Hintergrund und Geschichte
In den meisten Kulturen war es Brauch, den zu Tode verurteilten einen letzten Wunsch in Form einer letzten Mahlzeit zu erfüllen. Und auch in den meisten Staaten der Welt, die noch die Todesstrafe vollstrecken, hat sich dieser Brauch gehalten.
Es gibt viele Versuche, diesen Brauch zu erklären und zu begründen. Meist wird angeführt, dass diese letzte Mahlzeit eine Form der Annahme des Urteils durch den Verurteilten sei und somit eine Versöhnung zwischen Gesellschaft und Täter erfolge. In ähnlichem Zusammenhang ist es zu sehen, dass in vielen Staaten der USA der Gefängnisdirektor die letzte Mahlzeit gemeinsam mit dem Todeskandidaten einnimmt.
Zurückverfolgen lässt sich das Ritual der Henkersmahlzeit in Europa bis mindestens ins 14. Jahrhundert. Aber auch schon im alten Ägypten oder Persien wurde den Todgeweihten jeder kulinarische Wunsch erfüllt.
Inzwischen ist die Tendenz in Teilen der USA eine andere. Texas hat ihn ganz abgeschafft, in den gesamten USA sind seit 1976 Alkohol und Zigaretten verboten, in Florida darf die letzte Mahlzeit nicht mehr als 40 US$ kosten, in Oklahoma gar nur 15 US$.
Die meisten Todeskandidaten in den USA wünschen sich Burger, Steaks, Pizza und frittierte Speisen. Aber es gibt auch Ausnahmen… einige Klassiker und Ausnahmen – nicht nur aus den USA – habe ich im nächsten Abschnitt zusammengefasst. Die Fälle sind chronologisch sortiert.
Einige ausgesuchte Henkersmahlzeiten
- Susanna Margaretha Brandt, hingerichtet am 14. Januar 1772 in Frankfurt am Main; die Kindsmörderin diente Goethe als Vorlage für die Gretchentragödie: ein Glas Wasser. Das angebotene Essen – Gerstensuppe, Blaukraut, Bratwurst, Rindfleisch, Karpfen, Kalbsbraten, Konfekt, Brot, Wein – lehnte sie ab. Dies galt als schlechtes Zeichen, da sie ja so die Versöhnung ablehnte (s.o.).
- Louis XVI., hingerichtet am 21. Januar 1793 durch die Guillotine, bekam als letztes Mahl ein gebratenes Hähnchen, dazu etwas Gebäck, gekochtes Rindfleisch und pürierte Rüben. Es gab noch einen Nachschlag, bestehend aus aus zwei Hähnchenflügeln, Gemüse, zwei Gläsern Wein (mit Wasser verlängert), einem Stück Biskuitkuchen und zum Abschluss eine Glas Malaga-Wein.
- Karl Ludwig Sand, Mörder von August von Kotzebue, hingerichtet mit dem Schwert am 20. Mai 1820 in Mannheim: Mehlsuppe.
- Véronique Frantz, französische Serienmörderin, hingerichtet am 3. August 1854 mit der Guillotine: Milchkaffe und ein Brötchen.
- Charles Peace, Serienmörder, hingerichtet durch den Strang am 25. Februar 1879: Eier mit Speck (Frühstück).
- Fritz Haarmann, Serienmörder aus Hannover, geköpft 1925: eine Zigarre und eine Tasse brasilianischen Kaffees.
- Peter Kürten, Serienmörder und Vergewaltiger (Der Vampir von Düsseldorf), hingerichtet mit dem Fallbeil am 2. Juli 1931 in Köln: Wiener Schnitzel, frittierte Kartoffeln, eine Flasche Weißwein. Er bat um einen Nachschlag, der ihm gewährt wurde.
- Louis „Lepke“ Buchalter, Mobster, wird am 4. März 1944 hingerichtet. Er entscheidet sich für gebratenes Hähnchen, Shoestring Potatoes und Salat. Das gleiche wählen seine willfährigen Gehilfen Emanuel Weiss und Louis Capone.
- Hans Frank, Wilhelm Frick, Alfred Jodl, Ernst Kaltenbrunner, Wilhelm Keitel, Joachim von Ribbentrop, Alfred Rosenberg, Julius Streicher, Fritz Sauckel, Arthur Seyß-Inquart, allesamt verurteilt bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen und am 16. Oktober 1946 durch den Strang hingerichtet: Würstchen mit Kartoffelsalat. Der verurteilte Herman Göring hat sich der Hinrichtung nach der Mahlzeit durch Selbstmord mittels einer Zyankali-Kapsel entzogen.
