Ist das Grundgesetz eine Verfassung?

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Immer wieder wird aus den Kreisen der Reichsbürger behauptet, dass das Grundgesetz keine Verfassung sei, so z.B. auch von den Anhängern des Königreichs Deutschland.

Begründet wird dies mit verschiedenen Argumenten:

  • allein schon der Name Grundgesetz solle deutlich machen, dass es eben keine Verfassung sei
  • über eine Verfassung habe immer eine Volksabstimmung, ein Referendum aller Bürger etc. stattzufinden, was beim Grundgesetz nicht der Fall gewesen sei

Zum letztgenannten Punkt kann schnell erwidert werden, dass eine Volksabstimmung keine Voraussetzung für eine Verfassung ist und auch nicht der deutschen Verfassungstradition entspricht. So sind schon die Paulskirchenverfassung und die Weimarer Reichsverfassung durch Nationalversammlungen erarbeitet und verabschiedet worden – ohne Volksabstimmung. In dieser Tradition steht auch das Grundgesetz, das durch den Parlamentarischen Rat verabschiedet wurde, der sich aus gewählten Abgeordneten der westdeutschen Landesparlamente rekrutierte und im Bonner Museum König tagte. Auch wenn das Grundgesetz ursprünglich nicht von allen als Verfassung bezeichnet und gesehen werden sollte und wollte, hat es die Funktion einer Verfassung – das zentrale Rechtsdokument eines Staates zu sein – von Anfang an erfüllt.

Im Laufe der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich das Grundgesetz auch in der politischen,  juristischen und öffentlichen Sicht mehr und mehr weg vom Provisorium, das es ursprünglich – so wie Bonn als Hauptstadt – sein sollte

Spätestens seit der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 dürfte ausweislich der neuen Präambel und des neu gefassten Artikel 146 GG kein Zweifel mehr bestehen, dass das Grundgesetz die deutsche Verfassung ist – „das Deutsche Volk“ hat sich „kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“.

Zwar wurde in den Anfängen der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung des Grundgesetzes als Verfassung vermieden. Dadurch sollte in erster Linie nur der provisorische Charakter betont werden, da dieses Gesetz eben nicht für das gesamte deutsche Volk galt. Aber schon in der ursprünglichen Fassung der Präambel war von der „verfassungsgebenden Gewalt“ die Rede.

Übrigens kommt der Begriff Verfassung im Grundgesetz aktuell 67 mal vor, was weiter unterstreicht, dass sich das Grundgesetz an sich schon von Anfang an als Verfassung im engeren Sinne verstanden hat und verstanden wurde: „verfassungebenden Gewalt“ (s.o.), „verfassungsmäßige Ordnung“, „Verfassung“, „Bundesverfassungsgericht“, „verfassungswidrig“, „Verfassungsschutz“, „Verfassungsbeschwerde“, „Verfassungsstreitigkeiten“…

Weiter ist anzumerken, dass eine Verfassung nicht zwingend Verfassung genannt werden muss. So heißt z.B. die dänische Verfassung „Danmarks Riges Grundlov“ (Grundgesetz des Reichs Dänemark“), die ungarische Verfassung wird „Alaptörvénye“ (Grundgesetz) genannt und Teile des österreichischen Verfassungsrechts heißen auch Grundgesetz (Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger – StGG). Historische Bezeichnungen für Verfassungen sind u.a. Patent, Diplom, Konstitution oder auch Akte. Auch aus dem Namen allein lassen sich also keine Rückschlüsse auf den verfassungsrechtlichen Status ziehen.

Festzuhalten bleibt also, dass das Grundgesetz die gültige Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist.

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4 Antworten auf „Ist das Grundgesetz eine Verfassung?“

  1. Es zeugt von einer gehörigen Portion Dummheit und Geschichtsunkenntnis, in Bezug auf das Grundgesetz und der Weimarer Reichsverfassung von einer “Tradition” zu sprechen, wie denn diese “Verfassungen” ohne eine Volksabstimmung als Herrschaftsinstrumente der Siegermächte ins Leben getreten sind um Deutschland klein zu halten.

    Bekanntlich verlor das Deutsche Reich den ersten Weltkrieg und erhielt aufgrund des VERSAILLER DIKTATES die Weimarer Reichsverfassung als Diktat der Siegermächte, genau wie es beim Grundgesetz nach dem zweiten Weltkrieg geschah. Die Freiheit der Deuschen Völker wurde da zu Grabe getragen und es wurde die von ihnen erwähnte “Tradition”, die Menschen nicht mehr zu fragen. Vielmehr ging man dazu über, ihnen die Herrschaft aufzuzwängen und es ihnen als selbstgewählte “Demokratie” zu verkaufen. Nahezu alles basiert auf Lüge und Betrug. Sind sie zu ungebildet das zu begreifen oder wollen Sie weiterhin das Unterdrückungsinstrument “Grundgesetz” behalten, weil sie einen Teil vom “Goldenen Kalb” zu Abbezahlung Ihrer “Schuld” erhalten?
    Auf diese “Tradition” kann ich gern verzichten.

