kann (z.B. das Aufstellen von zusätzlichen Blumenkübel bzw. Absperrpfosten, die Verlegung der Parkplätze, die Sperrung des Durchgangsverkehrs o.ä.), sowie die Durchführung immer wiederkehrenden Aufklärungskampagnen (z.B. in Form von Flugblättern), die die Bevölkerung über die Besonderheiten eines verkehrsberuhigten Bereiches sowie über das korrekte Verhalten in der Zone ausführlich informieren.
Die Raser sind nicht nur die fremden Fahrzeugfahrer, die sich in unserer Straße „zufällig verirrt“ haben. Meine Beobachtungen zeigen, dass die meisten Raser die Nachbarn sind (!), aber auch: die Post, DHL, Pflegedienste, die Feuerwehr, die Johanniter, Krankenwagen, Lieferwagen, Klein-LKWs von diversen Dienstleistern wie z.B. UPS, GLS, Hermes, u.s.w., – die Liste könnte man fast ins Unendliche verlängern.

Wenn man Ihr Schreiben vom 22.08.2019 weiter liest, gewinnt man den Eindruck, dass Sie offenbar nicht dazu bereit sind, den krassen Missständen, die nach Ihrer Aussage in vielen Stadtteilen zum Alltag gehören, konsequent mit nötiger Entschlossenheit zu begegnen. Sie verstecken sich lieber hinter dem Ihnen als Bürgermeister zur Verfügung stehenden breit definierten Ermessen, um die fatale Untätigkeit zu kaschieren:

Zitat: „Der Einsatz ordnungspolizieilicher und baulicher Mittel orientiert sich insbesondere an den Grundsätzen der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit. Im Rahmen des insoweit ausgeübten Ermessens ist zumindest gegenwärtig die Einleitung besonderer Maßnahmen nicht beabsichtigt.“

Die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit verbunden mit dem großzügig interpretierten Ermessen werden in diesem speziellen Fall als Deckmantel benutzt, um eine tendenziell von vornherein ablehnende Haltung zu begründen. Diese negative Haltung hat ihre Wurzeln – wie ich finde – in einer seltsamen Sichtweise auf die Pflichten einer Behörde, die darauf ausgerichtet zu sein scheint, möglichst wenig zu tun, um „auf Teufel komm raus“ Kosten zu sparen. Gleichzeitig lässt sich ein sichtbares Fördern der Ignoranz sowie Gleichgültigkeit gegenüber bestimmten Bürgern beobachten: Bürger die aus Sicht der Verantwortlichen entweder scheinbar „ungefährlich“ sind (nach dem Motto: Sie werden nicht wagen, sich zu beschweren) oder der Aufmerksamkeit der Behörde „nicht würdig“ sind – weil Fremde/Ausländer/Bürger zweiten Klasse/o.Ä. – diese Bürger können einfach ignoriert werden! – Je weniger Arbeit, je weniger Kosten, umso besser! Dabei ist das Sicherstellen des Einhalten der Gesetze nur störend – und erschreckend: vielleicht auch überflüssig! (?).

Der Weg des kleinsten Widerstandes, den Sie eingeschlagen haben, führt in solchen Fällen womöglich in eine Sackgasse, die sich für Sie und Ihre Behörde als eine gefährliche Falle herausstellen könnte, falls in Zukunft etwas Schlimmes passieren sollte!

Es gibt mehrere Gesetze, die Ihnen reichlich Grundlagen bieten, um – falls der Wille dazu, sie zu nutzen, da wäre – die Ordnung in der Gabelsbergerstraße mit wenigen relativ einfachen Mitteln wiederherstellen zu können. Hier ein paar Beispiele, die übrigens auch in meinen bisherigen Behörden-Anträgen zu finden sind:

1) Gemäß Punkt 1. I. der Vorgaben zu den Zeichen 325.1 und 325.2 Verkehrsberuhigter Bereich zu Punkt 1. I. § 42 Richtzeichen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) dürfen die Straßen oder Bereiche in einem verkehrsberuhigten Bereich nur von sehr geringem Verkehr frequentiert werden und sie müssen über eine überwiegende Aufenthaltsfunktion verfügen.

