Faktencheck: Fragen und Antworten der CDU zum Migrationspakt

Die CDU hat auf ihrer Homepage Fragen und Antworten rund um den Migrationspakt veröffentlicht. Diese werden hier einem Faktencheck unterzogen.

Übrigens, hier ist eine kompakte Zusammenfassung des Migrationspakts.

Die Fragen und Antworten im einzelnen

1. Um was handelt es sich beim UN-Migrationspakt?

Es handelt sich um ein politisches Dokument der unterzeichnenden Staaten, das sich mit der Frage befasst, wie man illegale Migration verhindern und legale Migration besser steuern und ordnen kann.

Diese Antwort ist richtig.

2. Entstehen aus dem UN-Migrationspakt neue Pflichten für unser Land?

Nein. Der Pakt ist kein völkerrechtlicher Vertrag. Er ist rechtlich unverbindlich. Seine politischen Vorgaben erfüllt Deutschland grundsätzlich bereits. Sie stehen im Einklang mit den Zielen, die die CDU im Koalitionsvertrag durchgesetzt hat.

Diese Antwort ist teilweise richtig, teilweise falsch.

Es stimmt, dass der Migrationspakt kein völkerrechtlicher Vertrag ist:

„Dieser Globale Pakt stellt einen rechtlich nicht bindenden Kooperationsrahmen dar, der auf den Verpflichtungen aufbaut, auf die sich die Mitgliedstaaten in der  New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten geeinigt haben.“

Auf der anderen Seite ist im Vertrag sehr oft von „verpflichten“ und „Verpflichtungen“ die Rede und es ist zumindest eine regelmäßige Überprüfung der Umsetzung des Paktes vorgesehen:

„Wir werden den Stand der Umsetzung des Globalen Paktes auf lokaler, nationaler, regionaler und globaler Ebene im Rahmen der Vereinten Nationen mittels eines von den Staaten gelenkten Ansatzes und unter Beteiligung aller relevanten Interessenträger überprüfen. Zur Weiterverfolgung und Überprüfung vereinbaren wir zwischenstaatliche Maßnahmen, die uns bei der Erfüllung unserer Ziele und Verpflichtungen unterstützen werden.“

Insoweit ergibt sich aus dem Pakt mindestens eine Berichtspflicht.

Auch sonst ist der Pakt in vielen Bereichen so konkret formuliert, dass es keinen Sinn machen würde, wenn sich daraus keine Verpflichtungen ergäben; so findet sich z.B. in der Konkretisierung des dritten Ziels des Pakts (Bereitstellung korrekter und zeitnaher Informationen in allen Phasen der Migration) folgende Formulierung:

„Um diese Verpflichtung zu verwirklichen, werden wir aus den folgenden Maßnahmen schöpfen. Wir werden
a) eine zentralisierte und öffentlich zugängliche nationale Website erstellen und veröffentlichen, die über Möglichkeiten für eine reguläre Migration informiert…

Bei den Verpflichtungen, die sich aus Regelwerken wie dem Migrationspakt ergeben, ist unter Juristen auch oft von „Soft Law“ die Rede.

3. Was ist dann der politische Mehrwert des UN-Migrationspakts?

Der UN-Migrationspakt stärkt die internationale, regelbasierte Ordnung. Das ist ein wichtiges Interesse unseres Landes, das mehr als andere auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen ist. Die Ablehnung einer solchen Ordnung durch US-Präsident Trump ist auch der Grund dafür, dass die US-Regierung den UN-Migrationspakt nicht unterzeichnet.

Diese Antwort ist teilweise richtig, teilweise falsch.

Richtig ist, dass der Pakt die „internationale regelbasierte“ Ordnung stärkt. Diese Aussage entlarvt aber schon die vorherige Antwort als falsch.

Richtig ist weiter, dass Deutschland grundsätzlich auf internationale Zusammenarbeit angewiesen ist.

Die USA lehnen zwar den Migrationspakt in dieser Form ab. Die Behauptung, dass die USA grundsätzlich eine internationale Zusammenarbeit ablehnen, ist jedoch falsch und populistisch formuliert.