- Raymond Fernandez, Serienmörder, hingerichtet auf dem elektrischen Stuhl in New York am 15. März 1951: Zwiebel-Omelette, Pommes Frites, Schokolade und eine kubanische Zigarre.
- Carol Whittier „Caryl“ Chessman, Raub und Vergewaltigung, hingerichtet am 2. Mai 1960 mit Gas im im San Quentin State Prison (Kalifornien): Kaffee, Milch etwas Eiscreme. Er wurde bekannt, da er 12 Jahre in der Todeszelle 2455 einsass. Seine Schuld ist bis heute umstritten.
- Joseph „Mad Dog“ Taborsky, Mörder, hingerichtet auf dem elektrischen Stuhl am 17. Mai 1960 in Connecticut: Banen Split, Kirschlimo, Kaffee mit Sahne und Zucker und eine Packung Zigaretten.
- Adolf Eichman Organisator des Holocaust, gehängt am 1. Juni 1962 in Israel: er wählte die normale Kost im Gefängnis (Brot, Oliven, Käse). Er wünschte sich aber eine Flasche trockenen israelischen Rotwein (Carmel) dazu, die er zur Hälfte austrank.
- Arthur Lucas, Mörder, gehängt am 11. Dezember 1962 in Toronto und einer der beiden letzten Hingerichteten in Kanada. Er wählte Steak, Kartoffeln, Gemüse und Kuchen. Der mit ihm gleichzeitig gehängte Ronald Turpin (Polizistenmord) entschied sich für das gleiche Gericht.
- Victor Feguer, Mörder, gehängt am 15. März 1963 in Iowa: eine einzelne Olive mit Stein.
- Ted Bundy, mehrfacher Mörder und Vergewaltiger, hingerichtet am 24. Januar 1989 auf dem elektrischen Stuhl: Er lehnte eine besondere Mahlzeit ab und bekam Steak , Eier, Hash Browns, Toast mit Butter und Konfitüre, Milch und Orangensaft. Er soll diese nach verschiedenen Berichten nicht angerührt haben.
- John Wayne Gacy, Mörder und Vergewaltiger, hingerichtet mit der Giftspritze am 10. Mai 1994: 12 frittierte Crevetten, ein Bucket Kentucky Fried Chicken, Pommes Frites, 450g Erdbeeren.
- Thomas J. Grasso, Mörder, hingerichtet mit einer Giftspritze am 20. März 1995 in Oklahoma: zwei dutzend Muscheln, zwei dutzend Krabben, ein doppelter Cheeseburger von Burger King, ein halbes Dutzend Barbecued Spare Ribs, zwei Erdbeer-Milkshakes, ein halber Kürbiskuchen mit Schlagsahne und Erdbeeren sowie eine große Dose Spaghetti mit Fleischbällchen (bei Raumtemperatur serviert).
- Leo Echegaray, Vergewaltigung seiner 10 Jahre alten Stieftochter, 5. Februar 1999 durch eine Giftspritze in den Philippinen hingerichtet: Sardinen und Trockenfisch, die er sich mit seinen Verwandten teilte.
- Joseph Mitchell Parsons, hingerichtet in Utah mit einer Spritze am 15. Oktober 1999 wegen Mordes: drei Burger King Whopper, zwei große Fritten, Schoko-Shake, Schoko Eis und eine Packung Hubba Bubba, die er sich mit seinem Bruder und Cousin teilte.
- Timothy McVeigh, Terrorist (Bombenanschlag mit 168 Toten), mit einer Injektion am 11. Juni 2001 in Indiana hingerichtet: 2 Pint (ca. 1,1l) Minzeis mit Schokostückchen (siehe Bild).
- Ma Qingxiu, Drogendelikte, getötet bei einer Massenhinrichtung in China am 25. Juni 2003: Reisnudeln in Schweinefleischbrühe, Obsttasche.
- Ernest Carter, Raubmord, 17. Dezember 2003 in Oklahoma, Pfannenpizza, 7-Up und ein Stück Käse-Kirschkuchen
- Saddam Hussein, irakischer Diktator, gehängt 2006: verzichtete angeblich auf die Henkersmahlzeit (Reis und Huhn) sowie die angebotene Zigarette. Anderen Quellen zufolge soll er die Mahlzeit gegessen haben und dazu ein Wasser mit Honig getrunken haben.
- Kenneth Biros, hingerichtet am 8. Dezember 2009 in Ohio: Pizza, Zwiebelringe, frittierte Pilze, Chips mit Zwiebeldipp, Kirschkuchen, Blaubeereis, Dr. Pepper.
