Warum ich Assange nicht leiden kann

In Teilen der (Netz-)Bevölkerung ist Assange zum Subjekt der Verehrung geworden – und ich verstehe nicht warum.

Ich will gar nicht groß philosophieren, stellen Sie sich einfach folgendes vor:

Sie sind Schüler/Student/Angestellter/Botschafter und haben es mit einem neuen Lehrer/Professor/Abteilungsleiter/Außenminister zu tun, den Sie noch nicht so richtig einschätzen können. Darüber tauschen Sie sich mit einem Mitschüler/Kommilitonen/Kollegen/Attaché schriftlich aus. Sie vertrauen darauf, dass diese ihre private Kommunikation vertraulich bleibt. Doch am nächsten Tag können Sie alles, was Sie geschrieben haben, an der Tafel/auf StudiVZ/im Intranet/auf Wikileaks nachlesen… finden Sie das richtig?

Kein Mensch hat das Recht, eine vertrauliche Kommunikation gegen den Willen der Urheber öffentlich zu machen. Es gelten enge Grenzen – z.B. wenn damit ein Verbrechen aufgedeckt wird. Daher finde ich, dass die Veröffentlichung des Videos eines Hubschrauberangriffs auf Zivilisten im Irak durchaus gerechtfertigt war – hier ging es um ein Kriegsverbrechen. Aber diplomatische Interna sind etwas ganz anderes.

Und ich bin mir sicher, dass all die, die Assange jetzt bejubeln und bedauern, dass er nicht Mann des Jahres wurde, gleichzeitig gegen den großen Lauschangriff sind… sehr konsequent.

Von den persönlichen Defiziten Assanges will ich jetzt im übrigen nicht anfangen, sie sind um übrigen wohl auch zur Beurteilung nicht wirklich relevant.

Alles in allem halte ich es jedenfalls für richtig, wenn er sich einem geordneten Gerichtsverfahren in den USA stellen muss.

Eine Antwort auf „Warum ich Assange nicht leiden kann“

  1. Dass die Mitarbeiter der USA die Mitarbeiter der UNO ausspionieren soll, einschließlich Kreditkartendaten, Hobbys, schlechten Gewohnheiten etc. finde ich pikant und veröffentlichungswert. Auch dass arabische Staaten gedrängt haben sollen, den Iran anzugreifen und dass China ein geeintes Korea tolerieren würde.
    Die Frage ist ja letztlich, wie die Verantwortung des Journalisten zu definieren ist. Muss er seine Quellen auswerten und darüber mit innerer Zensur berichten oder kann er einfach die Quellen veröffentlichen, nach dem Motto: Schaut selbst, was Ihr daraus schließt?

    Letztlich wurde etwas veröffentlicht, was teilweise brisant, teilweise pikant und teilweise einfach ein banales Dokument der banalen Tagespolitik ist. Auf jeden Fall war es den USA nicht gelungen das geheim zu halten, was sie eigentlich geheim halten wollten. Aber nicht Wikileaks hat es gestohlen! Ich würde mich auch nicht wundern, wenn es ein Instrument der gegner des Obama-Administration wäre, diese international zu diskreditieren. Es gibt genügend Strömungen in den USA in dessen Interesse das wäre. Das Palin nun sogar Herrn Assange hinrichten und Wikipedia vernichten möchte, finde ich eine beängstigende Aussicht auf eine republikanische Alternative in den USA und ein Indiz für die dringende Notwendigkeit einer solchen Plattform besonders im Hinblick auf die undemokratischen Zustände in jenem Teil der Welt, der vom Primat der Wirtschaft und der Macht der Lobbys dominiert ist.

    Ich finde es daher durchaus interessant als “ europäischer Normalbürger“ einen Einblick zu erhalten, welche Sprache und Methode in der amerikanischen Diplomatie vorherrscht und welche Beweggründe die US-Außenpolitik antreiben. Aber ich halte die Veröffentlichung in jeder Hinsicht für wenig schädlich und wenn, dann in erster Linie für die USA peinlich. Das Aufdecken und Zugänglich machen der Wirklichkeit ist nach meiner Ansicht die Aufgabe eines guten Journalisten. Das ist Wikileaks gelungen. Ob die Mittel die richtigen sind? Vermutlich nicht mehr und nicht weniger als die Mittel der US Diplomatie!

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