4. Hilft der UN-Migrationspakt auch bei einer gerechteren Lastenverteilung?

Ja, indem er möglichst viele Herkunfts-, Transit- und Zielländer politisch einbindet, damit sie einen größeren Beitrag bei der Reduzierung der illegalen Migration und bei der Bekämpfung von Fluchtursachen leisten.

Diese Antwort ist grundsätzlich richtig, zeigt aber auch, dass durch den Migrationspakt eben doch Verpflichtungen entstehen.

Ob der gewünschte Effekt einer gerechteren Lastenverteilung durch den Pakt aber tatsächlich erreicht wird oder ob die Last dann nicht doch wieder auf für Migration attraktiven Ländern lastet, ist fraglich und letztlich spekulativ.

5. Wird das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik zu regeln und für einen effizienten Grenzschutz zu sorgen, eingeschränkt?

Nein, ganz im Gegenteil. Im Pakt werden diese beiden Rechte der Staaten bekräftigt. Allerdings soll die Schleusung von Migranten und der Menschenhandel grenzüberschreitend bekämpft sowie das Management an nationalen Grenzen besser koordiniert werden, um illegale Migration zu verhindern.

Diese Antwort ist  richtig, soweit sie sich auf illegale Migration bezieht. Offen ist, inwieweit sich aus dem Pakt eine Verpflichtung zu einer offeneren legalen Migrationspolitik ergeben  kann – was .

6. Welche Prinzipien des UN-Migrationspaktes konnte die CDU-geführte Bundesregierung durchsetzen?

  • Wahrung nationaler Souveränität in Grenz- und Sicherheitsfragen einschließlich möglicher Strafbarkeit der illegalen Einreise.
  • Klare Trennung zwischen legaler und illegaler Migration.
  • Bekräftigung der Bedeutung von Rückkehr- und Reintegrationspolitik als Konsequenz der völkerrechtlichen Rückübernahmeverpflichtung von eigenen Staatsbürgern.
  • Keine Verpflichtung, illegalen Migranten einen legalen Status zu verleihen. Es gibt lediglich eine entsprechende unverbindliche Empfehlung für Einzelfälle, die im öffentlichen Interesse liegen und insbesondere der Integration dienen.

Keine Beurteilung möglich.

Ob die Aufnahme dieser Punkte tatsächlich nur auf das Verhandlungsgeschick der Bundesregierung zurückzuführen ist, kann ich derzeit nicht beurteilen.

7. Stimmt es, dass der UN-Migrationspakt bedeutet, dass Deutschland bis 2035 jährlich 2 Millionen Menschen aufnehmen soll und damit unsere Identität in Gefahr gerät?

Nein. Der UN-Migrationspakt enthält keine Aufnahmezusagen. Zudem fordert der Pakt, dass die Migranten die Gesetze der Zielländer einhalten und deren Gebräuche respektieren müssen.

Diese Antwort ist teilweise richtig, teilweise zumindest aber vereinfachend bzw. verkürzend.

Richtig ist, dass der Migrationspakt keine festen verbindlichen Aufnahmezusagen enthält. Allerdings fordert er auch mehr Offenheit z.B. für legale Arbeitsmigration, was ja auch in Frage 8 deutlich wird.

Weiter ist richtig, dass der Pakt auch fordert, dass Migranten sich an die Gesetze und Gebräuche des Ziellandes halten sollen. Allerdings fordert der Pakt auch an mehreren Stellen, dass die Zielgesellschaften Traditionen und Gebräuche der Migranten respektieren sollen, konkret z.B. hier:

„Wir werden … multikulturelle Aktivitäten durch Sport, Musik, Kunst, kulinarische Feste, ehrenamtliches Engagement und andere soziale Veranstaltungen unterstützen, die das gegenseitige Verständnis und die Wertschätzung der Kulturen von Migranten und Zielgesellschaften fördern.“

Ziel des Migrationspaktes ist also durchaus – ohne dies an dieser Stelle bewerten zu wollen – die Förderung multikultureller Gesellschaften.

8. Stimmt es, dass der UN-Migrationspakt sichere, geordnete und reguläre Migration stärken soll – also z. B. legale Einreisen für Arbeitszwecke?

