Dokumentiert: Hinweise des Landes Baden-Württemberg zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten

Nach § 4a Tierschutzgesetz kann eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten erteilt werden.

Hier dokumentieren wir die entsprechenden Hinweise des Landes Baden-Württemberg dazu. Stand August 2019.

Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten wird von den zuständigen Tierschutz-Überwachungsbehörden vorgenommen.

Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Schächten achten die zuständigen Behörden auf nachfolgende Parameter:

1    Sachkunde des Schächtpersonals

1.1   Allgemeine Voraussetzungen

 

Angaben zur Person:

  • Name und Anschrift der sachkundigen Person/en
  • Nachweis der Sachkunde der Person, die das Schächten durchführt (Fixierung, Schächtschnitt)

Damit ist auch bei einem Antrag auf nicht berufliches oder gewerbliches Schächten durch eine Privatperson – beispielsweise anlässlich des Opferfestes – eine Prüfung der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten der Person, die das Schächten durchführen soll, erforderlich, nicht jedoch eine Bescheinigung der Sachkunde nach der Tierschutz-Schlachtverordnung. Die Überprüfung der Sachkunde kann in diesem Fall durch die zuständige Behörde vor Ort erfolgen, soweit hierfür die Voraussetzungen gegeben sind.

Bezüglich der Sachkunde der Person, die den Schächtschnitt und die Fixierung der Tiere durchführt, wird auf die Bestimmungen der Tierschutz-Schlachtverordnung verwiesen. Zudem hat eine Prüfung der persönlichen Eignung des Antragstellers in Bezug auf die besonderen Fertigkeiten des Schächtens zu erfolgen.

Hierzu sollte die Person, welche die Tiere schächtet, möglichst an einem betäubten Tier oder auf andere geeignete Weise vorführen, dass sie den Schächtschnitt beherrscht. Dabei ist auch zu prüfen, ob mit den Tieren ruhig und schonend umgegangen wird.

Eine unmittelbare Anerkennung einer in islamischen Ländern, etwa der Türkei, absolvierten Metzgerausbildung kommt nach der Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung (Tierschutz-Schlachtverordnung – TierSchlV), nicht als Sachkundenachweis in Betracht, da nicht davon auszugehen ist, dass die geforderten tierschutzrechtlichen Aspekte bei dieser Ausbildung vermittelt worden sind.

 

Der Erwerb der Sachkunde soll grundsätzlich nur in zentral durchgeführten Lehrgängen erfolgen (erweiterter Sachkundenachweis).

 

Ausnahmegenehmigungen zum Schächten können nur für Muslime bzw. muslimische

Metzger erteilt werden, nicht jedoch z. B. für deutsche Schäfer, da für letztere keine zwingenden Religionsvorschriften zum Schächten vorliegen.

 

 

1.2   Anforderungen bei beruflicher Tätigkeit

 

Sachkundebescheinigung der zuständigen Behörde, in deren Dienstbezirk das Schächten durchgeführt wird, für das Schlachten gemäß den Vorschriften der Tierschutz-SchlachtVerordnung und Prüfung der Kenntnisse und Fertigkeiten zum Schächten durch die zuständige Stelle.

 

 

2    Anforderungen an die Schlachtstätte

 

Durch Nebenbestimmungen und die Überwachung ihrer Einhaltung ist sicherzustellen, dass die Belange des Tierschutzes so weit wie möglich gewahrt werden. Dazu sind gegebenenfalls Nebenbestimmungen hinsichtlich der Räume, Einrichtungen und Hilfsmittel zu treffen. Haus- und sonstige Privatschlachtungen, bei denen ein ordnungsgemäßes Schächten häufig nicht gesichert ist und die infolgedessen zu besonders Anstoß erregenden Leiden der Tiere führen können, sollen auf diese Weise möglichst unterbunden, Schlachtungen in zugelassenen Schlachtbetrieben stattdessen angestrebt werden.

 

Das Schächten ist daher in der Regel nur in Schlachtbetrieben zu gestatten.