2) Nach Nr. 12, 1. der Anlage 3 (zu § 42 Absatz 2) zur Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) muss jeder, der ein Fahrzeug in einem verkehrsberuhigten Bereich führt, mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

3) Nach § 30 StVO sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen bei der Benutzung von Fahrzeugen verboten. Es ist insbesondere verboten, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen und Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen. Unnützes Hin- und Herfahren ist innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn Andere dadurch belästigt werden.

4) Gemäß § 45 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten.

Anhand dieser Vorschriften, verbunden mit dem Ihnen zur Verfügung stehenden Ermessen, ist es möglich die Raserei-Plage mit allen daraus resultierenden Belastungen (erhebliche Unfallgefahr, Lärm, Abgase o.ä.) schnell und nachhaltig zu beseitigen.

Es ist mir immer noch schleierhaft, warum Sie sich weigern zu handeln, wenn Sie und Ihre Behörde mit den nachweislich katastrophalen Verhältnissen in der Gabelsbergerstraße – nach Ihrer Aussage – bestens vertraut sind:

Zitat: „(…) Sowohl die Mitarbeiter der Ordnungspolizei als auch der Unterzeichner sind mit den Verhältnissen an der Wohnadresse Ihres Mandanten bestens vertraut.“

Ich kann es mir beim besten Willen nicht erklären!
Es sei denn, es geht hier um etwas ganz anderes – nicht um die Gerechtigkeit, nicht um Glaubwürdigkeit, auch nicht um Ihren guten Ruf, um Ehre, um einen guten Willen den anderen zu helfen, um die Fähigkeit den Fehler zuzugeben, um Flexibilität, um den Mut neue Wege ohne Vorurteile zu beschreiten – sondern?
Wären Sie bereit, mir eine klare Antwort auf diese Frage zu geben?

Ich möchte Sie, Herr Bürgermeister Haus, und alle Menschen, die diesen offenen Brief lesen, dazu animieren, sich zu engagieren und Sie dazu ermutigen, sich Gedanken über diese Sachverhalte zu machen, um anschließend diverse gezielte Maßnahmen einzuleiten, die die gegenwärtige Überschrift dieses Briefes in eine positive zukunftsgerichtete Überschrift umzuwandeln erlaubt. Eine solche könnte wie folgt lauten:

„Dieburg: Bürgermeister, der für alle Bürger da ist, ohne Ausnahmen!“

Respektlosigkeit, Egoismus und Gleichgültigkeit dürfen sich bei uns in Dieburg nicht ausbreiten! Ellenbogenmentalität und egoistische Durchsetzungspraxis dürfen nicht zur Regel werden! Wir müssen dafür kämpfen, unsere Stadt von diesen destruktiven Gefühlen und negativen Verhaltensmustern gänzlich und vor allem nachhaltig zu befreien!

Mit freundlichen Grüßen,

Janusz Januszewski

Das Foto oben zeigt den Hexenturm in Dieburg.

Eine Antwort auf „Offener Brief: An den Bürgermeister von Dieburg, Herrn Frank Haus“

  1. Ein Zwischenbericht in eigener Sache

    Stand heute, Mittwoch, den 17.02.2021:

    Bis heute keine Antwort auf meinen Offenen Brief … Nix … Totenstille …
    … Monate lang …
    Problemlösung? – Fehlanzeige!
    Ignorieren lautet die Devise …
    Geschwindigkeitsmessungen? … bisher kein einziges Mal durchgeführt … nach dem Motto: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ = keine Messungen, keine Beweise, kein Problem … (?)
    Werden bestimmte Bürgerinnen und Bürger in Dieburg absichtlich übersehen? …
    Sind sie für die Behörde nicht relevant genug und können ignoriert werden? …
    Wie nennt man das, Diskriminierung? …
    Fragen über Fragen … leider keine Antworten … kein Handeln …
    … keine Lösung in Sicht …
    Wer kann mir helfen? …

    MfG
    Janusz Januszewski

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