THE REMAINS OF THE SWAY – oder: Was von Harvey hängen blieb… V

War noch was…?! – oder: Nachtrag (IIIb) – Was, wenn Dir die Förderchefin an die Wäsche will…

Wer beim „Vorleser“ dabei war, hat vor Augen, wie sehr sich Kate Winslet freute, wenn ihr damaliger Mann, Sam Mendes, sie zusammen mit ihren Kindern von der Arbeit am Set abholte. Nicht nur deswegen war und bleibt Kate eine Frau, bei der sich niemand mehr erhofft hätte, als von ihr zu träumen und sie zu bewundern!

In Kapitel III habe ich hoffentlich vermitteln können, dass keine irgendwie geartete Absicht meinerseits dahinter stand, als meine Hände sich in einer schematischen Reaktion und beschwipst an Mrs. Winslet „vergriffen“. Schon gar nicht hätte ich mir irgendetwas – geschweige denn Positives – ausgerechnet mit so einem Fauxpas. Es gibt Männer, die tun das. Wieso das Hinterhof-hinterher-Pfeiffen der Bauarbeiter und solcher, die keine
besseren Rollenmodelle in ihrer Sozialisierung gefunden haben, nicht längst der Evolution zum Opfer gefallen ist, bleibt ein Rätsel. Es sei denn, man orientiert sich an einer längst degenerierten Raubkatze, dem Haustiger: Es heiß, eine landläufige Katze jage unabhängig vom Hunger, weil sie sonst verhungern würde. Als Jäger*In ist sie nicht gut genug-, und die sich anbietenden Beutetiere sind als Gelegenheiten zu selten, um sich darauf zu beschränken. Eine Katze/ein Kater m u s s zuschlagen, wann immer ein Mäuschen aufkreuzt, weil sonst einfach Ebbe herrscht…

Es gibt solche Fälle. Bei Männern und bei Frauen. Die Mehrzahl der Übergriffe wird jedoch nicht ausgeübt von hoffnungslosen, verzweifelt-ausgehungerten, zwanghaften Triebtäter*Innen, sondern von schamlosen Machtmenschen. Sie erlauben sich mehr, als andere das dürften, ganz einfach, weil sie es können, weil keiner was sagt. Und wer doch etwas sagt, wird ausgelacht, ausgegrenzt, und schließlich geteert und gefedert!

#MeToo

Das Gefühl, froh zu sein, wenn die eigene Freundin/Frau/Verlobte auftaucht, kenne ich ebenso gut. Auch in einem gewissen Sinne…

Ich will hier nicht zu meiner eigenen Verteidigung ein weiteres Fass aufmachen. Aber auch als Mann kann ich mir aus Erfahrung vorstellen, was es bedeutet, in der Ausgangssituation des Schwächeren, des Abhängigen in einem ungleichen Machtgefüge, das unangenehme Gefühl der Bedrängnis zu spüren. Ich habe nämlich – selbst, als großer Fan der Frauen – die Erfahrung gemacht, dass kaum etwas anders-, geschweige denn automatisch besser läuft, wenn ausschließlich Frauen in den entscheidenden Positionen uneingeschränkter Entscheidungsvollmacht sitzen, oder auf diversen Empfängen, mit dem Champagnerglas in der Hand- und wiederum der Rolle der Gastgeberinnen, stehen…

Nicht Gastgeberin-, aber selbstsicherer Ehrengast im kleinen, elitären Kreise, war die neue Förder-CEO, als wir uns beim Abschluss der Berlinale, dem glamorösen GOLDEN BEAR DINNER zum ersten Mal über den Weg liefen. Meine eigene Freundin hatte keine Einladung. Die wenigsten dieser Events sind für die allerwenigstens von uns mit einer Ehrenkarte + 1 verbunden.
Erst nach dem inoffiziellen Nacheinlass durch die Hintertür – in den frühen Morgenstunden, würde ich endlich eine geliebte Begleiterin an meiner Seite haben.

Irgendwann davor-, aber sicherlich nach ein paar Drinks, steuerte die neue, mächtige Chefförderin auf mich zu, als ob sie mich erkannt hätte. Ich meine, ich bin zwar kein Branchen-Urgestein, aber ein oder zwei Menschen mögen schon mal von mir gehört oder im Abspann gelesen haben.

