Gestern haben die Verbraucherzentralen eine Pressemitteilung herausgegeben, die sich kritisch mit Eiweißbrot auseinandersetzt: es habe viel mehr Kalorien als normales Brot, würde daher beim Abnehmen nicht helfen und sei viel zu teuer. Außerdem würde es nicht schmecken.
Ohne an dieser Stelle zu sehr in die Tiefe der Ernährungswissenschaften einsteigen zu wollen – über die Aussagen kann man mehr als trefflich streiten. So sind schon allein die Unterschiede im Kaloriengehalt nicht so groß, wie suggeriert: so enthält ein Eiweißbrot einer großen deutschen Bäckereikette rund 285kcal pro 100g, während ein vergleichbares normales Brot des gleichen Anbieters 252kcal hat. Und Eiweiß und Fette sind essentielle Nährstoffe, während die sonst in Brot vorherrschenden Kohlenhydrate gar nicht mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Ein kleines Beispiel kann dies verdeutlichen: Wollte eine durchschnittliche Frau ihren täglichen Proteinbedarf mit diesem Eiweißbrot decken wollen, müsste Sie davon nur 185g essen und würde dadurch 525kcal zu sich nehmen. Von dem normalen Brot bräuchte sie 528g, was rund 1.330kcal entspricht… Das Thema ist also deutlich komplexer, als von den Verbraucherzentralen dargestellt. Und über Geschmack soll man ohnehin nicht streiten. Wenn Sie sich für die Hintergründe weiter interessieren, empfehle ich den Artikel: Die Verbraucherzentralen und das Eiweißbrot.
Um Ernährung sollte es hier aber nur am Rande gehen. Was mich viel mehr ärgert ist ein Phänomen, das mehr und mehr auffällt. Suche ich bei Google News nun nach Eiweißbrot, stosse ich auf etliche Artikel. Allein: fast alle geben die Pressemitteilung der Verbraucherzentrale mehr oder weniger wortwörtlich wieder. Und wenn schon eine eigene Story herumgebastelt wird, wird zumindest die inhaltlich durchaus mehr als strittige Grundtendenz ungeprüft und unkritisch übernommen. Das allein getreu dem Motto: Was von der Verbraucherzentrale kommt, kann ja nicht falsch sein…
Das ganze ist ein kleines Beispiel für einen gefährlichen Trend: Die meisten Medien übernehmen inzwischen geschickt aufgemachte Pressemeldungen verschiedenster Lobby-Organisationen ungeprüft und tragen so nicht selten zur unkritischen Verbreitung von Unsinn bei – und zu einem verfäschenden Einheitsbrei bei der Nachrichtensuche.
Mit Journalismus hat all das jedenfalls nicht mehr viel zu tun.