- Erik Wrinkles, hingerichtet am 11. Dezember 2009 in Indiana: Rinderbraten, Ofenkartoffel, Kotelett, Steak House Fritten, zwei Salate mit Ranch Dressing, Brötchen.
- Lawrence Russell Brewer, Mörder, hingerichtet am 21. September 2011 in Texas: zwei frittierte Hähnchenteile in Zwiebelsauce, einen dreifachen Bacon Cheeseburger, eine große Schüssel frittierte Okra Schoten mit Ketchup, ein Käse Omelette mit Hackfleisch, Tomaten, Zwiebeln, Paprika und Jalapeños, ein Pfund Barbecue Fleisch, drei Fajitas, eine Meat Lover’s Pizza, ein Pint Eis (ca 600ml) und Erdnussbutter-Fudge mit Erdnussstückchen. Da er davon dann nichts anrührte, schaffte der Gouverneur von Texas die besondere Henkersmahlzeit ab.
- Gary Carl Simmons Jr., Mord, hingerichtet am 20. Juni 2012 in Mississippi durch eine Giftspritze: Eine Pizza Hut medium „Super Supreme Deep Dish“ Pizza mit doppelt Pilzen, Zwiebeln, Jalapeño, Pepperoni. Eine weitere Pizza mit drei Käsesorten, Oliven, Paprika, Tomate, Knoblauch und italienischer Wurst. Zudem 10 Beutel Parmesan, 10 Portionen Ranch Dressing, eine Familienpackung Doritos Nachos mit Käse Geschmack, 224g Jalapeño Nacho Cheese, 122g Jalapeños, 2 große Erdbeershakes, zwei 0,6l Cherry Coke, eine Super-Size Portion McDonald’s Fritten mit extra Ketchup and Mayonnaise und zum Nachtisch knapp 1l Erdbeereis. Er hat angeblich die Hälfte seiner Henkersmahlzeit gegessen.
- Andrew Chan, Drogenschmuggel, durch ein Erschießungskommando am 29. April 2015 in Indonesien erschossen: verschiedene Gerichte von Kentucky Fried Chicken. Myuran Sukumaran wurde gleichzeitig hingerichtet und wählte auch die gleiche Mahlzeit.
- Edmund Zagorski, wegen zweifachen Mordes auf dem elektrischen Stuhl in Tennessee hingerichtet am 1. November 2018: eingelegte Schweineschwänze und Haxe.
- Donnie Edward Johnson, wegen Mordes am 16. Mai 2019 mit Giftspritze in Tennessee hingerichtet: Verzichtete auf eine Henkersmahlzeit. Stattdessen sollten Essen für Obdachlose gespendet werden, wozu er auch öffentlich aufrief.
- Donnie Cleveland Lance, wegen Mordes 2020 in Georgia mit der Giftspritze hingerichtet: Zwei Chili-Steak-Burger, Pommes Frites, Zwiebelringe, Senf, Ketchup und ein Soda.
- James Barber, wegen Mordes am 20. Juli 2023 in Alabama mit der Giftspritze hingerichtet: Gefüllte Rösti, herzhaftes Rührei, scharfe Brühwurst und Toast.
- Jack Dorsey, am 9. April 2024 wegen zweifachen Mordes in Missouri mit der Giftspritze getötet: zwei Cheeseburger, zwei Portionen frittierte Hühnchen-Teile, zweimal große Pommes sowie eine Pizza mit Salami, Peperoni, Zwiebeln, Pilzen und Extra-Käse.
- Loran Kenstley Cole, am 29. August 2024 in Florida mit der Giftspritze wegen Mordes und Vergewaltigung hingerichtet: Pizza, M&Ms, Eiscreme and Soda-Wasser.
- Emmanuel Littlejohn, am 24. September 2024 in Oklahoma mit der Giftspritze wegen eines tödlichen Raubüberfalls hingerichtet: eine Pizza mit viel Fleisch, zwei Stücke Käsekuchen und eine Cola,
- Im Film „The Green Mile“ wünscht sich der unschuldig zum Tode verurteilte John Coffey Hackbraten, Maisbrot, Stampfkartoffeln mit Sauce, Okra and Pfirsich Cobbler (mit Teig überbackener Pfirsich).
Weitere Links zum Thema
- Henry Hargreaves hat die letzten Mahlzeiten von Todeskandidaten in Szene gesetzt. Von ihm stammt auch das Bild oben.
- Das Buch vom Töten: Über die Todesstrafe hat einen umfangreichen Abschnitt über die Henkersmahlzeit.
- Der letzte Bissen – 13 Aspekte der Henkersmahlzeit garniert mit schmackhaften Rezepten
Übrigens, die Liste mit den Henkersmahlzeiten werde ich fortlaufend ergänzen.