Ja. Eines der rechtlich nicht bindenden Ziele besteht darin, Arbeitskräftemobilität zu erleichtern, aber nur im Einklang mit den nationalen Prioritäten, den Bedürfnissen des örtlichen Marktes und dem Qualifikationsangebot. Dies entspricht, was die CDU-geführte Bundesregierung im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes auf der Basis der Eckpunkte vom 2. Oktober 2018 plant.

Diese Antwort ist richtig.

9. Sieht der UN-Migrationspakt vor, dass Migranten ungeachtet ihres Migrationsstatus Zugang zu Grundleistungen erhalten sollen?

Ja. Es ist im deutschen Interesse, dass mögliche Transitländer Migranten menschenwürdig behandeln. In Deutschland gilt diese Verpflichtung bereits aufgrund unseres Grundgesetzes. Dies stellte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil am 18.Juli 2012 fest und verwies auf die Garantie der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. Darüber hinaus gehende Sozialleistungen in Deutschland werden aus dem UN-Migrationspakt nicht begründet.

Diese Antwort ist richtig, aber nicht vollständig.

Unterschlagen wird bei der Antwort jedoch, dass je nach rechtlichem Status der Migranten auch ein unterschiedlicher Umfang der Grundleistungen möglich ist.

10. Kam der UN-Migrationspakt ohne Wissen des Deutschen Bundestages zustande?

Nein. Die Bundesregierung hat im Laufe des Jahres u. a. in ihren Antworten auf mehrere Kleine Anfragen ausführlich die Fragen aus dem Parlament beantwortet. Sie hat über die Beratungen und die Zielsetzungen aus deutscher Sicht berichtet. Der Deutsche Bundestag hat sich bereits am 19. April 2018 im Rahmen einer aktuellen Stunde mit dem UN-Migrationspakt befasst. Am 8. November 2018 findet eine weitere Befassung des Deutschen Bundestages statt.

Diese Antwort ist richtig.

11. Stimmt es, dass der UN-Migrationspakt den Staaten die Pflicht auferlegt, Kritik an Einwanderung und an den UN-Migrationspakt zu unterbinden?

Selbstverständlich nicht. Ganz im Gegenteil. Die Unterzeichnerstaaten sollen im Einklang mit dem Völkerrecht das Recht der freien Meinungsäußerung schützen. Sie sollen allerdings einen offenen und auf nachweisbaren Fakten beruhenden öffentlichen Diskurs fördern. Eine Strafverfolgung als mögliche Maßnahme wird nur für Gewalt- und Hassstraftaten genannt. Dies entspricht der bereits bestehenden deutschen Rechtslage gegen Hetze, Gewalt, Beleidigungen oder Schmähkritik.

Diese Antwort ist richtig, aber vereinfachend und verkürzend.

Angemerkt sei zunächst, dass hier auch hier wieder von „sollen“ bzw. „Pflicht“ die Rede ist, was interessant in Hinblick auf den Charakter des Pakts ist.

Im Migrationspakt heißt es u.a. zu Themenkomplex der Berichterstattung:

„Wir werden … unter voller Achtung der Medienfreiheit eine unabhängige, objektive und hochwertige Berichterstattung durch die Medien, einschließlich Informationen im Internet, fördern, unter anderem durch Sensibilisierung und Aufklärung von Medienschaffenden hinsichtlich Migrationsfragen und -begriffen, durch Investitionen in ethische Standards der Berichterstattung und Werbung und durch Einstellung der öffentlichen Finanzierung oder materiellen Unterstützung von Medien, die systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gegenüber Migranten fördern.“

Dies kann tatsächlich so interpretiert werden, dass eine migrationsfreundliche Berichterstattung – auch finanziell – gefördert, eine deutlich migrationskritische hingegen sanktioniert wird.

Fazit

Einmal abgesehen von Tiefe und Qualität der Fragen – die Antworten sind im Regelfall nie ganz falsch – aber meist vereinfachend und verkürzend und lassen gerade die Aspekte aus, die zu Kritik am Migrationspakt führen.

 

 

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