 

Außerdem ist die Einhaltung der fleischhygienerechtlichen und sonstigen Bestimmungen zu prüfen.

 

 

3    Anforderungen an die Durchführung des Schächtens

 

Zusätzlich zu den fleischhygienerechtlichen Anforderungen und den Bestimmungen der TierSchlV muss sichergestellt sein, dass

 

  • geeignete Fixierungsmöglichkeiten vorhanden sind, die gewährleisten, dass in jedem Einzelfall das Tier ohne unnötige Belastung ruhiggestellt und dadurch eine ungehinderte und sichere Durchführung des Schächtschnitts sowie eine ungestörte Entblutung ermöglicht wird (Hauptkriterien der Beurteilung),
  • für Rinder in jedem Fall eine geeignete mechanische Fixiereinrichtung vorgehalten wird; Unterlagen über die bauliche Gestaltung und Funktion der Fixiereinrichtung sind dem Antrag beizulegen; die zuständige Behörde hat vor der ersten Inbetriebnahme die Fixiereinrichtung zu prüfen, sie kann dabei zur Beurteilung der Eignung einen Sachverständigen hinzuziehen oder ein entsprechendes Gutachten einer autorisierten Stelle einfordern; Fixiereinrichtungen, die eine Rückenlage erzwingen, sind als ungeeignet abzulehnen,
  • Schafe von Hand durch Umsetzen auf die Sitzbeinhöcker oder durch Fixation auf einem Schragen im Liegen ruhiggestellt werden, wobei Fesselungen oder Griffe in das Wollvlies zu unterlassen sind; der Genickbruch im Zusammenhang mit dem Schächten ist nicht zulässig,
  • die Tiere nicht gefesselt werden,
  • die Tiere erst dann einzeln und nacheinander in den räumlich abgetrennten Schlachtbereich geführt werden, wenn alle Vorbereitungen getroffen sind und die sachkundige Person zum Schächten bereit ist,
  • eine ausreichende Anzahl sachkundiger Personen zur durchgehend ordnungsgemäßen Durchführung des Schächtens im Schlachtbetrieb anwesend ist; dabei sind auch Tätigkeiten wie die Fixation der Tiere, insbesondere der Schafe, zu berücksichtigen,
  • im Schlachtbereich unnötige Beunruhigungen der Tiere durch andere Tiere, Tierkörper, Personenverkehr, Lärm und Blutgeruch vermieden werden,
  • ein Sichtschutz angebracht ist, damit die Tiere den Schächtvorgang bei anderen Tieren nicht sehen können,
  • geeignete Messer in ausreichender Anzahl vorgehalten werden; die Länge der Messerklinge muss mindestens der doppelten Halsbreite des Tieres entsprechen; die Schneide des Messers muss gerade, sehr scharf und frei von Scharten sein; die für eine Ausführung des Schächtens mit nur einem durchgezogenen Schnitt nötige schartenfreie Schärfe des Messers ist vor jedem Schächtschnitt sicher zu stellen, ggf. ist die Messerklinge nachzuschleifen,
  • ein den Bestimmungen der TierSchlV entsprechendes, funktionsfähiges und regelmäßig gewartetes Betäubungsgerät einsatzbereit am Schlachtplatz vorgehalten wird,
  • der Schächtschnitt so angelegt wird, dass zügig mit einem durchgezogenen Schnitt alle Weichteile des Halses bis zur Wirbelsäule vollständig durchtrennt und sofort beide Halsarterien ohne deren Dehnung eröffnet werden; der Schächtschnitt hat ohne Verzögerung und ohne sägende Bewegungen mit einem raschen Schnitt zu erfolgen,
  • die Schächtwunde bis zum Abschluss des Entblutevorgangs offen gehalten wird und die Wundränder sich nicht berühren, wobei ein nachträgliches Erweitern der Halswunde zu unterbleiben hat,
  • bei Schafen die Wolle an der Schnittstelle geschoren oder durch eine zweite Person gescheitelt wird,
  • der Schächtschnitt innerhalb von 10 Sekunden nach der Fixierung des Kopfes erfolgt und dabei übermäßige Druckausübung auf das Tier vermieden wird,
  • bei Tieren mit ausgeprägtem Abwehrverhalten, bei Fehlschnitten (mangelhafter Blutfluss) oder bei absehbarer Nichtverwertung des Tierkörpers durch die Religionsangehörigen sofort eine Betäubung durchgeführt wird,
  • weitere Manipulationen einschließlich Positionsveränderungen am Tier erst nach Eintreten des klinischen Todes – bei Rindern frühestens nach 180 Sekunden, bei Schafen frühestens nach 120 Sekunden – vorgenommen werden;
  • geschächtete Tiere nicht vor Abschluss des Entblutens und damit in keinem Fall vor Eintritt der Bewusstlosigkeit aufgehängt werden.

