THE REMAINS OF THE SWAY – oder: Was von Harvey hängen blieb… II

Gastbeitrag von Michael Simon de Normier – Teil 2. Zu Teil 1 und zur Übersicht aller Folgen.

WAS KÖNNEN WIR DARAUS LERNEN? #menmakemistakes #metoo #Frauenebenso

Gibt es ein verbindliches Richtig- und ein allgemein Falsch im Umgang zwischen Frauen und Männern? Das ist die Frage…

Auf jeden Fall ist Harvey Weinstein ein allerkrassestes Beispiel von FALSCH !!!

Doch die Zwischentöne zu erörtern, scheint mir viel fruchtbarer für unsere eigene Zukunft – und natürlich die unserer Art.

Unabhängig von Weinstein musste ich immer wieder an wiederum drei Erfahrungen des Kennenlernens mit eingangs erwähnter, bekannter, deutscher Schauspielerin denken:

  1. Wir haben uns kennengelernt, nachdem ich ihrer Agentur telefonisch hatte ausrichten lassen, wir könnten ja mal gemeinsam ins Berlinale-Kino, zu einer Gala-Premiere ihrer Wahl, gehen. Sie könne aber auch einfach und bedingungslos Karten für sich +1 haben, die ich (leichter als ihre Agentin) hätte ‚besorgen‘ können, weil ich im Rausch jenes Oscar-Jahres schließlich sozusagen die Triple A-Akkreditierung besaß. War dieser Anruf nicht schon irgendwie- bis reichlich zwiespältig? Was genau hat ihre Agentur ihr daraufhin eigentlich ausgerichtet?
  2. Wir waren Essen und irgendwann schickte ihr Mann ein Foto ihrer gemeinsamen, kleinen Tochter, auf dem diese ein Drehbuch ins Bild reckt. Dazu die Worte: „Mami, Du kannst nachhause kommen. Du hast die Rolle!“
    Ich habe heute auch eine Tochter – vielleicht im selben Alter wie ihre damals. Und mir tut der Gedanke seither so Leid, dass ihrer Tochter vielleicht denken musste, da säße irgendso ein feister Filmschaffender, der ihre Mama angräbt und in Beschlag nimmt, während dieser Abend eigentlich den Dreien daheim als Familie gehört hätte…
  3. Wie peinlich war mir das heftige und meines Erachtens nicht einmal sonderlich charmante „Flirtverhalten“ desjenigen Regisseurs, mit dem ich ein Jahr später einen Film vorbereitete! Im schicken Büro eines Freundes in München – Blick auf die Isar, mehrere Bürocouchs und ein Schlafzimmer (für die Überstunden!) inklusive – hatte ich ein Meeting eingefädelt. Sie sagte, daraufhin so einer sei harmlos, „Hunde die bellen..“ und so! Habe ich ihr eigentlich gesagt, wie gerne ich vor Scham im Boden versunken wäre..?!
    Habe ich sie gefragt, ob ich ihn zurechtweisen möge? Ich meine, mich so zu erinnern! Oder habe ich mir das nur in meiner Erinnerung selbstschützend zurecht gelegt?

Als ich in die nach außen so glorreiche Rolle des „Vorleser“-Mitproduzenten einstieg, fragte ich gezielt einen Elder Statesmen, einen Produzenten, der bereits Preise gewonnen hatte, bevor ich auf die Welt kam: Wie kann, soll, darf und möge ich damit umgehen, dass nunmehr Schauspielerinnen und Schauspieler auf mich zukamen – zum Teil solche, denen ich zuvor jahrelang hinterher gelaufen war, ohne davor die Aussicht zu genießen, sie für eine Low- oder gar No-Budget-Produktion zu gewinnen…

Ich hatte bereits eine Einladung zum Glamour-Event eines berühmt-berüchtigten Boxpromoters ausgeschlagen, mit dem Begründung, die Verantwortung für so einen bedeutenden und ernsthaften Film passe nicht zu Fotos mit Boxenludern! Nicht dass mich dieser Teil der Halbwelt gereizt hätte. Ich wäre höchstens neugierig gewesen. Also dann, wenn ich z.B. der Produzent von „Hangover“ o.ä. gewesen wäre. Als Hörbuchproduzent, Cannes-Radler oder Kurzfilmmacher und Autor hatte ich mir diese
Frage nie stellen müssen. Da hätte mich bestenfalls eine besonders nette Journalistin als ihr Plus1 auf diese Art von Events und manche der herrlich verschwenderischen anderen mitgeschleust. Diese Phase gab es tatsächlich. Ich glaube, diese junge, clevere, Schönheit nahm mich gelegentlich mit, damit ich ihr die allzu dreisten Baggerer vom Hals halte.