Chefredakteur Peter Huth von der Welt am Sonntag schrieb in seinem Editorial:

„Den Grad der inneren Verletzung aber bestimmt das Opfer, niemals der Täter.“

Dieser Satz wurde lebhaft diskutiert, wie die Kommentare zeigen. Insbesondere das von ihm aufgegriffene Beispiel der Berliner Staatssekretärin, Sawsan Chebli, die sich nach einer missglückten Begrüßung durch einen Botschafter a.D. „sprachlos“ schrieb und den Hashtag „Sexismus“ sehr gezielt wählte, erzeugt dabei Unmut.

Wenn ich das richtig verstanden habe, besteht das Moment(um) des Übergriffs aus drei Faktoren:

  • objektiv oder subjektiv erlebte Grenzverletzung – Grenzen sind interindividuell verschieden!
  • objektiv oder subjektiv vorhandene Machtverhältnisse;
  • der damit explizit oder implizit vermittelten Botschaft.

So möchte ich mein eigenes #metoo mal exemplarisch aufschlüsseln:

Objektiv ist praktisch nichts geschehen. Bis auf einen genetischen Fingerabdruck der mutmaßlichen Delinquentin, wäre nichts an mir hängen geblieben. Gerade ist der Verteidigungsminister des stolzen Königsreichs Großbritannien zurückgetreten – mehr oder weniger wegen seiner Hand auf einem fremden Knie bei einem Abendessen vor 15 Jahren. Er begründet seine Entscheidung mit den hohen Standards, die im britischen Militär Geltung besitzen, und denen er sich stellt.

Höchstsubjektiv ist die Bedrängnis, Freiwild zu sein für den Typus „ältere Schwester“, mehrfach Thema meiner eigenen Therapie gewesen. Mehr muss ich zu meinem nicht objektiven Erleben an dieser Stelle nicht sagen. Ein andermal vielleicht…

Ganz objektiv sind die Machtverhältnisse in der deutschen Filmförderlandschaft:

Die Geschäftsführerin der potentesten Regionalförderung, die (anders als die Drittgrößte) nicht gänzlich frei nach Gutdünken entscheidet – und doch ist bekannt, wie einflussreich sie ist und wie wertvoll ihr Wort und Gusto – ist eine Weichenstellerin über Erfolg und Scheitern. In Deutschland verdient ein Filmproduzent nicht in Relation zum Markterfolg einen Werks, sondern – praktisch ausschließlich – die Producer´s Fee, die ihm von der Förderung gegönnt wird, in direkter Abhängigkeit zur Höhe der gewährten Förderdarlehen und Subventionen. Mehr am Tropf zu hängen, geht nicht!
„Erzählen Sie im eigenen Interesse bitte niemandem, dass Ihr Verhältnis zu einer derartig mächtigen Förderchefin eingeschränkt positiv ist!“ riet mir ein Mentor. Die Rede war da von der Mitarbeiterin Numero Zwo – früher hätte man gesagt: eine „Untergebene“ derjenigen, mit der ich es an jenem Berlinaleabschlussabend zu tun bekam. „Es würde ansonsten schon außergewöhnlich viel Charakter, plus Zutrauen in ihren Stoff, dazu
gehören, damit sich dennoch ein Kollege für die Zusammenarbeit mit ihnen entscheidet.“

In unserer Branche ist Charakter nicht normalverteilt! Doch diese offenen Worte unterstrich noch ein gewisser Harvey Keitel, der auf einen Vorgänger meiner Antagonistin dieses Kapitels zuging mit klarer Ansage: „Are you the man with the money?!“

What´s the message…??!

Wie muss Frau oder Mann sich fühlen, wenn jemand in solch einer Rollenverteilung keine Scheu kennt, Grenzen auszutesten und ggf. zu überschreiten? Und ist dem Absender dieser Botschaft zwischen den Zeilen – oder ganz manifest – bewusst, was er oder sie da von sich gibt? Dazu mehr und zurück zu meinen Erlebnissen:

Als sie auf mich zusteuerte, dachte ich also noch, sie meint mich (im Sinne von mir als Person, nicht als Objekt). Iwo!