 

 

4    Angaben zur Art und Anzahl der zu schächtenden Tiere

 

Die angegebene Tierzahl muss insgesamt und jeweils auf die Tierarten bezogen in angemessener Relation zur Größe des benannten Kundenstamms stehen.

 

Das Verhältnis von Schlachttierzahl zur Anzahl sachkundiger Personen, die das Schächten durchführen, muss angemessen sein (ggf. Festlegung der von einer Person zu schächtenden Tiere pro Schlachttag; Berücksichtigung von weiteren Tätigkeiten neben der Ausführung des Schächtschnittes).

 

 

5    Sicherstellung der Absatzwege

 

Das durch Schächten gewonnene Fleisch darf nur an Angehörige der in der Genehmigung genannten Religionsgemeinschaft abgegeben werden. Im Antrag sind ggf. Angaben des Antragstellers über Vertriebswege erforderlich, über die geschächtetes Fleisch vermarktet werden soll. Bei Verstößen ist die Ausnahmegenehmigung unbeschadet einer Prüfung im Einzelfall zu widerrufen.

 

Erfolgt eine Abgabe z.B. an Verarbeitungsbetriebe und Großküchen (z.B. Kantinen von Moscheen), hat der Genehmigungsinhaber die ordnungsgemäße Verwendung des gewonnenen Fleisches sicherzustellen. Dies kann insbesondere durch vertragliche Vereinbarungen mit den Verarbeitungsbetrieben und Großküchen geschehen. Gegebenenfalls ist mit dem Genehmigungsinhaber eine besondere Kennzeichnung des Fleisches geschächteter Tiere zu vereinbaren (schriftliche Hinweise, Etikettierung etc.). Es wird darauf hingewiesen, dass eine solche Kennzeichnung bei Rindfleisch nur im Rahmen eines genehmigten Etikettierungssystems möglich ist. Entsprechende Anträge auf Erteilung einer Genehmigung sind an die Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft zu richten.

Der Genehmigungsinhaber hat auf Verlangen gegenüber der zuständigen Behörde den Verbleib des Fleisches durch entsprechende Belege nachzuweisen.

6    Nebenbestimmungen

Durch geeignete Nebenbestimmungen in der Ausnahmegenehmigung zum Schächten ist die Einhaltung der oben genannten Forderungen sicherzustellen.

Insbesondere ist der Inhaber einer Ausnahmegenehmigung durch Nebenbestimmungen zu verpflichten, dass er Fleisch geschächteter Tiere nur an Personen abgibt, die einer Glaubensgemeinschaft angehören, die die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Eine Abgabe von Fleisch geschächteter Tiere an den freien Handel oder die Gastronomie ist nicht zulässig.

Die Schlachtkapazitäten und ggf. -zeiten sind festzulegen. Als weitere Nebenbestimmung zur Ausnahmegenehmigung ist vorgesehen, dass der Zeitpunkt des Schächtens der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde mindestens einen Werktag vor dem geplanten Schächten mitgeteilt wird.

In die Ausnahmegenehmigung ist auch ein Hinweis auf die Einhaltung sonstiger Rechtsvorschriften, insbesondere fleischhygiene-, tierkörperbeseitigungs- und arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen, aufzunehmen.

 

 

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