Wirklich konkret wurde mein väterlicher Freund und Berater erst zwei Jahre später. Mir war ein wirklicher Coup gelungen. Das war 2010. Die euphorische Berichterstattung über eine Verfilmung der Biografie Eva Brauns ging, wie man so sagt, ‚um die Welt‘  – mehrfach und bis hinein in Länder, in deren Sprache und Schriftsatz ich bestenfalls die Eigennamen Hitler, Braun und meinen eigenen lesen konnte. Das erste ernstzunehmende Buch über Eva Braun war kaum einen Tag erschienen, da gewann ich schon eine Erfahrung, die zur Perspektive für meine Arbeit an dem großen Stoff fürs Weltkino werden sollten: Da waren sie, die großen und kleinen „Eva Brauns“ von heute… Manche waren ein bisschen wie das fesche Lehrmädchen in Hoffmanns Fotolabor, das einen so genannten „Herrn Wolf“ kennenlernt und ihm gefällt, der sich später zum GröFaZ aufschwingen und sie mit in die Hölle nehmen sollte… Die meisten aber waren harmlos, sympathisch, unbedarft oder berechnend – nette Menschen, die einfach nur Möchtegern-Eva Brauns waren und mit einem Möchtegern-Großfilmschöpfer an der Bar standen.

„Du musst die Frauen, die nun auf Dich zukommen werden, nicht zurückweisen. Du darfst ihnen nur nichts versprechen! Versuche so klar wie möglich von Dir zu weisen, dass Euer Abendessen und der Nachtisch etwas mit einer – wie auch immer gearteten – beruflichen Perspektive zu tun habe!!“ …so tun also, wie sie das selber auch taten?!

Einer besonders nassforschen-, für meine privaten Zwecke wesentlich zu jungen Dame, die mich auf einer Party mit der Frage offen konfrontierte, ob denn viele mit mir ins Bett gehen, um die Eva zu spielen, entgegnete eine meiner besten Freundinnen, eine, die sich auskannte, einmal eindrucksvoll mit folgender Ansage: „Keine Frau, mit der Michael im Bett war, hat mir je den Eindruck gemacht, als ob er ihr etwas schuldig sei, ganz im Gegenteil!“

Ich habe mich auch immer gefragt, was für einer, eigentlich dummen, Lebenslüge Menschen aufsitzen, wenn Männlein oder Weiblein, denken, sie könnten sich gezielt hochschlafen. Es gibt die ja. (Und es gibt Fälle, denen es nachhaltig gelungen ist, und die mehr zur Beantwortung dieser Frage beisteuern könnten, als ich es vermag; es vermutlich aber niemals tun würden – schon seit Jahrtausenden nicht!)

Überlegen Sie mal: Welcher Entscheider-, welche Entscheiderin, möchte, wenn er/sie die Wahl hat, am Set, im Büro, im Plenarsaal… lauter Ex Liebschaften haben, die – wenn sie erst mal da sind – lauter schlüpfrige Geschichten in petto haben…?! Nach gesundem Menschenverstand, müsste man diese „Strategie“ als Sackgasse bezeichnen. Aber lauschen sie mal den Gesprächen von SchauspielschülerInnen:

„Würdest Du für eine Rolle mit dem Regisseur ins Bett?“, ist die heimliche Lieblings-Gretchenfrage auf deren Schulhöfen. Diskutiert wird sie mit einer befremdlichen Mischung aus Furcht, Faszination und verstörtem Eros.
Ich habe stattdessen möglichst keine Schauspielerinnen gedatet. Ich fing damals an, eine eskapadeske Vorliebe fürss Online-Dating zu entwickeln. Alle, die angaben, oder nachreichten, irgendwas mit Medien zu tun zu haben, habe ich weg geklickt oder beiseite gewischt. Die Autorin, Constanze, traf ich Jahre später auf einem Branchenevent. Meine Frau habe ich dann, ganz retro, beim Tanzen kennengelernt.

Und beides sind nun wirklich andere, ganz andere, Geschichten!

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