Gedicht: Gespräch mit den Bäumen

Den Ebnen gibst du Schatten, ernste Eiche,
Und steilen Höhn, doch lieb ich dich nicht mehr,
Seit du Zerstörern vieler Stadt und Reiche
Geschmückt mit grünen Zweigen Helm und Wehr.

Noch bist du, eitler Lorbeer, mein Begehr;
Seis, daß dein Laub das winterliche bleiche
Gefild beschäme, oder daß zur Ehr
Es kahler Römerkaiser Stirn gereiche.

Dich, Rebe, lieb ich, die aus braunem Stein
So üppig lacht und reift, mir zu bereiten
Des weisen Selbstvergessens Lebenstrank;

Mehr noch lieb ich die Tanne: glatt und blank
Schließt sie einst in vier Bretter all mein Streiten
Und Grübeln, all mein eitles Wünschen ein.

Gedicht von Giosuè Carducci, italienischer Dichter und Literaturhistoriker, Nobelpreisträger für Literatur 1906

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.