„Ganz schön schick der junge Mann!“ eröffnete sie den Moment, in dem wir uns vielleicht lieber formvollendet hätten vorstellen können. Wäre doch denkbar, oder nach Mitternacht nicht mehr..?! Geht ja: Ich habe so etwas bei meinen ersten Schritten in Cannes einmal erlebt. Der Mann, der damals eine ähnliche Position hatte, wie sie heute, rief mich zu sich (er hatte am selben Tag ein Radio-Interview von mir gehört und ist bekannt für seine Neugierde) und sagte: „Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wer ich bin. Ich habe die Filmstiftung aufgebaut und werde zukünftig die Berlinale leiten. Ich habe Spannendes über sie gehört und würde gerne mehr wissen…“ Dieter Kosslick und ich sind bis heute so etwas wie Freunde. Aber die Dame, um die es hier ausnahmsweise gehen soll, hielt sich nicht etwa mit ihrem oder meinem Namen auf. Mein Seidenschal, den ich aus dem Hemd baumeln ließ, erregte ihre Aufmerksamkeit und fesselte ihre Hände. Genau genommen hatte sie mich nun am Wickel und nestelte an meinem Hemdkragen. „Ganz schön extravagant!“ sagte sie nochmal und spielte mit den Seidenfäden am Ende des Schals auf meiner Brust. Das mag ihr Humor sein. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass sie ein ausgesprochener Karnevals-Jeck ist. Böse gemeint war es keinesfalls!

Der Kölner Psychologe Joris Lammers beschreibt Männer und Frauen in Spitzenpositionen mit einem stärkeren Selbstvertrauen, das wiederum den sexuellen Appetit anregt. Solche Menschen gehen forsch voran, ein „Nein“ ist für sie inakzeptabel. Mit der Macht steigt außerdem das Gefühl der eigenen Unwiderstehlichkeit.

Das sage ich hier ganz unverblümt: So schick, wie ich mit meinem Schal war, den ich seither nicht mehr trage, wenn ich damit rechne, dieser Dame zu begegnen, ist diese Frau auch als Frau mindestens. Und dennoch hatte ich kein gutes Gefühl dabei, von ihr angeschakert zu werden – auf diese Weise, in dieser Situation und Konstellation.

Danach habe ich mir versucht einzureden, es sei gar kein Nachteil, dass eine Frau in dieser Stellung finden könnte, dass ich irgendwie ein guter Typ sei. Aber was, wenn sie stattdessen gedacht hat, ich sei ein Party-Boy – kein Mann von Substanz?? Derart verunsichert fühlen sich wohl alle Frauen, denen Männer dieses Gefühl gegeben haben…

Diese Begegnung: Sie hat mich in Verlegenheit gebracht und sie hat das gespürt. Sie kostete das deutlich aus. Ich kenne diese Art. Menschen, die aus der Unsicherheit des Gegenübers schöpfen, sind wie unsere Boxerhündin meiner Kindheitstage. Selbst Hunde müssen nicht so sein! Keiner der Rüden oder Hündinnen, die ich danach hielt, hatten diese Art von Dominanzgehabe. Es geht auch anders. Nicht jeder Mensch triumphiert, wenn das Gegenüber unterliegt.

Als meine Freundin dazu kam, war ich erleichtert. Die Dame quittierte mit einem „Achso!“- Blick. Wer weiß, was das bedeutete. Selbst die Leserinnen werden mir nicht zugute heißen, dass meine damalige Freundin, nicht halb so alt war, wie die Chefin. Einmal sind wir uns noch informell begegnet: Auf einem Empfang, der wiederum – wie der Zufall es wollte – an einem der Drehorte vom „Vorleser“ stattfand. Deshalb erhielt ich dort eine Sonderführung von der Hausherrin mit dem Bürgermeister. Eben das hatte möglicherweise ihre Aufmerksamkeit geweckt. (Ich gehe noch immer davon aus, dass sie mich nicht zuzordnen wusste.)

Später, als ich mit einem anderen Indie-Filmemacher im Foyer ein Gespräch führte, machte die Chefförderin auf ihrem Weg zur Limousine bei uns Halt, baute sich mit ein paar Meter Entfernung demonstrativ vor uns auf und ließ verlautbaren: „Interessant, interessant, was sich hier für Konspirationen andeuten…“

Der Indie-Filmer war für mich seither nie mehr zu erreichen.

Seitdem ich in nunmehr drei Publikationen enthüllt habe, was ich rund um Weinstein erlebt und erlitten habe, behauptet sie, mich gar nicht zu kennen. Auch das mag sein!