    1. Es gab in der gesamten deutschen Geschichte nur eine Verfassung, über die es eine „Volksabstimmung“ gab – die der DDR von 1968, die mit sozialistischen 96,37% angenommen wurde. Das war die einzige Volksabstimmung in der DDR.

      Die nächste Gelegenheit, über die verfassungsmässige Zukunft abzustimmen, kam erst mit der Volkskammerwahl im März 1990.
      Hier hatten die Bürger die Wahl, den Parteien eine Mehrheit zu verschaffen, die über Art. 149 aF GG eine neue deutsche Verfassung, legitimiert über eine Volksabsstimmung, wollten

      oder

      die Parteien zu wählen, die einen „Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes“ über Art. 23 aF GG anstrebten.

      Das Ergebnis ist bekannt und war damals überraschend:
      Die deutliche Mehrheit fand sich für den Beitritt und die Beibehaltung des GG – nach diesem Votum hatte die Bundesrepublik, durch den Verfassungsauftrag gebunden, keinen Spielraum mehr für eine neue Verfassung oä.
      So die damalige Bundesregierung sie überhaupt gewollt hätte…

      Dies war das beherrschende innenpolitische Thema der Zeit zwischen Mauerfall und Volkskammerwahl. Wie seltsam, dass das einige nicht mitbekommen oder vergessen haben…

      So gesehen ist also weder „Dummheit“ noch „Geschichtsunkenntnis“ auf die Tradition in der deutschen Verfassungsgebung hinzuweisen. In der nicht nur die Bundesrepublik steht. Denn natürlich gibt es etliche andere Verfassungen, die nie dem Volk zur Abstimmung gestellt wurden wie zB. das „Grundgesetz der Niederlande“. Auch in Belgien fand 1831 (natürlich) keine Volksabstimmung statt – um nur diese westlichen beiden Nachbarn zu erwähnen. Besser dran als die Briten sind sie allemal – die haben nicht mal eine geschriebene Verfassung ähnlich unseres Grundgesetzes.
      http://www.verfassungen.eu/gb/

      Von dem arg dezent auftretenden Hintermann des OB-Kandidaten Pauqué, dem Obersten Souverän und Fiduziar des Königreichs Deutschland gibt es übrigens neue interessante Details dazu, wie er sich die Zukunft der Gemeinden vorstellt, die sich in sein „Königreich“ integrieren wollen:

      Nicht nur die Gewerbefreiheit ginge dann flöten.
      Seine Interpretation der kommunalen Selbstverwaltung gipfelt vielleicht in der Idee:

      „– Es wird Bürgerrechte nur für in unser Rechtsverständnis integrierte Einwohner geben“

      http://krd-blog.de/peter-klartext-zu-klartext/

      Sehr geschichtskundig muss man nicht sein um zu erkennen, wann in Deutschland Bürger so willkürlich entrechtet wurden.

      auch schön:

      „– Es wird keine Zahlungen mehr an Bund und Länder geben“

      was wohl die kommunale Aufsichtbehörde des Landes NRW davon hält (eine Einrichtung, die der nicht überqualifizierte OB-Kandidat Pauqué und sein Oberster Souverän wohl noch nicht entdeckt haben)?

      http://www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/kommunales/erfolgsmodell-kommunale-selbstverwaltung/strukturen/staatliche-aufsicht/rechtsaufsicht.html

      Um wirklich alle Unklarheiten zu beseitigen stellt Fitzek weiterhin präzise und rechtssicher, wie es seine Art ist, fest – kommentieren muss man das wirklich nicht:

      „– Es wird keine Sozialleistungen mehr geben, die mißbraucht werden könnten

      „– Es werden Medien geschaffen, die über die wahren Ursachen der Flüchtlingsströme informieren“

      „– Es wird Wohngeld nur für Menschen geben, die sich in unsere deutsche Kultur einfügen“

      „– Die Strukturen der Eliten werden gegen eigene gemeinwohlförderliche Strukturen ersetzt“

      „– Es wird Arbeit für alle geben und jeder Arbeitslose wird in gemeindliche Projekte integriert“

      Garniert wird das mit den üblichen, gut klingenden Floskeln wie „Wir sind für Ehrlichkeit und Transparenz, für die Einhaltung der Gesetze“, die jedoch in diesem Kontext ein klein wenig befremden.

      Wenn ich Fitzek schon mal Nähe zur DDR unterstellt habe, muss ich doch eingestehen:
      Das war zu verharmlosend.

      Dies hier ist wirklich eine „schöne neue Welt“…

      Angesichts dessen von einem Unterdrückungsinstrument “Grundgesetz” zu sprechen ist schon … mutig…

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