Bei unserem ersten und letzten offiziellen Geschäftstermin vor ein paar Jahren putzte sie mich allerdings, scheinbar wohlinformiert, wenn auch mit dünnen Argumenten, vor den Augen meines anwesenden, Regisseurs herunter. So etwas tut dem Betriebsklima nicht gut. Und im selben Atemzug ließ sie mich wissen, dass von den 1,5 Millionen Euro, aus denen meine Referenzmittelansprüche hätten erwachsen sollen, nichts mehr übrig sei –
wenn auch, wie gesagt mit einer anfechtbaren Behauptung: „Die haben Sie verschludert!“

Der Tod meiner Freundin, lag da noch nicht lange zurück.

So etwas hatte mir gerade noch gefehlt!

Ich möchte keinem billigen Whataboutismus Vorschub leisten und nicht relativieren, was Grobiane und Scheusale wie Harvey Weinstein Frauen- und Kevin Spacey (zu) jungen Männern angetan haben- und wie sehr diese nachvollziehbarerweise darunter nachhaltig leiden.

Ich finde auch, dass – mehr oder weniger – eine Hälfte der Menschheit, der anderen ihre Existenz zum Teil zutiefst beschämend schlecht dankt. Doch es geht in den schlimmsten Geschichten, welche in den vergangenen Monaten die Schlagzeilen bestimmt haben, nicht um den Islam, nicht um Hollywood und nicht um sexuelle Vorlieben, Verirrungen oder Krankhaftes. Sondern eigentlich geht es um MACHT. Und nicht um die Macht der Gene, sondern die Unausgewogenheit, mit der Macht eskaliert, wenn ihre Ausübung nicht unmittelbarer- oder angemessener Kontrolle unterworfen ist.

Eine Quotenregelung in dieser Körperschaft des Öffentlichen Rechts würde übrigens dazu führen, dass diese massiv männliche Mitarbeiter einstellen müsste! Deren Anteil beschränkte sich zeitweise (bei mittlerweile 40 Mitarbeiterinnen) auf einen Buchhalter (ohne Prokura). Ich finde, mit zugegebenermaßen hohem Anspruch an AmtsträgerInnen beiderlei Geschlechts, dass diese sich nicht ein schlechtes Beispiel an schlechten Männern, sondern ein gutes Beispiel an den, in der weitaus allergrößten Mehrzahl, feinfühligeren Frauen nehmen dürften.

Tete-a-Tetes zwischen Antragssteller und Fördererin gehen eigentlich gar nicht, finde ich!

Doch mittlerweile kenne ich (möglicherweise auch Sie) ein weiteres schlecht gehütetesGeheimnis der deutschen Kinofilmbranche:

Es gibt sogar eine Förderchefin, die liiert ist mit einem der stets bestversorgertesten Fördernehmer – seit bald zwanzig Jahren (2 gemeinsame Kinder), in denen Millionen vor allem in eine Richtung flossen: letztlich zugunsten der gemeinsamen Familienkasse…

Aber das ist eine andere Geschichte! Meines Erachtens ein Skandal, womöglich ein Verbrechen. (dazu mehr in Kapitel IV) Hier sollte aber nicht vorrangig von Verbreche(r)n die Rede sein, sondern zur Sprache kommen, dass wir weiterhin auch im wichtigsten Thema der Menschheit- Mann & Frau – mehr miteinander kommunizieren müssen. Und zwar in erster Linie mit dem Werkzeug der Sprache und offenen Ohren – nicht mit den Patschehändchen.

Shame on me!

Shame on Miss Subsidy!

Links zum Thema

Kap III Meine aufrichtig verwirrte Entschuldigung an Kate Winslet

Jagdvehalten des Haustigers

#MeToo aus der Sicht einer Journalistin

das #iHave von Peter Huth

Cheblis Ungereimtheiten

#Kneegate

Alan Posener über die Filmförderinstitutionen

Joris Lammers

„Weinstein hat mich ruiniert“

Weinstein hat NRW betrogen

I beg you pardon!

No mercy..

Whataboutism

Zusammenfassung: Der Weinstein-Skandal

Causa Kevin Spacey

RiesInnen-Apparat: Die Film- und Medienstiftung NRW GmbH

„Bella Christina“

 

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